09.06.2017 · IWW-Abrufnummer 194393
Landgericht Darmstadt: Beschluss vom 15.03.2017 – 5 T 515/16
Inkassounternehmen können im Zwangsvollstreckungsrecht auch bei einer Eigenvertretung nach §§ 4 Abs. 1 u. 4 RDGEG, 788, 91 Abs. 2 S. 3 ZPO einen Anspruch auf Ersatz ihrer Vergütung nach dem RVG haben.
Landgericht Darmstadt
Beschl. v. 15.03.2017
Az.: 5 T 515/16
Tenor:
Gründe
I.
Die Gläubigerin ist ein registriertes Inkassounternehmen.
Die Gläubigerin vollstreckt Forderungen gegen den Schuldner, welche ihr zweckgebunden zur Einziehung abgetreten worden waren (siehe Bl. 23, 36 d.A.). Sie beantragte unter dem 18.07.2016 beim Amtsgericht Offenbach am Main einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, wobei sie Gebühren für die Zwangsvollstreckung/Anwaltskosten nach dem RVG geltend machte (i.e. siehe Bl. 9 d.A.).
Das Amtsgericht Offenbach am Main hat den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, gekürzt um die Gebühren/Anwaltskosten, unter dem 04.08.2016 erlassen (Bl. 2 ff. d.A.).
Das Amtsgericht Offenbach am Main hat außerdem mit gesondertem Beschluss vom 04.08.2016 (Bl. 10 d.A.) den Antrag auf Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses hinsichtlich der weiter geltend gemachten Positionen (Inkassovergütung/Anwaltskosten) zurückgewiesen, da das Inkassounternehmen sich selbst vertreten habe und deshalb kein Fall der Bevollmächtigung vorliege. § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO sei in diesem Fall nicht anwendbar.
Gegen diesen letztgenannten Beschluss hat die Gläubigerin mit Schriftsatz vom 16.08.2016 (Bl. 14 ff. d.A.) Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss entsprechend dem Antrag abzuändern.
Das Amtsgericht Offenbach am Main hat der Beschwerde mit Beschluss vom 29.08.2016 (Bl. 42 d.A.) nicht abgeholfen und die Sache der Beschwerdekammer des Landgerichts zur Entscheidung vorgelegt.
II.
A. Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 793, 567, 569 Abs. 1, Abs. 2 ZPO statthaft, fristgemäß eingelegt worden und auch im Übrigen zulässig.
B. Die sofortige Beschwerde ist grundsätzlich auch begründet.
1. In dem angefochtenen Beschluss wie auch im Nichtabhilfebeschluss geht das Vollstreckungsgericht zunächst zutreffend davon aus, dass das Inkassounternehmen seine Tätigkeit vorliegend nicht als Bevollmächtigter des etwaigen ursprünglichen Gläubigers, sondern nach Forderungsübernahme selbst als Gläubiger ausübt. Es liegt - aus der allein maßgeblichen Sicht des Schuldners - ein Fall der sog. Eigenvertretung vor. Etwaige Beschränkungen im Innen- bzw. Auftragsverhältnis zwischen Inkassounternehmen und ursprünglichem Forderungsinhaber sind vorliegend unbeachtlich und irrelevant.
2. Auch geht das Vollstreckungsgericht vorliegend grundsätzlich richtig davon aus, dass § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO auf den Fall eines Inkassounternehmens nicht direkt anwendbar ist. Die den "Rechtsstreit" betreffende Kosten(grund)entscheidung nach § 91 ZPO umfasst nicht das Zwangsvollstreckungsverfahren und die darin ggf. entstehenden Kosten (siehe Zöller/Herget, ZPO, 31. Aufl., § 91 Rn. 10). Zudem ist ein Inkassounternehmen kein Rechtsanwalt.
3. Entgegen der Ansicht des Vollstreckungsgerichts führt dies jedoch nicht dazu, dass die Gläubigerin als Inkassounternehmen vorliegend für ihre Eigenvertretung keine Gebühren und Kosten geltend machen kann. Vielmehr ist sie hierzu berechtigt.
a) Die Vergütung und Erstattung der Kosten von Inkassounternehmen richtet sich nach § 4 RDGEG i.V.m. §§ 788, 91 ZPO.
(1) Nach § 4 Abs. 1 RDGEG wird die Tätigkeit der registrierten Personen (u.a. Inkassounternehmen) nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz vergütet.
(2) § 4 Abs. 4 RDGEG bestimmt, dass die Erstattung der Vergütung von Personen, die Inkassodienstleistungen erbringen, sich in Zwangsvollstreckungsverfahren nach § 788 ZPO richtet.
§ 4 Abs. 4 S. 1 RDGEG bestimmt insoweit ausdrücklich:
"Die Erstattung der Vergütung von Personen, die Inkassodienstleistungen erbringen (registrierte Personen nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Rechtsdienstleistungsgesetzes), für die Vertretung im Zwangsvollstreckungsverfahren richtet sich nach § 788 der Zivilprozessordnung."
