Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 09.07.2024 · IWW-Abrufnummer 242578

    Bayerisches Oberstes Landgericht: Beschluss vom 08.05.2024 – 101 VA 18/24

    1. Gegen die Weigerung des Gerichtsvollziehers, einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss dem Drittschuldner gemäß Gläubigerantrag zuzustellen, steht dem Titelgläubiger der Rechtsbehelf der Vollstreckungserinnerung gemäß § 766 Abs. 2 ZPO offen; ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung im Verfahren der §§ 23 ff. EGGVG ist nicht statthaft.

    2. Nach einer Erledigung des Verfahrens gemäß §§ 23 ff. EGGVG durch übereinstimmende Beendigungserklärungen aller Beteiligten kommt eine Verweisung an das in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zuständige Vollstreckungsgericht allein wegen der noch offenen Kostenentscheidung nicht in Betracht.


    Bayerisches Oberstes Landesgericht 

    Beschluss vom 08.05.2024


    In Sachen
    H.
    - Antragsteller -
    Verfahrensbevollmächtigte:
    Rechtsanwälte ...
    gegen
    Freistaat Bayern, vertreten durch die Generalstaatsanwaltschaft München, Karlstraße
    66, 80335 München, Gz.: 205 GVAs GStA 16/24 f ZIV
    - Antragsgegner -
    Obergerichtsvollzieherin ...
    - weitere Beteiligte -

    wegen Antrags auf gerichtliche Entscheidung

    erlässt das Bayerische Oberste Landesgericht - 1. Zivilsenat - durch die Präsidentin des Bayerischen Obersten Landesgerichts xxx, die Richterin am Bayerischen Obersten Landesgericht xxx und die Richterin am Bayerischen Obersten Landesgericht xxx am 8. Mai 2024 folgenden
    Beschluss

    Tenor:
    1. Das Verfahren ist in der Hauptsache erledigt.
    2. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Antragstellers aus der Staatskasse wird nicht angeordnet.

    Gründe

    I.

    Der Antragsteller erwirkte als Gläubiger einer titulierten Forderung bei dem Amtsgericht Pfaffenhofen a. d. Ilm einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, mit dem u. a. die angeblichen Forderungen seiner Schuldnerin, der S. GmbH, gegen die Drittschuldnerin zu 1) H. S. gepfändet und dem Antragsteller zur Einziehung überwiesen wurden. Mit Zustellungsauftrag vom 15. Januar 2024 bat er, vertreten durch das Inkassounternehmen ..., die weitere Beteiligte, eine Obergerichtsvollzieherin, unter Vorlage einer Ausfertigung dieses Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, eine Ablichtung an die Drittschuldnerin zu 1) mit der Aufforderung gemäß § 840 ZPO unter deren neuer Anschrift "..." zuzustellen. Zuvor hatte die weitere Beteiligte am 28. Dezember 2023 erfolglos versucht, den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss unter der im Beschluss genannten Adresse der Drittschuldnerin zu 1) "..." zuzustellen.

    Mit Schreiben vom 23. Januar 2024 teilte die weitere Beteiligte der ... [dem Inkassounternehmen] unter Beifügung einer Kostenrechnung mit, dass sie die Zustellung eingestellt habe. Die Drittschuldneradresse müsse "per Berichtigungsbeschluss" durch das Vollstreckungsgericht berichtigt werden. Eine Zustellung sei nicht möglich. In der Rechtsbehelfsbelehrung wies die weitere Beteiligte darauf hin, dass gegen die Kostenrechnung Erinnerung eingelegt werden könne. Auf die Aufforderung des Antragstellers, die Rechtsgrundlage für die Ablehnung der Zustellung zu nennen, erklärte die weitere Beteiligte mit E-Mail vom 6. Februar 2024, dass sie entgegen ihrer zuvor geäußerten Annahme keinen Berichtigungsbeschluss des Vollstreckungsgerichts für notwendig erachte, da ihr das Vollstreckungsgericht zwischenzeitlich mitgeteilt habe, dass § 319 ZPO nicht greife. Es müsse somit ein neuer Pfändungs- und Überweisungsbeschluss beantragt und erlassen werden. Da sie nur als Zustellorgan tätig sei, werde der Antragsteller gebeten, sich an das Amtsgericht Pfaffenhofen a. d. Ilm zu wenden. Daraufhin vertrat die ... [das Inkassounternehmen] in einer weiteren an die weitere Beteiligte gerichteten E-Mail unter anderem die Rechtsauffassung, dass kein zweiter Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gegen denselben Drittschuldner beantragt werden müsse, nur weil dieser verzogen sei; eine Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts werde nicht gesehen und es komme nicht die Erinnerung, sondern das Verfahren nach §§ 23 ff. EGGVG zum Tragen. Die weitere Beteiligte antwortete dem Antragsteller, dass gegen ihre Entscheidung Erinnerung eingelegt werden könne.

