26.07.2018 · IWW-Abrufnummer 202569
Bundesgerichtshof: Beschluss vom 07.06.2018 – I ZB 117/17
ZPO § 890 Abs. 2
Den Antrag auf Androhung von Ordnungsmitteln nach § 890 Abs. 2 ZPO kann allein der Gläubiger stellen.
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. Juni 2018 durch die Richter Prof. Dr. Koch, Prof. Dr. Schaffert, Prof. Dr. Kirchhoff, Dr. Löffler und die Richterin Dr. Schwonke
beschlossen:
Tenor:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der Zivilkammer 52 des Landgerichts Berlin vom 16. November 2017 wird auf Kosten der Schuldnerin zurückgewiesen.
Gründe
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I. Die Schuldnerin hat wegen eines vom Gläubiger beanstandeten, von der Schuldnerin als Aprilscherz gedachten Facebook-Auftritts eine notariell beurkundete Unterlassungserklärung abgegeben. Sie beantragte dafür beim Amtsgericht den Erlass eines Androhungsbeschlusses gemäß § 890 Abs. 2 ZPO .
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Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben.
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II. Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde als unbegründet angesehen. Dazu hat es ausgeführt:
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Nach dem Gesetz komme nur eine Antragstellung durch den Gläubiger in Betracht. Es liege schon im Ansatz fern, dass der Schuldner gegen sich selbst die Zwangsvollstreckung betreibe; vielmehr obliege dies dem Gläubiger. Aus der in § 891 Satz 2 und 3 ZPO getroffenen Regelung zur Anhörung des Schuldners und zu den Kosten folge, dass die Androhung nach § 890 Abs. 2 ZPO nur vom Gläubiger beantragt werden könne, auch wenn dies nicht unmittelbar dem Wortlaut der Vorschrift zu entnehmen sei. Es sei nicht geboten, dem Unterlassungsschuldner die Möglichkeit einzuräumen, selbst für eine Vollstreckbarkeit der notariellen Unterlassungserklärung zu sorgen. Die Schuldnerin könne ohne Mitwirkung des Gläubigers eine vertragsstrafebewehrte Unterlassungserklärung abgeben, die sofort wirksam sei, keine Notarkosten verursache und keine Androhung erfordere. Der Umstand, dass die Vollstreckung aus der Urkunde nur zur Zahlung eines Ordnungsgeldes führt, könne keine andere Beurteilung rechtfertigen.
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III. Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO) und auch sonst zulässig (§ 575 ZPO). In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg. Das Beschwerdegericht hat zutreffend angenommen, die Schuldnerin sei für den Antrag gemäß § 890 Abs. 2 ZPO nicht antragsbefugt.
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1. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ergibt sich aus dem Wortlaut des § 890 Abs. 2 ZPO allerdings nicht, dass allein der Gläubiger antragsbefugt ist. Nach dieser Vorschrift wird die Androhung der in § 890 Abs. 1 ZPO vorgesehenen Zwangsmittel auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszugs erlassen. Wer zur Antragstellung nach § 890 Abs. 2 ZPO befugt ist, erschließt sich aus dem bloßen Wortlaut dieser Vorschrift nicht.
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2. Die Systematik der gesetzlichen Regelung sowie Sinn und Zweck der mit dem Antrag begehrten Anordnung sprechen dafür, die Antragsbefugnis nach § 890 Abs. 2 ZPO allein dem Gläubiger und nicht dem Schuldner einzuräumen. Davon geht, soweit ersichtlich, auch die allgemeine Meinung im Schrifttum aus (vgl. nur Bartels in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl., § 890 Rn. 13; Zöller/Seibel, ZPO, 32. Aufl., § 890 Rn. 12; MünchKomm.ZPO/Gruber, 5. Aufl., § 890 Rn. 26; Kißling in Saenger, ZPO, 7. Aufl., § 890 Rn. 16; Sturhahn in Schuschke/Walker, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, 6. Aufl., § 890 ZPO Rn. 16; Bendtsen in Kindl/Meller-Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, 3. Aufl., § 890 ZPO Rn. 22; aA AG Saarbrücken, Beschluss vom 6. Juli 2016 - 121 C 78/16 (09), juris; AG Heilbronn, Beschluss vom 8. Mai 2017 - 14 C 924/17, von der Schuldnerin vorgelegt).
