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  • Grundbuchvollstreckung

    Sichern Sie sich den ersten Rang durch Pfändung des schuldrechtlichen Rückgewähranspruchs

    von Bürovorsteher Detlev Schönemann, Würzburg, und Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz

    Angesichts des dramatischen und für Gläubiger verlustreichen Anstiegs der Pfändungsfreigrenzen gewinnt der Zugriff auf „exklusive“ Vollstreckungsmöglichkeiten immer größere Bedeutung. Insbesondere die Vollstreckung in Grundbuchrechte, vor allem Grundpfandrechte, kann dabei besonders aussichtsreich sein. Der folgende Beitrag zeigt die richtige und effektive Vorgehensweise bei einem Zugriff auf dieses Vermögensobjekt.

    Die Grundschuld als dingliches Sicherungsrecht

    Die Grundschuld belastet ein oder mehrere Grundstücke (= Gesamtgrundschuld) in der Weise, dass dieses für die Zahlung einer bestimmten Geldsumme – in der Regel an Banken – haftet (§§ 1191 ff. BGB). Die meisten Grundschulden – wie auch die Hypothek – werden zur Absicherung einer Forderung bewilligt (so genannte Sicherungsgrundschuld).

    Im Gegensatz zur Hypothek kann die Grundschuld auch unabhängig von einer Forderung bestellt werden. Dies macht sie zu einem interessanten Zugriffsobjekt für andere Gläubiger.

    Praxishinweis: Die Grundschuld gewährt dem Grundschuldgläubiger, also demjenigen, für den das Pfandrecht bestellt wurde, das Recht der Verwertung durch Zwangsversteigerung nach dem ZVG. Hierfür benötigt der Gläubiger einen so genannten Duldungstitel. Diesen erhält er regelmäßig bei der Grundschuldbestellung durch notarielle Urkunde (§ 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO) in der Form, dass sich der Schuldner hinsichtlich seines gesamten Vermögens der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwirft.

    Die praktische Bedeutung der Sicherungsgrundschuld für (nachrangige) Gläubiger liegt vor allem in dem frei werdenden Betrag. Denn je mehr das Darlehen zurückbezahlt wird, desto größer ist der freie Betrag zur eingetragenen Grundschuldhauptsumme. Es gilt daher der Grundsatz: Je älter die Grundschuld, desto höher die Erfolgschance.

    Praxishinweis: Aus diesem Grund ist es für einen Gläubiger umso wichtiger, auf das Eintragungsdatum der Grundschuld zu achten. Ist dieses mehrere Jahre alt, kann davon ausgegangen werden, dass große Teile auf die Darlehensschuld zurückgezahlt wurden.

    Die pfändbaren Ansprüche

    Im Rahmen einer Forderungsvollstreckung sollte ein Gläubiger bei einer Grundschuld folgende Ansprüche pfänden:

    • Anspruch auf Rückgewähr der Grundschuld durch Übertragung (das heißt Abtretung,
    • Verzicht oder Aufhebung der Grundschuld; s.u., S. 143);
    • Ansprüche aus bereits entstandener bzw. künftig entstehender Eigentümergrundschuld;
    • Ansprüche auf Einräumung des Miteigentums am Grundschuldbrief, wenn mehrere Berechtigte vorhanden sind (bei einer Brief-Grundschuld);
    • Ansprüche auf Aufhebung der Gemeinschaft bei mehreren Mitberechtigten;
    • Anspruch auf Grundbuchberichtigung;
    • Ansprüche auf Erteilung eines Teilgrundschuldbriefs und dessen Aushändigung, wenn nur Teile der Grundschuld frei geworden sind (bei einer Brief-Grundschuld);
    • Ansprüche auf Auszahlung des Übererlöses zwischen dinglicher und schuldrechtlicher Forderung im Falle einer Zwangsversteigerung.

    Hinweis: Über die effektive Pfändung einer (Eigentümer- bzw. Teileigentümer-) Grundschuld wird in einer der nächsten Ausgaben von „Vollstreckung effektiv“ berichtet.

