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  • 28.05.2019 · IWW-Abrufnummer 209089

    Landgericht Rostock: Beschluss vom 07.05.2019 – 3 T 66/19

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Aktenzeichen: 3 T 66/19 (3)
    67 M 3922/18 AG Rostock

    Landgericht Rostock

    Beschluss

    In der Zwangsvollstreckungssache

    Dr. X GbR,
    - Gläubigerin und Beschwerdeführerin -

    gegen

    L
    - Schuldner, im Beschwerdeverfahren nicht beteiligt -

    hat das Landgericht Rostock - 3. Zivilkammer - durch den Richter am Landgericht M. als Einzelrichter am 07.05.2019 beschlossen:

    1. Auf die sofortige Beschwerde der Gläubigerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Rostock vom 13.02.2019, Az. 67 M 3922/18, abgeändert:

    Auf die Vollstreckungserinnerung der Gläubiger vom 18.06.2018 wird der Obergerichtsvollzieher S. angewiesen, den Gläubigern das Ergebnis der vom Bundeszentralamt für Steuern erhaltenen Auskunft über den Schuldner vom 05.04.2018 uneingeschränkt mitzuteilen - insbesondere auch die bei der Kontoabfrage erhaltene Auskunft über Inhaber von bestehenden Konten mitzuteilen, an denen der Schuldner lediglich verfügungsberechtigt ist.

    2. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

    Gründe:

    I.

    Die Gläubiger betreiben die Zwangsvollstreckung aus einem Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Hamburg-Altona vom 04.09.2017 - Az.: 17-3778800-0-8 - wegen einer Hauptforderung in Höhe von 202,30 EUR nebst Kosten und Zinsen gegen den Schuldner. Unter dem 06.11.2017 erteilten die Gläubiger einen kombinierten Sachpfändungsauftrag an die zuständige Verteilerstelle für Gerichtsvollzieher. Da der zuständige Gerichtsvollzieher den Schuldner in seiner Wohnung nicht antraf, bestimmte er auftragsgemäß einen Termin zur Abgabe einer Vermögensauskunft. Der Pflicht zur Abgabe einer Vermögensauskunft kam der Schuldner jedoch nicht nach. Die Gläubiger beauftragten daraufhin den zuständigen Gerichtsvollzieher am 23.03.2018, eine Drittauskunft nach § 802l Abs. 1 Ziffer 2 ZPO beim Bundeszentralamt für Steuern einzuholen. Der Gerichtsvollzieher leitete mit Schreiben vom 05.04.2018 die Auskunft des Bundesamtes für Steuern über den Schuldner an die Gläubiger weiter, schwärzte aber die Namen der Kontoinhaber zu bestehenden Konten, an denen der Schuldner lediglich verfügungsberechtigt ist, sodass diese Namen unkenntlich sind.

    Hiergegen richtete sich die form- und fristgerecht eingelegte Vollstreckungserinnerung der Gläubiger. Das Vollstreckungsgericht wies die Erinnerung mit Beschluss vom 13.02.2019 - Az.: 67 M 3922/18 - zurück. Gegen den am 18.02.2019 zugestellten Beschluss wenden sich die Gläubiger mit ihrer am 04.03.2019 eingelegten sofortigen Beschwerde. Das Vollstreckungsgericht hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.

    II.

    Die gemäß §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 793 ZPO statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde gegen die Entscheidung des Vollstreckungsgerichts vom 13.02.2019 ist in der Sache begründet.

    Sie führt zur Änderung der Entscheidung des Vollstreckungsgerichts dahin, dass auf die Vollstreckungserinnerung der Gläubiger nach § 766 ZPO der zuständige Obergerichtsvollzieher angewiesen wird, die erhaltene Auskunft des Bundesamtes für Steuern über die Namen der Inhaber von Konten, für die der Schuldner eine Verfügungsberechtigung hat, ohne Schwärzungen, Löschungen oder Sperrungen durch den Gerichtsvollzieher mitzuteilen.

