01.08.2023 · IWW-Abrufnummer 236525
Bundesgerichtshof: Beschluss vom 01.06.2023 – I ZB 108/22
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 1. Juni 2023 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Koch, die Richterin Dr. Schwonke, den Richter Feddersen, die Richterin Dr. Schmaltz und den Richter Odörfer
beschlossen:
Tenor:
Auf die Rechtsbeschwerde des Schuldners wird der Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 27. Oktober 2022 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Gründe
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A. Der Schuldner wohnt seit 2008 in einem Einzimmer-Apartment der Gläubigerin (nachfolgend: Wohnung). Er ist durch ein Urteil des Amtsgerichts Köln vom 4. Juni 2020 rechtskräftig zur Räumung dieser Wohnung verurteilt. Das Amtsgericht verkürzte eine dem Schuldner zunächst bis 31. März 2021 gewährte Räumungsfrist bis 31. Oktober 2020; die sofortige Beschwerde des Schuldners dagegen blieb vor dem Landgericht ohne Erfolg. Mit Beschluss vom 7. Januar 2021 wies das Amtsgericht einen Antrag auf Räumungsschutz zurück. Am 13. Januar 2021 erließ die Stadt Köln eine Ordnungsverfügung und wies den Schuldner bis zum 14. April 2021 in die Wohnung ein. Diese Ordnungsverfügung hob die Stadt Köln zum 18. Januar 2021 wieder auf.
2
Am 28. Januar 2021 hat der Schuldner erneut einen Antrag auf Räumungsschutz gestellt und geltend gemacht, er sei gesundheitlich sehr stark belastet. Durch die Aufregung habe sich sein Zustand noch verschlimmert und er brauche mehr Zeit, um eine neue Wohnung zu finden. Er hat zwei Atteste vorgelegt, nach denen er zum einen an einer koronaren Herzerkrankung leide und die mit einer Wohnungsräumung einhergehende Aufregung ein nicht zu unterschätzendes Risiko für ihn darstelle, sowie er sich zum anderen in fortlaufender Behandlung wegen einer exazerbierten Depression befinde, die im Fall einer Räumung zu einer eskalierenden Symptomatik und der Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung führen könne. Das Amtsgericht hat den Räumungsschutzantrag am 4. Februar 2021 zurückgewiesen.
3
Im Verfahren der sofortigen Beschwerde hat die Einzelrichterin des Beschwerdegerichts die Räumungsvollstreckung am 10. Februar 2021 vorläufig eingestellt und ein psychiatrisches Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben. Der (erste) Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 2. April 2021 eine schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome (ICD-10: F 33.2) diagnostiziert. Eine Räumung der Wohnung sei mit einer konkreten, hohen Suizidgefahr beziehungsweise einem schwerwiegenden Eingriff in die körperliche Unversehrtheit des Schuldners verbunden. Medizinische Maßnahmen wie eine geschlossene Unterbringung seien nicht geeignet, der Gefahr zu begegnen, weil statistischen Untersuchungen zufolge nach Entlassung aus stationärer Behandlung vermehrt Suizidhandlungen aufträten. Die vom Schuldner begonnenen psychiatrischen und psychotherapeutischen Behandlungen hätten zu keiner durchgreifenden Verbesserung der Krankheitssymptomatik geführt. Betreuungsrechtliche Maßnahmen seien nicht geboten, da der Schuldner in der Lage sei, selbständig fachliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.
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Die Einzelrichterin hat die Sache am 1. Juni 2021 auf die Kammer übertragen. In einer durch die Kammer angeforderten ergänzenden Stellungnahme vom 3. September 2021 hat der (erste) Sachverständige ausgeführt, eine geschlossene Unterbringung könne nicht innerhalb eines überschaubaren Zeitraums zu einer durchgreifenden psychischen Stabilisierung des Schuldners führen. Er würde dies - ebenso wie die Einrichtung einer Betreuung - als weitere narzisstische Kränkungen erleben. Eine Augmentierung oder Umstellung der psychopharmakologischen Behandlung sowie eine Psychotherapie nähmen längere Zeiträume in Anspruch. In einer weiteren ergänzenden Stellungnahme vom 11. Oktober 2021 hat der (erste) Sachverständige seine Diagnose bestätigt; die depressive Symptomatik sei beim Schuldner deutlicher traurig-resignativ bedrückt.
