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  • Vollstreckungskosten
    Die notwendigen Kosten der Vollstreckung
    von RiLG Frank-Michael Goebel, Koblenz/Rhens
    Die Kosten der Zwangsvollstreckung werden einerseits nicht von der Kostengrundentscheidung des Vollstreckungstitels erfasst, während der Schuldner andererseits nach materiellem Recht zur Erstattung der unmittelbaren Vollstreckungskosten unter dem Gesichtspunkt des Verzugs verpflichtet ist. Um die Notwendigkeit der erneuten Titulierung dieser Ansprüche zu vermeiden, hat der Gesetzgeber mit § 788 ZPO eine gesetzliche Erstattungsnorm geschaffen.
    Notwendige Vollstreckungskosten werden ersetzt
    Nach § 788 Abs. 1 ZPO fallen dem Schuldner die notwendigen Kosten der Zwangsvollstreckung zur Last, die zugleich mit dem zur Vollstreckung stehenden Anspruch beizutreiben sind, also keines gesonderten Vollstreckungstitels mehr bedürfen. Titel für die notwendigen Kosten der Zwangsvollstreckung ist somit der Vollstreckungstitel in der Hauptsache.
    Praxishinweis: Hat der Schuldner, nachdem bereits Vollstreckungskosten angefallen sind, die Hauptforderung erfüllt, können die Vollstreckungskosten auch isoliert vollstreckt werden. Der Gläubiger sollte allerdings darauf achten, dass er bis zu deren Ausgleich den Titel nicht herausgibt.
    Zu den Kosten der Zwangsvollstreckung gehören nach § 788 Abs. 1 S. 2 ZPO auch die Kosten zur Erlangung einer vollstreckbaren Ausfertigung und der Zustellung des Urteils. Weiter gehören hierzu die eigentlichen Vollstreckungskosten, das heißt die
  • Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts, insbesondere diejenigen nach § 57 BRAGO;
  • Gebühren des Vollstreckungsorgans nach dem GVKostG, den §§ 29, 30 GKG und Nr. 1640 ff. KV GKG;

    Praxishinweis: Hinsichtlich der Gerichtsvollzieherkosten ergeben sich mit dem geplanten Kostenrechtsmodernisierungsgesetz zum 1.7.04 keine Änderungen. Die Regelungen im GKG finden sich dann in den §§ 7, 15, 26, 55, 56, 57 GKG n.F. und in Teil 2 Hauptabschnitt 1 und 2 des KV GKG in den Ziffern 2110 ff. n.F. Danach werden die bisherigen Festgebühren zum Teil um 1/3 (!) angehoben.
  • weiteren Kosten der Zwangsvollstreckung, die unmittelbar und notwendig die Zwangsvollstreckung vorbereiten und deren Durchführung dienen, wie Aufenthaltsermittlungs- oder Räumungskosten.

    Praxishinweis: Während die gesetzlichen Gebühren der Rechtsanwälte und des Vollstreckungsorgans regelmäßig keine größeren Probleme dem Grunde nach aufwerfen, ist die Notwendigkeit der weiteren Vollstreckungskosten immer wieder Gegenstand von Auseinandersetzungen. Leserservice: Eine Checkliste der hier in Frage kommenden Kostenpositionen finden Sie in einer der nächsten Ausgaben von VE.
    Beachtet werden muss, dass § 788 ZPO nur die unmittelbaren Vollstreckungskosten umfasst, nicht aber Kosten, die lediglich aus Anlass der Zwangsvollstreckung entstehen, insbesondere solche, die auch bei einer Erfüllung des Schuldners ohne Zwangsvollstreckung entstanden wäre (z.B. EMA-Anfrage, VE 04, 50). Hier ist der Gläubiger auf die Geltendmachung seiner materiell-rechtlichen Ansprüche beschränkt.
    In diesen Fällen sind die Vollstreckungskosten notwendig
    Die Kosten der Zwangsvollstreckung sind notwendig, wenn (kumulativ)
  • der Gläubiger zum Zeitpunkt der Veranlassung der Kosten davon ausgehen konnte, dass die Maßnahme der Zwangsvollstreckung zur Erlangung der Befriedigung aus dem Titel aus der Sicht eines verständigen Gläubigers erforderlich ist (LG Hannover JurBüro 90, 1679; LG Wiesbaden DGVZ 89, 13; Gottwald, Zwangsvollstreckung, 4. Aufl., § 788 Rn. 3) . Es muss also eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung vorliegen, ohne dass die Voraussetzungen überspannt werden dürfen (OLG Zweibrücken DGVZ 98, 8).

    Praxishinweis: Hieran fehlt es etwa, wenn eine liquide Aufrechnungsmöglichkeit besteht (Gottwald, a.a.O., § 788 Rn. 3) oder der Gläubiger dem Schuldner nur eine unangemessene Leistungsfrist zugesteht (OLG Braunschweig JurBüro 99, 46). Hat der Schuldner die titulierte Leistung zum Zeitpunkt der Veranlassung der Vollstreckungskosten bereits erfüllt, sind diese Kosten aber erstattungsfähig, wenn dem Gläubiger die Erfüllungshandlung weder konkret bekannt war, noch er sich hierüber hätte leicht Kenntnis verschaffen können (LG Stuttgart JurBüro 01, 47).
  • die Zwangsvollstreckung zulässig war, insbesondere ihre allgemeinen Voraussetzungen nach § 750 ZPO vorlagen (OLG Frankfurt InVo 96, 336).

    Praxishinweis: Auch wenn die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung vorliegen, muss der Gläubiger dem Schuldner eine angemessene Frist zur Leistungserbringung einräumen, wobei die Länge der Frist nach den Umständen des Einzelfalls zu bestimmen sind (BVerfG JurBüro 99, 608; vgl. Goebel PA 03, 144). So ist die Notwendigkeit jedenfalls zu verneinen, wenn der Vollstreckungsauftrag schon vor dem Vorliegen der Vollstreckungsvoraussetzungen erteilt wird (OLG Köln InVo 99, 127), während die unmittelbare Vollstreckung aus einem Vergleich nach Ablauf der Rücktrittsfrist zur Erstattung der Kosten führen soll (LG Köln RPfleger 00, 557; vergl. aber OLG Braunschweig InVo 99, 191).
    Gesamtschuldner: Vollstreckungskosten fallen allen Schuldnern zur Last
    Hat der Gläubiger einen einheitlichen Titel gegen mehrere Schuldner erwirkt, die als Gesamtschuldner haften, gilt diese gesamtschuldnerische Haftung nach § 788 Abs. 1 S. 3 ZPO auch für die Kosten der Zwangsvollstreckung.
    Beispiel
    Gläubiger G. unternimmt gegen Schuldner S. 1 als einer von vier gesamtschuldnerisch haftenden Personen (S. 1 bis S. 4) einen Mobiliarzwangs-vollstreckungsversuch, der jedoch erfolglos bleibt. G. kann nun gegen S. 2 vorgehen, der nun nicht nur auf die Hauptforderung haftet, sondern auch die Kosten der fruchtlosen Vollstreckung gegen S. 1 tragen muss.
    Vollstreckungsorgan prüft Anfall und Notwendigkeit der Kosten
    Das Vollstreckungsorgan muss jeweils prüfen, ob die mit dem Vollstreckungsauftrag mitgeteilten und in der Forderungsaufstellung aufgeführten Kosten der Zwangsvollstreckung tatsächlich notwendig waren und in der angegebenen Höhe entstanden sind. Der Gläubiger muss dabei die geltend gemachten Kosten glaubhaft machen, das heißt durch beglaubigte Abschriften von Kostenrechnungen und im übrigen durch die Versicherung an Eides statt bzw. anwaltliche Versicherung.
    Praxishinweis: Weist der Gerichtsvollzieher einzelne oder alle Kostenansätze als nicht notwendig zurück, kann der Gläubiger dagegen nach § 766 Abs. 2 ZPO mit der Erinnerung vorgehen (Goebel, VE 03, 114). Soweit das Vollstreckungsgericht die Kostenansätze als nicht notwendig ansieht, kommt hiergegen die sofortige Beschwerde nach § 793 ZPO in Betracht.
    Kosten können auch tituliert werden
    Oft befürchtet der Gläubiger, dass das Vollstreckungsorgan die weiteren Kosten zur Vorbereitung und Durchführung der Vollstreckung bestreitet - etwa bei hohen Detektiv- oder Auskunftskosten - und sich dadurch die Vollstreckung zu seinem Nachteil verzögert. Hier kann er Streitfragen um die Notwendigkeit der Kosten frühzeitig klären, indem er beantragt, die Kosten nach § 788 Abs. 2 i.V.m. §§ 103 Abs. 2, 104, 107 ZPO festzusetzen.
    Praxishinweis: Werden die Vollstreckungskosten festgesetzt, erfolgt ihre Vollstreckung unmittelbar aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss, ohne dass das Vollstreckungsorgan Notwendigkeit oder Höhe beanstanden kann. Hier ist darauf hinzuweisen, dass vielfach von den Vollstreckungsgerichten die Ansicht vertreten wird, der Gläubiger habe neben dem Nachweis der entstandenen Kosten auch den Vollstreckungstitel in der Hauptsache im Original vorzulegen. Diese Auffassung ist falsch: Aus § 788 Abs. 2 i.V.m. § 104 Abs. 2 ZPO ergibt sich eindeutig, dass zum Ansatz der Kosten Glaubhaftmachung genügt. Daher genügt die Vorlage des Titels in Kopie.
    § 788 Abs. 2 ZPO regelt die bisherige Streitfrage der sachlichen und örtlichen Zuständigkeit für die Kostenfestsetzung. Ist eine Vollstreckungshandlung beim Vollstreckungsgericht anhängig, entscheidet es über den Festsetzungsantrag. Anderenfalls ist das Vollstreckungsgericht zuständig in dessen Bezirk die letzte Vollstreckungshandlung stattgefunden hat. Nur bei Vollstreckungen nach §§ 887, 888, 890 ZPO entscheidet das Prozessgericht. Da es sich um im 8. Buch der ZPO geregelte Gerichtsstände handelt, sind sie nach § 802 ZPO ausschließlich.
    Quelle: Vollstreckung effektiv - Ausgabe 04/2004, Seite 64
    Quelle: Ausgabe 04 / 2004 | Seite 64 | ID 107703