19.03.2024 · IWW-Abrufnummer 240335
Bayerisches Oberstes Landgericht: Beschluss vom 14.02.2024 – 102 W 164/23
"Unabhängig davon, ob der Antrag auf Erlass eines Beschlusses nach § 51b Satz 1 GmbHG, § 132 Abs. 4 Satz 2 AktG, § 888 ZPO dem Anwaltszwang unterliegt, muss jedenfalls die Beschwerdeschrift gegen den Zwangsgeldbeschluss durch einen Anwalt unterzeichnet sein".
Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss vom 14.02.2024
In Sachen
H.
- Gläubiger und Beschwerdegegner -
Prozessbevollmächtigte:
XXX
gegen
B. GmbH
- Schuldnerin und Beschwerdeführerin -
wegen Zwangsgelds
erlässt das Bayerische Oberste Landesgericht - 2. Zivilsenat - durch den Vizepräsidenten des Bayerischen Obersten Landesgerichts xxx, die Richterin am Bayerischen Obersten Landesgericht xxx und die Richterin am Bayerischen Obersten Landesgericht xxx am 14. Februar 2024 folgenden Beschluss
Tenor:
- Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 27. April 2023, 5 HK O 1522/22, wird verworfen.
- Die Schuldnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
- Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Gläubiger ist Gesellschafter der Schuldnerin. Das Landgericht München I, 5 HK O 1552/22, hat auf Antrag des Gläubigers mit Beschluss vom 10. März 2022 festgestellt, dass die Schuldnerin zur Erteilung verschiedener Auskünfte nach §§ 51a, 51b GmbHG verpflichtet ist. Der Gläubiger habe die Erteilung der Auskünfte mit Schreiben vom 1. Dezember 2021 begehrt, der Geschäftsführer der Schuldnerin diese aber nicht erteilt. Die gewünschten Auskünfte beträfen auch Angelegenheiten der Gesellschaft. Ein Grund zur Verweigerung der Einsicht nach § 51a Abs. 2 GmbHG sei nicht ersichtlich. Die Beschwerde hat das Landgericht nicht zugelassen. Der Beschluss ist der Schuldnerin, die von der ihr eingeräumten Gelegenheit zur Stellungnahme keinen Gebrauch gemacht hatte, am 15. März 2022 zugestellt worden.
Mit Schriftsatz vom 16. März 2022 hat der Gläubiger persönlich die Erhebung eines Zwangsgelds gegen die Schuldnerin beantragt, da er die Auskünfte nicht erhalten habe. Die Schuldnerin hat mit Verfügung vom 24. Mai 2022, ihr zugestellt am 31. Mai 2022, die Möglichkeit zur Stellungnahme erhalten, sich aber nicht geäußert. Mit Beschluss vom 23. Juni 2022 hat das Landgericht München I gegen die Schuldnerin zur Erzwingung der im Beschluss vom 10. März 2022 genannten Auskünfte ein Zwangsgeld von 2.000,00 €, ersatzweise Zwangshaft, verhängt. Der Antrag nach § 888 ZPO sei zulässig und begründet. Die Schuldnerin verweigere die Auskunft. Der Beschluss ist der Schuldnerin am 28. Juni 2022 zugestellt worden. Das Zwangsgeld von 2.000,00 € ist von der Schuldnerin einbezahlt und zudem vom Gläubiger beigetrieben worden.
Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 15. Februar 2023 hat der Gläubiger die Verhängung eines erhöhten Zwangsgelds, hilfsweise Zwangshaft, beantragt. Das Zwangsgeld aus dem Beschluss vom 23. Juni 2022 habe zwar beigetrieben werden können. Die Schuldnerin habe die Auskünfte aber nicht erteilt. Die Schuldnerin hat hierzu ausgeführt, der Gläubiger klage seit zwei Jahren "unsinnig" wegen Auskunft, stets mit der unbegründeten Behauptung, die Schuldnerin würde angeblich begehrte Auskünfte nicht erteilen, was weiterhin bestritten werde. Es sei kaum vermittelbar, welches außerordentliche Hindernis den Gläubiger nach so langer Zeit weiterhin zum Klagen zwinge. Vom Gläubiger sei zu erläutern, wie er sich in der Praxis die begehrte Auskunftserteilung eigentlich vorstelle. Das Landgericht München I hat mit Verfügung vom 7. März 2023, der Schuldnerin zugestellt am 11. März 2023, diese darauf hingewiesen, dass es ihre Aufgabe sei, die titulierten Auskünfte zu erteilen, nicht die des Gläubigers zu erklären, wie er sich die Auskunftserteilung vorstelle. Die Schuldnerin hat sich hierzu nicht geäußert. Mit Beschluss vom 27. April 2023, der Schuldnerin zugestellt am 9. Mai 2023, hat das Landgericht München I gegen die Schuldnerin zur Erzwingung der im Beschluss vom 10. März 2022 genannten Auskünfte ein Zwangsgeld von 5.000,00 €, ersatzweise Zwangshaft, verhängt. Der Antrag nach § 888 ZPO sei zulässig und begründet. Die Schuldnerin verweigere seit über einem Jahr die Erteilung der Auskünfte. Es sei nicht erkennbar, wann und in welcher Form bereits vor Erlass des Beschlusses vom 10. März 2022 die Auskünfte erteilt worden seien. Zudem widerspräche es dem Wesen einer rechtskräftigen Entscheidung, wenn die Schuldnerin derartige Einwendungen jetzt noch vorbringen könnte. Aufgrund der Selbstbindung des Gerichts sei dieses nicht befugt, seine Entscheidung noch abzuändern. Nach dem Vortrag der Schuldnerin sei auch nicht erkennbar, dass sie nach Erlass des Beschlusses vom 10. März 2022 die Auskünfte erteilt hätte. Ein unverhältnismäßiger Aufwand sei damit nicht verbunden. Die Rechtsbehelfsbelehrung weist darauf hin, dass gegen den Beschluss das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde stattfinde, die binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab Zustellung der Entscheidung durch Einreichung einer Beschwerdeschrift eingelegt werde. Alle Beteiligten müssten sich dabei durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, der die Beschwerdeschrift zu unterzeichnen habe.
Mit Schriftsatz vom 20. Mai 2023, beim Landgericht per Telefax eingegangen am 23. Mai 2023, hat der Geschäftsführer der Schuldnerin persönlich sofortige Beschwerde gegen den Beschluss vom 27. April 2023 eingelegt. Die Ausführungen in dem Beschluss verstießen gegen das Gesetz. Der Beschluss sei daher aufzuheben und "die Klage zurückzuweisen". Der Gläubiger habe keinen Anspruch auf eine schriftliche Auskunft. Der Erfüllungsort der Einsichtnahme und der mündlichen Auskunft sei am Geschäftssitz der Gesellschaft. Diese Holschuld könne vom Gesellschafter nur persönlich in Anspruch genommen werden. Die genannten Vorschriften seien vom Gläubiger nicht erfüllt worden; somit könne die Schuldnerin keine Auskünfte erteilen.
Mit den Beteiligten formlos übermitteltem Beschluss vom 15. Juni 2023 hat das Landgericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. Die Auskunft könne zwar mündlich erteilt werden, es sei aber nicht erkennbar, dass die Schuldnerin dieser Verpflichtung nachgekommen sei. Auf die Frage des Erfüllungsorts komme es daher nicht an. Ferner sei die sofortige Beschwerde mangels Unterzeichnung der Beschwerdeschrift durch einen Rechtsanwalt nicht formgerecht eingelegt worden.
Nach Vorlage der Akten an das Bayerische Oberste Landesgericht ist den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt worden. Der Verfahrensbevollmächtige des Gläubigers hat beantragt, die sofortige Beschwerde zurückzuweisen. Die Schuldnerin könne die Auskunftspflicht ohne weiteren Aufwand schriftlich erfüllen, eine Einsichtnahme oder mündliche Auskunft habe der Gläubiger nicht begehrt. Es gebe keine Holschuld. Ferner habe die Schuldnerin dem Gläubiger für ihre Räumlichkeiten Hausverbot erteilt. Die sofortige Beschwerde sei auch weder form- noch fristgerecht eingelegt. Der Schuldnerin ist auf ihren Antrag eine Schriftsatzfrist hierzu bis zum 25. September 2023 eingeräumt worden; eine Stellungnahme ist aber nicht eingegangen.
II.
Die sofortige Beschwerde ist mangels formgerechter Einlegung als unzulässig zu verwerfen.