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Am 7. März 2022 hat das Beschwerdegericht einen weiteren psychiatrischen Sachverständigen bestellt. Der zweite Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 1. September 2022 eine paranoide (sensitiv-paranoische) Persönlichkeitsstörung (ICD-10: F 60.0) auf gering integriertem Strukturniveau mit rezidivierender depressiver Symptomatik (ICD-10: F 33.8) beziehungsweise rezidivierenden emotionalen Krisen diagnostiziert. Die angekündigte Suizidalität entspringe weniger einer (chronischen) Depressivität, die zum Untersuchungszeitpunkt auch nicht vorgelegen habe, sondern den erheblichen strukturellen Defiziten mit der damit verbundenen hohen Kränkbarkeit des Schuldners. Sie sei auch manipulativ und trotzdem krankheitswertig; zum Untersuchungszeitpunkt sei sie gering ausgeprägt. Dies könne sich rasch ändern, wenn der Schuldner mit einer Realität konfrontiert werde, die er nicht zu akzeptieren bereit beziehungsweise in der Lage sei. Die Wahrscheinlichkeit einer parasuizidalen oder versuchten suizidalen Handlung sei im Fall einer Räumung als hoch einzuschätzen; ein tatsächlicher Suizid oder schwerwiegende Verletzungsfolgen seien sicher mit geringerer Wahrscheinlichkeit anzunehmen, aber durchaus möglich. Die Wahrscheinlichkeit steige, wenn sich der Schuldner als subjektiv empfundenes Opfer in die Enge getrieben fühle. Der aggressive Impuls könne sich auch nach außen richten. Kurzfristige therapeutische Maßnahmen zur Gefahrenabwehr seien nicht zu erkennen. Die Erfolgsvoraussetzungen für die benötigte Psychotherapie seien nicht ausreichend erfüllt. Der hohe Autonomieanspruch, die eigene Selbstüberhöhung und Unnachgiebigkeit machten den Schuldner quasi unheilbar, resistent und unantastbar. Zwangsweise therapeutische Maßnahmen würden mit außerordentlich hoher Wahrscheinlichkeit scheitern. Der Schuldner sei grundsätzlich in der Lage, selbständig fachliche Hilfe in Anspruch zu nehmen; die Einrichtung einer Betreuung sei nicht indiziert.
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Die Gläubigerin bringt vor, es komme regelmäßig zu Belästigungen ihrer Mitarbeiterinnen und der weiteren Bewohnerinnen und Bewohner der Liegenschaft. Die Zahlungsrückstände beliefen sich auf 5.057,48 €.
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Mit Beschluss vom 27. Oktober 2022 hat das Beschwerdegericht die sofortige Beschwerde des Schuldners zurückgewiesen und die Vollziehbarkeit der Entscheidung bis zu ihrer Rechtskraft ausgesetzt. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Schuldner seinen Antrag auf Räumungsschutz weiter.
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B. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, nach der gebotenen Abwägung sei eine weitere Einstellung der Zwangsvollstreckung über die bisher erfolgte vorläufige Einstellung von über 20 Monaten hinaus nicht mehr verhältnismäßig. Die aufgrund der fehlenden Erfolgsaussichten der Behandlung einzig mögliche Einstellung der Zwangsvollstreckung auf unbestimmte Zeit sei nach der Gesamtabwägung der vorliegenden Rechtspositionen aufgrund ihres absoluten Ausnahmecharakters nicht angezeigt.
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Für die Gläubigerin habe die Kammer in die Abwägung eingestellt, dass die Räumungsvollstreckung aus dem Titel vom Juni 2020 bereits seit Februar 2021 eingestellt worden und es weiterhin zu regelmäßigen Konfliktsituationen mit Mitbewohnern der Liegenschaft beziehungsweise ihren Mitarbeiterinnen gekommen sei. Auch wenn der Schuldner einzelne vom Gläubiger vorgetragene Konfliktsituationen bestreite, sei es unstreitig, dass es regelmäßig zu Konfliktsituationen komme.