(3) Die Erstattungsfähigkeit der Kosten in einem Zwangsvollstreckungsverfahren richtet sich grundsätzlich (allein) nach § 788 ZPO i.V.m. § 91 ZPO.
Die Vorschrift des § 788 Abs. 1 S. 1 ZPO lautet:
"Die Kosten der Zwangsvollstreckung fallen, soweit sie notwendig waren (§ 91), dem Schuldner zur Last; sie sind zugleich mit dem zur Zwangsvollstreckung stehenden Anspruch beizutreiben".
Als Besonderheit des Vollstreckungsrechts wird in der Rechtsprechung im Rahmen des § 788 ZPO (und der damit verbundenen entsprechenden Anwendung des § 91 ZPO) etwa bei Rechtsanwaltskosten die Frage der "Notwendigkeit" der Einschaltung eines Rechtsanwalts bei sehr einfachen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen unter Umständen verneint.
Bei der hier gegebenen Forderungspfändung liegt allerdings ein solcher sehr einfach gelagerter Fall, der die Einschaltung eines Rechtsanwalts nicht rechtfertigt hätte, schon nicht vor. Forderungspfändungen mit ihren weitreichenden Voraussetzungen und Folgen gehören nicht zu den sehr einfachen Vollstreckungsmaßnahmen; bei ihnen würde auch ein normaler Bürger zumeist einen Rechtsanwalt beauftragen.
b) Da § 788 Abs. 1 S. 1 ZPO inhaltlich wegen der Frage der "Notwendigkeit" der Kosten auf § 91 ZPO Bezug nimmt, und zwar ohne Beschränkung auf einzelnen Regelungen/Absätze des § 91 ZPO, ist zunächst die Reichweite dieser Verweisung zu klären:
Die Vorschrift des § 91 ZPO regelt in Absatz 1 Satz 1 zunächst den allgemeinen Grundsatz, dass nur "notwendige" Kosten zu erstatten sind. Sämtliche folgenden Regelungen (Abs. 1 S. 2, Absätze 2 - 4) konkretisieren und erläutern, was als Kosten in diesem Sinne im Einzelnen zu verstehen ist, d.h. welche Kostenarten und welche Kosten unter welchen besonderen Umständen als notwendig anzusehen sind. Hierzu gehört insbesondere auch § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO, welcher regelt, dass/wann bei einem Rechtsanwalt auch "in eigener Sache" Gebühren und Auslagen zu erstatten sind, mit anderen Worten im Sinne des § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO als notwendig anzusehen sind.
Nach dem Wortlaut des § 788 Abs. 1 S. 1 ZPO, welcher ohne Einschränkung auf § 91 ZPO Bezug nimmt, und dem Inhalt des § 91 ZPO, welcher insgesamt und in allen Absätzen die Frage der Notwendigkeit von Kosten vertieft und erörtert, kann die Verweisung des § 788 ZPO auf § 91 ZPO - auch ihrem Sinn nach - grundsätzlich nur so verstanden werden, dass sämtliche Grundsätze des § 91 ZPO - allenfalls mit im Einzelfall abweichender Auslegung unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Vollstreckungsrechts - entsprechend auch im Rahmen des § 788 ZPO gelten (so auch Zöller/Stöber, ZPO, 31. Aufl., § 788 Rn. 13 "Inkassodienstleistungen").
Dies betrifft somit - zunächst nur für Rechtsanwälte - auch die Regelung des § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO zur Eigenvertretung (so auch Zöller/Stöber, ZPO, 31. Aufl., § 788 Rn. 9).
c) Nachdem hier also § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO im Rahmen des § 788 ZPO entsprechend anzuwenden ist, ist die Frage der (entsprechenden) Anwendbarkeit der erstgenannten Vorschrift auf eine Person, die nicht Rechtsanwalt ist, im Bereich des § 788 ZPO zu klären.
Diese Frage ist für das hier gegebene Inkassounternehmen zu bejahen. Die Vorschrift des § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO ist auch im Rahmen des § 788 ZPO auf ein Inkassounternehmen (registrierter Erlaubnisinhaber) entsprechend anwendbar. Sowohl die Verweisung von § 4 Abs. 4 RDGEG auf § 788 ZPO als auch die Verweisung von § 788 ZPO auf § 91 ZPO sind nicht mit einer Einschränkung (hinsichtlich des § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO) versehen.
Zwar enthält die Vorschrift des § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO grundsätzlich eine Sonderregelung nur für Rechtsanwälte.