    Mit Schreiben vom 9. Februar 2024, eingegangen am selben Tag, hat der Antragsteller, vertreten durch die ... [das Inkassounternehmen], beim Bayerischen Obersten Landesgericht einen "Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß §§ 23 ff. EGGVG" gestellt.

    Zur Begründung hat die ... [das Inkassounternehmen] ausgeführt, dass der Gerichtsvollzieher als Justizbehörde im Sinne des § 23 EGGVG handele, wenn er eine ihm angetragene Zustellung ablehne. Ein Antrag nach § 23 EGGVG sei nicht deswegen ausgeschlossen, weil es einen spezielleren Rechtsbehelf gebe. Die Erinnerung nach § 766 ZPO sei im vorliegenden Fall nicht einschlägig. Die Zustellung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses sei keine Zwangsvollstreckungsmaßnahme, da hier der Gerichtsvollzieher gerade nicht als Vollstreckungsorgan agiere, sondern lediglich als Zustellungsorgan. Soweit die Ansicht vertreten werde, dass etwas anderes gelte, wenn der Gerichtsvollzieher die Zustellung verweigere, jedoch gleichzeitig mit Zustellung und Vollstreckung beauftragt sei, liege der Fall hier nicht so. Zudem habe sich das Oberlandesgericht Hamm im Beschluss vom 15. Oktober 2010 (Az.15 VA 10/09) ausführlich mit der Frage beschäftigt und im Ergebnis zahlreiche Abgrenzungsprobleme gesehen. Dass der Gläubiger durch die Gestaltung seines Auftrags den Rechtsbehelf bestimmen könne, könne nicht gewollt sein. Es werde davon ausgegangen, dass der Antrag nach § 23 EGGVG zulässig sei, andernfalls werde ausdrücklich um Rechtswegverweisung im Sinne des "§ 17 Abs. 2 GVG" (gemeint: § 17a Abs. 2 GVG) gebeten.

    Der Antrag sei auch begründet. Es sei lediglich an die neue Adresse des Drittschuldners zuzustellen. Die Parteiidentität des Drittschuldners stehe nicht infrage und sei überdies vom Zustellorgan nicht zu prüfen. Es bestehe Einigkeit, dass selbst beim Wohnortwechsel eines Schuldners weder ein Berichtigungsbeschluss erforderlich sei noch ein neuer Titel geschaffen oder eine neue Vollstreckungsklausel beantragt werden müsse. Die Sache stehe und falle mit der Parteiidentität. Hinzu komme, dass nicht einzusehen sei, weshalb ein Gläubiger und letzten Endes auch der Schuldner lediglich wegen "der neuen Adresse" mit Kosten belastet werde. Die Rechtsmeinung der weiteren Beteiligten sei unter keinem Gesichtspunkt haltbar.

    Der Antragsteller beantragt:

    Die [weitere Beteiligte] wird verpflichtet, den erteilten Zustellungsauftrag eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses des Amtsgerichts Pfaffenhofen vom 21. Dezember 2023, Az. 2 M 1776/23 unter Aufforderung nach § 840 ZPO an die Drittschuldnerin H. S. unter der neuen Anschrift ... gemäß Zustellungsauftrag vom 15. Januar 2024 auszuführen.

    Mit Verfügung vom 13. Februar 2024 ist der Antragsteller darauf hingewiesen worden, dass die ... [das Inkassounternehmen] gemäß § 10 FamFG nicht vertretungsbefugt sei. Dem Inkassounternehmen ist aufgegeben worden, bis spätestens 8. März 2024 die Verfahrensvollmacht schriftlich zur Akte zu reichen, § 11 FamFG. Mit Schriftsatz vom 19. Februar 2024, eingegangen am selben Tag, haben sich für den Antragsteller deren jetzige Prozessbevollmächtigten bestellt und ausgeführt, der Antrag auf gerichtliche Entscheidung werde wiederholt. Zur Begründung haben sich die Prozessbevollmächtigten die Ausführungen der ... [des Inkassounternehmens] zu eigen gemacht.