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Auf Seiten des Schuldners habe die Kammer als besonders wesentlich berücksichtigt, dass nach den schlüssigen Ausführungen des zweiten Sachverständigen, der sich mit überzeugender Begründung auch mit der Diagnose des ersten Sachverständigen auseinandergesetzt habe, die Möglichkeit bestehe, dass der Schuldner die Räumung als Anlass für eine suizidale Handlung nehme und hierdurch ein Rechtsgut von überragender Bedeutung betroffen sei. Einschränkend sei allerdings zu sehen, dass keine erhöhte Eintrittswahrscheinlichkeit angenommen worden sei, sondern lediglich die Möglichkeit der Suizidalität, und die Wahrscheinlichkeitsprognose sich über den Zeitablauf abgeschwächt habe. In den proaktiven Handlungen des Schuldners während des Beschwerdeverfahrens (freundliche Weihnachtskarte an die Kammer, mehrere Anwaltswechsel, Arbeitsaufnahme) und weiteren Faktoren (Abschwächung der COVID-19-Pandemie, positive Entwicklung durch die aufgenommene Berufstätigkeit) habe die Kammer Anknüpfungspunkte gefunden, die die neuere Prognose des zweiten Sachverständigen stützten. Die Suizidgefahr habe keinen besonderen Bezug zur konkreten Wohnung, sondern ihren Hintergrund in der Zurückweisung durch andere Menschen. Entsprechende Situationen könnten jederzeit auch in anderen Lebenssituationen auftreten, beispielsweise bei der Kündigung des Arbeitsplatzes, wie der freibeweislich zu seinem schriftlichen Gutachten ergänzend telefonisch befragte zweite Sachverständige am 25. Oktober 2022 erklärt habe. Auch aus den wiederkehrenden Erklärungen des Schuldners werde deutlich, dass die konkrete Wohnung nicht die zentrale Rolle für die Suizidalität spiele. Im Dezember 2020, November 2021 und im Oktober 2022 habe der Schuldner erklärt, nach einer Ersatzwohnung Ausschau zu halten und freiwillig ausziehen zu wollen.
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Vorrangig zu prüfende Maßnahmen seien nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen nicht erfolgversprechend. Der Schuldner befinde sich bereits seit über zwei Jahren in psychotherapeutischer Behandlung, ohne dass die Strukturprobleme hinreichend bearbeitet worden seien oder erkennbar eine Aussicht auf Erfolg bestehe. Sämtliche mit Zwang verbundenen Maßnahmen zeitigten ebenfalls keinen dauerhaften Erfolg.
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C. Die statthafte (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2 ZPO) und auch sonst zulässige (§ 575 ZPO) Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
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I. Hat der Schuldner eine unbewegliche Sache herauszugeben, zu überlassen oder zu räumen, so hat nach § 885 Abs. 1 Satz 1 ZPO der Gerichtsvollzieher den Schuldner aus dem Besitz zu setzen und den Gläubiger in den Besitz einzuweisen. Auf Antrag des Schuldners kann das Vollstreckungsgericht nach § 765a Abs. 1 Satz 1 ZPO eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung ganz oder teilweise aufheben, untersagen oder einstweilen einstellen, wenn die Maßnahme unter voller Würdigung des Schutzbedürfnisses des Gläubigers wegen ganz besonderer Umstände eine Härte bedeutet, die mit den guten Sitten nicht vereinbar ist.
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1. Das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verpflichtet die Vollstreckungsgerichte, bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 765a Abs. 1 Satz 1 ZPO auch die Wertentscheidungen des Grundgesetzes und die dem Schuldner in der Zwangsvollstreckung gewährleisteten Grundrechte zu berücksichtigen. Eine unter Beachtung dieser Grundsätze vorgenommene Würdigung aller Umstände kann in besonders gelagerten Einzelfällen dazu führen, dass die Vollstreckung für einen längeren Zeitraum und - in absoluten Ausnahmefällen - auf unbestimmte Zeit einzustellen ist. Ergibt die erforderliche Abwägung, dass die der Zwangsvollstreckung entgegenstehenden, unmittelbar der Erhaltung von Leben und Gesundheit dienenden Interessen des Schuldners im konkreten Fall ersichtlich schwerer wiegen als die Belange, deren Wahrung die Vollstreckungsmaßnahme dienen soll, so kann der trotzdem erfolgende Eingriff das Prinzip der Verhältnismäßigkeit und das Grundrecht des Schuldners aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verletzen (vgl. BVerfGE 52, 214 [juris Rn. 17]; BVerfGK 6, 5 [juris Rn. 15]; BVerfG, Beschluss vom 23. März 2023 - 2 BvR 1507/22, juris Rn. 39).
