· Fachbeitrag · Der praktische Fall
Der >„widerspenstige“ Drittschuldner
| Die Auseinandersetzung mit Drittschuldnern, vor allem Banken, kann zeitintensiv sein. Während der Gläubiger oft unter Zeitdruck steht, ist dies dem Drittschuldner meist egal. Hieraus ergeben sich in der Praxis konfliktträchtige Konstellationen, wie in einem aktuellen Fall eines Lesers. |
Wegen einer Deliktsforderung hat Gläubiger G. eine Rentenpfändung bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Drittschuldner D.) gemäß § 850f Abs. 2 ZPO ausgebracht. Der unpfändbare Betrag wurde 2010 auf 647,18 EUR festgesetzt. Im Juni 2013 stellte Schuldner S. einen Antrag nach § 850f Abs. 1 ZPO, um den unpfändbaren Betrag aufgrund persönlicher besonderer Belastungen (Krankheit) anheben zu lassen. Das AG setzte mit Beschluss vom 13.8.13 den unpfändbaren Betrag auf 952,17 EUR herauf. Da die Rente des S. unter diesem Betrag liegt, ergab sich für G. kein pfändbarer Betrag mehr. Im Beschluss selbst befindet sich kein Hinweis, dass dieser Beschluss erst ab Rechtskraft wirksam wird. D. stellte ab September 13 die Zahlung an G ein.
Auf die sofortige Beschwerde hin entschied das Beschwerdegericht am 6.2.14, dass der unpfändbare Betrag auf 797,17 EUR festgesetzt wird. Es ergab sich somit ein pfändbarer Betrag von 113,04 EUR. G. forderte nun D. auf, diesen Betrag ab September 2013 nachzuzahlen mit dem Hinweis, dass der Beschluss des AG nicht rechtskräftig geworden ist. D. verweigerte die Zahlung unter Hinweis, dass der Änderungsbeschluss des Beschwerdegerichts erst ab Zustellung wirksam wird und die Rentenversicherung nur eine Nachzahlung leisten müsse, sofern Leistungsansprüche noch nicht erfüllt wurden. Da man jedoch die volle Rente an S. ausgezahlt habe, seien die Leistungsansprüche erfüllt. G. erhielt daher erst ab März 2014 wieder pfändbare Beträge. Zu Recht?
Lösung: Ja, § 850g ZPO! Ändern sich die Voraussetzungen für die Bemessung des unpfändbaren Teils des Arbeitseinkommens, muss das Vollstreckungsgericht auf Antrag den Pfändungsbeschluss entsprechend ändern. Der Drittschuldner kann nach dem Inhalt des früheren Pfändungsbeschlusses mit befreiender Wirkung leisten, bis ihm der Änderungsbeschluss zugestellt wird.
Der Drittschuldner ist daher insoweit geschützt, als ihm gegenüber die Änderung der pfändbaren Beträge erst ab Zustellung des Änderungsbeschlusses wirkt. Hat er für zurückliegende Zeiträume bereits an den Schuldner oder einen anderen Gläubiger ausgezahlt, ist er gegenüber dem Gläubiger frei geworden. Liegt für vergangene Zeiträume noch keine Auszahlung vor, muss der Drittschuldner den erhöhten Betrag an den Gläubiger auszahlen, dessen Pfändungspfandrecht zeitlich vorgeht (LG Mönchengladbach Rpfleger 03, 517). Insofern greift eine Rückwirkung nur, wenn der Drittschuldner in der Vergangenheit noch nicht mit befreiender Wirkung geleistet hat. Hat er daher den sich jeweils ergebenden Pfändungsbetrag überwiesen, ist für eine rückwirkende Herabsetzung der Pfändungsfreibeträge kein Raum mehr (LG Rostock JurBüro 03, 327). Der Änderungsbeschluss entfaltet nicht schon kraft Gesetzes Rückwirkung (LG Wuppertal JurBüro 02, 95). Insofern hätte das AG den Beschluss von dessen Rechtskraft abhängig machen sollen.