    Der Antragsgegner beantragt, auszusprechen:

    1.
    Die sachliche Zuständigkeit des Bayerischen Obersten Landesgerichts nach den §§ 23 EGGVG ist nicht gegeben.

    2.
    Die Sache wird in entsprechender Anwendung des § 17a Abs. 2 GVG zuständigkeitshalber an das Amtsgericht Pfaffenhofen a. d. Ilm - Vollstreckungsgericht - verwiesen.

    Das Bayerische Oberste Landesgericht sei für die Entscheidung über den Antrag auf Verpflichtung der Obergerichtsvollzieherin zur Ausführung des Zustellungsauftrags nicht zuständig. Entsprechend § 23 Abs. 3 EGGVG habe das Vollstreckungsgericht eine Entscheidung über den Antrag herbeizuführen, da die Erinnerung gemäß § 766 Abs. 2 ZPO der richtige Rechtsbehelf sei. Die Obergerichtsvollzieherin sei zwar als Zustellorgan tätig gewesen, allerdings nicht außerhalb eines Vollstreckungsverfahrens, sondern "gleichsam als eine Art konstitutiver Teil des Vollstreckungsverfahrens". Vollstreckungshandlung sei zunächst der Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses. Allerdings könne dieser ohne eine wirksame Zustellung keine Wirksamkeit entfalten. Die Pfändung gelte erst mit der Zustellung des Beschlusses an den Drittschuldner als bewirkt, § 829 Abs. 3 ZPO. Damit sei die Zustellung Teil einer Zwangsvollstreckung und eine Vollstreckungsmaßnahme im Sinne des § 766 ZPO. Über den Verpflichtungsantrag habe das Vollstreckungsgericht zu entscheiden.

    Die weitere Beteiligte hat mit Schreiben vom 7. März 2024 vorgebracht, sie habe im Zuge einer laufenden Zwangsvollstreckungsmaßnahme gehandelt, für deren Überprüfung verschiedene Rechtsbehelfe, §§ 766, 767, 793 ZPO, zur Verfügung stünden. Die Erinnerung gegen die Ablehnung der Zustellung sei gemäß § 766 ZPO beim Amtsgericht Pfaffenhofen a. d. Ilm einzureichen.

    Nach dem Hinweis der weiteren Beteiligten ebenfalls im Schreiben vom 7. März 2024, dass die Schuldnerin am 8. Januar 2024 "die Insolvenz eröffnet" habe, hat der Senat mit Verfügung vom 11. März 2024 beim Antragsteller angefragt, ob der Rechtsbehelf im Hinblick auf die mitgeteilte Insolvenzeröffnung und § 89 InsO aufrechterhalten bleibe.

    Hierzu hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 26. März 2024 erklärt, dass wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgrund des Vollstreckungsverbots die Zustellung entbehrlich werde, sodass der Antrag für erledigt erklärt werden könne.

    Mit Verfügung vom 27. März 2024 ist darauf hingewiesen worden, dass die Erklärung des Antragstellers als Beendigungserklärung im Sinne des § 22 Abs. 3 FamFG ausgelegt werde. Der Antragsgegner und die weitere Beteiligte haben Gelegenheit erhalten, ebenfalls eine Beendigungserklärung abzugeben.

    Daraufhin hat die weitere Beteiligte mit Schreiben vom 3. April 2024 mitgeteilt, dass bezüglich des Verfahrens 101 VA 18/24 und der Verfügung vom 27. März 2024 der streitgegenständliche Auftrag erledigt sei. Der Antragsgegner hat das Verfahren mit Schreiben vom 9. April 2024 für beendet erklärt.

    II.

    Das Verfahren ist in der Hauptsache erledigt, sodass nur noch über die Kostenfrage zu befinden ist.

