01.03.2006 | Kontenpfändung
Erweiterter Pfändungsschutz nur auf Antrag
Das Vollstreckungsgericht darf beim Erlass eines PfÜB nicht anordnen, dass das Geldinstitut als Drittschuldner den verlängerten Pfändungsschutz gemäß § 55 Abs. 4 SGB I ohne gesonderte gerichtliche Entscheidung beachten muss (BGH 16.7.04, IXa ZB 44/04, Abruf-Nr. 042319). Dies wird aber immer wieder missachtet. Der Beitrag erläutert, wie Gläubiger darauf reagieren müssen.
Ausgangssituation: Der Fall des BGH
In dem Fall des BGH hatte das AG dem PfÜB folgende Anlage beigefügt, die durch einen Vermerk auf dem Beschluss dessen Bestandteil wurde:
Die beanstandete Anlage zum PfÜB des AG |
„Gehen auf dem gepfändeten Konto Sozialleistungen (z.B. Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe, Umschulungsgeld, Renten, Krankengeld, Sozialhilfe, Wohngeld, Erziehungsgeld, Kindergeld u.a.) ein, sind diese Geldeingänge (Bestand und Neugutschriften) gemäß § 55 SGB I innerhalb von 7 Tagen seit der Gutschrift unpfändbar. Der Schuldner kann somit ohne Beschränkung über diese Gelder verfügen. Hat der Schuldner die 7-Tage-Frist verstreichen lassen, gilt zu Gunsten des Schuldners der in § 55 Abs. 4 SGB I formulierte Pfändungsschutz. Für den dort genannten Zeitraum ergibt sich der pfändbare Betrag aus der Lohnpfändungstabelle zu § 850c ZPO (in der jeweils gültigen Fassung) unter Berücksichtigung der Unterhaltsverpflichtungen des Schuldners. Pfandfrei sind die einzelnen Sozialleistungen stets, wenn sie nicht höher sind als monatlich 939,99 EUR (bei 0 Unterhaltspflichten), 1.289,99 EUR (bei 1 Unterhaltspflicht), 1.479,99 EUR (bei 2 Unterhaltspflichten), 1.679,99 EUR (bei 3 Unterhaltspflichten). § 55 IV SGB macht die Verfügbarkeit der durch die Gutschrift von Sozialleistungen entstandenen Guthaben von einer späteren Entscheidung des Vollstreckungsgerichts unabhängig. Somit greift der vorgenannte Pfändungsschutz automatisch und ist von dem Geldinstitut (Drittschuldner) von Gesetz wegen und ohne weitere Gerichtsentscheidungen zu beachten. Denn anders als in § 850k ZPO hat der Gesetzgeber die Aufhebung der Pfändung nicht von einem Antrag des Schuldners sowie einer nachfolgenden Gerichtsentscheidung abhängig gemacht.
Werden noch nicht an der Quelle (Arbeitgeber) gepfändete wiederkehrende Einkünfte der in §§ 850bis 850b ZPO bezeichneten Art, insbesondere Arbeitseinkommen, Lohn oder Gehalt auf das Konto des Schuldners bei einem Geldinstitut überwiesen, kann dem Schuldner vom Vollstreckungsgericht auf Antrag Pfändungsschutz für Bankguthaben nach Maßgabe des §§ 850k, 766, 765a, 732 II ZPO gewährt werden. Den Antrag sollte der Schuldner tunlichst innerhalb der Frist des § 835 Abs. 3 S. 2 ZPO (= 2 Wochen nach Zustellung des PfüB an den Drittschuldner) unter Vorlage entsprechender Nachweise (Kontoauszüge und Lohn-/Gehaltsabrechnungen der letzten 3 Monate) stellen. Deshalb wird der Drittschuldner ausdrücklich auf die Beachtung des § 835 Abs. 3 S. 2 ZPO hingewiesen.
Soweit der Schuldner ggü. dem Geldinstitut durch Vorlage entsprechender Belege (z.B. Pfändungsverfügungen, PfÜB, Bezüge-, Gehalts- oder Lohnabrechnung) nachweisen kann, dass lediglich der pfandfreie Teil des Arbeitseinkommens auf seinem Konto eingeht oder wenn mit diesem Beschluss Arbeitseinkommen und Kontokorrentguthaben parallel gepfändet werden, erfasst die Kontopfändung nicht das durch die Gutschrift des pfändbaren Teils des Arbeitseinkommens entstandene Kontoguthaben.
Diese Anlage stellt nach Auffassung des Vollstreckungsgerichts keine Einschränkung des Gläubigerantrags dar.“ |
Die von der Drittschuldnerin gegen die Hinweise im 1. und 3. Abs. der Anlage zum PfÜB eingelegte Erinnerung hat das AG zurückgewiesen. Ihre sofortige Beschwerde blieb hinsichtlich des 1. Abs. ohne Erfolg. Dagegen wendet sich die Drittschuldnerin mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde.Nachdem das Beschwerdegericht bereits den 3. Abs. verworfen hat, hat der BGH mit aller Deutlichkeit auch den 1. Abs. beanstandet und der Erinnerung der Drittschuldnerin stattgegeben. Hierzu trifft er wichtige Klarstellungen:
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