06.09.2023 · IWW-Abrufnummer 237230
Bundesgerichtshof: Beschluss vom 16.08.2023 – VII ZB 64/21
1. Bei der Corona-Überbrückungshilfe III (Billigkeitsleistung des Bundes in Form einer Corona-Überbrückungshilfe für kleine und mittelständische Unternehmen, Soloselbständige und Angehörige der Freien Berufe, die in Folge der Corona-Krise erhebliche Umsatzausfälle erleiden) handelt es sich um eine nach § 851 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 399 1. Fall BGB nicht pfändbare Forderung.
2. Die Unpfändbarkeit der Corona-Überbrückungshilfe III setzt sich nach deren Überweisung nicht an der Gutschrift auf einem regulären Girokonto des Schuldners fort. Ist der Schuldner eine juristische Person, kann er sich insoweit nicht auf eine entsprechende Anwendung der für ein Pfändungsschutzkonto gemäß § 850k ZPO geltenden Schutzvorschriften berufen; ihm steht lediglich im Einzelfall bei einer gegen die guten Sitten verstoßenden unzumutbaren Härte Vollstreckungsschutz gemäß § 765a ZPO zu.
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. August 2023 durch den Vorsitzenden Richter Pamp, den Richter Dr. Kartzke sowie die Richterinnen Sacher, Borris und Dr. Brenneisen
beschlossen:
Tenor:
Die Rechtsbeschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluss der 9. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 30. September 2021 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Gründe
I.
1
Die Gläubigerin betreibt gegen die Schuldnerin die Zwangsvollstreckung1 wegen einer titulierten Forderung in Höhe von 567.083,33 € nebst Zinsen und vorgerichtlichen Kosten.
2
Die Schuldnerin - eine GmbH - unterhält bei der Drittschuldnerin ein Girokonto. Mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 14. Juli 2021 wurden die Ansprüche der Schuldnerin auf Zahlung der zu ihren Gunsten bei der Drittschuldnerin bestehenden Kontoguthaben gepfändet und der Gläubigerin zur Einziehung überwiesen.
3
Mit Bescheid vom 16. Juli 2021 gewährte das Regierungspräsidium G. der Schuldnerin eine "Billigkeitsleistung des Bundes in Form einer Corona-Überbrückungshilfe für kleine und mittelständische Unternehmen, Soloselbständige und Angehörige der Freien Berufe, die in Folge der Corona-Krise erhebliche Umsatzausfälle erleiden" (im Folgenden: Corona-Überbrückungshilfe III) in Höhe von 548.284,47 €.
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Ausweislich des Bescheids ist eine Abtretung oder Verpfändung der Billigkeitsleistung nicht zulässig. Unter Ziffer 4 des Bescheids ist weiter Folgendes geregelt:
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6
Der erste Teilbetrag der Corona-Überbrückungshilfe III in Höhe von 274.142,24 € war dem bei der Drittschuldnerin geführten Girokonto der Schuldnerin bereits am 9. Juni 2021 gutgeschrieben und von dieser noch vor Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nahezu vollständig verausgabt worden; der Saldo des Kontos betrug zum 30. Juni 2021 663,31 €. Der zweite Teilbetrag der Corona-Überbrückungshilfe III in Höhe von 274.142,23 € ging am 20. Juli 2021 auf dem Girokonto ein. Am 26. Juli 2021 betrug der Saldo des Girokontos 274.294,06 €.
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Mit Schreiben vom 28. Juli 2021 hat die Schuldnerin beim Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - unter Vorlage des Bescheids vom 16. Juli 2021 über die Gewährung der Corona-Überbrückungshilfe III beantragt, den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss aufzuheben. Hierzu hat sie vorgetragen, sie habe im Jahr 2021 bislang ausschließlich Zahlungen aus der Überbrückungshilfe II und III erhalten. Da ein weiteres Geschäftskonto nicht bestehe, könne sie aufgrund der Pfändung keine notwendigen Zahlungen leisten, auch nicht im Rahmen der Überbrückungshilfe III.
