20.11.2020 · IWW-Abrufnummer 219038
Oberlandesgericht Stuttgart: Beschluss vom 25.05.2020 – 8 W 154/20
Die nach Abschluss eines Prozessvergleichs im Zusammenhang mit dem Antrag auf Erlass einer Strafandrohung stehende anwaltliche Tätigkeit löst eine Vollstreckungsgebühr gemäß RVG VV Nr. 3309 aus, die nicht durch die im Hauptsacheprozess verdiente Verfahrensgebühr gemäß RVG VV Nr. 3100 abgegolten ist.
Oberlandesgericht Stuttgart
In Sachen
... mbH, vertreten durch d. Geschäftsführer, ..., ...
- Antragstellerin und Beschwerdeführerin -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte ..., ..., ..., Gz.: ...
gegen
1) ... GmbH & Co. KG, vertr. d. d. ... GmbH, d. v. d. d. Geschäftsführer, ..., ...
- Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin -
2) ... ..., ..., ...
- Antragsgegner und Beschwerdegegner -
Prozessbevollmächtigte zu 1 und 2:
Rechtsanwälte ..., ..., ..., Gz.: ...
Tenor:
1.
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom 07.08.2019 - 40 O 69/16 - abgeändert.
1.1. Auf Grund des Beschlusses des Landgerichts Stuttgart vom 19.12.2018 - 40 O 69/16 - sind von der Antragsgegnerin zu 1 und dem Antragsgegner zu 2 an die Antragstellerin jeweils zu erstatten:
394,00 €
nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 11.03.2019.
Gründe
I.
Mit dem vor dem Oberlandesgericht Stuttgart geschlossenen Prozessvergleich vom 02.11.2017 haben sich die Antragsgegner gegenüber der Antragstellerin zur Unterlassung einer Handlung verpflichtet. Auf Antrag der Antragstellerin wurde den Antragsgegnern mit Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom 19.12.2018 für jeden Fall der Zuwiderhandlung die Verhängung von Ordnungsgeld bzw. Ordnungshaft angedroht und die Kosten des Androhungsverfahrens den Antragsgegnern auferlegt.
Mit Beschluss vom 07.08.2019 hat die Rechtspflegerin den Antrag der Antragstellerin auf Festsetzung der Kosten für das Androhungsverfahren in Höhe jeweils einer 0,3 Verfahrensgebühr gemäß RVG VV Nr. 3309 aus dem von dem Landgericht im Beschluss vom 19.12.2018 festgesetzten Streitwert von 60.000 € zurückgewiesen. Gegen diese den Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin am 13.08.2019 zugestellte Entscheidung hat die Antragstellerin mit Telefax vom 13.08.2019 sofortige Beschwerde eingelegt, der das Landgericht mit Beschluss vom 23.04.2020 nicht abgeholfen hat.
II.
Die gemäß §§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat auch in der Sache Erfolg.
Auf Seiten des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin ist jeweils eine Vollstreckungsgebühr gemäß RVG VV Nr. 3309 entstanden und von den Antragsgegnern zu erstatten.