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Eine Gefährdung des unter dem Schutz des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG stehenden Rechts des Schuldners auf Leben und körperliche Unversehrtheit kann im Vollstreckungsschutzverfahren nicht nur bei der konkreten Gefahr eines Suizids gegeben sein. Die Vollstreckung kann auch aus anderen Gründen eine konkrete Gefahr für das Leben des Schuldners begründen oder wegen schwerwiegender gesundheitlicher Risiken eine mit den guten Sitten unvereinbare Härte im Sinne von § 765a Abs. 1 Satz 1 ZPO darstellen. Einzubeziehen sind nicht nur die Gefahren für Leben und Gesundheit des Schuldners während des Räumungsvorgangs, sondern auch die Lebens- und Gesundheitsgefahren im Anschluss an die Zwangsräumung (vgl. BVerfG, NJW 2022, 2537 [juris Rn. 21]; WM 2022, 1540 [juris Rn. 42 f.]; BGH, Beschluss vom 13. August 2009 - I ZB 11/09, NJW 2009, 3440 [juris Rn. 12]).
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2. Das Vollstreckungsgericht hat in seiner Verfahrensgestaltung die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, damit Verfassungsverletzungen durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ausgeschlossen werden und der sich aus dem Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit ergebenden Schutzpflicht staatlicher Organe Genüge getan wird (vgl. BVerfGE 52, 214 [juris Rn. 18]; BVerfG, WM 2022, 1540 [juris Rn. 39]; BVerfG, Beschluss vom 23. März 2023 - 2 BvR 1507/22, juris Rn. 40). Es hat festzustellen, ob aufgrund einer Maßnahme der Zwangsvollstreckung ernsthaft mit einer Gefahr für Leib oder Leben des Schuldners zu rechnen ist; die damit einhergehenden Prognoseentscheidungen hat es mit Tatsachen zu untermauern (vgl. BVerfG, WM 2022, 1540 [juris Rn. 41]; BVerfG, Beschluss vom 23. März 2023 - 2 BvR 1507/22, juris Rn. 45; BGH, Beschluss vom 30. September 2010 - V ZB 199/09, WuM 2011, 122 [juris Rn. 11]).
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Macht der Vollstreckungsschuldner für den Fall einer Zwangsräumung substantiiert ihm drohende schwerwiegende Gesundheitsgefahren geltend, haben sich die Tatsacheninstanzen - beim Fehlen eigener Sachkunde - zur Achtung verfassungsrechtlich verbürgter Rechtspositionen wie in Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG regelmäßig mittels sachverständiger Hilfe ein genaues und nicht nur an der Oberfläche haftendes Bild davon zu verschaffen, welche gesundheitlichen Folgen im Einzelnen mit einem Umzug verbunden sind, insbesondere welchen Schweregrad zu erwartende Gesundheitsbeeinträchtigungen voraussichtlich erreichen werden und mit welcher Wahrscheinlichkeit dies eintreten kann (vgl. BVerfG, WM 2022, 1540 [juris Rn. 40]; BVerfG, Beschluss vom 23. März 2023 - 2 BvR 1507/22, juris Rn. 44; zu § 574 Abs. 1 BGB vgl. BGH, Beschluss vom 22. Mai 2019 - VIII ZR 180/18, BGHZ 222, 133 [juris Rn. 46]; Beschluss vom 26. Mai 2020 - VIII ZR 64/19, WuM 2020, 504 [juris Rn. 18]).
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Es gelten die allgemeinen Verfahrensmaximen des Zivilprozesses, insbesondere der Beibringungsgrundsatz, die Beweislast jeder Partei hinsichtlich der für sie günstigen Tatsachen und das Erfordernis einer den §§ 355 ff. ZPO entsprechenden Beweisaufnahme (vgl. BGH, Beschluss vom 2. Dezember 2010 - V ZB 124/10, NJW-RR 2011, 419 [juris Rn. 11]; Beschluss vom 20. Januar 2011 - I ZB 27/10, NJW-RR 2011, 300 [juris Rn. 11]; Lackmann in Musielak/Voit, ZPO, 20. Aufl., § 765a Rn. 19; BeckOK.ZPO/Ulrici, 48. Edition [Stand 1. März 2023], § 765a Rn. 10; MünchKomm.ZPO/Heßler, 6. Aufl., § 765a Rn. 84; MünchKomm.ZPO/K. Schmidt/Brinkmann aaO § 766 Rn. 45; Zöller/Seibel, ZPO, 34. Aufl., § 765a Rn. 22; Zöller/Herget aaO § 766 Rn. 27; Bendtsen in Kindl/Meller-Hannich, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, 4. Aufl., § 765a ZPO Rn. 74; Lehmann-Richter in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 15. Aufl., § 765a ZPO Rn. 13).
