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  • 02.07.2010 | Vollstreckungspraxis

    Schuldnersuche auf Facebook: Wertvolle Tipps für Ihren Vollstreckungserfolg

    von Rechtsanwaltsfachangestellter Christian Noe, Gelsenkirchen

    Sie haben einen Titel, kommen aber weder an den Schuldner noch an sein Vermögen heran? Mit derzeit rund 500 Millionen Mitgliedern gehört Facebook (www.facebook.de) zu den größten sozialen Netzwerken - Tendenz steigend - und ist damit eine ideale Fundgrube für Schuldnerrecherchen. Aber auch hier gilt: Gewusst wie! Wir stellen Ihnen daher die richtigen Kniffe für eine erfolgreiche Recherche vor.  

     

    Checkliste 1: Wertvolle Tipps für die Schuldnersuche auf Facebook

    1. Ist der Schuldner auf Facebook vertreten?  

    Den Namen eintippen und das richtige Profil samt Bild des Schuldners finden - so leicht kann es sein. In der Praxis gelingt dies aber häufig nicht. Was tun, wenn Personen unter Fantasienamen angemeldet sind oder kein Bild von sich selbst eingestellt haben? Die E-Mail-Adresse hilft! Wenn Sie diese haben, können Sie sie direkt in die Suchleiste (Startseite oben) eingeben und Sie werden auf das zutreffende Profil geleitet.  

     

    Praxishinweis: Nutzer haben oft verschiedene E-Mail-Adressen. Fragen Sie Ihren Gläubiger-Mandanten und prüfen Sie den Akteninhalt, ob der Schuldner gegebenenfalls eine oder mehrere Alias-Adressen benutzt! Außerdem: Checken Sie Parallelakten in Ihrem Büro, in denen der Schuldner ebenfalls Gegenpartei ist und in der sich vielleicht weitere Daten finden lassen.  

     

    2. Nutzen Sie Personensuchmaschinen  

    Prüfen Sie den Schuldner mithilfe von Personensuchmaschinen wie yasni.de oder 123people.com. Hier lässt sich oft feststellen, ob Personen auch Profile auf anderen Netzwerken/Communities wie lokalisten.de, mySpace.de oder eben Facebook angelegt haben. Oft verweist ein Mitglied in seinem Profil darauf, dass er auch auf Facebook zu finden ist und verlinkt direkt dorthin. Auf diese Art lässt sich die Recherche erleichtern.  

     

    3. Was Sie sofort sehen können  

    Viele Nutzer schützen ihr Profil vor anderen Besuchern durch entsprechende Privatsphäre-Einstellungen. Allerdings lassen viele Nutzer ihre „Fan-Seiten“ oder sogar ihr gesamtes Profil (einschließlich „Pinnwand“) sichtbar. Dann lassen sich viele Informationen erlangen. Fan von bestimmten Vereinen, Veranstaltungen, Messen oder Unternehmen zu sein, kann Rückschlüsse auf Wohnort, Vorlieben oder Arbeitsverhältnisse ermöglichen. Plötzliches Löschen bestimmter Fan-Seiten und Hinzufügen von neuen deuten manchmal auf einen Umzug oder neue Kontakte hin. Das funktioniert auch, ohne „Freund“ (s.u., 4. und 5.) des Schuldners zu sein.  

     

    Praxishinweis: Bislang können Profilinhaber auf Facebook nicht sehen, wer ihre Seite besucht. Schauen Sie sich auf der Plattform also das Profil Ihres Schuldners an, kann dieser nicht sehen, dass die Seite von Ihnen angeklickt wurde und welche Informationen Sie sich dort angeschaut haben.  

     

    4. „Freunde“ des Schuldners - eine wahre Fundgrube  

    Auf Facebook existieren zwar viele „Freundschaften“, sie sind aber nicht stets real. Vielen Profilinhabern kommt es nur auf zahlreiche Kontakte an. Sie kennen häufig viele „Freunde“ gar nicht.  