    Die Pfändung des schuldrechtlichen Rückgewähranspruchs

    Oft wird in einer Grundschuld-Bestellungsurkunde als Sicherungsabrede Folgendes vereinbart: Der Schuldner erhält als Sicherungsgeber nach Wegfall des Sicherungszwecks durch Nichtentstehen oder Erlöschen der Forderung einen aufschiebend bedingten Anspruch auf Rückgewähr gegen den Sicherungsgläubiger (BGH NJW-RR 94, 847). Dasselbe gilt bei teilweiser Tilgung der Forderung (BGH NJW-RR 90, 455). Der Grundstückseigentümer als Schuldner hat also nach Wegfall des Sicherungszwecks – z.B. durch (teilweise) Tilgung – gegen den Grundschuldgläubiger einen Anspruch auf (teilweise) Ausgleichung der Bereicherung oder aus ungerechtfertigter Bereicherung (BGH Rpfleger 91, 105).

    Als zukünftig aufschiebend bedingter Anspruch ist die Forderung des Schuldners gegen den Grundschuldgläubiger als Drittschuldner nach §§ 857 Abs. 1, 829 ZPO pfändbar (OLG Frankfurt AnwBl. 85, 790). Es ist unbedingt darauf zu achten, dass sowohl Grundschuld als auch belastetes Grundstück genau zu bezeichnen sind (BGH NJW-RR 92, 612). Es ist daher sinnvoll, sich zunächst einen unbeglaubigten Grundbuchauszug erteilen zu lassen und nicht die Angaben einer zuvor abgegebenen eidesstattlichen Versicherung ungeprüft zu übernehmen. Wichtig: Ergibt sich aus der Sicherungsabrede, dass generell ein Ausschluss der Abtretbarkeit des Rückgewährsanspruchs vereinbart wurde, hindert dies einen Gläubiger wegen § 851 Abs. 2 ZPO nicht an dessen Pfändung.

    Praxishinweis: Ob dem Schuldner letztlich ein Rückgewähranspruch zusteht, kann der Pfändungsgläubiger über die Drittschuldnererklärung in Erfahrung bringen. Darüber erhält er durch die Pfändung das Recht vom Schuldner, die Herausgabe der Sicherungsabrede, d.h. Grundschuldbestellungsurkunde, zu verlangen (§ 836 Abs. 3 ZPO; Leißing, VE 00, 6). Möglich ist auch, Einsicht in die Grundbuchakten zu nehmen. Denn in der Praxis befindet sich die Sicherungsabrede regelmäßig darin. Sicherheitshalber sollte auf jeden Fall gegen den jeweiligen Grundschuldgläubiger der Anspruch des Schuldners auf Herausgabe der Urkunde, in der die Sicherungsabrede enthalten ist, mitgepfändet werden. Hierdurch erlangt der Gläubiger einen unmittelbaren Anspruch auf Herausgabe der notwendigen Urkunden gegen den Grundschuldgläubiger selbst.

    Ergibt sich aus der Vereinbarung, dass die zu sichernden Ansprüche nicht hinreichend konkretisiert sind, muss durch eine Auslegung der Gesamtumstände ermittelt werden, ob der Sicherungszweck entfallen und damit letztlich ein Anspruch auf Rückgewähr entstanden ist (BGH NJW-RR 94, 847).

    Erfüllung des Rückgewähranspruchs

    Nach § 262 BGB hat (nur) der anspruchsberechtigte Schuldner das Recht auf eine wahlweise Erfüllung. Dies kann erfolgen durch:

    • Übertragung, das heißt Abtretung des Grundpfandrechts an den Schuldner;
    • Verzicht auf die Grundschuld durch Erklärung gegenüber dem Grundbuchamt oder Eigentümer (=Schuldner). Zudem muss eine Eintragung in das Grundbuch erfolgen (§§ 1168 Abs. 2, 1192 BGB). Diesem muss der Verzicht in öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Form nachgewiesen werden (§ 29 GBO);
    • Aufhebung und Eintragung der Aufhebung der Grundschuld unter Mitwirkung des Schuldners als Eigentümer (§§ 875, 1183, 1192 BGB; Form des § 29 GBO beachten).

    Ratsam: Die Pfändung aller Erfüllungs-Ansprüche

    Es kann für den Gläubiger schädlich sein, wenn er im Pfändungsbeschluss lediglich nur einen oder zwei der genannten Ansprüche pfändet: Es ist durchaus möglich, dass zwischen dem Schuldner und dem Drittschuldner bereits in der Sicherungsabrede ein konkretes Wahlrecht, entweder auf Gläubiger- oder Schuldnerseite, vereinbart wurde. Besteht dieses z.B. nur in einem Verzicht auf die Grundschuld, bringt dem Gläubiger eine Pfändung des Übertragungsanspruchs nichts. Dieser besteht dann nach der getroffenen Vereinbarung nicht, so dass eine Pfändung ins Leere läuft.