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3. Ist mit der Fortsetzung der Zwangsvollstreckung eine Lebens- oder Gesundheitsgefahr verbunden, bedeutet dies noch nicht, dass ohne Weiteres Vollstreckungsschutz nach § 765a Abs. 1 Satz 1 ZPO gewährt werden muss. Vielmehr ist eine Einstellung der Zwangsvollstreckung nicht notwendig, wenn der Gefahr durch geeignete Maßnahmen begegnet werden kann. Dies setzt aber voraus, dass die Fachgerichte die Geeignetheit der Maßnahmen sorgfältig geprüft und insbesondere deren Vornahme sichergestellt haben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Januar 2021 - 2 BvR 1786/20 [juris Rn. 28]; BVerfG, WM 2022, 1540 [juris Rn. 44]; BGH, Beschluss vom 21. September 2017 - I ZB 125/16, NJW-RR 2018, 135 [juris Rn. 8] mwN).
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Erweist sich eine Einstellung der Zwangsvollstreckung als erforderlich, ist diese in der Regel zu befristen und mit Auflagen zu versehen, die das Ziel haben, die Gesundheit des Schuldners wiederherzustellen. Nach den Grundsätzen der praktischen Konkordanz zwischen widerstreitenden Grundrechten kann die staatliche Aufgabe, das Leben des Schuldners zu schützen, regelmäßig nicht auf unbegrenzte Zeit durch ein Vollstreckungsverbot gelöst werden, weil dies mit den Grundrechten des Gläubigers auf Schutz seines Eigentums (Art. 14 Abs. 1 GG) und auf effektiven Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3 GG) nicht zu vereinbaren wäre. Das Gebot der Befristung und Auflagenerteilung gilt auch dann, wenn die Aussichten auf eine Besserung des Gesundheitszustands des Schuldners gering sind. Im Interesse des Gläubigers ist dem Schuldner zuzumuten, auf die Verbesserung seines Gesundheitszustands hinzuwirken und den Stand seiner Behandlung dem Vollstreckungsgericht nachzuweisen (vgl. BGH, NJW 2009, 3440 [juris Rn. 8]; BGH, Beschluss vom 14. Januar 2010 - I ZB 34/09, WuM 2010, 250 [juris Rn. 11]; Beschluss vom 9. Oktober 2013 - I ZB 15/13, NJW 2014, 2288 [juris Rn. 25]; Beschluss vom 21. Januar 2016 - I ZB 12/15, NJW-RR 2016, 583 [juris Rn. 17]; Beschluss vom 16. Juni 2016 - I ZB 109/15, NJW-RR 2016, 1104 [juris Rn. 13]; Beschluss vom 1. Juni 2017 - I ZB 89/16, NJW-RR 2017, 1420 [juris Rn. 24]; BGH, NJW-RR 2018, 135 [juris Rn. 9 bis 14] mwN).
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II. Der angefochtene Beschluss hält einer rechtlichen Nachprüfung anhand dieser Grundsätze nicht stand.