    1. Über den "Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß §§ 23 ff. EGGVG", den Zustellungsauftrag vom 15. Januar 2024 auszuführen, ist nicht mehr zu entscheiden, da sich die Hauptsache erledigt hat.

    a) Der Antragsteller hat mit dem Schreiben der ... [des Inkassounternehmens] vom 9. Februar 2024 einen wirksamen Rechtsbehelf eingelegt. Zwar war die ... [das Inkassounternehmen] nicht zur Vertretung des Antragstellers im Verfahren auf gerichtliche Entscheidung befugt, § 10 Abs. 2 FamFG. Jedoch sind Verfahrenshandlungen, die ein nicht vertretungsbefugter Bevollmächtigter bis zu seiner Zurückweisung durch gerichtlichen Beschluss vorgenommen hat, gemäß § 10 Abs. 3 Sätze 1 und 2 FamFG wirksam. Sämtliche Beteiligte des Verfahrens haben übereinstimmend erklärt, das Verfahren nach § 22 Abs. 3 FamFG beenden zu wollen. Eine derartige Erklärung ist auch dem Schreiben der weiteren Beteiligten vom 3. April 2024 zu entnehmen, da unter Bezugnahme auf das Verfahren gemäß §§ 23 ff. EGGVG mitgeteilt wird, dass der Zustellungsauftrag erledigt sei. § 22 Abs. 3 i. V. m. Abs. 4 FamFG findet auch im Verfahren nach §§ 23 ff. EGGVG Anwendung. Dass in § 29 Abs. 3 EGGVG ausdrücklich nur auf § 17 FamFG und auf §§ 71 bis 74a FamFG verwiesen wird, beruht auf einem Versehen des Gesetzgebers. Ergänzend sind die übrigen Regelungen des FamFG heranzuziehen (BGH, Beschl. v. 17. März 2016, IX AR [VZ] 1/15, juris Rn. 15; BayObLG, Beschl. v. 22. März 2024, 102 VA 255/23, juris Rn. 10; Beschl. v. 5. Januar 2022, 101 VA 140/21, juris Rn. 21).

    b) Ein Antrag nach § 28 Abs. 1 Satz 4 EGGVG ist nicht gestellt. Überdies lägen auch die Voraussetzungen für einen Fortsetzungsfeststellungsantrag nicht vor. Ein berechtigtes Interesse an der Feststellung (vgl. BayObLG, Beschl. v. 5. März 2020, 1 VA 63/19, juris Rn. 25), dass die Weigerung der Obergerichtsvollzieherin, den Zustellungsauftrag auszuführen, rechtswidrig gewesen sei, besteht nicht.

    c) Einer Entscheidung über die Kostenfrage steht nicht entgegen, dass für den vom Antragsteller gestellten "Antrag nach §§ 23 ff. EGGVG" der Rechtsweg zum Bayerischen Obersten Landesgericht nicht eröffnet gewesen wäre. Zwar wäre allein die Erinnerung nach § 766 Abs. 2 ZPO statthaft gewesen. Die Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Erledigung sind vorliegend aber nicht - nach Verweisung gemäß § 17a Abs. 6 i. V. m. Abs. 2 GVG - in dem für die Erinnerung gemäß § 766 Abs. 2 ZPO zuständigen Rechtsweg zu klären, da die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt haben.

    aa) Gegen die Weigerung der weiteren Beteiligten, die Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an die Drittschuldnerin zu 1) mit der Aufforderung gemäß § 840 ZPO auszuführen, wäre die Erinnerung gemäß § 766 Abs. 2 ZPO der statthafte Rechtsbehelf. Da es sich bei der Erinnerung um den spezielleren Rechtsbehelf handelt, ist gemäß § 23 Abs. 3 EGGVG der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach §§ 23 ff. EGGVG unzulässig.