8
Mit Beschluss vom 18. August 2021 hat das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - gemäß § 765a ZPO den pfändungsfreien Betrag "für das bei der Drittschuldnerin geführte Pfändungsschutzkonto (...) abweichend von den in § 850k Abs. 1 , 2 Satz 1 Nr. 1 bzw. Absatz 3 ZPO aufgeführten von der Pfändung nicht erfassten Beträgen wie folgt festgesetzt: - für den Kalendermonat Juli 2021: 424.142,24 € (...)." Auf die dagegen gerichteten sofortigen Beschwerden der Gläubigerin und der Drittschuldnerin hat das Beschwerdegericht den Beschluss des Amtsgerichts aufgehoben und den Vollstreckungsschutzantrag der Schuldnerin zurückgewiesen.
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Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt die Schuldnerin die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Beschlusses und die Zurückweisung der sofortigen Beschwerden der Gläubigerin und der Drittschuldnerin mit der Maßgabe, dass der von der Pfändung nicht erfasste Betrag auf 274.294,74 € festgesetzt wird. Sie meint, dieser Betrag entspreche dem von der Pfändung betroffenen aus der Corona-Überbrückungshilfe III stammenden Kontoguthaben.
II.
10
Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 , Abs. 3 Satz 2 , § 575 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde der Schuldnerin ist unbegründet.
11
1. Das Beschwerdegericht hat, soweit für die Rechtsbeschwerde von Bedeutung, Folgendes ausgeführt:
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Die sofortigen Beschwerden der Gläubigerin und der Drittschuldnerin hätten Erfolg.
13
Die Voraussetzungen für einen vom Amtsgericht zutreffend als Antrag nach § 765a ZPO aufgefassten Vollstreckungsschutzantrag der Schuldnerin wegen unbilliger Härte lägen nicht vor. Bei der Corona-Überbrückungshilfe III handele es sich um eine zweckgebundene und damit unpfändbare Leistung im Sinne des § 851 Abs. 1 ZPO . Da das bei der Drittschuldnerin geführte Girokonto der Schuldnerin kein Pfändungsschutzkonto sei und die Schuldnerin als juristische Person auch kein Pfändungsschutzkonto einrichten könne, scheide ein Pfändungsschutz entsprechend § 850k Abs. 4 ZPO (i.d.F. vom 20. November 2019) durch Erhöhung des Pfändungsfreibetrags um den im Rahmen der Corona-Überbrückungshilfe III gutgeschriebenen Betrag aus. Der einzig denkbare und rechtlich zulässige Weg, bei der Überweisung von Corona-Überbrückungshilfen auf ein "normales Konto" Pfändungsschutz zu gewähren, bestehe in der Vorschrift des § 765a ZPO . Eine umfassende Interessenabwägung führe jedoch dazu, dass auf Grundlage der vorgebrachten Umstände für die Schuldnerin im konkreten Fall kein Vollstreckungsschutz zu gewähren sei. Die Schuldnerin habe nicht hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht, dass und inwieweit ihr ohne die Corona-Überbrückungshilfe III eine unbillige, sittenwidrige individuelle Härte im Sinne des § 765a ZPO drohe. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts sei Pfändungsschutz bei Corona-Hilfen insbesondere nicht bereits aufgrund des Gedankens der Unpfändbarkeit über § 765a ZPO quasi automatisch und in voller Höhe der bewilligten Hilfe zu gewähren.
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Hinzu komme, dass eine Pfändung von zweckgebundenen Corona-Hilfen für sogenannte Anlassgläubiger möglich sei, wenn die Forderung während der Pandemie entstanden sei und die Fördermittel durch die Pfändung nicht ihrer Zweckbindung entzogen würden. Die Gläubigerin habe insoweit unbestritten vorgetragen, dass ihre der Vollstreckung zugrunde liegende Titelforderung gerade während der Pandemie entstanden sei und es sich nicht um eine Altverbindlichkeit aus der Zeit davor handele. Auch insoweit wäre Vortrag der Schuldnerin, der insoweit zumindest eine sekundäre Darlegungslast obliege, dazu notwendig gewesen, dass es sich bei der Gläubigerin nicht um eine Anlassgläubigerin handele und die Titelforderung zweckschädlich sei.