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1. Allerdings stellt es keinen Verfahrensfehler dar, dass das Beschwerdegericht sich für seine Entscheidung im Wesentlichen auf das Gutachten des zweiten Sachverständigen gestützt hat. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde liegt kein Fall sich widersprechender Sachverständigengutachten vor. Dies folgt bereits daraus, dass der Gesundheitszustand einer Person, insbesondere auch die Wahrscheinlichkeit eines Suizids, ein dynamisches Geschehen darstellt und sich im Zeitverlauf verändern kann (vgl. BGH, Beschluss vom 24. November 2005 - V ZB 99/05, NJW 2006, 505 [juris Rn. 21]). Das Beschwerdegericht hat seiner Entscheidung daher grundsätzlich das aktuellere Gutachten zugrunde zu legen gehabt. Es hat die Beurteilung des ersten Sachverständigen auch nicht in jedem Punkt widerlegen müssen, soweit diese nicht der Beurteilung durch den zweiten Sachverständigen entspricht (zu den Anforderungen im Fall sich widersprechender Gutachten vgl. BGH, Urteil vom 27. Mai 1982 - III ZR 201/80, NJW 1982, 2874 [juris Rn. 10]; Urteil vom 19. Juli 2017 - IV ZR 535/15, NJW-RR 2017, 1066 [juris Rn. 24 f.]). Vielmehr ist es ausreichend gewesen, dass das zweite Gutachten sich - wie geschehen - inhaltlich mit dem ersten Gutachten auseinandersetzt. Anders als die Rechtsbeschwerde meint, hat der zweite Sachverständige die vom ersten Sachverständigen festgestellte Depression des Schuldners nicht grundsätzlich in Abrede gestellt, sondern das Vorliegen depressiver Symptome zum Zeitpunkt seiner Untersuchung verneint und die noch bestehende Suizidgefahr eher einer überdauernden paranoiden Persönlichkeitsstörung zugeordnet. Die Gründe für diese abweichende Zuordnung hat der zweite Sachverständige in seinem Gutachten hinreichend erläutert.
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2. Gleichwohl hält die vom Beschwerdegericht vorgenommene Prognose zur beim Schuldner bestehenden Suizidgefahr den Angriffen der Rechtsbeschwerde im Ergebnis nicht stand.
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a) Im Ausgangspunkt nicht zu beanstanden ist allerdings die Annahme des Beschwerdegerichts, dass ein tatsächlicher Suizid des Schuldners zwar möglich, aber nicht erhöht wahrscheinlich ist und sich die Wahrscheinlichkeitsprognose über den Zeitverlauf abgeschwächt hat.
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b) Die Rechtsbeschwerde rügt aber zu Recht, dass sich das Beschwerdegericht nicht mit der Beurteilung des zweiten Sachverständigen auseinandergesetzt hat, die Wahrscheinlichkeit eines tatsächlichen Suizids oder schwerwiegender Verletzungsfolgen steige, wenn sich der Schuldner als subjektiv empfundenes Opfer in die Enge getrieben fühle. Der angefochtene Beschluss enthält keine Ausführungen dazu, mit welcher Wahrscheinlichkeit eine solche Entwicklung im Fall einer Zwangsräumung zu erwarten ist und wie ihr möglicherweise entgegengewirkt werden kann.
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c) Das Beschwerdegericht ist zwar nicht grundsätzlich daran gehindert gewesen, die ihm durch die Gutachten vermittelten Erkenntnisse durch eigene Feststellungen zu validieren und zu ergänzen. Das (Tat-)Gericht hat sich auch über die von einem Sachverständigen begutachteten Tatsachen eine eigene Überzeugung zu bilden. Dies entspricht der in § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO geregelten freien Beweiswürdigung unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme. Allerdings stößt die Berücksichtigung zusätzlicher, nicht im Gutachten behandelter Umstände an eine Grenze, wenn eine beim Gericht nicht vorhandene Sachkunde erforderlich ist, um diese festzustellen oder zu den Ergebnissen des Gutachtens in Beziehung zu setzen (vgl. BGH, NJW 1982, 2874 [juris Rn. 10]; NJW-RR 2017, 1066 [juris Rn. 24 f.]). Insbesondere darf das Gericht nicht ohne Darlegung eigener Sachkunde und ohne Beratung durch einen anderen Sachverständigen von den fachkundigen Feststellungen und Einschätzungen der von ihm gerade wegen seiner fehlenden medizinischen Sachkunde beauftragten Gutachters abweichen (vgl. BVerfG, NJW-RR 2014, 1290 [juris Rn. 17]; NJW 2019, 2012 [juris Rn. 26]; BGH, Beschluss vom 6. Dezember 2012 - V ZB 80/12, NJW-RR 2013, 628 [juris Rn. 7]
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Es hätte vor diesem Hintergrund näherer Überprüfung bedurft, ob die vom Beschwerdegericht ergänzend herangezogenen Umstände, dass der Schuldner der Kammer eine freundliche Weihnachtskarte geschrieben und sich infolge Arbeitsaufnahme positiv entwickelt habe, aussagekräftig und mit den Feststellungen des Gutachtens zu vereinbaren sind.