Diese Vorschrift ist jedoch auf Inkassounternehmen entsprechend anwendbar (siehe für Rechtsbeistände: LG Hanau, Beschl. v. 07.09.2016, Az. 8 T 88/16, Bl. 36 d.A.; LG Berlin, Beschl. v. 13.08.2016, Az. 51 T 95/16, Bl. 30 d.A.; LG Halle, Beschl. v. 21.03.2016, Az. 1 T 34/16, Bl. 38 d.A.; im Ergebnis wohl auch AG Strausberg, Beschl. v. 22.01.2012, Az. 11 M 2699/11; ähnlich zum Mahnverfahren: OLG Hamm, Beschl. v. 28.06.2001, Az. 23 W 203/01, juris Rn. 5; ähnlich zu § 34a BVerfGG: BVerfG, Beschluss v. 28.02.1979, Az. 1 BvR 275/74, juris Rn. 3 f.).
Die Vorschrift des § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO wird damit nicht unmittelbar entsprechend auf Inkassounternehmen angewendet (wegen einer Regelungslücke), sondern über §§ 4 Abs. 4 RDGEG, 788 ZPO wegen der entsprechenden Verweisungskette.
Dies folgt aus dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck der oben bereits genannten verschiedenen Vorschriften. Aus ihnen allen folgt, dass auch ein Inkassounternehmen - inhaltlich beschränkt auf dessen erlaubtes Tätigkeitsfeld - vom Gesetzgeber im Wesentlichen einem Rechtsanwalt gleichgestellt werden sollte und wird.
(1) Durch § 3 Abs. 2 RDGEG i.V.m. § 79 Abs. 2 S. 1 ZPO werden registrierte Erlaubnisinhaber in den verschiedenen Verfahrensordnungen innerhalb des Umfangs ihrer Erlaubnis (und soweit diese die gerichtliche Vertretung umfasst) Rechtsanwälten ausdrücklich gleichgestellt.
Hierbei fallen unter den Begriff der registrierten Personen/Inkassodienstleister nach § 2 Abs. 2 RDG Unternehmen unabhängig davon, ob sie fremde Forderungen (Fremdvertretung) oder zum Zwecke der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretene Forderungen (nach außen: Eigenvertretung) einziehen.
(2) Nach § 4 Abs. 1 RDGEG wird die Tätigkeit der o.g. registrierten Personen nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz vergütet.
Dass hierbei Vorbemerkung 3 Abs. 1 der Anlage 1 zum RVG seinem Wortlaut nach grundsätzlich einen Auftrag eines anderen (Bevollmächtigenden) erfordert, mithin eine Fremdvertretung, steht der hier vertretenen Rechtsansicht nicht entgegen, denn das RVG regelt grundsätzlich nur einen solchen Fall der Beauftragung und Fremdvertretung (Rechtsbeziehung zwischen Rechtsanwalt und Mandant/Auftraggeber), während §§ 788, 91 (Abs. 2 S. 3) ZPO die Frage der Erstattung durch einen Gegner - auch bei einer Eigenvertretung - regeln.
(3) Es ergibt sich ferner aus dem Sinn und Zweck des früheren Rechtsberatungsgesetzes und des nun geltenden Rechtsdienstleistungsgesetzes. Danach sollen die Rechtsuchenden, der Rechtsverkehr und die Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen geschützt werden (§ 1 Abs. 1 S. 2 RDG). Gleichzeitig werden die Rechtsanwälte von den dort geregelten Inkasso4/Massenverfahren entlastet. Ohne die Gleichstellung würden gerade in Zwangsvollstreckungssachen anstelle der hierfür qualifizierten und registrierten Inkassounternehmen (wieder) Rechtsanwälte beauftragt werden.
(4) § 4 Abs. 4 RDGEG bestimmt, dass die Erstattung der Vergütung von Personen, die Inkassodienstleistungen erbringen, sich in Zwangsvollstreckungsverfahren nach § 788 ZPO richtet. Hierbei differenziert die Vorschrift in keiner Weise zwischen einer - jeweils zulässigen - Fremd- und Eigenvertretung bei Inkassounternehmen, die dem Gesetzgeber ausweislich § 2 Abs. 2 RDG ausdrücklich bekannt waren.
Auch diese Verweisung (für Erlaubnisinhaber/registrierte Personen) ist unbegrenzt, ebenso wie die "entsprechende" Verweisung des § 788 ZPO auf § 91 ZPO. Dem steht auch der Wortlaut "Vertretung im Zwangsvollstreckungsverfahren" nicht entgegen, denn die Eigenvertretung kann wie die Fremdvertretung als Unterfall der "Vertretung" verstanden werden.
Es besteht in Anbetracht dieser durchgängigen, unbeschränkten Verweisungskette, die der Gesetzgeber in Kenntnis der Möglichkeiten der Fremd- und Eigenvertretung bei Inkassounternehmen vorgenommen hat, keine Veranlassung, entgegen dem (uneingeschränkten) Wortlaut der Vorschriften gerade § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO aus der entsprechenden Anwendung herauszunehmen, obwohl der Gesetzgeber etwa sowohl im Verfahrensrecht als auch hinsichtlich der Vergütung (§ 3 Abs. 2 und § 4 Abs. 1 RDGEG) deutlich gemacht hat, dass er die Tätigkeit der registrierten Erlaubnisinhaber in dem Bereich ihrer erlaubten Tätigkeit für den Rechtsanwälten vergleichbar und gleichwertig hält.
