· Fachbeitrag · Unfallschadensregulierung
Ausnahmsweise kein erster Anschein für eine Vorfahrtverletzung
| Unendlich lang ist die Liste von Urteilen zum Anscheinsbeweis bei Vorfahrtverletzungen, zuletzt LG Saarbrücken VA 20, 136 . Verlängert wird sie durch ein aktuelles Urteil des OLG München. |
Hat sich die Kollision innerhalb oder außerhalb des Einmündungsbereichs ereignet? Wo genau war der Ort der Seitenkollision zwischen dem Pkw der an sich vorfahrtberechtigten Klägerin und dem Fahrzeug der Beklagten, die nach rechts auf die mehrspurige Vorfahrtstraße (I. Ring/München) eingebogen war? Weder die Angaben der beiden Unfallfahrerinnen noch die Ausführungen des Sachverständigen ermöglichten in diesem zentralen Punkt gesicherte Feststellungen. Während das LG München I gleichwohl eine Vorfahrtverletzung mit voller Haftung der Beklagten bejaht hat, ist das OLG München zu einer hälftigen Schadensteilung gelangt. Von einer Vorfahrtverletzung könne nicht ausgegangen werden, auch nicht nach den Regeln des Anscheinsbeweises (OLG München 22.7.20, 10 U 4010/19, Abruf-Nr. 217801).
Einmal mehr wird deutlich, dass man auch in Vorfahrtfällen ganz genau hinschauen muss, bevor man mit dem Anscheinsbeweis zulasten des an sich Wartepflichtigen argumentiert. Das hat der erstinstanzliche Richter ersichtlich nicht getan. Unter Hinweis auf die Senatsentscheidung vom 21.4.89 (10 U 3383/88, NZV 89, 438) hat das OLG München die Dinge geradegerückt.
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