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d) Mit Erfolg rügt die Rechtsbeschwerde zudem, dass das Beschwerdegericht den zweiten Sachverständigen ergänzend telefonisch befragt und die so gewonnenen Erkenntnisse zu Lasten des Schuldners verwertet hat, ohne diesem zuvor Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Dieses vom Beschwerdegericht ausdrücklich als freibeweislich bezeichnete Vorgehen erfüllt bereits nicht die verfahrensrechtlichen Anforderungen an eine Beweisaufnahme über die Voraussetzungen eines Räumungsschutzantrags nach § 765a Abs. 1 Satz 1 ZPO. Es verletzt den Schuldner zudem in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Entgegen der Auffassung der Beschwerdeerwiderung folgt aus dem Umstand, dass die für die Suizidalität ursächliche hohe Kränkbarkeit des Schuldners auch in anderen Lebenssituationen eintreten könnte, nicht von vornherein, dass es sich um eine nur "reflexartige" und damit unbeachtliche psychische Beeinträchtigung handelt.
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3. Die Rechtsbeschwerde macht zudem mit Recht geltend, dass das Beschwerdegericht seine Beurteilung des Gesundheitszustands des Schuldners rechtsfehlerhaft auf die Frage einer Suizidgefahr verengt hat.
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a) Dies folgt allerdings nicht bereits aus den Beweisbeschlüssen, die sich auch auf die Frage erstrecken, ob und mit welcher Wahrscheinlichkeit mit der Räumung des Apartments ein schwerwiegender Eingriff in die körperliche Unversehrtheit des Schuldners verbunden ist.
31
b) Jedoch hat das Beschwerdegericht das vom zweiten Sachverständigen erkannte Risiko einer parasuizidalen oder versuchten suizidalen Handlung und die daraus resultierenden Gefahren für die körperliche Unversehrtheit des Schuldners nicht erkennbar in die Abwägung einbezogen. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeerwiderung hat der Schuldner hierzu nichts Weiteres vortragen müssen. Mangels entgegenstehender Umstände ist vielmehr davon auszugehen, dass er sich die bei der Beweisaufnahme zutage getretenen, ihm günstigen Umstände - und damit auch die Ausführungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen - zumindest hilfsweise zu eigen gemacht hat (vgl. BGH, Beschluss vom 24. März 2015 - VI ZR 179/13, NJW 2015, 2125 [juris Rn. 17]; Beschluss vom 5. Juli 2017 - IV ZR 508/14, NJW-RR 2017, 1062 [juris Rn. 23]; Beschluss vom 5. November 2019 - VIII ZR 344/18, NJW-RR 2020, 186 [juris Rn. 12]).
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c) Das Beschwerdegericht hätte auch die vom Schuldner vorgetragene und durch ein Attest belegte koronare Herzerkrankung in die Gesamtwürdigung einbeziehen und gegebenenfalls hierüber Beweis erheben müssen.
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aa) Entgegen der Ansicht der Beschwerdeerwiderung kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Schuldner dieses Vorbringen im Beschwerdeverfahren nicht weiterverfolgt hat. Eine solche Einschränkung lässt sich dem Beschwerdevorbringen nicht entnehmen. Es verbleibt daher bei dem Grundsatz, dass der gesamte erstinstanzliche Verfahrensstoff in die Beschwerdeinstanz gelangt (zur Berufung vgl. BGH, Urteil vom 27. Januar 2022 - VII ZR 303/20, ZIP 2022, 431 [juris Rn. 9] mwN). Hinzu kommt, dass die Beschwerde nach § 571 Abs. 1 ZPO lediglich begründet werden soll, aber nicht begründet werden muss (vgl. auch MünchKomm.ZPO/Hamdorf aaO § 571 Rn. 4 bis 7).