Insoweit überzeugt auch das Argument, dass das Bundesverfassungsgericht etwa für Wirtschaftsprüfer und Steuerberater die entsprechende Anwendbarkeit des § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO verneint hat (im Rahmen des § 34a BVerfGG; siehe BVerfG, Beschl. v. 31.07.2008, Az. 2 BvR 274/03, 2 BvR 937/03), nicht, denn für diese Berufsgruppen gibt es - im Unterschied zu registrierten Inkassounternehmen - gerade keine den §§ 4 RDGEG, 788, 91 ZPO vergleichbaren Regelungen.
d) Etwas anderes ergibt sich auch sonst nicht aus den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts.
(1) Hierzu ist zunächst festzustellen, dass die zur Frage einer entsprechenden Anwendbarkeit des § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO (bzw. vormals § 91 Abs. 2 S. 4 ZPO) ergangenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts nur Nebenentscheidungen zu den Kosten/Gebühren nach § 34a BVerfGG in Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht waren (nicht hingegen zur hier maßgeblichen Verweisungskette über § 788 ZPO, siehe oben) und diese Entscheidungen somit nicht zu den nach § 31 Abs. 1 BVerfGG für Gerichte bindenden Entscheidungen in verfassungsrechtlichen Fragen gehören (siehe dazu im Einzelnen Rennert, in: Umbach/Clemens, BVerfGG, 1992, § 31 Rn. 35 ff., 38 f., 71 ff.).
In diesem Rahmen hat das Bundesverfassungsgericht in verschiedenen Beschlüssen entschieden, für welche Berufsgruppen es im Rahmen des § 34a BVerfGG die Vorschrift des § 91 Abs. 2 S. 3 (bzw. 4) ZPO für entsprechend anwendbar hält.
(2) Insbesondere hat das Bundesverfassungsgericht bereits in einem Beschluss vom 28.02.1979 (Az. 1 BvR 275/74, juris Rn. 3 f.) entschieden, dass die Vorschrift des § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO (damals noch § 91 Abs. 2 S. 4 ZPO) auf die Eigenvertretung eines Rechtsbeistands entsprechend anwendbar ist.
Diese Entscheidung hat sich etwa auch nicht durch spätere Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, die sich in ihren tragenden Gründen auf andere Berufsgruppen bezogen (Beschl. v. 31.07.2008, Az. 2 BvR 274/03, 2 BvR 937/03 zu: Steuerberater und Wirtschaftsprüfer; Beschl. v. 09.10.1985, Az. 1 BvR 362/83 zu: Lehrer des Rechts an einer deutschen Hochschule; Beschl. v. 02.12.1993, Az. 2 BvR 1041/88), erledigt. Auch wenn die zuletzt genannten Entscheidungen ihrem Wortlaut nach die entsprechende Anwendbarkeit des § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO "auf andere Berufsgruppen" - insbesondere die jeweils streitgegenständliche Berufsgruppe - verneinen, heben sie an keiner Stelle die vorgenannte Entscheidung betreffend Rechtsbeistände auf bzw. erklären, an jener Rechtsprechung nicht festhalten zu wollen, so dass sie im Zweifel nicht dahingehend auszulegen sind, dass die vorgenannte Entscheidung, die den Sonderfall des Rechtsbeistands betraf, nicht weiter gelten soll.
(3) Selbst wenn man also vorliegend - trotz fehlender Bindungswirkung - die vorgenannten Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts zur Entscheidungsfindung heranzieht, würden diese die Auffassung der Kammer somit stützen, da etwa die Funktion der früheren Rechtsbeistände, die Inkassodienstleistungen erbrachten, inzwischen häufig durch registrierte Inkassounternehmen erbracht werden.
4. Der Beschluss des Amtsgerichts vom 04.08.2016 (Bl. 10 d.A.) war danach auf die Beschwerde aufzuheben. Dem Vollstreckungsgericht wird die erneute Entscheidung in der Sache unter Beachtung der Rechtsauffassung der Kammer aufgegeben, damit der Gläubigerin hinsichtlich der konkreten Höhe keine Instanz genommen wird.
C. Eine Auferlegung der Kosten nach § 91 ZPO auf den Schuldner kam nicht in Betracht, da dieser am Verfahren nicht beteiligt war.
Die Kammer hat die Rechtsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage (entsprechende Anwendung des § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO im Rahmen des § 788 ZPO auf Rechtsbeistände, die im eigenen Namen Forderungen einziehen) zur Fortbildung des Rechts und Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen.