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a) Für die Beschränkung der Antragsbefugnis in § 890 Abs. 2 ZPO auf den Gläubiger spricht zunächst der systematische Zusammenhang mit § 890 Abs. 1 ZPO . Der Androhung gemäß § 890 Abs. 2 ZPO bedarf es lediglich als Voraussetzung für die in § 890 Abs. 1 ZPO vorgesehenen Zwangsmaßnahmen zur Erzwingung von Handlungen und Unterlassungen. Diese Zwangsmaßnahmen erfolgen gemäß § 890 Abs. 1 Satz 1 ZPO allein auf Antrag des Gläubigers. Das legt nahe, dass die Antragsbefugnis in § 890 Abs. 2 ZPO derjenigen in § 890 Abs. 1 ZPO entspricht und auf den Gläubiger beschränkt ist.
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b) Entscheidend für dieses Ergebnis sprechen ferner Sinn und Zweck der Zwangsvollstreckung. Die Zwangsvollstreckung soll dem Gläubiger die Durchsetzung seines titulierten Anspruchs ermöglichen. Infolgedessen entscheidet allein der Gläubiger über die Einleitung der Zwangsvollstreckung und deren Durchführung.
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aa) Danach ist es Sache des Gläubigers, sich für die aus seiner Sicht angemessene Form der Rechtsdurchsetzung zu entscheiden, sofern nicht der Schuldner - dem gesetzlichen Leitbild der außergerichtlichen Streitbeilegung ( § 12 Abs. 1 Satz 1 UWG ) entsprechend - eine vertragsstrafebewehrte Unterlassungserklärung abgibt ( BGH, Urteil vom 21. April 2016 - I ZR 100/15 , GRUR 2016, 1316 Rn. 37 = WRP 2016, 1494 - Notarielle Unterlassungserklärung). Auf eine notarielle Unterwerfung muss sich der Gläubiger nicht einlassen, weil sie keine dem Titel in der Hauptsache gleichwertige Vollstreckungsmöglichkeit bietet, solange dem Schuldner kein Beschluss über die Androhung von Ordnungsmitteln wegen Verstoßes gegen die notarielle Unterlassungserklärung zugestellt worden ist (BGH, GRUR 2016, 1316 Rn. 20 f., 23 - Notarielle Unterlassungserklärung). Der Gläubiger ist nicht verpflichtet, die Ordnungsmittelandrohung herbeizuführen, sondern kann stattdessen den Weg der gerichtlichen Durchsetzung seines Anspruchs wählen. Er kann sich mit der notariell beurkundeten Unterwerfung begnügen und die Androhung von Ordnungsmitteln beantragen oder davon absehen und einen Unterlassungstitel im Hauptsacheverfahren erwirken (BGH, GRUR 2016, 1316 Rn. 25 - Notarielle Unterlassungserklärung).
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bb) Mit dieser Stellung des Gläubigers als Herrn des Verfahrens ist es unvereinbar, dem Schuldner über einen Antrag nach § 890 Abs. 2 ZPO die Möglichkeit zu geben, dem Gläubiger entgegen dem Regelungsprogramm des Gesetzes eine Streiterledigung durch notarielle Unterlassungserklärung aufzuzwingen. Dafür besteht umso weniger ein Bedürfnis, als es allein in der Hand des Schuldners liegt, nach einer Abmahnung den Streit durch Abgabe einer vertragsstrafebewehrten Unterlassungserklärung gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 UWG beizulegen.
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cc) Danach ist entgegen der Rechtsbeschwerde kein berechtigtes Bedürfnis des Schuldners erkennbar, mit einem Antrag nach § 890 Abs. 2 ZPO auf eine dem gerichtlichen Unterlassungstitel gleichwertige Vollstreckungsmöglichkeit für den Gläubiger hinzuwirken. Zwar mag der Schuldner eine notarielle Unterlassungserklärung gegenüber der strafbewehrten Unterwerfung bevorzugen, weil er im Falle eines Verstoßes gegen die Unterlassungsverpflichtung lieber der Staatskasse ein Ordnungsgeld als seinem Gegner eine Vertragsstrafe zahlen will. Wie der Bundesgerichtshof bereits entschieden hat, hat dieses Interesse indes hinter dem Interesse des Gläubigers zurückzustehen, die Unterlassungsverpflichtung durch die besondere Abschreckungswirkung einer Vertragsstrafe oder durch einen gerichtlichen Unterlassungstitel effektiv zu sichern (vgl. BGH, GRUR 2016, 1316 [BGH 21.04.2016 - I ZR 100/15] Rn. 38 - Notarielle Unterlassungserklärung).
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3. Will der Unterlassungsschuldner den Streit entgegen dem gesetzlichen Leitbild nicht durch eine vertragsstrafebewehrte Unterlassungserklärung gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 UWG beenden, sondern durch eine notarielle Unterwerfung, so kann er dies zuverlässig nur im Einvernehmen mit dem Gläubiger erreichen, der dann die Ordnungsmittelandrohung zu beantragen hat.
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IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO .
Koch
Schaffert
Kirchhoff
Löffler
Schwonke