· Fachbeitrag · Formularzwang
PfÜB muss nicht farblich beantragt werden!
| Seit Einführung der verbindlichen Formulare für den Antrag auf Erlass eines PfÜB zum 1.3.13 beschäftigen sich manche Vollstreckungsgerichte mit der Frage, ob die im BGBl. in grüner Farbe veröffentlichten Vordrucke tatsächlich auch in grün durch Gläubiger eingereicht werden müssen. Jetzt haben das LG Dortmund und das LG Kiel als Beschwerdegericht im Sinne von Gläubigern klare Worte gesprochen. |
1. Die Entscheidung des LG Dortmund
Das LG Dortmund (25.4.13, 9 T 118/13) stellt klar: Das Vollstreckungsgericht hat unrechtmäßigerweise den PfÜB-Antrag mit der Begründung zurückgewiesen, dass dieser nicht den farblichen Anforderungen der ZVFV entspreche.
a) Farbliche Veröffentlichung im BGBl ist nicht bindend
Nur weil die Formulare im BGBl. in einer bestimmten Form abgedruckt wurden, lässt dies nicht die Annahme zu, dass auch die farbliche Gestaltung von der bindenden Form erfasst wird. Somit ist diese nicht Bestandteil der nach § 3 ZVFV zwingend einzuhaltenden Form für den Antrag auf Erlass eines PfÜB.
PRAXISHINWEIS | Rückschlüsse aus Parallelen, z.B. zur Form der StVO im BGBl., sind nicht möglich. Denn die Verbindlichkeit der farbigen Gestaltung von Verkehrszeichen ergibt sich nicht aus dem BGBl., sondern aus einer Verwaltungsvorschrift zur StVO (VwV-StVO). Gleiches gilt hinsichtlich der Gestaltung der Energieeffizienzplaketten durch die PKW-EnergieverbrauchskennzeichnungsVO. |
b) Objektive Gründe erfordern keine farbliche Gestaltung
Auf seiner Website (http://www.bmj.de/DE/Buerger/verbraucher/ZwangsvollstreckungPfaendungsschutz/_doc/_faq_doc.html?nn=1512734) führt das BMJ aus, dass es sich bei den farblichen Elementen um Gestaltungselemente handelt, durch die vor allem nicht professionellen Antragstellern eine Hilfestellung gegeben werden soll. Dieser Zweck wird allerdings dadurch erreicht, dass der Nutzer das Formular auf dem Bildschirm - bevor er es ausdruckt - farbig dargestellt bekommt und auch mithilfe des Computers ausfüllen kann.
PRAXISHINWEIS | Auch in einem schwarz-weißen Ausdruck unterscheiden sich die im Abdruck im BGBl. grün dargestellten Elemente von den übrigen: Der Antrag auf S. 1 des Formulars wird nämlich allein aufgrund der schwarz-weiß Gestaltung durch seine Umrandung hervorgehoben. Der auf S. 7 grün unterlegte Passus stellt sich zudem dunkler dar, als die übrigen, in der farbigen Ansicht hellgrau unterlegten Passagen. Zudem wird hier durch den durch Fettdruck hervorgehobenen Hinweis „Vom Gericht auszufüllen“ auch eine deutliche Abtrennung erreicht, unabhängig von der farblichen Gestaltung. Darüber hinaus geht das BMJ auf der Internetseite ebenfalls davon aus, dass es keine Aussagen zu etwaigen Abweichungen machen kann, insbesondere nicht dazu, wie die Gerichte im Einzelfall mit Formularen verfahren werden, die im Schwarz-Weiß-Druck eingereicht werden. Daraus ist eindeutig ersichtlich, dass eine verbindliche farbliche Gestaltung nicht gewollt ist. |
c) Sinn und Zweck sprechen gegen verbindlichen Farbdruck
Formuliertes Ziel des Gesetzgebers ist es, durch die Vereinheitlichung der Formulare deren Handhabung zu erleichtern (BR-Drucksache 326/12, 26). Es ist nicht ersichtlich, aus welchem Grund für die Bearbeitung durch die Justiz eine farbige Darstellung erforderlich sein könnte. Vielmehr stellt sich die Vereinfachung allein durch die Gestaltung des Formulars ein. Zudem ist nicht ersichtlich, dass eine etwa für die Zukunft geplante gänzlich elektronische Bearbeitung der Anträge eine Einreichung in farbiger Form erfordert.
d) Bedeutung der Entscheidung
Die Entscheidung ist richtig und sehr gut begründet. Sie bedeutet für Gläubiger Rechtssicherheit, andernfalls könnten nicht professionelle Gläubiger, die nur über einen Schwarz-Weiß-Drucker verfügen, das Formular derzeit nicht selber ausdrucken und einreichen, weil sonst jeder PfÜB-Antrag als unzulässig zurückgewiesen werden müsste. Hierdurch wäre das Ziel der Vereinfachung konterkariert, zumal in der Regel auch den Rechtsantragstellen bei den AG in den wenigsten Fällen Farbdrucker zur Verfügung stehen.
2. Die Entscheidung des LG Kiel
Auch das LG Kiel hat klargestellt: farbliche PfÜB-Formulare sind nicht verbindlich (24.4.13, 4 T 16/13).
Hier hatte der Gläubiger mittels des verbindlichen Formulars gemäß Anlage 2 zu § 2 Nr. 2 ZVFV den Erlass eines PfÜB auf insgesamt 11 Seiten, statt 9 Seiten beantragt. Das Formular wurde in schwarz-weiß eingereicht. Der Rechtspfleger des Vollstreckungsgerichts bemängelte dies und wies den Antrag des mit der Begründung zurück, dass die Farbgebung durch die Veröffentlichung im BGBl. als verbindlich anzunehmen sei. Da das Formular in schwarz-weiß eingereicht wurde, sei nicht das gesetzlich vorgeschriebene Formular verwendet worden.
Der Gläubiger erhob gegen den Zurückweisungsbeschluss sofortige Beschwerde, der das Vollstreckungsgericht nicht abhalf. In seiner Nichtabhilfeentscheidung führt der Rechtspfleger aus, dass die farbliche Gestaltung des Formulars vom Formzwang durch den Gesetzgeber durch Veröffentlichung im BGBl. erfasst sei. Dies ergebe sich insbesondere unter Würdigung der farblichen Gestaltung des Kastens „Vom Gericht auszufüllen“ auf S. 7 und 8 des Formulars. Es sei davon auszugehen, dass die Farbgestaltung dazu diene dem Drittschuldner (Arbeitgeber) einen deutlichen Hinweis zu geben, der ohne farbliche Hervorhebung überlesen werden könne. Vielmehr gehe durch die dunkelgraue Darstellung die Signalwirkung verloren. Es bestehe zudem die Gefahr, dass dieser Teil des Textes unleserlich werde. Da sich diese Passage an den Drittschuldner richte, sei sie nach dem Willen des Gesetzgebers besonders hervorhebungsbedürftig.
Darüber hinaus stelle das benutzte Formular gegenüber dem Gesetzestext eine deutliche Veränderung dar. Mit einem Umfang von 11 Seiten unterscheide es sich deutlich vom amtlichen Formular, das 9 Seiten aufweist. Auf S. 5 sei der Kasten bzgl. des Anspruchs D um weitere sieben Punkte verlängert worden. Auf S. 6 befänden sich Kästen, die sich im Originalformular auf S. 5 befänden. Dadurch verschiebe sich der Kasten betreffend des Anspruchs D auf S. 7, wo er eine ganze Seite in Anspruch nehme. Auch alle weiteren Seiten seien somit entsprechend nach hinten verschoben worden. Dies stelle eine deutliche Veränderung des Formulars dar, sodass es auch deshalb nicht dem Sinn und Zweck des Gesetzes entspreche. Die Intention des Gesetzgebers, das Formular übersichtlich zu halten, werde dadurch verfehlt. Vielmehr werde der Charakter des Formulars verändert.
Das LG Kiel Beschwerdegericht hielt das Rechtsmittel wie folgt für begründet und wies das Vollstreckungsgericht an, den Antrag auf Erlass eines PfÜB nicht deshalb zurückzuweisen, weil das Formular nicht dem Formzwang folge.
a) Schwarz-weiß-Formular genügt gesetzlichen Anforderungen
Das mit grünen Gestaltungsmerkmalen versehene Formular hat nicht zur Folge, dass ein Antrag auf Erlass eines PfÜB, der in schwarz-weiß eingereicht wird, zurückzuweisen ist. Dies ergibt sich aus dem Ziel der Einführung verbindlicher Formulare, wodurch nämlich eine Vereinfachung entsprechender Anträge erreicht werden soll (BR-Drucksache 326/12). Auf die Möglichkeit die Formulare am PC auszufüllen, weist die Gesetzesbegründung hin. Zur Farbgebung erklärt sich der Gesetzgeber hingegen nicht.
b) Objektive Gründe erfordern keine farbliche Gestaltung
Auf seiner Website („Fragen und Antworten: Neue Formulare für die Zwangsvollstreckung“ http://www.bmj.de/DE/Buerger/verbraucher/ZwangsvollstreckungPfaendungsschutz/_doc/_faq_doc.html?nn=1512734) führt das BMJ aus, dass äußerer Aufbau der Formulare und ihr Inhalt durch die Veröffentlichung der Rechtsverordnung im BGBl. bestimmt werden und das vom BMJ Gewollte zum Ausdruck bringen. Die farbigen Elemente der Formulare stellen ein funktionales Gestaltungselement dar. So sind z.B. Hinweise grau unterlegt. Den Nutzern der Formulare - gerade nicht professionellen Antragstellern - soll damit eine Hilfe beim Lesen, Verstehen und Ausfüllen gegeben werden. Das BMJ kann zudem keine Ausführungen zu etwaigen Abweichungen machen, insbesondere nicht dazu wie die Gerichte im Einzelfall mit Formularen verfahren werden, die im Schwarz-Weiß-Druck eingereicht werden.
c) Bedeutung der Entscheidung
Auch diese Entscheidung ist richtig. Die Art der Abbildung, also ein schwarz-weiß eingereichtes PfÜB-Formular ändert nichts daran, dass es sich hierbei um das Originalformular nach der ZVFV handelt. Maßgeblich ist vielmehr, dass das Fehlen der Farbe die Verwendbarkeit des Formulars überhaupt nicht beeinträchtigt und weiterhin für eine Vereinfachung bei der Antragstellung sorgt. Allein die Markierungen auf dem Formular tragen dazu bei. Dabei ist es unerheblich ob diese nun grau, grün oder schwarz sind. Vielmehr ist entscheidender Anlass der Einführung der Verbindlichkeit, dass Vorgaben zur erforderlichen Antragsbegründung gegeben werden. Farbige Hervorhebungen können zwar dazu beitragen, dass hierbei nichts übersehen wird. Ein Fehlen ist jedoch ohne Auswirkungen, wenn der Antrag im Übrigen vollständig ist. Insofern sind Eintragungen auf grauem Untergrund durchaus sichtbar und leiden daher nicht an einer mangelnden Lesbarkeit.
Des Weiteren führt die Verschiebung der Seitenzahlen ebenfalls nicht dazu, dass ein PfÜB-Antrag zurückzuweisen ist. In der gerichtlichen Praxis ergeben sich die Veränderungen hinsichtlich Seitenzahl und Umfang - vor allem bei der Pfändung in Forderungen gegen „Anspruch D (an Kreditinstitute)“ - zwangsläufig daraus, dass auf Seite 5 des Formulars regelmäßig weitere Angaben durch Gläubiger gemacht werden.
Zur besseren Übersichtlichkeit werden diese dort eingefügt, wo sie auch hingehören und daher nicht auf einem gesonderten Blatt beigefügt. Dies ergibt sich auch aus der Begründung des BMJ auf der Internetseite (s.o.).
Grundsätzlich gilt für das Ausfüllen der jeweiligen PfÜB-Formulare, dass der Gläubiger dem Gericht Informationen, für die das jeweilige Formular keinen oder keinen ausreichenden Platz bereithält bzw. keine Ankreuzmöglichkeit vorsieht, gegebenenfalls durch die Nutzung der Freifelder oder durch die Beifügung einer Anlage zukommen lassen kann. Jedoch dürfen nach Mitteilung des BMJ Freifelder bzw. Anlagen nur genutzt werden, wenn das jeweilige Formular keine ausreichenden Möglichkeiten zum Ausfüllen bietet, also für den jeweils konkreten Fall nicht geeignet ist.
Sie dürfen hingegen nicht genutzt werden, um die Strukturierung des Formulars zu verändern oder das Ausfüllen der in dem jeweiligen Formular vorgesehenen Felder zu umgehen.
3. Die Entscheidung des LG München I
Das LG München I hat entschieden, dass eine farbliche Gestaltung nicht erforderlich ist, nachdem der Gläubiger den beantragten PfÜB nicht farblich eingereicht hat (22.3.13, 16 T 6241/13). Es sei Ziel der vereinheitlichten Formulare, die Gerichtsvollzieher und die Vollstreckungsgerichte davon zu entlasten, die bislang von den Gläubigern verwendeten nach Aufbau und Umfang sehr unterschiedliche gestalteten Anträgen zu erfassen. Diesem Zweck wird auch durch einen nicht farbigen Ausdruck des amtlichem Formulars Rechnung getragen.
Soweit die Farbgestaltung im amtlichen Vordruck funktionalen Charakter hat, soll dies lediglich das Ausfüllen erleichtern. Hierbei ist auch zu sehen, dass auch beim Schwarz-Weiß-Druck die ehemals grün hinterlegten Flächen deutlich abgehoben sind, da sie in einem dunkleren Grauton erscheinen.
Der Entscheidung des LG München I ist nichts hinzuzufügen. Sie trifft den „Nagel auf den Kopf“.
Weiterführende Hinweise
- Sonderausgabe „Die Zwangsvollstreckungs-Novellen 2013 in der Praxis“, Seite 15 ff.
- So beantragen Sie rechtssicher die Pfändung in Arbeitseinkommen, VE 13, 103