· Fachbeitrag · Unfallschadensregulierung
Nutzungsausfallentschädigung auch für Radfahrer
(LG Lübeck 8.7.11, 1 S 16/11, Abruf-Nr. 113342) |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Der Kl., Inh. einer Autovermietung, war mit seinem Fahrrad in einen Unfall verwickelt, für dessen Folgen die Bekl. voll einstandspflichtig ist. Das zweieinhalb Jahre alte Rad, Neupreis ca. 4. 000 EUR, wurde erheblich beschädigt. Für die Ausfallzeit von 35 Tagen verlangte der Kl. Ersatz i.H.v. 30 EUR pro Tag. Das LG setzte die Entschädigung auf 195,90 EUR fest. Es bestehe ein ersatzfähiger Vermögensschaden (ebenso KG NZV 94, 393). Hervorgehoben hat das LG, dass der Kl. sein Rad regelmäßig für die Fahrt zur Arbeit benutzt habe. Der Umstand, dass er noch über mehrere Rennräder verfügte, stand dem Anspruch nicht entgegen. Deren Einsatz sei unzumutbar, da sie mangels Beleuchtung nicht verkehrssicher seien. Auf eines seiner Mietfahrzeuge zurückzugreifen, sei der Kl. gleichfalls nicht verpflichtet gewesen. Die Höhe der Entschädigung hat das LG nach Maßgabe des Leitsatzes 2 geschätzt. Den Mietpreis für ein vergleichbares Rad konnte es dem vom AG eingeholten Gutachten entnehmen.
Praxishinweis
Entgegen NJW-aktuell 40/2011 betritt das LG zwar kein Neuland. Interessant ist die rechtskräftige Entscheidung aber allemal. Um alltägliche Transportaufgaben zu bewältigen (Fahrten zur Arbeit, Schule, Uni, Einkaufen u.a.), werden Fahrräder in immer stärkerem Maße genutzt. Ihre ständige Verfügbarkeit ist jedenfalls nach heutiger Verkehrsauffassung ein wirtschaftlicher Vorteil, der Ausfall ein vermögensrechtlicher Schaden. Allerdings ist hier ein strenger Maßstab anzulegen (BGH VersR 08, 1086 - Wohnmobil). Wurde das Fahrrad ausschließlich oder überwiegend zu Freizeitzwecken genutzt, wie z.B. ein Rennrad oder Mountainbike, scheidet ein Anspruch auf abstrakte Nutzungsentschädigung aus. Dies gilt auch, wenn der Eigentümer unfallbedingt so stark verletzt wurde, dass er nicht mehr Rad fahren kann (KG NJW-RR 93, 1438). Solange noch keine Entschädigungstabelle analog Sanden/Danner/Küppersbusch existiert (sie aufzulegen, wäre lohnenswert und hilfreich), muss anderweitig geschätzt werden. Der vom LG eingeschlagene Weg hält sich im Rahmen des § 287 ZPO. Rund 5,50 EUR pro Tag bei einem vorhersehbaren Langzeitausfall erscheinen angemessen. Bei einer Ausfallzeit bis zu einer Woche sind Tagessätze von 10 bis 15 EUR realistisch. Mit Inflationsausgleich entspricht das den 20 DM, die das AG Paderborn (ZfS 99, 195) zugesprochen hat.
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