Beschl. v. 15.03.2017
Az.: 5 T 515/16
Tenor:
- Auf die sofortige Beschwerde der Gläubigerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Offenbach am Main vom 04.08.2016 (Absetzung der Inkassovergütung) aufgehoben.
Das Amtsgericht Offenbach (Vollstreckungsgericht) wird angewiesen, den Antrag auf Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 18.07.2016 nicht mit der Begründung zurückzuweisen, dass die Gläubigerin als Inkassounternehmen im Vollstreckungsverfahren keine Inkassovergütung (Anwaltskosten gem. RVG) geltend machen kann. - Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
- Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Gläubigerin ist ein registriertes Inkassounternehmen.
Die Gläubigerin vollstreckt Forderungen gegen den Schuldner, welche ihr zweckgebunden zur Einziehung abgetreten worden waren (siehe Bl. 23, 36 d.A.). Sie beantragte unter dem 18.07.2016 beim Amtsgericht Offenbach am Main einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, wobei sie Gebühren für die Zwangsvollstreckung/Anwaltskosten nach dem RVG geltend machte (i.e. siehe Bl. 9 d.A.).
Das Amtsgericht Offenbach am Main hat den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, gekürzt um die Gebühren/Anwaltskosten, unter dem 04.08.2016 erlassen (Bl. 2 ff. d.A.).
Das Amtsgericht Offenbach am Main hat außerdem mit gesondertem Beschluss vom 04.08.2016 (Bl. 10 d.A.) den Antrag auf Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses hinsichtlich der weiter geltend gemachten Positionen (Inkassovergütung/Anwaltskosten) zurückgewiesen, da das Inkassounternehmen sich selbst vertreten habe und deshalb kein Fall der Bevollmächtigung vorliege. § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO sei in diesem Fall nicht anwendbar.
Gegen diesen letztgenannten Beschluss hat die Gläubigerin mit Schriftsatz vom 16.08.2016 (Bl. 14 ff. d.A.) Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss entsprechend dem Antrag abzuändern.
Das Amtsgericht Offenbach am Main hat der Beschwerde mit Beschluss vom 29.08.2016 (Bl. 42 d.A.) nicht abgeholfen und die Sache der Beschwerdekammer des Landgerichts zur Entscheidung vorgelegt.
II.
A. Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 793, 567, 569 Abs. 1, Abs. 2 ZPO statthaft, fristgemäß eingelegt worden und auch im Übrigen zulässig.
B. Die sofortige Beschwerde ist grundsätzlich auch begründet.
1. In dem angefochtenen Beschluss wie auch im Nichtabhilfebeschluss geht das Vollstreckungsgericht zunächst zutreffend davon aus, dass das Inkassounternehmen seine Tätigkeit vorliegend nicht als Bevollmächtigter des etwaigen ursprünglichen Gläubigers, sondern nach Forderungsübernahme selbst als Gläubiger ausübt. Es liegt - aus der allein maßgeblichen Sicht des Schuldners - ein Fall der sog. Eigenvertretung vor. Etwaige Beschränkungen im Innen- bzw. Auftragsverhältnis zwischen Inkassounternehmen und ursprünglichem Forderungsinhaber sind vorliegend unbeachtlich und irrelevant.
2. Auch geht das Vollstreckungsgericht vorliegend grundsätzlich richtig davon aus, dass § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO auf den Fall eines Inkassounternehmens nicht direkt anwendbar ist. Die den "Rechtsstreit" betreffende Kosten(grund)entscheidung nach § 91 ZPO umfasst nicht das Zwangsvollstreckungsverfahren und die darin ggf. entstehenden Kosten (siehe Zöller/Herget, ZPO, 31. Aufl., § 91 Rn. 10). Zudem ist ein Inkassounternehmen kein Rechtsanwalt.
3. Entgegen der Ansicht des Vollstreckungsgerichts führt dies jedoch nicht dazu, dass die Gläubigerin als Inkassounternehmen vorliegend für ihre Eigenvertretung keine Gebühren und Kosten geltend machen kann. Vielmehr ist sie hierzu berechtigt.
a) Die Vergütung und Erstattung der Kosten von Inkassounternehmen richtet sich nach § 4 RDGEG i.V.m. §§ 788, 91 ZPO.
(1) Nach § 4 Abs. 1 RDGEG wird die Tätigkeit der registrierten Personen (u.a. Inkassounternehmen) nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz vergütet.
(2) § 4 Abs. 4 RDGEG bestimmt, dass die Erstattung der Vergütung von Personen, die Inkassodienstleistungen erbringen, sich in Zwangsvollstreckungsverfahren nach § 788 ZPO richtet.
§ 4 Abs. 4 S. 1 RDGEG bestimmt insoweit ausdrücklich:
"Die Erstattung der Vergütung von Personen, die Inkassodienstleistungen erbringen (registrierte Personen nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Rechtsdienstleistungsgesetzes), für die Vertretung im Zwangsvollstreckungsverfahren richtet sich nach § 788 der Zivilprozessordnung."