1. Die sofortige Beschwerde ist nach § 51b Satz 1 GmbHG, § 132 Abs. 4 Satz 2 AktG, §§ 793, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Die sofortige Beschwerde bedarf nicht der Zulassung durch das Erstgericht nach § 51b Satz 1 GmbHG i. V. m. § 132 Abs. 3 Satz 2 AktG. Diese Vorschriften betreffen lediglich das im Erkenntnisverfahren durch die Verweisungen in § 132 Abs. 3 Satz 1, § 99 Abs. 1 AktG eröffnete Rechtsmittel der Beschwerde gemäß §§ 58 ff. FamFG. Vorliegend richtet sich die sofortige Beschwerde jedoch gegen einen Beschluss, mit dem im Wege der Vollstreckung aus dem Auskunftstitel ein Zwangsgeld gegen die Schuldnerin nach § 51b Satz 1 GmbHG, § 132 Abs. 4 Satz 2 AktG, § 888 ZPO festgesetzt worden ist. Maßgeblich sind daher gemäß § 132 Abs. 4 Satz 2 AktG auch die Rechtsmittelvorschriften des Vollstreckungsverfahrens nach der Zivilprozessordnung, insbesondere zur sofortigen Beschwerde gemäß § 793 i. V. m. §§ 567 ff. ZPO. Diese kennen das Erfordernis einer Zulassung des Rechtsmittels durch das Erstgericht nicht (BayObLG, Beschl. v. 22. April 2021, 101 ZBR 13/21, juris Rn. 38 f.; Beschl. v. 22. April 2021, 101 ZBR 109/20, juris Rn. 58 f. je m. w. N.; Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 21. Aufl. 2023, § 51b Rn. 9; Hillmann in Münchener Kommentar zum GmbHG, 4. Aufl. 2023, § 51b Rn. 51).
2. Das Bayerische Oberste Landesgericht ist zur Entscheidung über das Rechtsmittel berufen.
Gemäß §§ 888, 802 ZPO ist ausschließlich zuständig für die Verhängung von Zwangsmitteln das Prozessgericht des ersten Rechtszugs. Unter Prozessgericht ist dabei das Gericht des Verfahrens zu verstehen, in dem der Vollstreckungstitel geschaffen worden ist (vgl. BGH, Beschl. v. 30. September 2010, III ZB 57/10, NJW-RR 2011, 213 Rn. 10 m. w. N.; BayObLG, Beschl. v. 22. April 2021, 101 ZBR 109/20, juris Rn. 55). Mit der Bestimmung des Ausgangsgerichts sind zugleich auch die Rechtsmittelgerichte für das Vollstreckungsverfahren festgelegt, zumal die sachlichen Gründe, die für die Begründung der Zuständigkeit dieser Gerichte maßgeblich sind, für das Vollstreckungsverfahren ebenso gelten wie für das Erkenntnisverfahren. Das Bayerische Oberste Landesgericht ist daher im zweiten Rechtszug nicht nur gemäß § 51b Satz 1 GmbHG, § 132 Abs. 3 Satz 1, § 99 Abs. 3 Sätze 5 und 6 AktG, § 27 Abs. 2 GZVJu für das Erkenntnisverfahren, sondern auch für das Zwangsvollstreckungsverfahren zuständig (ausführlich BayObLG, Beschl. v. 22. April 2021, 101 ZBR 13/21, juris Rn. 37; Beschl. v. 22. April 2021, 101 ZBR 109/20, juris Rn. 56; ebenso - Zuständigkeit des Beschwerdegerichts im Erkenntnisverfahren auch für die sofortige Beschwerde im Vollstreckungsverfahren - Kersting in Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, 3. Aufl. 2021, § 132 Rn. 102; Decher in Hirte/Mülbert/Roth, Aktiengesetz Großkommentar, 5. Aufl. 2020, § 132 Rn. 96; Kubis in Münchener Kommentar zum AktG, 5. Aufl. 2022, § 132 Rn. 56).
3. Die von dem Geschäftsführer der Schuldnerin persönlich verfasste Beschwerdeschrift ist zwar noch fristgemäß nach § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO am letzten Tag (23. Mai 2023) eingegangen, genügt aber nicht den Formerfordernissen. Die Beschwerdeschrift hätte durch einen Rechtsanwalt unterzeichnet werden müssen.
a) Im Erkenntnisverfahren bedarf es nach einhelliger Ansicht für den Antrag auf Erlass eines Auskunftstitels keiner anwaltlichen Vertretung trotz Zuständigkeit der Landgerichte. Dies folgt aus § 51b Satz 1 GmbHG, § 132 Abs. 3 Satz 1, § 99 Abs. 1 AktG, § 10 Abs. 1 FamFG (Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 51b Rn. 4; Hillmann in Münchener Kommentar zum GmbHG, § 51b Rn. 5; Klett in beck-online.OGK, Stand 15. November 2023, GmbHG § 51b Rn. 16; Kersting in Kölner Kommentar zum AktG, § 132 Rn. 47 und 57; Spindler in K. Schmidt/Lutter, AktG, 5. Aufl. 8/2023, § 132 Rn. 6 und 11a; Heidel in Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 5. Aufl. 2020, AktG § 132 Rn. 7; Decher in Hirte/Mülbert/Roth, Aktiengesetz Großkommentar, § 132 Rn. 33). Die Beschwerde im Erkenntnisverfahren kann hingegen gemäß § 51b Satz 1 GmbHG, § 132 Abs. 3 Satz 1, § 99 Abs. 3 Satz 4 AktG nur durch eine von einem Rechtsanwalt unterzeichnete Beschwerdeschrift eingelegt werden.
b) Ob sich daraus für das Vollstreckungsverfahren ergibt, dass auch der Antrag auf Erlass eines Zwangsgeldbeschlusses nach § 51b Satz 1 GmbHG, § 132 Abs. 4 Satz 2 AktG, § 888 ZPO nicht dem Anwaltszwang unterliegt, oder ob unter Rückgriff auf § 78 Abs. 1 Satz 1 ZPO es einer anwaltlichen Vertretung bedarf, ist, soweit ersichtlich, bislang weder in der obergerichtlichen Rechtsprechung noch in der Literatur geklärt und kann letztlich dahingestellt bleiben. Denn in beiden Fällen kann jedenfalls die Beschwerde nur durch einen von einem Rechtsanwalt unterzeichneten Schriftsatz eingelegt werden, so dass die vorliegende Beschwerde unzulässig ist.
aa) Bedarf bereits der Antrag auf Erlass eines Zwangsgeldbeschlusses nach § 51b Satz 1 GmbHG, § 132 Abs. 4 Satz 2 AktG, § 888 ZPO der anwaltlichen Vertretung gemäß § 78 Abs. 1 Satz 1 ZPO, ergibt sich die Pflicht zur Hinzuziehung eines Anwalts auch für die Beschwerde aus § 78 Abs. 1 Satz 2, § 569 Abs. 3 Nr. 1 ZPO. Für die Anwendbarkeit des § 78 Abs. 1 Satz 1 ZPO spricht, dass § 51b Satz 1 GmbHG, § 132 AktG für das Vollstreckungsverfahren gerade nicht auf § 99 Abs. 1 AktG und mithin die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG), sondern gemäß § 132 Abs. 4 Satz 2 AktG auf die Vorschriften der Zivilprozessordnung verweist. Aus dieser umfassenden Verweisung auf die Zivilprozessordnung wird abgeleitet, dass diese einheitlich für das gesamte Vollstreckungsverfahren und damit etwa auch für die Kostenentscheidung und die Festsetzung des Verfahrenswertes gilt (BayObLG, Beschl. v. 22. Dezember 1988, BReg 3 Z 157/88, NJW-RR 1989, 932, 934 [BGH 13.02.1989 - II ZR 179/88]). Zu den Vorschriften der Zivilprozessordnung, die insgesamt das Vollstreckungsverfahren bestimmen, könnte damit auch § 78 Abs. 1 Satz 1 ZPO gehören (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11. Februar 1987, 2 W 151/86, MDR 1987, 506 zur Vollstreckung aus einer nach § 930 Abs. 3, § 936, § 78 Abs. 3 ZPO ohne Rechtsanwalt beim Landgericht beantragten einstweiligen Verfügung).
bb) Allerdings sprechen auch Erwägungen dafür, die Notwendigkeit anwaltlicher Vertretung im Vollstreckungsverfahren im Gleichklang mit dem Anwaltszwang im Erkenntnisverfahren zu beurteilen. Damit wäre die Beschwerdeschrift im Vollstreckungsverfahren wie im Erkenntnisverfahren ebenso durch einen Anwalt zu unterzeichnen.