    (1) Anders als der Antragsteller meint, ist nach - soweit ersichtlich - nahezu einhelliger Auffassung in der obergerichtlichen Rechtsprechung und Literatur, der sich der Senat anschließt, jedenfalls die Ablehnung des Gerichtsvollziehers, im Zwangsvollstreckungsverfahren eine Zustellung im Parteibetrieb vorzunehmen, mit der Vollstreckungserinnerung nach § 766 Abs. 2 ZPO anzugreifen und nicht mit einem Antrag gemäß §§ 23 ff. EGGVG. Das Verfahren der §§ 23 ff. EGGVG ist danach subsidiär, weil der ordentliche Rechtsweg bereits aufgrund anderer Vorschriften gegeben ist, § 23 Abs. 3 EGGVG (vgl. OLG Stuttgart, Beschl. v. 15. Februar 2021, 8 VA 1/21, DGVZ 2021, 119 [juris Rn. 7] m. w. N. zur Zustellung eines vorläufigen Zahlungsverbots an den Drittschuldner; OLG Koblenz, Beschl. v. 30. Oktober 2020, 12 VA 3/20, DGVZ 2021, 66 [juris Rn. 3 ff.] zur Zustellung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an den Schuldner gemäß § 829 Abs. 2 Satz 2 ZPO; Schultzky in Zöller, ZPO, 35. Aufl. 2024, § 192 Rn. 6; Herget in Zöller, ZPO, § 766 Rn. 14 und 19; Pabst in Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Aufl. 2022, § 23 EGGVG Rn. 12 und Rn. 49, wonach bei Tätigkeit des Gerichtsvollziehers "im Zwangsvollstreckungswesen" §§ 766, 767, 771 ZPO vorrangig seien und "Zustellungen" wohl nur insoweit im Verfahren nach §§ 23 ff. EGGVG überprüfbar sein sollten, als kein anderer Rechtsbehelf gegeben sei; Mayer in Kissel/Mayer, GVG, 10. Aufl. 2021, § 23 EGGVG Rn. 127). Anderes, also ein im Verfahren nach §§ 23 ff. EGGVG zu überprüfender Justizverwaltungsakt, wird für die Tätigkeit eines Gerichtsvollziehers außerhalb der Zwangsvollstreckung angenommen, also beispielsweise im Hinblick auf die Zustellung einer Willenserklärung im Parteibetrieb gemäß § 132 BGB i. V. m. § 192 ff. ZPO (vgl. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 12. September 2016, 6 VA 29/16, DGVZ 2016, 227 [juris Rn. 4]; Lackmann in Musielak/Voit, ZPO, 21. Aufl. 2024, § 766 Rn. 8). In diesem Fall soll die Erinnerung nach § 766 Abs. 2 ZPO nicht statthaft und damit ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung der zulässige Rechtsbehelf sein.

    (2) Vorliegend betrifft die Ablehnung der beantragten Zustellung durch die weitere Beteiligte ein laufendes Zwangsvollstreckungsverfahren. Es ist bereits nicht ersichtlich, dass der dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zugrunde liegende Vollstreckungstitel dem Titelschuldner noch nicht im Sinne des § 750 ZPO zugestellt war, als der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 21. Dezember 2023 erlassen wurde. Die Zustellung des Vollstreckungstitels an den Schuldner ist allgemeine Vollstreckungsvoraussetzung. Liegt die Voraussetzung nicht vor, darf ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss nicht erlassen werden; die begehrte Pfändung wäre unzulässig (vgl. Smid in Münchener Kommentar zur ZPO, § 829 Rn. 17 f.). Zwar war der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss der Drittschuldnerin zu 1) noch nicht zugestellt, als die weitere Beteiligte den Auftrag des Antragstellers ablehnte, sodass er noch nicht wirksam und die Pfändung nicht als bewirkt anzusehen war (§ 829 Abs. 3 ZPO). Indes setzt beispielsweise der vom Vollstreckungsgericht erlassene Pfändungsbeschluss trotz dessen Unwirksamkeit bereits einen Rechtsschein einer Pfändung, der geeignet ist, die Beteiligten zu beeinträchtigen. Dies hat zur Folge, dass ein Beteiligter, der seine Rechte durch den genannten Rechtsschein einer unwirksamen Pfändung beeinträchtigt sieht, die Vollstreckungserinnerung nach § 766 ZPO erheben könnte mit dem Ziel einer klarstellenden Aufhebung des Beschlusses bzw. der Erklärung der Unzulässigkeit der Pfändung (vgl. Riedel in BeckOK ZPO, 52. Ed. Stand: 1. März 2024, § 829 ZPO Rn. 67). Dass die gewünschte Handlung ein Tätigwerden der weiteren Beteiligten innerhalb des Zwangsvollstreckungsverfahrens betrifft, steht damit außer Frage. Dieser Bewertung steht nicht entgegen, dass die weitere Beteiligte ihre Funktion vorliegend dahingehend umschreibt, dass sie lediglich "als Zustellorgan" tätig sei. Die Zustellung ist hier nach alledem - anders als beispielsweise eine Zustellung nach § 132 Abs. 1 BGB - die Wahrnehmung einer Aufgabe des Gerichtsvollziehers im Rahmen einer Vollstreckungsmaßnahme (vgl. OLG Koblenz, DGVZ 2021, 66 [juris Rn. 6]). Bei der Rechtsschutzmöglichkeit der Erinnerung nach § 766 Abs. 2 ZPO hat es "sein Bewenden" im Sinne des § 23 Abs. 3 EGGVG.

    Aus der Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm vom 15. Juli 2010 (Az. 15 VA 10/09, DGVZ 2011, 130 [juris Rn. 5 ff.]; vgl. auch Beschl. v. 6. Juni 2003, 15 VA 7/02, FamRZ 2004, 1593 [juris Rn. 3 ff.]), die die Ablehnung eines Gerichtsvollziehers, eine titelumschreibende vollstreckbare Ausfertigung mit Nachweisurkunde an den Schuldner zuzustellen, betrifft, folgt entgegen der Auffassung des Antragstellers nichts anderes. Im vorliegenden Fall kann offenbleiben, ob der Auffassung des Oberlandesgerichts Hamm, dass die Zustellung eines Vollstreckungstitels an den Schuldner nach § 750 ZPO noch nicht zum Vollstreckungsverfahren selbst gehöre, zu folgen wäre. Denn im Streitfall ist davon auszugehen, dass die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung im Sinne des § 750 ZPO vorlagen, als der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erlassen wurde. Die Weigerung der weiteren Beteiligten, die Zustellung vorzunehmen, vollzog sich damit bereits nicht "außerhalb der Zwangsvollstreckung" im Sinne der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Hamm, ohne dass es auf die Bewertung der Kritik an der genannten Entscheidung ankäme. Eine generelle Aussage dahingehend, dass der Gerichtsvollzieher "bei Zustellungen" stets "außerhalb der Zwangsvollstreckung" tätig werde, ist der Entscheidung nicht zu entnehmen.

    Auch aus der vom Antragsteller ins Feld geführten Kommentierung Lückemann in "Zöller, ZPO, § 23 EGGVG Rn. 20" (vgl. 33. Auflage 2020; ab der 34. Auflage 2022 siehe Rn. 16), wonach die Ablehnung eines Gerichtsvollziehers, die beantragte Handlung (Zustellung) "außerhalb eines Vollstreckungsverfahrens" durchzuführen, weil sie nicht zu seinen Aufgaben gehöre, ein Justizverwaltungsakt im Sinne des § 23 EGGVG sei, folgt keine andere Bewertung. Vorliegend handelt es sich um eine Zustellung innerhalb eines Zwangsvollstreckungsverfahrens.

    Anders als der Antragsteller meint, ergibt sich schließlich auch aus dem Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 14. April 2021 (Az. 102 VA 32/21; nicht veröffentlicht) nicht, dass der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß §§ 23 ff. EGGVG der statthafte Rechtsbehelf wäre. Auch in diesem Verfahren war nach Erledigung durch übereinstimmende Erledigungserklärungen lediglich noch über die Kostenfrage zu entscheiden. Ausführungen zur Statthaftigkeit des Rechtsbehelfs gemäß § 23 ff. EGGVG gegen die Weigerung eines Gerichtsvollziehers, eine Zustellung vorzunehmen, sind der Entscheidung nicht zu entnehmen. Vielmehr blieb die Frage in dem genannten Beschluss ausdrücklich offen und eine Entscheidung darüber war auch entbehrlich (siehe im Folgenden unter bb]).

    bb) Das Verfahren ist nicht gemäß § 17a Abs. 6 i. V. m. Abs. 2 GVG an das für die Erinnerung nach § 766 Abs. 2 ZPO zuständige Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - zu verweisen, denn die Beteiligten haben den Rechtsstreit infolge ihrer verfahrensrechtlichen Dispositionsbefugnis in der Hauptsache wirksam beendet.