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2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
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Das Beschwerdegericht hat den Antrag der Schuldnerin auf Aufhebung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses bezüglich des aus der Corona-Überbrückungshilfe III stammenden Guthabens auf ihrem bei der Drittschuldnerin geführten Girokonto zutreffend als Vollstreckungsschutzantrag nach § 765a ZPO ausgelegt, da ihr anderweitiger Pfändungsschutz nicht zur Verfügung steht (dazu unter a) bis d)). Rechtsfehlerfrei hat das Beschwerdegericht den Vollstreckungsschutzantrag der Schuldnerin gemäß § 765a ZPO für unbegründet erachtet (dazu unter e)).
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a) § 851 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 399 1. Fall BGB steht der Pfändung des Auszahlungsanspruchs der Schuldnerin bezüglich ihres Kontoguthabens gegen die Drittschuldnerin nicht entgegen.
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aa) Allerdings handelt es sich bei der Corona-Überbrückungshilfe III um eine nach § 851 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 399 1. Fall BGB nicht pfändbare Forderung.
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Nach § 851 Abs. 1 ZPO ist eine Forderung in Ermangelung besonderer Vorschriften der Pfändung nur insoweit unterworfen, als sie übertragbar ist. Damit verweist § 851 Abs. 1 ZPO unter anderem auf die Regelung des § 399 1. Fall BGB . Danach kann eine Forderung nicht abgetreten werden, wenn die Leistung an einen anderen als den ursprünglichen Gläubiger nicht ohne Veränderung ihres Inhalts erfolgen kann. § 399 1. Fall BGB erfasst Forderungen, die aufgrund ihres Leistungsinhalts eine so enge Verknüpfung zwischen den Parteien des Schuldverhältnisses herbeiführen, dass ein Wechsel in der Gläubigerperson als unzumutbar anzusehen ist beziehungsweise die Identität der Forderung nicht gewahrt bleibt. Hierzu gehören zweckgebundene Forderungen, soweit der Zweckbindung ein schutzwürdiges Interesse zugrunde liegt (vgl. BGH, Beschluss vom 10. März 2021 - VII ZB 24/20 Rn. 10, BGHZ 229, 94 ; Beschluss vom 30. April 2020 - VII ZB 82/17 Rn. 17, NJW-RR 2020, 820; jeweils m.w.N.).
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Nach diesen Grundsätzen ist die Corona-Überbrückungshilfe III ausweislich der ihr zugrundeliegenden Bestimmungen als zweckgebunden einzustufen (ebenso schon für die Corona-Soforthilfe BGH, Beschluss vom 10. März 2021 - VII ZB 24/20 Rn. 11 m.w.N., BGHZ 229, 94 ). Zur Beurteilung der Zweckbindung sind der Bewilligungsbescheid und die maßgeblichen Bestimmungen der Förderprogramme von Bund und Ländern heranzuziehen, so auch die im Bewilligungsbescheid in Bezug genommenen "Vollzugshinweise für die Gewährung von Corona-Überbrückungshilfe für kleine und mittelständische Unternehmen" (im Folgenden: Vollzugshinweise). Nach dem von der Schuldnerin vorgelegten Bewilligungsbescheid vom 16. Juli 2021 handelt es sich bei der Corona-Überbrückungshilfe III um eine zweckgebundene Billigkeitsleistung. Sie dient ausschließlich dazu, Unternehmen, Soloselbständigen und selbständigen Angehörigen der freien Berufe eine Liquiditätshilfe in Form einer anteiligen Erstattung von betrieblichen Fixkosten zu gewähren und so zu ihrer Existenzsicherung beizutragen; entsprechend darf der Leistungsempfänger die gewährte Hilfe nur zur Deckung der förderungsfähigen Fixkosten verwenden (vgl. Ziffer 4 des Bewilligungsbescheids). Zur Sicherstellung der zweckentsprechenden Verwendung der Corona-Überbrückungshilfe III ist die Unzulässigkeit einer Abtretung oder Verpfändung der Billigkeitsleistung im Bewilligungsbescheid festgelegt worden (im Ergebnis ebenso FG Münster, Beschluss vom 22. Oktober 2020 - 6 V 2806/20 AO ,EFG 2020, 1819, juris Rn. 23 f.; Zehelein/Vuia, COVID-19, Miete in Zeiten von Corona, 2. Aufl., § 11 Rn. 125b; Jungmann,WuB 2021, 324 f.; a.A. Meller-Hannich, MDR 2020, 1025, 1029).
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bb) Der Forderungspfändungsschutz gemäß § 851 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 399 1. Fall BGB bezüglich der Corona-Überbrückungshilfe III erstreckt sich jedoch nicht auf den bereits überwiesenen und dem Girokonto der Schuldnerin gutgeschriebenen Geldbetrag.
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Mit der Gutschrift der Corona-Überbrückungshilfe III auf dem Girokonto ist ein etwaiger Anspruch der Schuldnerin auf die Hilfeleistung gemäß § 362 Abs. 1 BGB durch Erfüllung erloschen und damit auch der bis zu diesem Zeitpunkt bestehende Forderungspfändungsschutz gemäß § 851 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 399 1. Fall BGB . Gegen die Drittschuldnerin ist mit der Gutschrift ein neuer, auf einem selbständigen Rechtsgrund beruhender Anspruch der Schuldnerin entstanden, der grundsätzlich gepfändet werden kann und insoweit eigenständigen Pfändungsschutzregeln unterworfen ist (vgl. BGH, Urteil vom 22. März 2005 - XI ZR 286/04 , BGHZ 162, 349 , juris Rn. 14; Beschluss vom 16. Juli 2004 - IXa ZB 191/03 ,ZVI 2004, 740, juris Rn. 10; jeweils zu Arbeitseinkommen). Die Unpfändbarkeit der Corona-Überbrückungshilfe III setzt sich mithin nach deren Überweisung nicht an der Gutschrift auf dem Girokonto fort.
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b) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kann sich die Schuldnerin als juristische Person nicht auf eine entsprechende Anwendung der für ein Pfändungsschutzkonto gemäß § 850k ZPO geltenden Schutzvorschriften berufen. Dies ist letztlich Folge einer bewussten gesetzgeberischen Entscheidung.
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aa) Nach der bis zum 30. November 2021 geltenden Rechtslage bestand für einen Schuldner, der über ein Pfändungsschutzkonto verfügte, in entsprechender Anwendung des § 850k Abs. 4 ZPO (i.d.F. vom 20. November 2019) die Möglichkeit, den Pfändungsfreibetrag auf diesem Konto entsprechend zu erhöhen, um die Zweckbindung einer staatlichen Hilfeleistung effektiv zum Tragen zu bringen (vgl. BGH, Beschluss vom 10. März 2021 - VII ZB 24/20 , BGHZ 229, 94 zur Corona-Soforthilfe). Inzwischen hat der Gesetzgeber im Rahmen des Pfändungsschutzkonto-Fortentwicklungsgesetzes vom 22. November 2020 (BGBl. I 2020 S. 2466), das mit Wirkung zum 1. Dezember 2021 in Kraft getreten ist, mit § 902 Satz 1 Nr. 6 ZPO und § 906 Abs. 2 ZPO zur Verwirklichung der Zweckbindung staatlicher Hilfeleistungen konkrete Schutzregelungen für Schuldner, die über ein Pfändungsschutzkonto verfügen, geschaffen. Das Pfändungsschutzkonto steht indes nur natürlichen Personen offen (vgl. § 850k Abs. 1 Satz 1 ZPO ). Vergleichbare Schutzregelungen für Schuldner, die als juristische Personen nur über ein reguläres Girokonto verfügen können, sind im Gesetz dagegen nicht vorgesehen.
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Da es sich bei dem bei der Drittschuldnerin geführten Konto der Schuldnerin nicht um ein Pfändungsschutzkonto gemäß § 850k ZPO , sondern um ein reguläres Girokonto handelt, kommt eine Anwendung der für das Pfändungsschutzkonto geltenden Schutzvorschriften nicht in Betracht.
