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  • 01.01.2006 | BGH kompakt

    Vollstreckung aus Unterhaltstiteln bei weggefallener Minderjährigkeit

    § 798a ZPO ist nur auf Vollstreckungstitel anwendbar, die Unterhaltsansprüche i.S.v. § 1612a BGB in der seit 1.7.98 geltenden Fassung feststellen oder die gemäß Art. 5 § 3 KindUG auf das seit 1.7.98 geltende Recht umgestellt worden sind (BGH 4.10.05, VII ZB 21/05, n.v., Abruf-Nr. 053241).

     

    Sachverhalt

    Der Schuldner ist dem 1985 geborenen Gläubiger, seinem nichtehelichen Sohn, zum Unterhalt in der Weise verpflichtet, dass er „ab April 1989 Regelunterhalt zuzüglich eines Zuschlags von 90 Prozent des Regelbedarfs bezahlen“ muss. Der Gläubiger hat im Jahr 2004, d.h. nach Eintritt seiner Volljährigkeit, den Erlass eines PfÜB wegen einer Forderung von 2.400 EUR beantragt, die rückständige Unterhaltsansprüche nach Eintritt der Volljährigkeit betrifft. Nachdem der Schuldner mit seinen Rechtsmitteln in allen Instanzen gescheitert ist, begehrt er mittels Rechtsbeschwerde vom BGH die Aufhebung des PfÜB.  

     

    Entscheidungsgründe

    Der BGH ist der Argumentation des Schuldners gefolgt, wonach der vor dem 1.7.98 geschaffene und danach nicht angepasste Titel nach Eintritt der Volljährigkeit nicht mehr Grundlage der Zwangsvollstreckung sein kann. § 798a ZPO könne auf diese Alttitel nicht angewandt werden. Dies sei durch die Unterschiedlichkeit des früheren und des heutigen Verfahrens zur Schaffung eines Unterhaltstitels im vereinfachten Verfahren begründet.  

     

    • Nach dem bis zum 30.6.98 geltenden Unterhaltsrecht für nichteheliche Kinder war der Vater verpflichtet, bis zur Vollendung des 18. Lebensjahrs mindestens den Regelunterhalt zu zahlen. Der der Berechnung zu Grunde zu legende Regelbedarf wurde durch die RegelunterhaltsVO festgesetzt, § 1615f BGB. Das Kind konnte, anstatt die Verurteilung des Vaters zur Zahlung eines bestimmten Betrags als Individualunterhalt zu begehren, Klage auf Leistung des Regelunterhalts erheben, § 642 ZPO a.F. Das nur allgemein auf Zahlung des Regelunterhalts lautende Urteil wurde erst durch die in einem gesonderten Verfahren erfolgende betragsmäßige Festsetzung des Regelunterhalts ausgefüllt, § 642a ZPO a.F. Der Unterhalt konnte in einem gegenüber der Abänderungsklage nach § 323 ZPO vereinfachten Verfahren geänderten Preis- und Lebensverhältnissen angepasst werden, § 642b ZPO a.F. Diese Form der Unterhaltsleistung war vom Gesetzgeber bis zur Vollendung des 18. Lebensjahrs des Kindes begrenzt worden. Demgemäß setzte die RegelunterhaltsVO die einzelnen Regelbedarfssätze nur bis zum vollendeten 18. Lebensjahr fest. Nach diesem Zeitpunkt erlosch der Anspruch des Kindes auf Regelunterhalt. Der Vater schuldete aber noch Individualunterhalt nach den Regeln über den Verwandtenunterhalt.

     

    • Durch das KindUG vom 6.4.98 wurden mit Wirkung zum 1.7.98 § 1615f BGB aufgehoben und das vereinfachte Verfahren zur Festsetzung des Regelunterhalts für nichteheliche minderjährige Kinder nach §§ 642 ff. ZPO a.F. abgeschafft. Stattdessen wurde durch die Neufassung des § 1612a BGB allen minderjährigen Kindern die Möglichkeit eröffnet, den Unterhalt als Prozentsatz des Regelbetrags nach der RegelbetragsVO zu verlangen. Die Regelbeträge werden jeweils für drei Lebensaltersstufen festgesetzt, § 1612a Abs. 3 BGB. Die dritte Altersstufe beginnt mit dem 13. Lebensjahr, eine Begrenzung bis zum Eintritt der Volljährigkeit sieht das Gesetz nicht vor. Der Unterhalt ist dynamisiert. Er wird gemäß § 1612a Abs. 4 BGB in zweijährigem Rhythmus der Entwicklung des durchschnittlich verfügbaren Arbeitsentgelts angepasst. Für seine Festsetzung stellen §§ 645 ff. ZPO bis zu einer bestimmten Höhe ein vereinfachtes Verfahren zur Verfügung. Der zugleich neu gefasste § 798a ZPO bestimmt nun, dass der nach Eintritt der Volljährigkeit noch zum Unterhalt Verpflichtete gegenüber einem titulierten Anspruch auf Unterhalt i.S.d. § 1612a BGB nicht einwenden kann, dass Minderjährigkeit nicht mehr besteht.