Wurde die nach § 890 Abs. 2 ZPO erforderliche Androhung von Ordnungsmitteln nicht in einem Urteil ausgesprochen, muss ein entsprechender Beschluss herbeigeführt werden, der nur auf Antrag des Gläubigers erlassen wird. Dieser Androhungsbeschluss ist Teil der Zwangsvollstreckung und stellt deren Beginn dar. Hieraus folgt, dass der Rechtsanwalt, der den entsprechenden Antrag stellt, im Zwangsvollstreckungsverfahren tätig wird. Davon geht auch §?19 Abs.?2 Nr.?5 RVG aus, der die der Verhängung von Ordnungsgeld vorausgehende Androhung den Vollstreckungsmaßnahmen des §?18 Nr.?1 RVG zugehörig qualifiziert (OLG Hamm, Beschluss vom 08. Mai 2014 - I-4 W 81/13 -, Rn. 9 ff, juris; Ebert in Mayer/Kroiß, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, RVG § 19 Rn. 131, beck-online). Somit reicht der Antrag auf Erlass eines Androhungsbeschlusses aus, um die Vollstreckungsgebühr gemäß RVG VV Nr. 3309 zur Entstehung zu bringen (Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, 24. Aufl. 2019, RVG VV 3309 Rn. 355). Dies gilt auch dann, wenn der Rechtsanwalt zuvor den Mandanten im Hauptsacheverfahren vertreten hat (Ebert a.a.O., § 19 Rn. 132, beck-online). Nur wenn der Rechtsanwalt als Prozessbevollmächtigter im Rechtsstreit tätig war und die Androhung antragsgemäß im zu vollstreckenden Urteil ausgesprochen wurde, ist die anwaltliche Tätigkeit im Zusammenhang mit der Androhung nicht als Beginn der Zwangsvollstreckung anzusehen (BGH, Urteil vom 29. September 1978 - I ZR 107/77 -, Rn. 19, juris), sondern gehört zum Rechtszug im Erkenntnisverfahren (§?19 Abs.?1 S.?1 RVG) und ist folglich mit der Verfahrensgebühr nach RVG VV Nr. 3100 abgegolten (OLG Köln, Beschluss vom 07.05.2010 - 4 WF 27/10; Müller-Rabe a.a.O.; Ebert a.a.O., Rn. 131). Wurde das Verfahren jedoch - wie vorliegend - durch einen Vergleich beendet und muss daher der Antrag auf Erlass der Strafandrohung nachträglich beim Prozessgericht des ersten Rechtszugs erneut gestellt werden, löst die damit im Zusammenhang stehende anwaltliche Tätigkeit die Vollstreckungsgebühr gemäß RVG VV Nr. 3309 aus und wird nicht durch die im Hauptsacheprozess verdiente Verfahrensgebühr des Anwalts mit abgegolten (für BRAGebO: OLG München NJW 1968, 411).
Auch wenn der Antrag auf Androhung von Ordnungsmitteln einheitlich gegen beide Antragsgegner auf Grundlage eines Titels gestellt wurde, handelt es sich um mehrere Zwangsvollstreckungsangelegenheiten (Müller-Rabe a.a.O., Rn. 65), so dass die Gebühr nach RVG VV Nr. 3309 für jeden Schuldner gesondert anfällt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung einer Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.
Beschluss vom 25.05.2020
Az.: 8 W 154/20
In Sachen
... mbH, vertreten durch d. Geschäftsführer, ..., ...
- Antragstellerin und Beschwerdeführerin -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte ..., ..., ..., Gz.: ...
gegen
1) ... GmbH & Co. KG, vertr. d. d. ... GmbH, d. v. d. d. Geschäftsführer, ..., ...
- Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin -
2) ... ..., ..., ...
- Antragsgegner und Beschwerdegegner -
Prozessbevollmächtigte zu 1 und 2:
Rechtsanwälte ..., ..., ..., Gz.: ...
wegen unlauteren Wettbewerbs
hier: Kostenfestsetzungsbeschwerdehat das Oberlandesgericht Stuttgart - 8. Zivilsenat - durch den Vorsitzenden Richteram Oberlandesgericht xxx als Einzelrichter am 25.05.2020 beschlossen:
Tenor:
1.
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom 07.08.2019 - 40 O 69/16 - abgeändert.
1.1. Auf Grund des Beschlusses des Landgerichts Stuttgart vom 19.12.2018 - 40 O 69/16 - sind von der Antragsgegnerin zu 1 und dem Antragsgegner zu 2 an die Antragstellerin jeweils zu erstatten:
394,00 €
nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 11.03.2019.
2.
Die Antragsgegner tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
I.
Mit dem vor dem Oberlandesgericht Stuttgart geschlossenen Prozessvergleich vom 02.11.2017 haben sich die Antragsgegner gegenüber der Antragstellerin zur Unterlassung einer Handlung verpflichtet. Auf Antrag der Antragstellerin wurde den Antragsgegnern mit Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom 19.12.2018 für jeden Fall der Zuwiderhandlung die Verhängung von Ordnungsgeld bzw. Ordnungshaft angedroht und die Kosten des Androhungsverfahrens den Antragsgegnern auferlegt.