(3) Die Erstattungsfähigkeit der Kosten in einem Zwangsvollstreckungsverfahren richtet sich grundsätzlich (allein) nach § 788 ZPO i.V.m. § 91 ZPO.
Die Vorschrift des § 788 Abs. 1 S. 1 ZPO lautet:
"Die Kosten der Zwangsvollstreckung fallen, soweit sie notwendig waren (§ 91), dem Schuldner zur Last; sie sind zugleich mit dem zur Zwangsvollstreckung stehenden Anspruch beizutreiben".
Als Besonderheit des Vollstreckungsrechts wird in der Rechtsprechung im Rahmen des § 788 ZPO (und der damit verbundenen entsprechenden Anwendung des § 91 ZPO) etwa bei Rechtsanwaltskosten die Frage der "Notwendigkeit" der Einschaltung eines Rechtsanwalts bei sehr einfachen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen unter Umständen verneint.
Bei der hier gegebenen Forderungspfändung liegt allerdings ein solcher sehr einfach gelagerter Fall, der die Einschaltung eines Rechtsanwalts nicht rechtfertigt hätte, schon nicht vor. Forderungspfändungen mit ihren weitreichenden Voraussetzungen und Folgen gehören nicht zu den sehr einfachen Vollstreckungsmaßnahmen; bei ihnen würde auch ein normaler Bürger zumeist einen Rechtsanwalt beauftragen.
b) Da § 788 Abs. 1 S. 1 ZPO inhaltlich wegen der Frage der "Notwendigkeit" der Kosten auf § 91 ZPO Bezug nimmt, und zwar ohne Beschränkung auf einzelnen Regelungen/Absätze des § 91 ZPO, ist zunächst die Reichweite dieser Verweisung zu klären:
Die Vorschrift des § 91 ZPO regelt in Absatz 1 Satz 1 zunächst den allgemeinen Grundsatz, dass nur "notwendige" Kosten zu erstatten sind. Sämtliche folgenden Regelungen (Abs. 1 S. 2, Absätze 2 - 4) konkretisieren und erläutern, was als Kosten in diesem Sinne im Einzelnen zu verstehen ist, d.h. welche Kostenarten und welche Kosten unter welchen besonderen Umständen als notwendig anzusehen sind. Hierzu gehört insbesondere auch § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO, welcher regelt, dass/wann bei einem Rechtsanwalt auch "in eigener Sache" Gebühren und Auslagen zu erstatten sind, mit anderen Worten im Sinne des § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO als notwendig anzusehen sind.
Nach dem Wortlaut des § 788 Abs. 1 S. 1 ZPO, welcher ohne Einschränkung auf § 91 ZPO Bezug nimmt, und dem Inhalt des § 91 ZPO, welcher insgesamt und in allen Absätzen die Frage der Notwendigkeit von Kosten vertieft und erörtert, kann die Verweisung des § 788 ZPO auf § 91 ZPO - auch ihrem Sinn nach - grundsätzlich nur so verstanden werden, dass sämtliche Grundsätze des § 91 ZPO - allenfalls mit im Einzelfall abweichender Auslegung unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Vollstreckungsrechts - entsprechend auch im Rahmen des § 788 ZPO gelten (so auch Zöller/Stöber, ZPO, 31. Aufl., § 788 Rn. 13 "Inkassodienstleistungen").
Dies betrifft somit - zunächst nur für Rechtsanwälte - auch die Regelung des § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO zur Eigenvertretung (so auch Zöller/Stöber, ZPO, 31. Aufl., § 788 Rn. 9).
c) Nachdem hier also § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO im Rahmen des § 788 ZPO entsprechend anzuwenden ist, ist die Frage der (entsprechenden) Anwendbarkeit der erstgenannten Vorschrift auf eine Person, die nicht Rechtsanwalt ist, im Bereich des § 788 ZPO zu klären.
Diese Frage ist für das hier gegebene Inkassounternehmen zu bejahen. Die Vorschrift des § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO ist auch im Rahmen des § 788 ZPO auf ein Inkassounternehmen (registrierter Erlaubnisinhaber) entsprechend anwendbar. Sowohl die Verweisung von § 4 Abs. 4 RDGEG auf § 788 ZPO als auch die Verweisung von § 788 ZPO auf § 91 ZPO sind nicht mit einer Einschränkung (hinsichtlich des § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO) versehen.
Zwar enthält die Vorschrift des § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO grundsätzlich eine Sonderregelung nur für Rechtsanwälte.