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bb) Auch eine entsprechende Anwendung dieser Vorschriften scheidet in dieser Konstellation aus. Es fehlt insoweit bereits an einer gesetzlichen Regelungslücke.
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Mit Gesetz vom 7. Juli 2009 (BGBl. I 2009 S. 1707) hat der Gesetzgeber mit Wirkung zum 1. Juli 2010 den Kontopfändungsschutz umfassend reformiert und für natürliche Personen die Möglichkeit eröffnet, ein Pfändungsschutzkonto einzurichten. Nach der gesetzlichen Neukonzeption hat ein Schuldner, der über ein Pfändungsschutzkonto verfügt, trotz Kontenpfändung die Möglichkeit, im Rahmen der Pfändungsfreigrenzen über das Kontoguthaben frei zu verfügen. Auf die Herkunft der auf dem Konto gutgeschriebenen Geldbeträge kommt es insoweit nicht mehr an. Ausweislich der Gesetzesmaterialien soll auf diese Weise effektiv sichergestellt werden, dass einem Schuldner der Teil seines Einkommens - unabhängig davon, ob es aus abhängiger oder selbständiger Arbeit erzielt wird - verbleibt, der zur Sicherung seines Existenzminimums erforderlich ist (BT-Drucks. 16/7615, S. 12). Die insoweit auf die Menschenwürde gemäß Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsgrundsatz gemäß Art. 20 Abs. 1 GG zurückgreifende Begründung des Gesetzgebers macht zugleich deutlich, warum das Pfändungsschutzkonto nur natürlichen Personen zur Verfügung steht. Das frühere, zunächst noch parallel geltende System des Kontopfändungsschutzes, das an den Eingang unpfändbarer Beträge anknüpfte und die Erstreckung des Pfändungsschutzes auf den Auszahlungsanspruch des Schuldners gegen die Bank ermöglichte, wurde mit Ablauf des Jahres 2011 aufgegeben. Dabei war dem Gesetzgeber bewusst, dass der Forderungspfändungsschutz grundsätzlich mit der Gutschrift auf dem Konto erlischt und der mit der Gutschrift entstehende Anspruch des Schuldners gegen die Bank auf Auszahlung des Guthabens, vorbehaltlich besonderer Pfändungsschutzvorschriften, pfändbar ist (BT-Drucks. 16/7615, S. 10). Gleichwohl hat der Gesetzgeber für Inhaber regulärer Girokonten und damit auch für juristische Personen, denen die Einrichtung eines Pfändungsschutzkontos nicht möglich ist, keine Regelungen zum Kontopfändungsschutz mehr vorgesehen. Es handelt sich danach um eine bewusste gesetzgeberische Entscheidung, Pfändungsschutz auf Konten seit dem 1. Dezember 2012 grundsätzlich nur noch im Rahmen von Pfändungsschutzkonten zu gewähren (vgl. Meier, BKR 2020, 363, 364; Menges in Ellenberger/Bunte, Bankrechts-Handbuch, 6. Aufl. 2022, § 24 Rn. 1 f.; Bitter in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 5. Aufl. 2017, § 33 Rn. 29 f.; vgl. nunmehr auch § 23 Abs. 1 EGZPO ).
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Die Bereitstellung staatlicher Hilfeleistungen im Zuge der Corona-Krise, die bestimmungsgemäß auch an juristische Personen erbracht worden sind, um zur Sicherung ihrer (wirtschaftlichen) Existenz beizutragen, haben den Gesetzgeber nicht zu einer Änderung der mit Gesetz vom 7. Juli 2009 eingeführten Neukonzeption des Gesetzes bewogen. Die im Rahmen des Pfändungsschutzkonto-Fortentwicklungsgesetzes vom 22. November 2020 neu eingeführten Regelungen in § 902 Satz 1 Nr. 6 ZPO und § 906 Abs. 2 ZPO belegen zwar den Willen des Gesetzgebers, die sich aus bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften ergebende Zweckbindung einer Hilfeleistung auch nach deren Überweisung auf das Konto eines Schuldners zu verwirklichen, jedoch nur, soweit es sich bei dem Konto um ein Pfändungsschutzkonto handelt.