Mit Beschluss vom 07.08.2019 hat die Rechtspflegerin den Antrag der Antragstellerin auf Festsetzung der Kosten für das Androhungsverfahren in Höhe jeweils einer 0,3 Verfahrensgebühr gemäß RVG VV Nr. 3309 aus dem von dem Landgericht im Beschluss vom 19.12.2018 festgesetzten Streitwert von 60.000 € zurückgewiesen. Gegen diese den Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin am 13.08.2019 zugestellte Entscheidung hat die Antragstellerin mit Telefax vom 13.08.2019 sofortige Beschwerde eingelegt, der das Landgericht mit Beschluss vom 23.04.2020 nicht abgeholfen hat.
II.
Die gemäß §§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat auch in der Sache Erfolg.
Auf Seiten des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin ist jeweils eine Vollstreckungsgebühr gemäß RVG VV Nr. 3309 entstanden und von den Antragsgegnern zu erstatten.
Wurde die nach § 890 Abs. 2 ZPO erforderliche Androhung von Ordnungsmitteln nicht in einem Urteil ausgesprochen, muss ein entsprechender Beschluss herbeigeführt werden, der nur auf Antrag des Gläubigers erlassen wird. Dieser Androhungsbeschluss ist Teil der Zwangsvollstreckung und stellt deren Beginn dar. Hieraus folgt, dass der Rechtsanwalt, der den entsprechenden Antrag stellt, im Zwangsvollstreckungsverfahren tätig wird. Davon geht auch §?19 Abs.?2 Nr.?5 RVG aus, der die der Verhängung von Ordnungsgeld vorausgehende Androhung den Vollstreckungsmaßnahmen des §?18 Nr.?1 RVG zugehörig qualifiziert (OLG Hamm, Beschluss vom 08. Mai 2014 - I-4 W 81/13 -, Rn. 9 ff, juris; Ebert in Mayer/Kroiß, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, RVG § 19 Rn. 131, beck-online). Somit reicht der Antrag auf Erlass eines Androhungsbeschlusses aus, um die Vollstreckungsgebühr gemäß RVG VV Nr. 3309 zur Entstehung zu bringen (Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, 24. Aufl. 2019, RVG VV 3309 Rn. 355). Dies gilt auch dann, wenn der Rechtsanwalt zuvor den Mandanten im Hauptsacheverfahren vertreten hat (Ebert a.a.O., § 19 Rn. 132, beck-online). Nur wenn der Rechtsanwalt als Prozessbevollmächtigter im Rechtsstreit tätig war und die Androhung antragsgemäß im zu vollstreckenden Urteil ausgesprochen wurde, ist die anwaltliche Tätigkeit im Zusammenhang mit der Androhung nicht als Beginn der Zwangsvollstreckung anzusehen (BGH, Urteil vom 29. September 1978 - I ZR 107/77 -, Rn. 19, juris), sondern gehört zum Rechtszug im Erkenntnisverfahren (§?19 Abs.?1 S.?1 RVG) und ist folglich mit der Verfahrensgebühr nach RVG VV Nr. 3100 abgegolten (OLG Köln, Beschluss vom 07.05.2010 - 4 WF 27/10; Müller-Rabe a.a.O.; Ebert a.a.O., Rn. 131). Wurde das Verfahren jedoch - wie vorliegend - durch einen Vergleich beendet und muss daher der Antrag auf Erlass der Strafandrohung nachträglich beim Prozessgericht des ersten Rechtszugs erneut gestellt werden, löst die damit im Zusammenhang stehende anwaltliche Tätigkeit die Vollstreckungsgebühr gemäß RVG VV Nr. 3309 aus und wird nicht durch die im Hauptsacheprozess verdiente Verfahrensgebühr des Anwalts mit abgegolten (für BRAGebO: OLG München NJW 1968, 411).
Auch wenn der Antrag auf Androhung von Ordnungsmitteln einheitlich gegen beide Antragsgegner auf Grundlage eines Titels gestellt wurde, handelt es sich um mehrere Zwangsvollstreckungsangelegenheiten (Müller-Rabe a.a.O., Rn. 65), so dass die Gebühr nach RVG VV Nr. 3309 für jeden Schuldner gesondert anfällt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung einer Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.
RechtsgebietVollstreckungsgebührVorschriftenNr. 3309 VV RVG