Diese Vorschrift ist jedoch auf Inkassounternehmen entsprechend anwendbar (siehe für Rechtsbeistände: LG Hanau, Beschl. v. 07.09.2016, Az. 8 T 88/16, Bl. 36 d.A.; LG Berlin, Beschl. v. 13.08.2016, Az. 51 T 95/16, Bl. 30 d.A.; LG Halle, Beschl. v. 21.03.2016, Az. 1 T 34/16, Bl. 38 d.A.; im Ergebnis wohl auch AG Strausberg, Beschl. v. 22.01.2012, Az. 11 M 2699/11; ähnlich zum Mahnverfahren: OLG Hamm, Beschl. v. 28.06.2001, Az. 23 W 203/01, juris Rn. 5; ähnlich zu § 34a BVerfGG: BVerfG, Beschluss v. 28.02.1979, Az. 1 BvR 275/74, juris Rn. 3 f.).
Die Vorschrift des § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO wird damit nicht unmittelbar entsprechend auf Inkassounternehmen angewendet (wegen einer Regelungslücke), sondern über §§ 4 Abs. 4 RDGEG, 788 ZPO wegen der entsprechenden Verweisungskette.
Dies folgt aus dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck der oben bereits genannten verschiedenen Vorschriften. Aus ihnen allen folgt, dass auch ein Inkassounternehmen - inhaltlich beschränkt auf dessen erlaubtes Tätigkeitsfeld - vom Gesetzgeber im Wesentlichen einem Rechtsanwalt gleichgestellt werden sollte und wird.
(1) Durch § 3 Abs. 2 RDGEG i.V.m. § 79 Abs. 2 S. 1 ZPO werden registrierte Erlaubnisinhaber in den verschiedenen Verfahrensordnungen innerhalb des Umfangs ihrer Erlaubnis (und soweit diese die gerichtliche Vertretung umfasst) Rechtsanwälten ausdrücklich gleichgestellt.
Hierbei fallen unter den Begriff der registrierten Personen/Inkassodienstleister nach § 2 Abs. 2 RDG Unternehmen unabhängig davon, ob sie fremde Forderungen (Fremdvertretung) oder zum Zwecke der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretene Forderungen (nach außen: Eigenvertretung) einziehen.
(2) Nach § 4 Abs. 1 RDGEG wird die Tätigkeit der o.g. registrierten Personen nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz vergütet.
Dass hierbei Vorbemerkung 3 Abs. 1 der Anlage 1 zum RVG seinem Wortlaut nach grundsätzlich einen Auftrag eines anderen (Bevollmächtigenden) erfordert, mithin eine Fremdvertretung, steht der hier vertretenen Rechtsansicht nicht entgegen, denn das RVG regelt grundsätzlich nur einen solchen Fall der Beauftragung und Fremdvertretung (Rechtsbeziehung zwischen Rechtsanwalt und Mandant/Auftraggeber), während §§ 788, 91 (Abs. 2 S. 3) ZPO die Frage der Erstattung durch einen Gegner - auch bei einer Eigenvertretung - regeln.
(3) Es ergibt sich ferner aus dem Sinn und Zweck des früheren Rechtsberatungsgesetzes und des nun geltenden Rechtsdienstleistungsgesetzes. Danach sollen die Rechtsuchenden, der Rechtsverkehr und die Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen geschützt werden (§ 1 Abs. 1 S. 2 RDG). Gleichzeitig werden die Rechtsanwälte von den dort geregelten Inkasso4/Massenverfahren entlastet. Ohne die Gleichstellung würden gerade in Zwangsvollstreckungssachen anstelle der hierfür qualifizierten und registrierten Inkassounternehmen (wieder) Rechtsanwälte beauftragt werden.
(4) § 4 Abs. 4 RDGEG bestimmt, dass die Erstattung der Vergütung von Personen, die Inkassodienstleistungen erbringen, sich in Zwangsvollstreckungsverfahren nach § 788 ZPO richtet. Hierbei differenziert die Vorschrift in keiner Weise zwischen einer - jeweils zulässigen - Fremd- und Eigenvertretung bei Inkassounternehmen, die dem Gesetzgeber ausweislich § 2 Abs. 2 RDG ausdrücklich bekannt waren.
Auch diese Verweisung (für Erlaubnisinhaber/registrierte Personen) ist unbegrenzt, ebenso wie die "entsprechende" Verweisung des § 788 ZPO auf § 91 ZPO. Dem steht auch der Wortlaut "Vertretung im Zwangsvollstreckungsverfahren" nicht entgegen, denn die Eigenvertretung kann wie die Fremdvertretung als Unterfall der "Vertretung" verstanden werden.
Es besteht in Anbetracht dieser durchgängigen, unbeschränkten Verweisungskette, die der Gesetzgeber in Kenntnis der Möglichkeiten der Fremd- und Eigenvertretung bei Inkassounternehmen vorgenommen hat, keine Veranlassung, entgegen dem (uneingeschränkten) Wortlaut der Vorschriften gerade § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO aus der entsprechenden Anwendung herauszunehmen, obwohl der Gesetzgeber etwa sowohl im Verfahrensrecht als auch hinsichtlich der Vergütung (§ 3 Abs. 2 und § 4 Abs. 1 RDGEG) deutlich gemacht hat, dass er die Tätigkeit der registrierten Erlaubnisinhaber in dem Bereich ihrer erlaubten Tätigkeit für den Rechtsanwälten vergleichbar und gleichwertig hält.
