23.11.2017 · IWW-Abrufnummer 197831
Landgericht Bonn: Beschluss vom 31.08.2017 – 4 T 309/17
Die Einholung von Drittauskünften i.S.d. § 802 l Abs. 1 Nr. 1 ZPO erfordert nicht, dass ihre Wertgrenze überschritten wird.
Landgericht Bonn
Tenor:
1. Der Beschluss des Amtsgerichts Siegburg vom 03.08.2017 wird aufgehoben.
2. Die Gerichtsvollzieherin wird angewiesen, den Vollstreckungsantrag der Gläubigerin vom 20.06.2017 auf Einholung von Drittauskünften gemäß § 802l ZPO nicht mit der Begründung abzulehnen, diese seien unterhalb einer Wertgrenze von 500 Euro nicht möglich.1
Gründe:
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I.
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Die Gläubigerin betreibt die Zwangsvollstreckung aus einem Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Euskirchen vom 15.05.2017 (Aktenzeichen ##-#######-#-#) wegen einer Hauptforderung von 165,38 Euro nebst Zinsen und Kosten. Unter dem 20.06.2017 erteilte sie der Gerichtsvollzieherin den Auftrag zur Abnahme der Vermögensauskunft sowie gegebenenfalls der Einholung von Auskünften Dritter, namentlich bei den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung.
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Mit Schreiben vom 26.06.2017 teilte die Gerichtsvollzieherin der Gläubigerin mit, dass der Schuldner bereits am 05.08.2015 die Vermögensauskunft abgegeben habe. Die Einholung von Drittauskünften bei der Deutschen Rentenversicherung sei trotz zwischenzeitlicher Gesetzesänderung unterhalb einer Forderung von 500 Euro nicht möglich, da im „Reparaturgesetz“ § 74a SGB X „vergessen“ worden sei. Die Vollstreckungsunterlagen sandte sie zurück.
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Unter dem 07.07.2017 erinnerte die Gläubigerin gegen die Ablehnung der Gerichtsvollzieherin. Diese Erinnerung hat das Amtsgericht mit der vorliegenden angefochtenen Entscheidung vom 03.08.2017 zurückgewiesen (Bl. ## ff. d.A.). Hiergegen wendet sich die sofortige Beschwerde, bezüglich deren Begründung auf Bl. ## ff. d.A. Bezug genommen wird. Das Amtsgericht hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Sache mit richterlicher Entscheidung vom 23.08.2017 der Kammer vorgelegt.
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II.
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Die gemäß § 793 ZPO statthafte Beschwerde ist insgesamt zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Die Gerichtsvollzieherin ist vorliegend nicht berechtigt, die Einholung von Drittauskünften im Sinne des § 802l Abs. 1 Nr. 1 ZPO mit der Begründung zu verweigern, diese seien von der Überschreitung einer Wertgrenze in Höhe von 500 Euro abhängig.
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Der – maßgeblichen – aktuellen Fassung des § 802l Abs. 1 ZPO ist eine solche Wertgrenze, wie sie allerdings früher gesetzlich bis zum 25.11.2016 bestanden hat, nicht zu entnehmen. Der Gesetzgeber hat sich – anders als die Gerichtsvollzieherin meint – bewusst und gewollt für eine Abschaffung der Wertgrenze entschieden, gerade um Einschränkungen bei der Vollstreckung kleinerer Forderungen zu beseitigen (vgl. Bt.-Drucksache 18/9698 S. 23 f).
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Auch § 74a SGB X vermag die Weigerung nicht zu rechtfertigen. Diese Norm bezieht sich zunächst ausdrücklich auf die Durchsetzung öffentlich-rechtlicher Ansprüche, kann mithin von vornherein vorliegend nicht zum Tragen kommen. Der Gerichtsvollzieherin wird auch nicht abverlangt, Unzutreffendes im Rahmen der Einholung von Drittauskünften zu bestätigen. Der letzte Satz in § 74a Abs. 2 SGB X bezieht sich ersichtlich nicht darauf, dass ein Erreichen der Wertgrenze seitens der Gerichtsvollzieherin bestätigt wird, sondern auf die Voraussetzungen, wie sie in § 74a Abs. 2 Satz 3 SGB X festgehalten sind. Sie hat daher lediglich zu bestätigen, dass der Schuldner seiner Verpflichtung zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nachkommt, eine Vollstreckung in die in einer Vermögensauskunft aufgeführten Vermögensgegenständige eine vollständige Befriedigung des Gläubigers nicht erwarten ließe oder der Aufenthalt des Schuldners unbekannt ist.
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Da es des Erreichens einer Wertgrenze im Rahmen des § 802l Abs. 1 ZPO nicht mehr bedarf (vgl. auch Thomas/Putzo 38. Auflage, § 802l Rn 5), war die Weigerung der Gerichtsvollzieherin unberechtigt. Der Beschwerde konnte ein Erfolg daher nicht versagt werden.
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Veranlassung, die Sache zwecks Zulassung der Rechtsbeschwerde auf die Kammer zu übertragen, bestand nicht.
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Eine Kostenentscheidung war entbehrlich.