    Gemäß § 802l Abs. 1 Nr. 2 ZPO darf der Gerichtsvollzieher das Bundeszentralamt für Steuern ersuchen, bei den Kreditinstituten die in § 93b Abs. 1 AO bezeichneten Daten abzurufen (§ 93 Abs. 8 AO), wenn der Schuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft - wie hier - nicht nachkommt oder bei einer Vollstreckung in die dort aufgeführten Vermögensgegenstände eine vollständige Befriedigung des Gläubigers voraussichtlich nicht zu erwarten ist. Gemäß § 802l Abs. 1 S. 2 ZPO ist dies nur zulässig, soweit dies zur Vollstreckung erforderlich ist.
    Daten, die für die Zwecke der Vollstreckung nicht erforderlich sind, hat der Gerichtsvollzieher nach § 802l Abs. 2 ZPO unverzüglich zu löschen oder zu sperren.

    Es entspricht dem Anwendungsbereich des § 802l Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 ZPO, die vom Bundeszentralamt für Steuern in eigener Verantwortung nach § 93 Abs. 8 AO an den Gerichtsvollzieher übermittelten Auskünfte ohne Löschungen oder Sperrungen der Daten über sogenannte Drittkonten, über die der Schuldner lediglich verfügungsbefugt ist, einschließlich der Namen dieser Kontoinhaber, an die Gläubiger weiter zu leiten. Denn die Weitergabe der vollständigen Daten ist für die Zwecke der Vollstreckung erkennbar erforderlich und entspricht einer effektiven Zwangsvollstreckung. Erst die vollständigen Daten können für den Gläubiger wichtige Informationen darüber enthalten, ob der Schuldner gegebenenfalls eigene Vermögenswerte mit Hilfe anderen Personen, die als Kontoinhaber dem Schuldner eine Verfügungsbefugnis über ein Konto einräumen, der Zwangsvollstreckung entziehen will. Solche Konstruktionen, die die Verschleierung von Vermögenswerten bezwecken und die in verschiedenen Fallgestaltungen auftreten können, werden erst durch eine vollständige Weitergabe der Auskünfte des Bundeszentralamtes für den Gläubiger offenbar. Sie können einer Pfändung und Überweisung von Forderungen des Schuldners gegen den Dritten erst möglich machen.

    Ein schützenswertes Interesse der Kontoinhaber, die dem Schuldner eine Verfügungsbefugnis über ein Konto einräumen, an der Nichtweitergabe ihrer Daten, ist nicht ersichtlich. Die beim Bundeszentralamt für Steuern nach § 93 Abs. 1 AO über sie verfügbaren Daten, können nach dieser Vorschrift ohnehin an die dort genannten Verwaltungen und Behörden weiter gegeben werden. Für die Vollstreckung von privaten Gläubigern kann kein anderer Maßstab gelten, denn insoweit besteht kein Unterschied in der Wertigkeit der dort genannten Behörden und sonstigen Gläubigern.

    Die genannten Kontoinhaber tragen ferner ebenso wie sonstige Drittschuldner grundsätzlich das allgemeine Risiko, von Vollstreckungsmaßnahmen gegen einen Schuldner, mit dem sie in Rechtsbeziehung stehen, mittelbar betroffenen zu werden. Der Schutzbereich des Rechtes auf informationelle Selbstbestimmung ist in entsprechenden Fällen nicht betroffenen.

    Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, weil sich die Beteiligten im Streitfall nicht als Parteien eines kontradiktorischen Verfahrens gegenüber stehen und außerdem die sofortige Beschwerde erfolgreich war und deren Kosten solche der Zwangsvollstreckung sind. Entsprechendes gilt für die Zulassung der Rechtsbeschwerde. Auch sie ist vorliegend nicht veranlasst, denn die Verfahrensbeteiligten sind durch die Entscheidung nicht direkt beschwert.

    RechtsgebietDrittauskünfteVorschriften§ 8021 ZPO