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  • 25.10.2016 · IWW-Abrufnummer 189439

    Bundesgerichtshof: Beschluss vom 21.09.2016 – VII ZB 45/15

    ZPO §§ 727 , 829 , 835

    BGB § 401 Abs. 1

    § 727 ZPO ist auf Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse, mit denen Geldforderungen des Schuldners gegen den Drittschuldner gepfändet und dem Gläubiger zur Einziehung überwiesen werden, weder unmittelbar noch entsprechend anzuwenden.


    Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. September 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Eick, die Richter Halfmeier und Prof. Dr. Jurgeleit und die Richterinnen Graßnack und Sacher
    beschlossen:

    Tenor:

    Die Rechtsbeschwerde der Gläubigerin gegen den Beschluss der Zivilkammer 51 des Landgerichts Berlin vom 1. September 2015 wird zurückgewiesen.

    Die Gläubigerin hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.



    Gründe



    I.

    1


    Die Gläubigerin ist auf Grund einer im Mai 2012 getroffenen Abtretungsvereinbarung mit der D. GmbH & Co. KG (im Folgenden: Zedentin) Inhaberin der dieser gegen den Schuldner zustehenden Forderungen aus einem Vergleich vor dem Amtsgericht W. vom 28. Februar 1996 und einem Kostenfestsetzungsbeschluss desselben Gerichts vom 17. Juli 1996. Hinsichtlich dieser Titel wurden der Gläubigerin auf ihren Antrag hin vollstreckbare Ausfertigungen als Rechtsnachfolgerin erteilt.


    2


    Die Zedentin hatte gegen den Schuldner am 20. Februar 2009 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erwirkt, mit dem die Forderung des Schuldners gegen die Drittschuldnerin gepfändet und der Zedentin zur Einziehung überwiesen worden ist. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wurde dem Schuldner am 25. März 2009 zugestellt.


    3


    Mit Antrag vom 5. Februar 2015 hat die Gläubigerin - soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren von Interesse - die Berichtigung des Pfändungsund Überweisungsbeschlusses vom 20. Februar 2009 hinsichtlich der Gläubigerbezeichnung und hilfsweise die Umschreibung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses auf sie als Rechtsnachfolgerin begehrt. Das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - hat den Antrag der Gläubigerin zurückgewiesen. Ihre dagegen gerichtete sofortige Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben.


    4


    Hiergegen richtet sich die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde der Gläubigerin.




    II.

    5


    Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde der Gläubigerin ist nicht begründet.


    6


    1. Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, eine Umschreibung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses auf die Gläubigerin gemäß § 727 ZPO in direkter oder entsprechender Anwendung scheide aus. § 727 ZPO sei auf Vollstreckungstitel anwendbar. Ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss stelle keinen Titel dar, sondern eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung, welche aufgrund eines bestehenden Titels ein Pfandrecht an einer Forderung des Schuldners gegenüber dem Drittschuldner begründen könne. Ein Fall des § 319 ZPO sei ebenfalls nicht gegeben.


    7


    2. Dies hält der rechtlichen Überprüfung stand.


    8


    a) Das Beschwerdegericht hat eine Umschreibung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses des Amtsgerichts W. vom 20. Februar 2009 auf die Gläubigerin als Rechtsnachfolgerin der darin bezeichneten Zedentin zu Recht abgelehnt. § 727 ZPO ist auf Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse, mit denen Geldforderungen des Schuldners gegen den Drittschuldner gepfändet und dem Gläubiger zur Einziehung überwiesen werden, weder unmittelbar noch entsprechend anzuwenden.


    9


    aa) Nach § 750 Abs. 1 Satz 1 ZPO darf die Zwangsvollstreckung nur beginnen, wenn die Personen, für und gegen die sie stattfinden soll, in dem Urteil oder in der ihm beigefügten Vollstreckungsklausel namentlich bezeichnet sind und das Urteil bereits zugestellt ist oder gleichzeitig zugestellt wird. Soll ein Urteil, das nach § 727 ZPO für oder gegen eine der dort bezeichneten Personen wirksam ist, für oder gegen eine dieser Personen vollstreckt werden, so muss außer dem zu vollstreckenden Urteil auch die ihm beigefügte Vollstreckungsklausel und, sofern die Vollstreckungsklausel auf Grund öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunden erteilt worden ist, auch eine Abschrift dieser Urkunden vor Beginn der Zwangsvollstreckung zugestellt sein oder gleichzeitig mit ihrem Beginn zugestellt werden, § 750 Abs. 2 ZPO . Eine vollstreckbare Ausfertigung kann für den Rechtsnachfolger des in dem Urteil bezeichneten Gläubigers nach § 727 Abs. 1 ZPO erteilt werden, sofern die Rechtsnachfolge bei dem Gericht offenkundig ist oder durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen wird.


    10


    bb) Die Pfändung einer Geldforderung des Schuldners wird nach § 829 Abs. 1 , Abs. 3 ZPO durch Zustellung eines Pfändungsbeschlusses an den Drittschuldner bewirkt, mit dem diesem verboten wird, an den Schuldner zu zahlen, und mit dem an den Schuldner das Gebot erlassen wird, sich jeder Verfügung über die Forderung, insbesondere ihrer Einziehung, zu enthalten. Der Gläubiger erwirbt durch den Pfändungsbeschluss ein Pfandrecht an der gepfändeten Forderung des Schuldners gegen den Drittschuldner, soweit diese tatsächlich besteht. Tritt der Gläubiger anschließend die zugrunde liegende titulierte Forderung an einen Dritten ab, geht das durch den Pfändungsbeschluss begründete Pfändungspfandrecht ( § 804 Abs. 1 ZPO ) nach § 401 Abs. 1 BGB auf den Zessionar über.


    11


    Einer Umschreibung des Pfändungsbeschlusses auf diesen bedarf es nicht. § 727 ZPO , der die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung des Urteils für den Rechtsnachfolger regelt, ist auf Pfändungsbeschlüsse, mit denen ein Pfandrecht an einer Geldforderung des Schuldners gegen den Drittschuldner begründet wird, weder unmittelbar noch entsprechend anzuwenden. Bei dem Pfändungsbeschluss nach § 829 Abs. 1 ZPO handelt es sich, wie das Beschwerdegericht zutreffend ausführt, um eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung und nicht um einen Vollstreckungstitel. Eine entsprechende Anwendung des § 727 ZPO kommt ebenfalls nicht in Betracht, weil keine planwidrige gesetzliche Regelungslücke besteht. Der Zessionar kann die Rechtsnachfolge sowie den Übergang des durch den Pfändungsbeschluss begründeten Pfandrechts nach § 401 Abs. 1 BGB dem Drittschuldner gegenüber in diesem Fall ohne weiteres durch Vorlage der ihm nach § 727 ZPO für den zugrunde liegenden Urteilstitel zu erteilenden Rechtsnachfolgeklausel, durch Vorlage der Abtretungsurkunde oder in anderer geeigneter Weise nachweisen.


    12


    cc) Eine Umschreibung des nach § 835 Abs. 1 BGB zu erlassenden Überweisungsbeschlusses nach § 727 ZPO kommt ebenfalls nicht in Betracht.


    13


    Gemäß § 835 Abs. 1 ZPO ist die gepfändete Forderung dem Gläubiger nach seiner Wahl zur Einziehung oder an Zahlungs statt zum Nennwert zu überweisen. Die Überweisung wird gemäß § 835 Abs. 3 Satz 1 , § 829 Abs. 3 ZPO ebenfalls mit Zustellung des Überweisungsbeschlusses an den Drittschuldner wirksam. Die Überweisung ersetzt nach § 836 Abs. 1 ZPO die förmlichen Erklärungen des Schuldners, von denen nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts die Berechtigung zur Einziehung der Forderung abhängig ist. Wird die zugrunde liegende titulierte Forderung des Gläubigers anschließend abgetreten, erwirbt der Zessionar mit der Forderung auch das durch den Überweisungsbeschluss zugunsten des Zedenten als Pfandgläubiger begründete Einziehungsrecht an der gepfändeten Forderung des Schuldners gegen den Drittschuldner. Das durch die Überweisung begründete Einziehungsrecht des Zedenten ist Ausfluss des ihm infolge der Pfändung zustehenden Pfandrechts und geht ebenso wie dieses nach § 401 Abs. 1 BGB mit der Abtretung der Forderung auf den Zessionar über. Die Überweisung der Forderung zur Einziehung nach § 835 Abs. 1 BGB entspricht der Form der Verwertung rechtsgeschäftlich verpfändeter Forderungen. Der Forderungspfandgläubiger ist nach Eintritt der Pfandreife gemäß § 1282 Abs. 1 Satz 1 BGB zur Einziehung der Forderung gegenüber dem Schuldner berechtigt (vgl. Stein/Jonas/Brehm, ZPO, 22. Aufl., § 835 Rn. 1).


    14


    b) Der von der Zedentin erwirkte Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ist auch nicht in entsprechender Anwendung des § 319 Abs. 1 ZPO dahin zu berichtigen, dass die Gläubigerin an Stelle der Zedentin als Gläubiger aufgeführt wird. Danach sind Schreibfehler, Rechnungsfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten jederzeit von dem Gericht auch von Amts wegen zu berichtigen. Um eine solche Unrichtigkeit handelt es sich nicht, wenn nach Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses und Zustellung an den Drittschuldner die dem Vollstreckungstitel zugrunde liegende Forderung, wegen der gegen den Schuldner vollstreckt wird, an einen Dritten abgetreten wird.




    III.

    15


    Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO .


    Eick
    Halfmeier
    Jurgeleit
    Graßnack
    Sacher

    Vorschriften§ 727 ZPO, § 319 ZPO, § 750 Abs. 1 Satz 1 ZPO, § 750 Abs. 2 ZPO, § 727 Abs. 1 ZPO, § 829 Abs. 1, Abs. 3 ZPO, § 804 Abs. 1 ZPO, § 401 Abs. 1 BGB, § 829 Abs. 1 ZPO, § 835 Abs. 1 BGB, § 835 Abs. 1 ZPO, § 835 Abs. 3 Satz 1, § 829 Abs. 3 ZPO, § 836 Abs. 1 ZPO, § 1282 Abs. 1 Satz 1 BGB, § 319 Abs. 1 ZPO, § 97 Abs. 1 ZPO