     

    Aber: Natürlich sind auch gute Bekannte des Nutzers darunter. Und das können Sie als Gläubiger nutzen! „Geizt“ der Schuldner mit Informationen über sich selbst, schauen Sie sich seine Freunde an: Wo sind diese Mitglied? Wo haben sie ihren Wohnort? Haben sie dieselben Fan-Seiten wie der Schuldner? Was haben sie an die „Pinnwand“ des Schuldners geschrieben? Fallen Kommentare unter den „Freunden“ über den Schuldner? Sich hier einzulesen kann oft aufschlussreicher sein, als das Schuldnerprofil selbst. Nutzen Sie dabei die Funktion „Gemeinsame Freunde“.  

     

    Beispiel: Schuldner X. möchte umziehen. Angesichts seines Gläubigers G. achtet er penibel darauf, seine (neue) Adresse zu verbergen. Also aktualisiert er diese auch nicht in Foren und postet auch nicht seine Umzugspläne. Y., eine „Freundin“ von X., schreibt nun folgenden Kommentar an die Pinnwand ihres weiteren „Freundes“ Z.: „Hör mal, X. zieht doch in zwei Wochen in die Wohnung in Hamburg. Kennst Du eine empfehlenswerte Spedition von Bremen nach Hamburg? Vor allem das ganze Porzellanzeug muss doch speziell verpackt werden“. G. kennt nun den neuen Wohnort des X., den alten hat er nebenbei erfahren und eine Pfändungsoption (wertvolle Porzellansammlung?) war auch noch dabei. Und das alles nicht direkt durch die Angaben des Schuldners, sondern aus denen der Facebook-Freunde.  

     

    Merke: Viele Schuldner vergessen, dass ihre Online-Bekanntschaften unter sich im Netz oft über Dinge plaudern, die sie selbst am liebsten verbergen möchten.  

     

    5. Zum „Freund des Schuldners“ werden und noch mehr Informationen finden  

    Wenn Sie dem Schuldner eine Freundesanfrage schicken und akzeptiert werden, erweitern Sie den Informationsfundus noch einmal: Häufig sehen Sie dann seine Adresse, Einträge und Kommentare, sofern er diese nicht für alle Mitglieder zugänglich macht oder benutzerdefiniert arbeitet (Privatsphäre-Einstellungen). Der durchschnittliche „Facebooker“ soll ca. 180 Freunde haben! Liegt Ihr Schuldner darüber oder hat gleich mehrere hundert Freunde, können Sie darauf spekulieren, dass sie bei einer Freundesanfrage „durchgewunken“ und einfach akzeptiert werden, ohne dass Ihr Profil genauer geprüft wird. Und schon können Sie auf einen großen Pool weiterer Informationen zugreifen.  

     

    Praxishinweis: Das funktioniert natürlich nur, wenn Sie Ihr Profil so gestalten, dass der Schuldner keine Rückschlüsse auf Sie ziehen kann. Nicht vergessen: Vielleicht kennt Sie der Schuldner aus Besuchen in der Kanzlei oder durch Telefonate. Versierte Nutzer haben für solche Aktionen auch schon einmal das Facebook-Profil eines Freundes oder Bekannten genutzt, um geschickt „inkognito“ zu bleiben.  

     

    6. Informationen sammeln und verknüpfen  

    Auf den ersten Blick dürftige Informationen lassen sich besser verwerten, wenn Sie kombinieren.  

     

    Beispiel 1: Schuldner S. ist seit wenigen Tagen Fan zweier Stuttgarter Sportvereine, obwohl er zuvor im Münchener Raum wohnte. Das kann auf einen Umzug oder einen zeitlich befristeten Aufenthalt (wegen Arbeit?) hindeuten.  

     

    Beispiel 2: Schuldner K. weist seinen Freund B. gerade darauf hin, dass er ein Angebot bei eBay eingestellt hat? Sehen Sie sich unbedingt sein Profil an (ist die Ware vielleicht pfändbar?). Schauen Sie ebenfalls, was er in der Vergangenheit angeboten oder gekauft hat. Auch hier lassen sich schnell Rückschlüsse auf Wohnort, Interessen und Eigentum (einschließlich pfändbarer Habe) ziehen.  

