1. Ausgangslage Drei Möglichkeiten hat der Taxiunternehmer nach einem Unfall: - Er kann ein Ersatztaxi anmieten und die Kosten als Herstellungsaufwand nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB geltend machen.
- Er kann - unter Umständen muss er - den meist geringeren Ertragsentgang ersetzt verlangen.
- Eine dritte, eher theoretische Möglichkeit besteht darin, die Vorhaltekosten eines Reservefahrzeugs zu fordern.
Eine abstrakte (pauschale) Nutzungsausfallentschädigung, etwa nach der Tabelle Sanden/Danner, kann er nicht beanspruchen, sofern das Taxi ausschließlich gewerblich zur Personenbeförderung genutzt wurde (zum dual use BGH NJW 78, 812, 813; AG München SP 11, 22). 2. Zentrale Weichenstellung: Ersatztaxi oder Ertragsentgang? Bei der Frage, welche der Möglichkeiten er wählen soll, sind folgende Punkte zu berücksichtigen: - a) Die Grenze, bis zu der Naturalrestitution durch Anmietung eines Ersatztaxis verlangt werden kann, setzt § 251 Abs. 2 S. 1 BGB (BGHZ 160, 377 = VA 05, 20). Unverhältnismäßig hohe Mietkosten braucht der Schädiger nicht zu finanzieren. Er kann den Taxiunternehmer auf Wertersatz in Form des entgangenen Ertrags verweisen. Falsch ist die Aussage, grundsätzlich könne nur dies verlangt werden (so aber Thüringer OLG 25.9.13, 7 U 180/13, SP 13, 433, Abruf-Nr. 142050, Vorinstanz LG Erfurt SP 13, 258). Umgekehrt ist es richtig: Vorrang hat die Naturalrestitution, also die Ersatzmiete (BGH NJW 93, 3321).
- b) Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 251 Abs. 2 BGB: Nach wie vor grundlegend BGH NJW 93, 3321 und BGH NJW 85, 793. Danach gibt es keine „Regelgrenze“ (unrichtig Thüringer OLG a.a.O.: 300 Prozent). Vielmehr kommt es auf eine Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalls an. Im Normalfall, so BGH NJW 93, 3321, ist der Ersatz von Mietwagenkosten, die sich am „Marktpreis“ ausrichten, nicht unverhältnismäßig i.S.d. § 251 Abs. 2 BGB.
- Der darauf gestützte Einwand des Schädigers ist nur in seltenen Sonderfällen aussichtsreich. Anerkannt wurde er von KG NZV 05, 146, abgelehnt von OLG Düsseldorf 19.11.07, I-1 U 99/07, Abruf-Nr. 142051 (Ein-Taxi-Betrieb), LG Saarbrücken NJW 12, 2978 (ein Taxi, das auch privat genutzt wurde) und LG Dortmund SP 12, 221 (Ausfall eines Großraumtaxis, Sechs-Fahrzeug-Betrieb). Verfehlt LG Hamburg 11.10.13, 331 O 127/12, Abruf-Nr. 142052: Taxiunternehmer/Rollstuhltransportfahrzeug. Zum Behindertentaxi auch Thüringer OLG a.a.O. Zur Vertiefung: Grüneberg, NZV 94, 135.
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- c) Darlegungs- und Beweislast: § 251 Abs. 2 S. 1 BGB enthält eine Ersetzungsbefugnis zugunsten des Schädigers. Also trägt er die Darlegungs- und Beweislast. Den Geschädigten trifft lediglich eine sekundäre Darlegungslast, soweit die Faktoren für die Vergleichsrechnung, wie meist, in seiner Sphäre liegen (insoweit zutreffend Thüringer OLG a.a.O.). Wie hoch die Hürden an dieser Stelle für den Geschädigten und seinen Anwalt sind, zeigt das Urteil der Vorinstanz (LG Erfurt SP 13, 258) am Beispiel Behindertentaxi. Um hier nicht hängen zu bleiben, ist größte Sorgfalt geboten. Was genau möchte das Gericht wissen? Welche Unterlagen sollen vorgelegt werden? Achtung! Nicht spezialisierte Richter verkennen mitunter die rechtliche Bedeutung des Unverhältnismäßigkeitseinwands und verteilen dann fehlerhaft die Darlegungs- und Beweislast (z.B. AG Bensheim SP 13, 403).