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Die Grundsatzentscheidung, den Pfändungsschutz für eine gemäß § 851 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 399 1. Fall BGB unpfändbare staatliche Hilfeleistung nach deren Überweisung auf den einem regulären Girokonto einer juristischen Person gutgeschriebenen Geldbetrag zu erstrecken, kann daher - auch im Hinblick darauf, dass hierdurch gemäß Art. 14 GG geschützte Rechtspositionen des Gläubigers betroffen wären - allein vom Gesetzgeber getroffen werden.
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c) Soweit die höchstrichterliche Rechtsprechung in der Vergangenheit ausnahmsweise die Zweckbindung einer Zuwendung, soweit ihr ein schutzwürdiges Bedürfnis zugrunde liegt, nach ihrer Auszahlung nicht vollständig hat entfallen lassen, sondern dem Schuldner den Zugriff auf die Vermögenszuwendung durch (entsprechende) Anwendung von Pfändungsschutzvorschriften erhalten hat, um die Zweckbindung effektiv zum Tragen kommen zu lassen (vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 30. April 2020 - VII ZB 82/17 , NJW-RR 2020, 820; Beschluss vom 29. März 2006 - VII ZB 31/05 , NJW 2006, 2040), führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Jenen Entscheidungen lagen jeweils besondere Konstellationen zugrunde, bei denen die Zuwendung der Existenzsicherung einer natürlichen Person und damit der Gewährleistung der Menschenwürde gemäß Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsgrundsatz gemäß Art. 20 Abs. 1 GG diente und deshalb einer treuhänderischen Bindung unterlag. Auch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 22. Mai 2014 (IX ZB 72/12 , MDR 2014, 861) betraf den Sonderfall, dass eine freiwillige Zuwendung dem Opfer sexuellen Missbrauchs persönlich zugute kommen sollte. Soweit der erkennende Senat mit Beschluss vom 10. März 2021 (VII ZB 24/20 , BGHZ 229, 94 ) die Vorschrift des § 850k Abs. 4 ZPO (i.d.F. vom 20. November 2019) entsprechend angewendet hat, lag ebenfalls eine Sondersituation vor, da ein Pfändungsschutzkonto einer natürlichen Person betroffen und insoweit bereits eine gesetzliche Neuregelung des Kontopfändungsschutzes für staatliche Hilfeleistungen beabsichtigt war. Durch jene Entscheidungen wurden mithin in Einzelfällen bestehende Schutzlücken im Gesetz geschlossen. Hieraus kann jedoch nicht der Schluss gezogen werden, dass sich die Unpfändbarkeit einer staatlichen Hilfeleistung zur Verwirklichung der Zweckbindung nach deren Überweisung generell an der Gutschrift auf einem regulären Girokonto einer juristischen Person fortsetzt (ebenso Thole,ZIP 2022, 97, 101).
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Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde rechtfertigt auch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Flutschadensbeihilfe ( Urteil vom 29. Oktober 1969 - I ZR 72/67 , MDR 1970, 210; vgl. auch RGZ 133, 249) kein anderes Ergebnis. Der Bundesgerichtshof hat es in jener Entscheidung dahinstehen lassen, ob der Forderungspfändungsschutz gemäß § 851 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 399 1. Fall BGB mit Überweisung der Hilfeleistung auf ein Konto endet und weiter ausgeführt, Grund für die Annahme einer Beendigung des Forderungspfändungsschutzes wäre, dass der Bezugsberechtigte nach Überweisung nach seinem freien Willen, über das empfangene Geld verfügen könne. Diese Ausführungen lassen jedenfalls nicht den Schluss zu, dass sich der Forderungspfändungsschutz gemäß § 851 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 399 1. Fall BGB bei zweckgebundenen Hilfeleistungen - entgegen dem unter II. 2. a) bb) aufgeführten Grundsatz - generell an der Gutschrift auf dem Konto fortsetzt. Zum einen ging es auch in dem jener Entscheidung zugrunde liegenden Fall um eine aus sozialen Gründen erfolgte staatliche Hilfeleistung für eine natürliche Person. Zum anderen beruhte die Entscheidung, die eine Hinterlegung nach § 372 BGB betraf, auf einer anderen Rechtslage. Die - nicht tragenden - Erwägungen in jener Entscheidung sind daher von vornherein nicht uneingeschränkt übertragbar. Vielmehr ist die inzwischen getroffene Entscheidung des Gesetzgebers, Kontopfändungsschutz grundsätzlich nur noch über ein Pfändungsschutzkonto zu ermöglichen, zu beachten.