    Praxishinweis: Deshalb ist es ratsam, alle möglichen Wahlansprüche zu pfänden, um somit gegebenenfalls auch den zu erfüllenden Einzelanspruch zu erfassen.

    Die Pfändung des Anspruchs auf Rechnungslegung und Auskunft

    Der Drittschuldner ist verpflichtet, nach Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses dem Gläubiger die noch bestehende Höhe der persönlichen Forderung bekannt zu geben (AG Dorsten Rpfleger 84, 424; a.A. Stöber, Forderungspfändung, 13. Aufl., Rn. 1890a). Hieran dürfte ein Gläubiger ein besonderes Interesse haben. Denn er ist berechtigt, durch Zahlung eines evtl. noch offenstehenden Restbetrags an den Grundschuldgläubiger die Fälligkeit des Rückgewähranspruchs herbeizuführen. Die hierfür aufgewendeten Kosten können nach § 788 ZPO beigetrieben oder verzinslich festgesetzt werden.

    Praxishinweis: Auf jeden Fall besteht eine Auskunftsverpflichtung, wenn die Sicherungsabrede den Grundschuldgläubiger hierzu verpflichtet (Musielak/Becker, ZPO, 3. Aufl., § 857 Rn. 22). Deshalb ist es im Hinblick auf die o.g. Ablösungsmöglichkeiten wichtig, sich die Urkunde über die Sicherungsabrede zu beschaffen.

    Die Pfändung während eines laufenden Zwangsversteigerungsverfahrens

    Ist bereits durch einen oder mehrere Gläubiger ein Zwangsversteigerungsverfahren angeordnet worden, ist es trotzdem möglich, etwaige Rückgewähransprüche bzgl. dem betreibenden Gläubiger vorgehender Grundpfandrechte zu pfänden. Zwar bewirkt die Zustellung des Anordnungsbeschlusses an den Schuldner bzw. der Antrag auf Eintragung des Versteigerungsvermerks beim Grundbuchamt eine Beschlagnahme des Grundstücks (§ 22 Abs. 1 ZVG), mit der Folge, dass eine Belastung bzw. Veräußerung dem betreibenden Gläubiger gegenüber relativ unwirksam ist (App, VE 9/02, 121). Ein solches Verbot hindert jedoch Gläubiger nicht daran, Rückgewähransprüche vorgehender Grundpfandrechte zu pfänden. Somit ist es möglich, sich auch bei laufendem Versteigerungsverfahren einen besseren Rang gegenüber anderen Gläubigern zu verschaffen.

    Die Verwertung des gepfändeten Rückgewähranspruchs

    Die Pfändung des Anspruchs auf Rückgewähr berührt nur den vertraglichen, d.h. schuldrechtlichen Anspruch des Schuldners (s.o.). Um die gepfändeten Rechte aus dem Rückgewähranspruch auch praktisch durchsetzen zu können, benötigt der Gläubiger noch einen Überweisungsbeschluss. Dieser berechtigt den Gläubiger, folgende Handlungen vorzunehmen:

    • Er kann die Fälligkeit des Rückgewähranspruchs durch Zahlung des noch auf die persönliche Forderung offenstehenden Betrags herbeiführen. Hierfür aufzuwendende Kosten sind solche der Vollstreckung nach § 788 ZPO.
    • Er kann bei entsprechender Vereinbarung auch einen Teil-Rückgewähranspruch geltend machen. Dies gilt zumindest, wenn durch die teilweise Tilgung der Sicherungszweck endgültig entfällt (BGH NJW 90, 455).
    • Macht der Gläubiger gegenüber dem Drittschuldner seinen gepfändeten Verzichtsanspruch geltend, bewirkt dies das Entstehen einer Eigentümergrundschuld (§§ 1168, 1192 BGB).

    Praxishinweis: Die Gefahr für den Gläubiger bei dieser Alternative besteht jedoch darin, dass sich das Pfandrecht nicht automatisch auf diese Eigentümergrundschuld erstreckt (BGH NJW 89, 2536). Deshalb ist es dringend zu empfehlen, in einem solchen Fall nachträglich noch die Eigentümergrundschuld zu pfänden, falls dies nicht zugleich bereits mit der Pfändung des Rückgewähranspruchs geschehen ist.

