06.10.2009 | Vollstreckungspraxis
Deliktsforderung im Prozessvergleich ist auch im Forderungsfeststellungsprozess bindend
Hat der Schuldner mit einem gerichtlichen Vergleich auch den Rechtsgrund der dadurch titulierten Forderung als vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung außer Streit gestellt, steht für den Feststellungsprozess bindend fest, dass die Forderung auf einer entsprechenden Handlung beruht (BGH 25.6.09, IX ZR 154/08, Abruf-Nr. 092563) |
Sachverhalt
Die Klägerin hatte den Beklagten als früheren GmbH-Geschäftsführer und Vorstandsmitglied einer AG wegen Beitragsvorenthaltung gemäß § 266a StGB, § 823 Abs. 2 BGB in Anspruch genommen. Die Parteien schlossen einen Vergleich, in dem sich der Beklagte zur Zahlung von insgesamt 7.600 EUR verpflichtete. Im später eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen des Beklagten meldete die Klägerin diesen Betrag mit dem Zusatz „Schadenersatzanspruch wegen vorsätzlicher Beitragsvorenthaltung“ an. Der Beklagte widersprach der Geltendmachung eines Schadenersatzanspruchs wegen vorsätzlicher Beitragsvorenthaltung in Höhe eines Teilbetrages von 5.600 EUR. Die von der Klägerin erhobene Klage auf Beseitigung des Widerspruchs des Beklagten gegen die Feststellung des Rechtsgrundes der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung ist erfolglos geblieben. Auf die Berufung der Klägerin hat das OLG die Unbegründetheit des Teilwiderspruchs des Beklagten festgestellt. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der BGH wies die Revision als unbegründet ab.
Entscheidungsgründe
Der in einem Anwaltsprozess geschlossene Prozessvergleich kann weitergehende Wirkungen haben als ein Vollstreckungsbescheid, in dem der Gläubiger einseitig angegeben hat, sein Anspruch beruhe auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung. Hierzu ist der Inhalt des Vergleichs als Titel gemäß § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO mittels Auslegung festzustellen. Eine Auslegung des Vergleichsinhalts, die den behaupteten Schuldgrund einbezieht, rechtfertigt sich generell noch nicht allein aus dem Umstand, dass der geltend gemachte Anspruch nach richtiger rechtlicher Beurteilung nur aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung begründet sein kann und der Beklagte sich zu Zahlungen verpflichtet. Ergibt jedoch die Auslegung - wie hier -, dass die Parteien auch den Rechtsgrund einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung außer Streit stellen wollten, genügt dies, um eine für das Insolvenzverfahren bindende Feststellung des Bestehens einer ausgenommenen Forderung im Sinne des § 302 Nr. 1 InsO zu treffen.
Grundsätzlich ist der Widerspruch des Schuldners gegen eine bereits titulierte Forderung zulässig. Fehlt in dem Titel die Feststellung, dass die Forderung auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung beruht oder hat der Titel - wie dies beim Vollstreckungsbescheid der Fall ist, in dem der Gläubiger angegeben hat, die Forderung beruhe auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung - keine Bindungswirkung (BGH ZInsO 06, 704), kommt eine ergänzende Feststellungsklage des Gläubigers in Betracht (für die parallel gelagerte Problematik des § 850f Abs. 2 ZPO vgl. BGH VE 05, 97). Insofern konnte das Berufungsgericht vorliegend von der Bindungswirkung des im Vorprozess abgeschlossenen Vergleichs ausgehen. Es durfte der Frage, ob der Beklagte (Schuldner) persönlich aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung in Anspruch genommen werden konnte, nicht erneut nachgehen.
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