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bb) Der Schuldner hätte hierzu nicht bereits im Beschwerdeverfahren eine Rüge anbringen müssen. Nach dem Subsidiaritätsgrundsatz hat ein Beteiligter zwar alle nach Lage der Sache gegebenen prozessualen Möglichkeiten auszuschöpfen, um eine Korrektur der geltend gemachten Gehörsrechtsverletzung zu verhindern. Hat er eine ihm nach Erkennen des Verstoßes verbleibende Möglichkeit zu einer Äußerung nicht genutzt, kann er im weiteren Verfahren eine Gehörsrechtsverletzung nicht mehr mit Erfolg rügen (vgl. BGH Beschluss vom 17. Oktober 2019 - I ZB 14/19, juris Rn. 16 mwN). Im Streitfall hat das Beschwerdegericht ein psychiatrisches Sachverständigengutachten mit ergänzenden Stellungnahmen und ein weiteres psychiatrisches Sachverständigengutachten eingeholt. Hierzu hat es jeweils Gelegenheit zur Stellungnahme unter Fristsetzung nach § 411 Abs. 4 ZPO gegeben. Das Beschwerdegericht hat sich aber nicht anderweitig zum Umfang der von ihm geplanten Beweisaufnahme geäußert und auch nicht mündlich zum Ergebnis der Beweisaufnahme verhandelt. Der Verstoß war für den Schuldner danach nicht erkennbar.
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4. Darüber hinaus hat das Beschwerdegericht verfahrensfehlerhaft in seine Abwägung einbezogen, dass der Schuldner unstreitig regelmäßig weitere Konfliktsituationen in der Liegenschaft der Gläubigerin ausgelöst habe. Konkrete Ereignisse hat das Beschwerdegericht in diesem Zusammenhang nicht festgestellt. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeerwiderung hat der Schuldner solche Vorfälle oder jedenfalls seine Verantwortlichkeit dafür umfassend bestritten. Das Beschwerdegericht hat keinen Beweis darüber erhoben.
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III. Der angefochtene Beschluss ist danach aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO). Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
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1. Bei der im Vollstreckungsschutzverfahren vorzunehmenden Interessenabwägung sind grundsätzlich die vom Schuldner vorgebrachten und nachgewiesenen Gefahren für sein Leben und seine Gesundheit jeder Art einzustellen. Allerdings gibt der Maßstab des § 765a Abs. 1 Satz 1 ZPO, nach dem die Maßnahme der Zwangsvollstreckung wegen ganz besonderer Umstände eine mit den guten Sitten nicht zu vereinbarende Härte bedeuten muss, eine hohe Intensität der Beeinträchtigung vor. Die im konkreten Einzelfall zu fordernde Intensität der Beeinträchtigung ergibt sich aus einer Abwägung mit den widerstreitenden Interessen der Gläubigerin, für die diese die Darlegungs- und Beweislast trägt.
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2. Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass das Beschwerdegericht auch bei seiner erneut vorzunehmenden Abwägung zu dem Ergebnis gelangen wird, dass die Interessen der Gläubigerin überwiegen. Hierzu wird es sich auch mit der Frage auseinanderzusetzen haben, ob und gegebenenfalls wie dem Risiko konkreter suizidaler Handlungen des Schuldners aufgrund einer subjektiv empfundenen Kränkung begegnet werden kann. Verbleiben dem Gericht Zweifel, kann auch die Anberaumung einer - im Verfahren nach § 765a Abs. 1 Satz 1 ZPO grundsätzlich fakultativen (vgl. BGH, NJW-RR 2016, 583 [juris Rn. 9]) - mündlichen Verhandlung angezeigt sein.
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3. Ergibt die erneut vorzunehmende Abwägung des Beschwerdegerichts, dass die Interessen des Schuldners überwiegen, hat es vorrangig eine befristete und mit Auflagen versehene Einstellung der Zwangsvollstreckung in Betracht zu ziehen. Das Interesse des Gläubigers an der Fortsetzung des Verfahrens verbietet im Regelfall eine dauerhafte Einstellung, weil die staatliche Aufgabe, das Leben des Schuldners zu schützen, nicht auf unbegrenzte Zeit durch ein Vollstreckungsverbot gelöst werden kann (vgl. Rn. 20). Eine Einstellung der Zwangsvollstreckung auf unbestimmte Zeit in derartigen Fällen ist auf absolute Ausnahmefälle beschränkt; die Prognose muss ergeben, dass eine Verringerung der Suizidgefahr auch unter Berücksichtigung einer etwaigen Mitwirkung des Schuldners und staatlicher Stellen in Zukunft ausgeschlossen erscheint (vgl. BGH, NJW-RR 2016, 583 [juris Rn. 17])
Koch Schwonke FeddersenSchmaltz Odörfer