    • Die Erfüllung des Rückgewähranspruchs durch Aufhebung (§§ 875, 1192 BGB) bewirkt den Untergang der Grundschuld. Dies bedeutet aber auch den Wegfall des Pfandrechts. Insofern ist diese Art der Erfüllung für den Gläubiger zunächst uninteressant. Dies gilt allerdings nicht, wenn er zuvor für seine Forderung eine Sicherungshypothek im Grundbuch hat eintragen lassen: Denn mit Wegfall der Grundschuld rücken nachrangige Rechte im Range auf, somit auch die Sicherungshypothek.
    • Macht der Gläubiger von seinem Recht auf Übertragung durch Abtretung Gebrauch, benötigt er die Mitwirkung des Schuldners hierfür nicht. Dies bedeutet, dass er für den Schuldner gegenüber dem Drittschuldner die erforderlichen Erklärungen abgeben darf. Darüber hinaus darf der Gläubiger aus eigenem Recht die Eintragung der Abtretung und Pfändung beim Grundbuchamt beantragen.

    Praxishinweis: Der Vorteil dieser Variante für Gläubiger besteht vor allem darin, dass durch die Abtretung kraft Gesetzes eine Eigentümergrundschuld entsteht und sich das Pfandrecht hieran fortsetzt (analog § 1287 BGB). Dies hat zur Folge, dass eine erneute kostenauslösende und zeitraubende Pfändung der Eigentümergrundschuld nicht mehr erforderlich ist. Ergibt sich allerdings aus der Sicherungsabrede, dass Zahlungen des Schuldners – unüblicherweise – auf die Grundschuld und nicht auf die persönliche Schuld geleistet wurden, läuft die Pfändung mangels eines entstandenen Rückgewähranspruchs ins Leere. Ein Pfändungspfandrecht an der Eigentümergrundschuld kann daher nicht entstanden sein (LG Koblenz 30.11.01, 2 T 738/01, n.v).

    Folgendes muss der Gläubiger darüber hinaus beachten: Bei der Überweisung ist zwischen Buch- undBrief-Grundschuld zu unterscheiden: Während bei der ersteren die Abtretung durch Einigung und Grundbucheintragung (§ 1154 Abs. 2, 1192 BGB) erfolgt, vollzieht sich diese bei der Brief-Grundschuld durch schriftliche Abtretungserklärung und gleichzeitige Übergabe des Grundschuldbriefs an den Pfändungsgläubiger (§§ 1154, 192 BGB).

    Dilemma: Rückgewähranspruch ist oftmals abgetreten

    Die meisten Gläubigerbanken haben sich bei Vereinbarung der Sicherungsabrede formularmäßig den Rückgewähranspruch vorrangiger Rechte zur Sicherung ihrer nachfolgenden Grundpfandrechte abtreten lassen. In diesem Fall geht die Pfändung ins Leere, da dem Schuldner der Anspruch nicht mehr zusteht. Dies gilt nach BGH (NJW 71, 1939) sogar, wenn dieser Anspruch wieder an den Schuldner als Grundstückeigentümer zurückabgetreten wird. Darüber hinaus wird dieser Rückabtretungsanspruch in der Praxis regelmäßig an die weiteren nachrangigen Grundpfandrechtsgläubiger abgetreten.

    Tipp: Um doch noch zum Erfolg zu kommen, empfiehlt es sich für Gläubiger, zugleich mit dem Anspruch auf Rückgewähr den Rückabtretungsanspruch sowie den Anspruch auf Rückgewähr der abgetretenen Rückgewähransprüche zu pfänden. Dieser entsteht für den Schuldner regelmäßig, wenn nachrangige Gläubiger durch Zahlung befriedigt wurden (OLG Frankfurt JurBüro 84, 109). Drittschuldner sind dann die im Grundbuch eingetragenen nachfolgenden Grundschuldgläubiger.

    Der folgende Musterantrag zeigt, wie Sie bei der Pfändung eines Rückgewähr- und Rückabtretungsanspruchs vorgehen sollten.

    Leserservice: Diesen Musterantrag können Sie unter www.iww.de mit der Abruf-Nr. 021296 herunterladen.

    Quelle: Vollstreckung effektiv - Ausgabe 10/2002, Seite 139

    Quelle: Ausgabe 10 / 2002 | Seite 139 | ID 107583