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  • · Fachbeitrag · Verein als Arbeitgeber

    Sozialversicherungspflicht von Sportlern: Das spricht für eine abgabenfreie Selbstständigkeit

    | Wenn sich ein Sozialversicherungsprüfer anmeldet, gehen im Verein regelmäßig alle Alarmglocken an. Zu Recht. Viele Vereine haben schon tausende Euro nachgezahlt, weil der Prüfer vermeintlich sozialabgabenfreie Vergütungen als abgabenpflichtig behandelt hat. Gut zu wissen, dass gerade die jüngere Rechtsprechung Vereinen Argumentationshilfen für anstehende Betriebsprüfungen geliefert hat. Lernen Sie in einer Beitragsserie die neuesten Entwicklungen kennen und nutzen Sie Gestaltungsmöglichkeiten, damit Vergütungen an Sportler sozialabgabenfrei bleiben. |

     

    Wichtig | Wenn es sich nicht um nur geringfügige Vergütungen für einen Einsatz aufgrund mitgliedschaftlicher Vereinsbindungen handelt (VB 9/2014, Seite 1) oder um echten Aufwandsersatz, sind Vergütungen an Sportler nur in einem Fall sozialversicherungsfrei: Es liegt eine selbstständige Tätigkeit vor - und keine abhängige Beschäftigung.

    Voraussetzungen einer selbstständigen Tätigkeit

    Auch für Sportler gelten dabei die allgemeinen Vorgaben für die sozialversicherungsrechtliche Einstufung: § 7 IV. Sozialgesetzbuch (SGB IV) nennt als Kriterien für eine nichtselbstständige Beschäftigung:

     

    • Eine Tätigkeit nach Weisungen: Beschäftigte unterliegen einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführungen umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers.
    • Eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Vereins.

     

    Typisch für eine nichtselbstständige Tätigkeit sind deshalb

    • feste Arbeitszeiten,
    • die Pflicht, die Arbeitsleistung persönlich zu erbringen,
    • feste Bezüge und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall,
    • Urlaubsanspruch,
    • enge und ständige Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern,
    • Berichtspflichten gegenüber dem Arbeitgeber,

     

    Demgegenüber ist typisch für eine selbstständige Tätigkeit

    • die unternehmerische Initiative (zum Beispiel bei Werbung und Auftragsakquise) und ein unternehmerisches Risiko,
    • das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte und eigener Betriebsmittel,
    • die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit sowie
    • die Möglichkeit, auch für andere Auftraggeber tätig zu werden.

     

    Diese Kriterien sind dabei für jeden Einzelfall zu gewichten. Für Sportler gelten hier natürlich spezifische Bedingungen. So müssen sie ihre „Arbeitsleistung“ in jedem Fall persönlich erbringen. Eine Vertretung durch eine Ersatzperson ist kaum denkbar. Typischerweise gibt es auch - zumindest für den Wettkampf - feste Orts- und Zeitvorgaben. Beides spricht für eine abhängige Tätigkeit, schließt aber eine Selbstständigkeit nicht generell aus.

     

    Die Einbindung in den „Betrieb“ ist wegen der unterschiedlichen organisatorischen Voraussetzungen bei Mannschaftssportarten zwangsläufig höher als bei Einzelsportarten (gemeinsame Trainingszeiten). Als Faustregel gilt deswegen: Athleten aus Einzelsportarten können im Einzelfall als Selbstständige behandelt werden - Mannschaftssportler gelten dagegen fast immer als abhängig Beschäftigte.

    Selbstständige Tätigkeit bei Einzelsportarten

    Sportler in Einzelsportarten gehen Bindungen gegenüber einem Sportveranstalter in der Regel nur für einen oder einige Termine ein. Sie verpflichten sich also lediglich, an einem Leichtathletikwettkampf, einem Tennisturnier oder einem Boxkampf teilzunehmen. Meist fehlt es hier an weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit. Dann liegt eine selbstständige Tätigkeit vor.