Für diese Ansicht streitet, dass nach § 888 ZPO gerade "das Prozessgericht des ersten Rechtszugs" ausschließlich zuständig ist. Damit entscheiden die jeweiligen Gerichte im Zwangsmittelverfahren nach § 888 ZPO, § 51b Satz 1 GmbHG, § 132 Abs. 4 Satz 2 AktG als Gerichte der freiwilligen Gerichtsbarkeit, wenn auch unter Anwendung der Vorschriften der Zivilprozessordnung (BayObLG, Beschl. v. 22. April 2021, 101 ZBR 13/21, juris Rn. 40). Dies legt nahe, die Frage, inwiefern im erstinstanzlichen Zwangsmittelverfahren nach § 888 ZPO Anwaltszwang herrscht, danach zu beurteilen, ob es im Erkenntnisverfahren der ersten Instanz eines Anwalts bedurfte. Im Einklang hiermit ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass für Zwangsmittelanträge nach § 888 ZPO, für die das Amtsgericht als Prozessgericht zuständig ist, dann ein Anwaltszwang zu bejahen ist, wenn ein solcher im erstinstanzlichen Erkenntnisverfahren ebenfalls bestand. Wenn etwa eine Auskunftspflicht in einer Familienstreitsache, für die sich aus § 114 Abs. 1 FamFG ein Anwaltszwang ergibt, tituliert wurde, wird das gleiche trotz Zuständigkeit der Amtsgerichte auch für den Antrag nach § 888 ZPO angenommen. Zur Begründung wird darauf verwiesen, dass das Amtsgericht gerade als Prozessgericht des ersten Rechtszugs, mithin als Familiengericht, zuständig sei (so OLG Brandenburg, Beschl. v. 19. August 2020, 9 WF 143/20, juris Rn. 6; OLG Bamberg, Beschl. v. 22. Februar 2017, 2 WF 18/17, juris Rn. 8; OLG Köln, Beschl. v. 8. August 1994, 25 WF 147/94, NJW-RR 1995, 644 f.; im Ergebnis auch Lackmann in Musielak ZPO, 20. Aufl. 2023, § 887 Rn. 18 und Rensen in Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl. 2014, § 887 Rn. 46). Umgekehrt könnte dies bedeuten, dass der Antrag nach § 888 ZPO auch beim Landgericht ohne Anwalt gestellt werden kann, wenn es im Erkenntnisverfahren vor dem Landgericht ebenfalls ausnahmsweise keines Anwalts bedurfte. Damit wäre einem Gesellschafter ohne Hinzuziehung eines Anwalts nicht nur das Erstreiten eines Auskunftstitels gegen die GmbH vor dem Landgericht möglich, sondern auch der gegebenenfalls eilige Antrag auf Erlass eines Beschlusses über ein Zwangsgeld. Im Übrigen wurde in der Begründung zum Entwurf des § 126 Abs. 3 Satz 1 AktG a. F. (BT-Drs. IV/171, S. 156), der inhaltlich dem § 132 Abs. 3 AktG weitgehend entsprach, betont, dem auskunftssuchenden Gesellschafter sei nicht damit gedient, dass er erst nach Jahr und Tag Auskunft erhalte, es solle eine "schnelle und sachkundige" Entscheidung durch die Gerichte ermöglicht werden. Im Ergebnis könnten diese Erwägungen gegen den Anwaltszwang für den Antrag nach § 888 ZPO sprechen, da es auch für den Antrag im Erkenntnisverfahren nach § 51b GmbHG keiner Hinzuziehung eines Anwalts bedurfte (so zu § 132 AktG auch Kubis in Münchener Kommentar zum AktG, § 132 Rn. 54; generell auch OLG Dresden, Beschl. v. 8. Oktober 2020, 4 W 744/20, juris Rn. 2 "der Anwaltszwang gemäß § 78 Abs. 1 ZPO [erfasst] auch das dem Prozessgericht übertragene Vollstreckungsverfahren nach §§ 887 ff. ZPO, wenn im Vorprozess ebenfalls Anwaltszwang herrschte").
Konsequenz aus einem Gleichklang von Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren wäre allerdings auch, dass wie im Erkenntnisverfahren gemäß § 51b Satz 1 GmbHG, § 132 Abs. 3 Satz 1, § 99 Abs. 3 Satz 4 AktG die Beschwerde nur durch einen vom Anwalt unterzeichneten Schriftsatz eingelegt werden könnte. Die Zuständigkeit des Bayerischen Obersten Landgerichts als Beschwerdegericht im Vollstreckungsverfahren ergibt sich, wie ausgeführt (oben Ziffer 2), gerade daraus, dass es auch im Erkenntnisverfahren als Beschwerdegericht berufen wäre. Das Bayerische Oberste Landesgericht ist gerade als "Prozessgericht im zweiten Rechtszug" für das Beschwerdeverfahren zuständig. Damit liegt es nahe, ebenso wie im erstinstanzlichen Verfahren auch für das Beschwerdeverfahren in Bezug auf den Anwaltszwang einen Gleichklang von Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren anzunehmen.
