· Fachbeitrag · Unfallhaftpflichtprozess
Beweis einer HWS-Verletzung bei unstreitiger Zehendistorsion nach § 286 oder nach § 287 ZPO?
| Hier gehen die Meinungen auseinander. Nicht jede unstreitige bzw. bewiesene Primärverletzung führe dazu, dass für eine weitere streitige Verletzung, z. B. eine HWS-Verletzung, die Beweiserleichterung des § 287 ZPO gelte. Andere öffnen die Tür zum § 287 ZPO bereits, wenn der Anspruchsteller unstreitig oder erwiesenermaßen irgendeine unfallbedingte Verletzung erlitten hat. So könne eine Zehverletzung als „erster Verletzungserfolg“ (Primärverletzung) ausreichen, um hinsichtlich einer strittigen HWS-Verletzung den § 287 ZPO zu aktivieren (Eggert in FS-Jaeger, 2014, S. 279, 288). Genau diese Konstellation musste das OLG Dresden entscheiden. |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Nach dem medizinischen Gutachten hat der Kläger durch den Unfall „mit Wahrscheinlichkeit“ ein HWS-Schleudertrauma und eine Zehendistorsion erlitten. Letztere war kein Streitpunkt. Gestritten wurde dagegen über das unfallbedingte Vorliegen einer HWS-Verletzung und etwaiger Folgen.
Das OLG (10.1.17, 4 U 693/16, Abruf-Nr. 193211) macht deutlich, dass der Beweismaßstab des § 286 ZPO greift, soweit es um die Feststellung einer unfallbedingten HWS-Verletzung gehe. Eine bloße Wahrscheinlichkeit, selbst eine überwiegende, wie durch Gutachten belegt, reiche nicht aus. Dass der Kläger mit der unstreitigen Zehendistorsion eine Primärverletzung erlitten habe, rechtfertige es nicht, das Beweismaß auf 287er Niveau abzusenken. Denn es sei bislang weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die vom Kläger beklagte Schmerzsymptomatik (Nackenschmerzen mit Ausstrahlung in beide Arme, Schmerzen im Bereich beider Schultergelenke, Schwindel, Kopfschmerzen) überhaupt ihre Ursache in der Zehendistorsion haben könne. Hierzu müsste bei entsprechender Behauptung des Klägers der Sachverständige noch angehört werden. Zudem sei die Zehendistorsion eine Bagatellverletzung. Dabei würden psychische Folgeschäden grundsätzlich nicht zugerechnet.
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