    (1) Zwar kommt eine Verweisung an das Gericht des zulässigen Rechtswegs auch im Vollstreckungsverfahren in Betracht, da der Begriff "Rechtsstreit" in § 17a Abs. 2 GVG nicht nur das kontradiktorische Erkenntnisverfahren meint, sondern auch weitere, dem Erkenntnisverfahren vor-, nach- und nebengelagerte Verfahren, wie das Vollstreckungsverfahren, erfasst (vgl. BGH, Beschl. v. 11. Juli 2017, X ARZ 76/17, NJW-RR 2017, 1215 Rn. 12). Für das Verhältnis zwischen dem für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zuständigen Vollstreckungsgericht (vgl. § 13 GVG, § 3 EGZPO; Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 45. Aufl. 2024, § 13 GVG Rn. 12: "solche, die der ZPO ... entspringen") und dem für Justizverwaltungssachen zuständigen Gericht gilt § 17a Abs. 6 GVG unmittelbar (vgl. BayObLG, Beschl. v. 12. Februar 2020, 1 VA 133/19, FamRZ 2020, 942 [juris Rn. 36]), sodass das Verfahren gemäß § 17a Abs. 6 i. V. m. Abs. 2 GVG nach Anhörung der Beteiligten an das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - Pfaffenhofen a. d. Ilm zu verweisen gewesen wäre, hätten die Beteiligten den Rechtsstreit nicht übereinstimmend für beendet erklärt.

    (2) Zudem hat der Bundesgerichtshof im Rahmen einer Rechtsbeschwerde nach § 17a Abs. 4 Satz 4 GVG zu den Erledigungserklärungen der Rechtsbeschwerdeführer ausgeführt, dass die Voraussetzungen und Rechtsfolgen einer "möglichen Erledigung" der Hauptsache grundsätzlich in dem zuständigen Rechtsweg zu klären seien (vgl. BGH, Beschl. v. 6. Oktober 2021, XII ZB 224/21, FamRZ 2022, 103 Rn. 5; vgl. auch LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 18. Juli 2022, L 1 SV 1804/22 B, juris Rn. 15 ff. zu einem "Fortsetzungsstreit" im Hinblick auf eine Klagerücknahme).

    (3) Indes steht vorliegend die Erledigung durch die übereinstimmenden Beendigungserklärungen aller Beteiligten nicht in Frage, sodass eine Verweisung an das im Hinblick auf die Rechtswegfrage zuständige Gericht allein wegen der noch offenen Kostenentscheidung nicht in Betracht kommt (vgl. BAG, Beschl. v. 16. August 2016, 9 AS 4/16, NJW 2016, 3469 Rn. 12 m. w. N.; OVG Bautzen, Beschl. 22. März 2022, 6 A 680/19, juris Rn. 4; OLG Köln, Beschl. v. 8. Oktober 2002, 7 U 109/02, juris Rn. 1; vgl. auch BGH, Beschl. v. 18. März 2010, I ZB 37/09, GRUR 2010, 1037 [juris Rn. 9] zu einer Entscheidung nach § 91a Abs. 1 ZPO durch ein örtlich unzuständiges Gericht). Der Rechtsstreit im Sinne des § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG ist in der Hauptsache nicht mehr anhängig und beendet. Die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs ist vorliegend nicht mehr zu prüfen.

    2. Eine Entscheidung über die Tragung von Gerichtskosten ist entbehrlich, weil Gerichtskosten für das vorliegende Verfahren nicht anfallen.

    Gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 19, § 3 Abs. 2 GNotKG i. V. m. Teil 1 Hauptabschnitt 5 Abschnitt 3 der Anlage 1 zum GNotKG (Kostenverzeichnis) entstehen Gerichtsgebühren in Verfahren über die Anfechtung von Justizverwaltungsakten nach den §§ 23 bis 29 EGGVG nur bei Zurücknahme (Nr. 15300) oder Zurückweisung (Nr. 15301) des Antrags; die Beendigung des Verfahrens durch übereinstimmende Erledigungserklärung löst keine Gerichtsgebühr aus (BGH, Beschl. v. 30. Januar 2008, IV AR [VZ] 3/05, juris Rn. 1; BayObLG, Beschl. v. 22. März 2024, 102 VA 255/23, juris Rn. 17; Beschl. v. 5. Januar 2022, 101 VA 140/21, juris Rn. 28; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 29. November 2017, 2 VAs 52/17, juris Rn. 2; KG, Beschl. v. 18. November 2014, 4 VAs 29/14, juris Rn. 9).

    3. Eine Erstattung der dem Antragsteller im Verfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten wird nicht angeordnet.

    Die Entscheidung ergeht nach billigem Ermessen gemäß § 30 Satz 1 EGGVG. Diese gesetzliche Regelung gilt auch dann, wenn die Streitsache durch übereinstimmende Erledigungserklärungen beendet wird (vgl. BayObLG, Beschl. v. 22. März 2024, 102 VA 255/23, juris Rn. 19; Beschl. v. 5. Januar 2022, 101 VA 140/21, juris Rn. 30).