Somit ist die Beschwerde, unabhängig davon, ob der Ansicht unter aa) oder unter bb) zu folgen ist, in jedem Fall unzulässig.
4. Nur ergänzend sei auf Folgendes hingewiesen: Soweit die Schuldnerin Einwendungen gegen das Bestehen eines Auskunftsanspruchs des Gläubigers dem Grund nach erhebt, kann sie damit nicht mehr durchdringen. Der Beschluss nach § 51b GmbHG wird in einem echten Streitverfahren erlassen und ist daher der materiellen Rechtskraft fähig (BGH, Beschl. v. 8. Mai 2006, II ZB 10/05, NJW-RR 2006, 1184 Rn. 5; Karsten Schmidt in Scholz, GmbHG, 13. Aufl. 2022, § 51b Rn. 27; Kersting in Kölner Kommentar zum AktG, § 132 Rn. 91). Da die materielle Rechtskraft einer nach § 51b GmbHG ergangenen Entscheidung der eines Zivilurteils entspricht, kann das Vollstreckungsgericht bei der Festsetzung des Zwangsmittels nach § 888 ZPO nur Umstände berücksichtigen, die nach Rechtskraft der Entscheidung eingetreten sind und den Auskunftsanspruch vernichten oder seine Durchsetzung hemmen (Karsten Schmidt in Scholz, GmbHG § 51b Rn. 27; Spindler in K. Schmidt/Lutter, AktG, § 132 Rn. 37). Mit dem Argument, der Gläubiger habe von vornherein keinen Anspruch auf Auskunft gehabt, dringt die Schuldnerin daher nicht mehr durch. Die Auskunftserteilung durch die Schuldnerin könnte nach ihrer Wahl schriftlich oder mündlich erfolgen (vgl. BayObLG, Beschl. v. 17. Dezember 1974, 2 Z 58/74, BayObLGZ 1974, 484, 487; Decher in Hirte/Mülbert/Roth, Aktiengesetz Großkommentar, § 132 Rn. 88). Wie sie dem nachkommt, beispielsweise durch ein Telefonat mit dem Gläubiger oder durch ein Schreiben an ihn, ist ihre Entscheidung. Ob dem Gläubiger ein Einsichtsrecht zusteht und wo dieses gegebenenfalls zu erfüllen wäre, kann dahingestellt bleiben, da ein solches Recht nicht Gegenstand des Beschlusses vom 10. März 2022 ist.
Dass die Schuldnerin die titulierten Auskunftspflichten zu irgendeinem Zeitpunkt nach Erlass des Beschlusses vom 10. März 2022 erfüllt hätte, behauptet sie selbst nicht. Vielmehr führt sie gerade umgekehrt in der Beschwerdebegründung aus, sie habe "bisher keine Auskünfte erteilen" können.
III.
1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 51b Satz 1 GmbHG, § 132 Abs. 4 Satz 2 AktG, § 891 Satz 3, § 97 Abs. 1 ZPO.
2. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtsfrage nur, wenn eine klärungsbedürftige Frage zu entscheiden ist, deren Auftreten in einer Vielzahl von Fällen zu erwarten ist und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (Feskorn in Zöller, ZPO, 35. Aufl. 2024, § 543 Rn. 13 m. w. N.). Allein die Tatsache, dass eine Rechtsfrage - hier der Anwaltszwang für die Beschwerde gegen einen Beschluss nach § 51b Satz 1 GmbHG, § 132 Abs. 4 Satz 2 AktG, § 888 ZPO - bislang von der obergerichtlichen Rechtsprechung noch nicht entschieden wurde, genügt für die Annahme einer grundsätzlichen Bedeutung nicht. Ohnehin kommt es im vorliegenden Fall, wie ausgeführt, im Ergebnis nicht darauf an, welcher der beiden Ansichten zu folgen ist. Zudem dürfte die Frage nur selten von Relevanz sein, da sich die Beteiligten in den Verfahren vor den Landgerichten regelmäßig anwaltlich vertreten lassen.
3. Die Festsetzung eines Streitwerts gemäß § 63 Abs. 2 GKG ist nicht erforderlich, weil für das Beschwerdeverfahren eine Festgebühr anfällt (vgl. Nr. 2121 KV-GKG).