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  • · Fachbeitrag · Leser-Erfahrungsaustausch

    Nichtberücksichtigung nach § 850c Abs. 6 ZPO: Prioritätsprinzip bleibt

    | Eine Leserin hatte eine Lohnpfändung ausgebracht und den Antrag auf volle Nichtberücksichtigung der Ehefrau und der Kinder nach § 850c Abs. 6 ZPO gestellt. Dem Antrag wurde durch Beschluss des Vollstreckungsgerichts stattgegeben. Es liegen aber drei Vorpfändungen vor. Unsere Leserin fragt sich: Steht der Betrag, der durch die Nichtberücksichtigung frei wird, ihr zu oder geht er an die Gläubiger der Vorpfändungen? |

     

    Der Gerichtsbeschluss wirkt nur für den Gläubiger, der einen Antrag nach § 850c Abs. 6 ZPO gestellt hat. Folge: Vorrangige Gläubiger profitieren zunächst nicht. Hierin liegt aber auch ein Vorteil: Denn vorrangige Gläubiger, die ggf. Zahlungen aufgrund ihrer Pfändung erhalten, werden über Nichtberücksichtigungsanträge nachrangiger Gläubiger nicht informiert. Insofern muss der Arbeitgeber vorrangige Pfändungen früherer Gläubiger zwar beachten. Aber deren pfändbare Beträge berechnen sich anders als die des nachrangigen Pfändungsgläubigers, der einen Antrag nach § 850c Abs. 6 ZPO zuerst gestellt hat.

     

    • Beispiel

    Schuldner S. ist verheiratet und muss das minderjährige Kind K. versorgen. Das Nettoeinkommen des S. beträgt 2.500 EUR monatlich. Der Ehegatte E. des S. verdient monatlich 1.500 EUR. G. 1 pfändet in das Arbeitseinkommen des S. G. 2 pfändet ebenfalls das Arbeitseinkommen und beantragt, dass E. nach § 850c Abs. 6 ZPO bei der Berechnung des unpfändbaren Betrags nicht berücksichtigt wird. Das Gericht erlässt für G. 2 einen Nichtberücksichtigungsbeschluss.

     

    Lösung: Aus Sicht des G. 1 werden sowohl E. als auch K. bei der Berechnung des unpfändbaren Betrags berücksichtigt. Bei einem Nettoeinkommen von 2.500 EUR ergibt sich daher bei der Berücksichtigung von zwei Unterhaltsberechtigten (Spalte 2 der Pfändungstabelle) ein pfändbarer monatlicher Betrag von 205,31 EUR. Aus Sicht des G. 2 wird E. nicht berücksichtigt. Folge: Der pfändbare Betrag bemisst sich nun nach der Spalte 1 der Tabelle, sodass monatlich 387,96 EUR pfändbar sind. Folge: G. 1 erhält monatlich 205,31 EUR. G. 2 hingegen erhält nicht 387,96 EUR, da ihm G. 1 im Rang aufgrund des besseren Pfandrechts vorgeht. Er erhält vielmehr die Differenz zum Betrag von 387,96 EUR zu 205,31 EUR, somit monatlich 182,65 EUR.

     

    Erwirkt ein vorrangiger Gläubiger ebenfalls einen Beschluss nach § 850c Abs. 6 ZPO, verdrängt dieser wegen des Prioritätsgrundsatzes die Wirkungen des Beschlusses des nachrangigen Gläubigers, der zuerst den Antrag nach § 850c Abs. 6 ZPO gestellt hat (§ 804 ZPO; AG Mönchengladbach Rpfleger 03, 517).

     

    • Abwandlung

    Im Beispiel erwirkt der G. 1 ebenfalls einen Beschluss nach § 850c Abs. 6 ZPO.

     

    Lösung: G. 1 verdrängt die Wirkungen des für G. 2 erlassenen Beschluss nach § 850c Abs. 6 ZPO. Folge: Der pfändbare Betrag bemisst sich nun für G. 1 nach Spalte 1 der Tabelle, sodass jetzt für ihn monatlich 387,96 EUR pfändbar sind. G. 2 erhält als nachrangiger Gläubiger keine Beträge mehr, bis die Ansprüche des G. 1 gezahlt sind. Erst dann kommt G. 2 wieder zum Zug, und zwar mit monatlich ebenfalls 387,96 EUR.

     
    Quelle: Ausgabe 11 / 2021 | Seite 185 | ID 47692535