01.03.2006 | BGH kompakt
Grabsteine dürfen gepfändet werden
Ein Steinmetz hatte einen Grabstein angefertigt und geliefert. Seine Auftraggeber verweigerten – ungerechtfertigt – die Zahlung. Der Steinmetz wollte den Grabstein schließlich pfänden. Ein klarer Fall? Nein. Dem Steinmetz konnte erst der BGH helfen (20.12.05, VII ZB 48/05, Abruf-Nr. 060397). Er entschied: Grabsteine dürfen wegen einer Geldforderung gepfändet werden. Das gilt jedenfalls, wenn der Stein unter Eigentumsvorbehalt geliefert wurde und der Steinmetz wegen seines Zahlungsanspruchs vollstreckt.
Das LG Kassel als Vorinstanz hatte dies noch anders gesehen. Nach seiner Auffassung stehen Pietätsempfinden und Totenruhe (genauer: § 811 Abs. 1 Nr. 13 ZPO) einer Pfändung entgegen. Dass Grabsteine meist erst mehrere Wochen nach der Beerdigung aufgestellt werden, ließen die Richter nicht gelten. Sie verwiesen den Gläubiger auf die Herausgabeklage und eine entsprechende Vollstreckung.
Der BGH hingegen entschied pragmatisch: Er stellte die monetären Interessen des Gläubigers über das Andenken an den Verstorbenen, zumal die Hinterbliebenen die prekäre Situation selbst herbeigeführt hatten. Sie hätten ja zahlen können. Damit ist ein erbitterter Meinungsstreit entschieden, in dem auch schon einmal feinsinnig zwischen dem Vorgang des Bestattens und dem Zeitraum des Bestattetseins unterschieden wurde. Nun haben alle ihren Frieden gefunden: Rechtsprechung und Lehre, der fleißige Handwerker, die säumigen Erben und der auf dem Grabstein Genannte sowieso.