3. Probleme bei an sich zulässiger Anmietung eines Ersatztaxis Sofern der Geschädigte/Rechtsnachfolger nicht an § 251 Abs. 2 BGB scheitert und auch der Anmietbedarf, wie meist, kein Streitpunkt ist, stellen sich folgende Fragen: - a) Erforderlicher Herstellungsaufwand (§ 249 Abs. 2 S. 1 BGB): Grundlegend BGHZ 160, 377 = VA 05, 20 („Unfallersatztarif“); auch zum (verfehlten) Einwand „keine Preisvereinbarung“. Im Taxi-Fall OLG München NJW 11, 936 gab es selbst nach dem Vortrag der Bekl. keinen „Normaltarif“. Ist die Tarifwahl kein Thema, bleibt die Frage der Anbieterwahl. Muss ein Taxiunternehmer sich nach einem preisgünstigen, evtl. dem günstigsten, Anbieter erkundigen? Unterfragen: Hat er Konkurrenzangebote einzuholen? Muss er sich gar vorsorglich - schon vor dem Unfall - über die Preise informieren?
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- Grundlegend BGH NJW 85, 793: Keine „Marktforschung“, sondern Erkundigung nur, wenn für den Taxiunternehmer ohne Weiteres erkennbar ist, dass das von ihm ausgewählte Unternehmen Mietwagensätze verlangt, die außerhalb des Üblichen liegen. An dieser zentralen Aussage hat der VI. ZS in der Taxi-Entscheidung BGHZ 160, 377 = VA 05, 20 zwar festgehalten, sie aber in der Folgezeit indirekt wesentlich verschärft. Selbst „normale“ Geschädigte müssen sich grundsätzlich nach einem günstigeren Tarif erkundigen. Ausgenommen sind (seltene) Eil- und Notsituationen. Von einem Taxiunternehmer verlangt das OLG München (NJW 11, 936) sogar eine „vorausschauende“ Erkundigung, wobei eine Recherche bei drei überregionalen Taxiverleihern drei Monate vor dem Unfall nicht ausreichen soll (fragwürdig).
- b) Darlegungs- und Beweislast: Auch dazu OLG München a.a.O.
- c) ersparte Eigenkosten: LG Saarbrücken 25 Prozent (NJW 12, 2978); OLG Hamm 20 Prozent (NZV 01, 228); LG Dortmund 10 Prozent (SP 12, 221); OLG Düsseldorf 5 Prozent (19.11.07, I-1 U 99/07, Abruf-Nr. 142051). Das Argument „intensivere Nutzung = höherer Verschleiß = höhere Ersparnis“ ist schon im Ansatz bedenklich, im Übrigen ist der Schädiger für einen atypisch hohen Verschleiß beweispflichtig.
4. Ersatz des Ertragsentgangs (Verdienstausfall) - a)Der durch den Ausfall des Unfallfahrzeugs entgangene Gewinn muss konkret berechnet werden.
- b)Durch § 252 BGB, § 287 ZPO wird schon die Darlegungslast des Geschädigten erleichtert. Gleichwohl scheitern viele Kläger bereits an diesem Punkt. Beispiel: OLG Düsseldorf 8.10.13, I-1 U 226/12, Abruf-Nr. 142053, = SP 14, 16 mit wertvollen Hinweisen zur Vortragslast und zur Beweisführung durch Urkunden. Dazu auch LG Düsseldorf SP 12, 153; AG Hamburg 29.11.13, 53a C 6/13, Abruf-Nr. 142054.
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