    Eine Kostenerstattung entspricht im Verfahren nach §§ 23 ff. EGGVG billigem Ermessen, wenn sie durch besondere Umstände gerechtfertigt ist. Begründete Erfolgsaussichten allein genügen nicht, wohl aber ein offensichtlich fehlerhaftes oder gar willkürliches Verhalten der Justizbehörde (BGH, Beschl. v. 30. Januar 2008, IV AR [VZ] 3/05, juris Rn. 1; BayObLG, Beschl. v. 8. April 2022, 101 VA 6/22, juris Rn. 35; Beschl. v. 5. Januar 2022, 101 VA 140/21, juris Rn. 31 m. w. N.; OLG Bamberg, Beschl. v. 9. Oktober 2018, 1 VAs 16/18, juris Rn. 17; Schultzky in Zöller, ZPO, § 30 EGGVG Rn. 2).

    Ausgehend von diesen Grundsätzen entspräche die Anordnung von Kostenerstattung vorliegend nicht billigem Ermessen. Die Weigerung der weiteren Beteiligten, den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss unter der vom Antragsteller genannten neuen Adresse zuzustellen, war bereits wegen des in § 89 InsO angeordneten Vollstreckungsverbots, wonach die Insolvenzgläubiger während des Insolvenzverfahrens nicht zur Vollstreckung in das Schuldnervermögen berechtigt sind, jedenfalls im Ergebnis nicht zu beanstanden. Aber auch unabhängig von § 89 InsO dürfte die Weigerung der weiteren Beteiligten nicht offensichtlich fehlerhaft oder gar willkürlich sein. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss muss aus Gründen der Rechts- und Verkehrssicherheit die zu pfändende Forderung so bestimmt bezeichnen, dass bei verständiger Auslegung des Beschlusses unzweifelhaft feststeht, welche Forderung Gegenstand der Zwangsvollstreckung sein soll. Der Bestimmtheit bedarf es nicht nur für die unmittelbar Beteiligten, sondern ebenso für andere Personen, insbesondere für weitere Gläubiger, die möglicherweise pfänden wollen. Für diese muss aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss selbst erkennbar sein, welche Forderung gepfändet worden ist, ohne dass sie auf die Möglichkeit verwiesen werden können, notwendige Angaben aus anderen Unterlagen oder Umständen außerhalb des Pfändungsbeschlusses zu ergänzen. Neben dem Schuldner ist auch der Drittschuldner so anzugeben, dass Verwechslungen ausgeschlossen sind (vgl. BayObLG, Beschl. v. 22. Dezember 1999, 3Z BR 378/99, NJW-RR 2000, 945 [OVG Rheinland-Pfalz 08.09.1999 - LBGH A 10639/99.OVG] [juris Rn. 11] m. w. N.; Smid in Münchener Kommentar zur ZPO, § 829 Rn. 21). Ausgehend von diesen Grundsätzen handelte die weitere Beteiligte nicht offensichtlich rechtswidrig, indem sie annahm, der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss müsse vom Vollstreckungsgericht geändert werden, weil die Wohnanschrift der Drittschuldnerin zu 1) im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss von derjenigen im Zustellungsauftrag abweiche. Die Prüfung der Frage, ob Identität zwischen der im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss bezeichneten Drittschuldnerin zu 1) und derjenigen Person gleichen Namens, die unter der vom Antragsteller genannten Adresse wohnhaft sein soll, besteht, obliegt grundsätzlich dem Vollstreckungsgericht (vgl. LG Dresden, Beschl. v. 17. August 2000, 15 T 991/00, JurBüro 2001, 604 zur Prüfung der Identität zwischen Titel- und Vollstreckungsschuldner), das vorliegend ausweislich der beigezogenen Vollstreckungsakte überdies vermerkt hat, dass eine Beschlussberichtigung der Drittschuldneradresse unter gewissen Voraussetzungen und Vorlage geeigneter Nachweise im Einzelfall möglich sei. Der Vor- und Nachname der Drittschuldnerin zu 1) erscheint nicht so selten, als dass ausgeschlossen werden könnte, es liege ein Fall der Namensgleichheit mehrerer Personen vor.

    RechtsgebietZustellungVorschriften§§ 23 ff. EGGVG