     

    Praxishinweis: Wandeln Sie das „Amazon-Prinzip“ für Ihre Zwecke ab: Schuldner, denen dies gefällt, könnte auch jenes gefallen. Wer ein bestimmtes Auto besitzt, tritt auch einer passenden Facebook-Gruppe bei. Wer ein Faible für bestimmte Handymodelle hat, ist vielleicht auf der entsprechenden Fan-Seite des Herstellers vertreten.  

     

    7. Schuldner in Gruppen „einladen“  

    Wer den Schuldner ein wenig kennt (Interessen, Hobbys, etc.), kann auch von ihm selbst in geeignete Gruppen eingeladen werden. Wozu? Gerade wenn der Schuldner nicht sehr aktiv auf der Plattform ist, gerät er vielleicht ins Plaudern, wenn er einer ihn interessierenden Gruppe beitritt. Er erzählt von seinem Hobby (und damit verbundener kostspieliger Ausrüstung?) oder Plänen und liefert neuen Stoff für Ihre weiteren Recherchen. Nutzt der Schuldner Fantasienamen, können Sie auch regelmäßig sinnvolle Wortverknüpfungen googeln.  

     

    Beispiel: Schuldner S. hat früher ein Finanzdienstleistungsbüro in Freiburg unter dem Werbenamen „Monetenkammer“ geführt und oft die Bezeichnung „Monetenmacher“ genutzt. Mögliche Schlagwörter für eine Google-Abfrage: S., Moneten, Monetenkammer, Monetenmacher, Freiburg, Facebook, Insolvenz, Geld, Neugründung.  

     

    8. Basisfundus aufbauen: Abfrage Mandant  

    Ihr „Screening“ bei Facebook ist umso erfolgreicher, je besser Ihre Informationen zu Beginn sind. Deshalb fragen Sie Ihren Mandanten nach zentralen Informationen, die Sie weiterbringen könnten - selbst nach scheinbar noch so unbedeutsamen.  

     

    Checkliste 2: Facebook-Recherche vorbereiten - Das müssen Sie Ihren Mandanten fragen
    • Fragen Sie bisherige Adressen, Alter, Bekanntschaften und Geschäftspartner ab.

     

    • Kennt Ihr Mandant bisherige (oder aktuelle) Arbeitsstellen, Hobbys (Auto, Segeln, Computertechnik) oder Vereinsmitgliedschaften?

     

    • Prüfen Sie, ob der Schuldner in anderen Foren alternative E-Mail-Adressen genutzt hat.

     

    • Forenmitgliedschaften sind generell von Interesse (Communities wie MySpace.de, lokalisten.de etc.; Tipp: Die aktivste deutsche Online-Community ioff.de (Inoffizielles Fernseh- und Medienforum) verzeichnet pro Tag derzeit rund 20.000 Kommentare.

     

    • Bevorzugt der Schuldner besondere Fantasienamen, Themen (Autos, Clubbesuche, Hochzeit, Messebesuche, PC-Themen) oder nutzt er auffällig oft bestimmte Redewendungen oder Werbesprüche?

     

    • War der Schuldner einmal gewerblich tätig? Und wenn ja, was hat er verkauft (möglicherweise nach eBay ausgewichen, Restposten in Foren angeboten?)?

     

    • Lädt der Schuldner Bilder bei flickr.de hoch? Verlinkt er dort zu seinen Profilen bei Facebook oder anderen Netzwerken?

     

    • Welche Interessen hat der Schuldner und auf welchen Fan-Seiten könnte er dementsprechend eingetragen sein?
     

    Praxishinweis: Als Fundgrube für Ihre Recherchen empfiehlt sich auch youropenbook.org, wo sich gezielt Updates von Facebook-Profilen einsehen lassen. Wenn Sie z.B. „neue Handynummer“ eingeben oder „Allgemeinmediziner“ in Kombination mit „neue Arbeit“, können Sie interessante Suchergebnisse erzielen. Die Seite soll zeigen, wie leicht öffentliche Daten für die globale Netzgemeinde einzusehen sind.  

    Quelle: Ausgabe 07 / 2010 | Seite 111 | ID 136768