     

    Die Rechtsprechung hat sich mit der sozialversicherungsrechtlichen Bewertung von Profisportlern nur wenig befasst. Das gilt besonders auch für Einzelsportarten. Eine Ausnahme bildet eine Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) Bayern. Für das LSG sprechen bei einem Ringer folgende Kriterien für eine selbstständige Tätigkeit (LSG Bayern, Urteil vom 17.1.2012, Az. L 5 R 589/10; Abruf-Nr. 142894):

     

    • Der Sportler ist selbst dafür verantwortlich, für einen optimalen Fitness- und Trainingszustand zu sorgen und ist nicht in ein Training beim Verein eingebunden.
    • Er entscheidet selbst über Taktik und Ausführung des Wettkampfs.
    • Anders als in einem Mannschaftssport ist der einzelne Ringer nicht in ein Team eingegliedert und in eine gemeinsame Strategie und Aufstellung mit anderen Athleten eingebunden.
    • Der Sportler kann einen Wettkampfeinsatz ablehnen und bei Turnieren anderer Veranstalter antreten.

     

    PRAXISHINWEIS | Dass bei Sportturnieren Spielzeiten, Trikots und Trainerweisungen vorgegeben sind, ist bei Einzelsportarten noch kein gewichtiges Indiz für eine betriebliche Eingliederung (Sozialgericht [SG] Dortmund, Urteil vom 24.9.2010, Az. S 34 R 40/09). Eine Einbindung in die Organisation ist daneben weniger gegeben, wenn Sportler nur für einzelne Veranstaltungen oder eine kürzere Veranstaltungsreihe engagiert werden.

     

    Wird ein Athlet nur für die tatsächliche Teilnahme an einer Veranstaltung bezahlt und erhält keine davon unabhängige Festvergütung, spricht das ebenfalls für eine selbstständige Tätigkeit - so das FG Sachsen-Anhalt hinsichtlich der lohnsteuerlichen Behandlung. Daraus ergibt sich nämlich ein unternehmerisches Risiko, das ein gewichtiges Argument für die Selbstständigkeit ist (FG Sachen-Anhalt, Urteil vom 30.11.2011, Az. 2 K 49/07; Abruf-Nr. 121998 - VB 7/2012, Seite 7).

     

    Das gilt umso mehr, wenn die Vergütung - in Form von Siegprämien - ganz oder teilweise erfolgsabhängig ist (SG Dortmund, Urteil vom 24.9.2010, Az. S 34 R 40/09).

     

    Wird der Sportler über einen längeren Zeitraum oder für eine Veranstaltungsreihe verpflichtet, kann das aber zu einer anderen Bewertung führen. Hier kommt es aber auf den Einzelfall an.

     

    • Beispiel

    Ein Einzelsportler (zum Beispiel ein Leichtathlet), der sich selbst vermarktet, verpflichtet sich, in der laufenden Saison für einen Leichtathletikverein zu starten. Er dürfte als selbstständig gelten, wenn er sich die Wettkämpfe selbst auswählen kann, einen eigenen Trainer hat und Ort, Zeit und Inhalt des Trainings selbst bestimmen kann.

     

    Selbstständige Tätigkeit bei Mannschaftssportarten

    In Mannschaftssportarten stellt sich die Situation in aller Regel anders dar. Die Spieler sind durch die Trainingseinheiten - meist auf der vereinseigenen Trainingsanlage - und durch den festen Turnus der Ligawettkämpfe weitgehend gebunden und unterliegen darin engen Weisungen des Vereins.

     

    Für Mannschaftssportarten ergibt sich zudem die Notwendigkeit, dass sich die einzelnen Sportler in ein Team einfügen und nach einer vorgegebenen Strategie und Aufstellung spielen. Damit ist ein wesentliches Kriterium für eine abhängige Beschäftigung erfüllt - die Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Vereins). Daneben besteht ein - meist umfängliches - Weisungsrecht des Trainers. Auch das zweite Hauptkriterium für eine abhängige Beschäftigung liegt also in aller Regel vor.

     

    Für Fußballer, die aufgrund eines mit ihrem Verein abgeschlossenen Vertrags nach dem (früheren) Vertragsspieler-Statut des Deutschen Fußballbunds (DFB) laufende Bezüge erhalten, hat das Bundessozialgericht (BSG) ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis angenommen (BSG, Urteil vom 20.12.1961, Az. 3 RK 65/57). Auch für Saisonspieler geht die Rechtsprechung von einer Sozialversicherungspflicht aus. Das gilt zumindest, wenn der Verdienst keine untergeordnete Rolle spielt, wie etwa bei einem Profibasketballer (SG Frankfurt, Urteil vom 14.11.2005, Az. S 25 KR 4401/01).

     

    Weiterführender Hinweis

    • Beitrag „Sozialversicherungspflicht von Sportlern: So profitieren Sie von der aktuellen Rechtsprechung“ VB 9/2014, Seite 11
    Quelle: Ausgabe 10 / 2014 | Seite 11 | ID 42977113