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  • · Fachbeitrag · Unfallschadensregulierung

    Regulierungsschreiben als Schuldanerkenntnis?

    Heißt es in einem vorgerichtlichen Schreiben eines inländischen Regulierungsbeauftragten, der ausländische Haftpflichtversicherer wünsche eine Regulierung mit einer Quote von 50 Prozent und werden gleichzeitig einzelne Schadenspositionen gekürzt, so liegt weder in dem Schreiben noch in der anschließenden Zahlung ein irgendwie geartetes Schuldanerkenntnis (OLG Düsseldorf 22.7.14, I-1 U 152/13, Abruf-Nr. 143229).

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Bei einer Kollision mit einem niederländischen Lkw war der BMW des Kl. beschädigt worden. Sein Anwalt verlangte vollen Ersatz. Der zuständige Regulierungsbeauftragte des NL-Versicherers regulierte den geltend gemachten Schaden unter Kürzungen einzelner Positionen auf der Basis einer Mithaftung von 50 Prozent. Diese Quote sei von dem niederländischen Versicherer erwünscht, heißt es in dem Regulierungsschreiben.

     

    Die Klage auf Ersatz seines restlichen Schadens hat das LG bis auf einen Teil der Anwaltskosten abgewiesen. Die Haftung hat es 50 : 50 verteilt. Dagegen wendet sich der Kl. mit seiner Berufung. Er sieht nach wie vor keinen Grund für seine Mithaftung. Die Berufung blieb erfolglos.

     

    Mit anderer Begründung als das LG stellt das OLG ein beiderseitiges Verschulden fest, verteilt die Haftung jedoch nicht hälftig, sondern im Verhältnis 60 : 40 - zulasten des (Berufungs-)Kl.! Bei nur 40-prozentiger Haftung des Bekl. sei der geltend gemachte Schaden durch die vorgerichtliche Zahlung mehr als ausgeglichen, sodass dem Kl. weitere Ansprüche nicht mehr zustünden. Dieser Annahme, so der Senat weiter, stehe kein vorgerichtliches Anerkenntnis einer Haftungsquote von 50 Prozent entgegen. Ein konstitutives (abstraktes) Schuldanerkenntnis sei schon aus Gründen des Wortlauts des Regulierungsschreibens („….wünscht“) zu verneinen.

     

    Ausführlicher ist die Begründung, mit der das OLG ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis verneint. Nach Abwägung der Argumente pro und contra sieht der Senat auch für diese Art von Anerkenntnis keine tragfähige Grundlage. Abschließend heißt es, dass auch die Berufungserwiderung kein Anerkenntnis einer Haftungsquote von 50 Prozent enthalte. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass der beklagte Verein (Grüne Karte) die landgerichtliche Quote von 50 : 50 für zutreffend halte. Denn gleichzeitig habe der Bekl. auf seinen erstinstanzlichen Vortrag Bezug genommen, wonach der Kl. zu mehr als zu 50 Prozent hafte.

     

    Praxishinweis

    Ohne gegen das Verschlechterungsverbot zu verstoßen, kann das Berufungsgericht die erstinstanzliche Haftungsquote abändern, wenn das Gesamtergebnis seiner Entscheidung nicht schlechter für den Berufungsführer ausfällt. Dass das Berufungsurteil die Möglichkeit eines Rückforderungsanspruchs aus § 812 Abs. 1 BGB eröffnet, ist keine Verschlechterung (zw.).

     

    Sofern das Berufungsgericht eine derartige Quotenänderung in den Raum stellt, muss der Anwalt des Geschädigten (Berufungskläger) sich die vorgerichtliche Korrespondenz in Erinnerung rufen. Hat der Schädiger bzw. sein Versicherer vorgerichtlich eine günstigere als die vom Gericht in Aussicht gestellte Haftungsquote rechtsverbindlich anerkannt? Das wird nur selten der Fall sein.

     

    Auch in reinen Höhestreitigkeiten kann der Haftpflicht-VR aufgrund vorgerichtlicher Schreiben und/oder Zahlungen mit bestimmten Einwendungen ausgeschlossen sein, vgl. OLG Karlsruhe VA 13, 111 (Mietwagenkosten). Zum Gesamtkomplex „Anerkenntnis durch Regulierungsschreiben/Teilzahlungen“ s. den Beitrag in VA 09, 113. Nachzutragen sind: AG Unna 29.1.14, 16 C 529/13, Abruf-Nr. 143230: Zahlung eines Teilbetrags an den Autovermieter als Zedenten = Anerkenntnis der Anspruchsberechtigung; AG Halle/Saale 27.3.14, 93 C 3304/13, Abruf-Nr. 143231: „…. nach den geleisteten Teilzahlungen ist die Beklagte unter dem Gesichtspunkt des Schuldanerkenntnisses dem Grunde nach und wegen des Verbots des widersprüchlichen Verhaltens daran gehindert, nunmehr Einwendungen gegen die Forderung dem Grunde nach zu erheben“ (Sachverständigenkosten/Zessionsklage).

     

    Weiterführender Hinweis

    • Zum Quotenanerkenntnis s.a. LG Saarbrücken VA 13, 21 (Rückforderungsprozess).
    Quelle: Ausgabe 12 / 2014 | Seite 203 | ID 43055380