Insoweit überzeugt auch das Argument, dass das Bundesverfassungsgericht etwa für Wirtschaftsprüfer und Steuerberater die entsprechende Anwendbarkeit des § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO verneint hat (im Rahmen des § 34a BVerfGG; siehe BVerfG, Beschl. v. 31.07.2008, Az. 2 BvR 274/03, 2 BvR 937/03), nicht, denn für diese Berufsgruppen gibt es - im Unterschied zu registrierten Inkassounternehmen - gerade keine den §§ 4 RDGEG, 788, 91 ZPO vergleichbaren Regelungen.
d) Etwas anderes ergibt sich auch sonst nicht aus den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts.
(1) Hierzu ist zunächst festzustellen, dass die zur Frage einer entsprechenden Anwendbarkeit des § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO (bzw. vormals § 91 Abs. 2 S. 4 ZPO) ergangenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts nur Nebenentscheidungen zu den Kosten/Gebühren nach § 34a BVerfGG in Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht waren (nicht hingegen zur hier maßgeblichen Verweisungskette über § 788 ZPO, siehe oben) und diese Entscheidungen somit nicht zu den nach § 31 Abs. 1 BVerfGG für Gerichte bindenden Entscheidungen in verfassungsrechtlichen Fragen gehören (siehe dazu im Einzelnen Rennert, in: Umbach/Clemens, BVerfGG, 1992, § 31 Rn. 35 ff., 38 f., 71 ff.).
In diesem Rahmen hat das Bundesverfassungsgericht in verschiedenen Beschlüssen entschieden, für welche Berufsgruppen es im Rahmen des § 34a BVerfGG die Vorschrift des § 91 Abs. 2 S. 3 (bzw. 4) ZPO für entsprechend anwendbar hält.
(2) Insbesondere hat das Bundesverfassungsgericht bereits in einem Beschluss vom 28.02.1979 (Az. 1 BvR 275/74, juris Rn. 3 f.) entschieden, dass die Vorschrift des § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO (damals noch § 91 Abs. 2 S. 4 ZPO) auf die Eigenvertretung eines Rechtsbeistands entsprechend anwendbar ist.
Diese Entscheidung hat sich etwa auch nicht durch spätere Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, die sich in ihren tragenden Gründen auf andere Berufsgruppen bezogen (Beschl. v. 31.07.2008, Az. 2 BvR 274/03, 2 BvR 937/03 zu: Steuerberater und Wirtschaftsprüfer; Beschl. v. 09.10.1985, Az. 1 BvR 362/83 zu: Lehrer des Rechts an einer deutschen Hochschule; Beschl. v. 02.12.1993, Az. 2 BvR 1041/88), erledigt. Auch wenn die zuletzt genannten Entscheidungen ihrem Wortlaut nach die entsprechende Anwendbarkeit des § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO "auf andere Berufsgruppen" - insbesondere die jeweils streitgegenständliche Berufsgruppe - verneinen, heben sie an keiner Stelle die vorgenannte Entscheidung betreffend Rechtsbeistände auf bzw. erklären, an jener Rechtsprechung nicht festhalten zu wollen, so dass sie im Zweifel nicht dahingehend auszulegen sind, dass die vorgenannte Entscheidung, die den Sonderfall des Rechtsbeistands betraf, nicht weiter gelten soll.
(3) Selbst wenn man also vorliegend - trotz fehlender Bindungswirkung - die vorgenannten Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts zur Entscheidungsfindung heranzieht, würden diese die Auffassung der Kammer somit stützen, da etwa die Funktion der früheren Rechtsbeistände, die Inkassodienstleistungen erbrachten, inzwischen häufig durch registrierte Inkassounternehmen erbracht werden.
4. Der Beschluss des Amtsgerichts vom 04.08.2016 (Bl. 10 d.A.) war danach auf die Beschwerde aufzuheben. Dem Vollstreckungsgericht wird die erneute Entscheidung in der Sache unter Beachtung der Rechtsauffassung der Kammer aufgegeben, damit der Gläubigerin hinsichtlich der konkreten Höhe keine Instanz genommen wird.
C. Eine Auferlegung der Kosten nach § 91 ZPO auf den Schuldner kam nicht in Betracht, da dieser am Verfahren nicht beteiligt war.
Die Kammer hat die Rechtsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage (entsprechende Anwendung des § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO im Rahmen des § 788 ZPO auf Rechtsbeistände, die im eigenen Namen Forderungen einziehen) zur Fortbildung des Rechts und Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen.