01.09.2006 | Unterhaltsvollstreckung
Verrechnungsantrag nach § 850e Abs. 4 ZPO: Das müssen Sie als nachrangiger Gläubiger tun
Häufig machen Unterhaltsgläubiger von ihrer Privilegierung nach § 850d ZPO (Goebel, VE 06, 141) keinen Gebrauch, weil ihnen allein die Pfändung unter Berücksichtigung des Pfändungsschutzes nach § 850c ZPO hinreichende Befriedigung verschafft, oder sie ggf. von seiner Vorrechtsstellung keine Kenntnis haben. Sie blockieren so die nach der Tabelle zu § 850c ZPO pfändbaren Beträge für nachrangig pfändende Gläubiger. Besonders ärgerlich: Damit eröffnet sich die Möglichkeit für eine „Zusammenarbeit“ des Schuldners mit dem – ihm meist familiär verbundenen – Unterhaltsgläubiger. Dem will § 850e Abs. 4 ZPO vorbeugen. Dazu im Einzelnen:
Verrechnung beachten
Trifft eine Pfändung, eine Abtretung oder eine sonstige Verfügung wegen eines der in § 850d ZPO bezeichneten Ansprüche mit einer Pfändung wegen eines sonstigen Anspruchs zusammen, sind auf die Unterhaltsansprüche zunächst die gemäß § 850d ZPO der Pfändung in erweitertem Umfang unterliegenden Teile des Arbeitseinkommens zu verrechnen.
Beispiel |
Schuldner S. verfügt über ein Nettoeinkommen von 1.580 EUR. Sein notwendiger Unterhalt ist mit 780 EUR bestimmt. Der Unterhaltsgläubiger G.1 hat einen Anspruch auf einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 500 EUR und pfändet das Arbeitseinkommen des S. ohne Inanspruchnahme der Privilegierung nach § 850d ZPO. Der später pfändende G.2 hat eine Forderung aus einem Kaufvertrag von 12.000 EUR. Nach der Tabelle zu § 850c ZPO ist ein Betrag von 450 EUR pfändbar.
Lösung: Unter Anwendung der Tabelle zu § 850c ZPO hat G.1 den gesamten pfändbaren Betrag von 450 EUR zu beanspruchen. G.2 geht daher zunächst leer aus.
Der nach § 850d ZPO privilegierte pfändbare Bereich beträgt 350 EUR (1.580 ./. 450 EUR = 1.130 EUR), die nach § 850c ZPO unpfändbar sind. Die Differenz zum notwendigen Unterhalt nach § 850d ZPO und dem unpfändbaren Betrag nach § 850c ZPO beträgt 350 EUR (1.130 EUR ./. 780 EUR).
Durch einen Antrag nach § 850e Abs. 4 ZPO kann der nachrangige G.2 den G.1 auf die vorrangige Pfändung des privilegierten Zugriffsbereichs verweisen. Damit erhält G.1 die privilegiert pfändbare Forderung von 350 EUR. Die verbleibende Unterhaltsforderung in Höhe von 150 EUR erhält er aus den nach § 850c pfändbaren 450 EUR. Hier verbleiben demnach 300 EUR, die nach § 850c ZPO noch pfändbar sind. Diese erhält nun G.2.
Ergebnis: G.1 erhält durch den Antrag nach § 850e Abs. 4 ZPO 50 EUR mehr und G.2 300 EUR mehr. |
Praxishinweis: Die Verrechnung bezieht sich nur auf den laufenden Unterhaltsanspruch. Sie erfolgt auch nicht von Amts wegen, sondern muss vom Gläubiger gesondert beantragt werden.
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