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d) Der Schuldnerin als juristischer Person, die über ein bei der Drittschuldnerin geführtes reguläres Girokonto verfügt, verbleibt danach nur die Möglichkeit, einen Vollstreckungsschutzantrag nach § 765a ZPO zu stellen. Diese Vorschrift gilt grundsätzlich neben den übrigen vollstreckungsrechtlichen Schutzvorschriften (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Juli 2007 - VII ZB 15/07 Rn. 10 m.w.N., NJW 2007, 2703) und wird auch durch § 850k , §§ 899 ff. ZPO nicht generell ausgeschlossen (vgl. Menges in Ellenberger/Bunte, Bankrechts-Handbuch, 6. Aufl. 2022, § 24 Rn. 5 m.w.N.). Dies gilt jedenfalls dann, wenn ein Schuldner als juristische Person Pfändungsschutz nach diesen Vorschriften nicht erlangen kann. Das Begehren der Schuldnerin ist daher, wie das Beschwerdegericht zu Recht annimmt, dahin zu verstehen, dass der allein zulässige Antrag nach § 765a ZPO gestellt werden soll.
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e) Der Vollstreckungsschutzantrag der Schuldnerin gemäß § 765a ZPO ist unbegründet.
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aa) Nach § 765a ZPO kann das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Schuldners eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung ganz oder teilweise aufheben, untersagen oder einstweilen einstellen, wenn die Maßnahme unter voller Würdigung des Schutzbedürfnisses des Gläubigers wegen ganz besonderer Umstände eine Härte bedeutet, die mit den guten Sitten nicht vereinbar ist. Diese Vorschrift ist als Ausnahmevorschrift eng auszulegen. Anzuwenden ist § 765a ZPO nur dann, wenn im Einzelfall das Vorgehen des Gläubigers nach Abwägung der beiderseitigen Belange zu einem untragbaren Ergebnis führen würde (vgl. nur BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2006 - VII ZB 38/06 Rn. 15 m.w.N., NJW-RR 2007, 417; Beschluss vom 21. Dezember 2004 - IXa ZB 228/03 , BGHZ 161, 371 , juris Rn. 7). Hierbei sind insbesondere die Wertentscheidungen des Grundgesetzes zu berücksichtigen ( BVerfG, Beschluss vom 25. September 2003 - 1 BvR 1920/03 , NJW 2004, 49).
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Der auf § 765a ZPO gestützte Antrag kann dabei nicht allein deshalb zum Erfolg führen, weil eine gemäß § 851 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 399 1. Fall BGB unpfändbare staatliche Hilfeleistung auf ein Konto überwiesen wurde und ohne Kontopfändungsschutz die Zweckbindung dieser Leistung nicht effektiv verwirklicht werden kann. Dies widerspräche, wie ausgeführt, dem Schutzkonzept des Pfändungsschutzkontos sowie der Abschaffung des individuellen Freigabeantrags für reguläre Girokonten (ebenso Meller-Hannich, MDR 2020, 1025, 1027 zu § 765a ZPO ). Mit einem solchen Verständnis der Vorschrift würde, ebenso wie mit einer entsprechenden Anwendung der für das Pfändungsschutzkonto geltenden Schutzvorschriften, der gesetzgeberische Wille unterlaufen. Vor diesem Hintergrund kann der Vollstreckungsschutzantrag gemäß § 765a ZPO nur Erfolg haben, wenn im konkreten Einzelfall aufgrund besonderer Umstände eine - auch unter Berücksichtigung der durch Art. 14 GG geschützten Rechtsposition des Gläubigers - unzumutbare, mit den guten Sitten nicht vereinbare Härte für den Schuldner vorliegt. Die Darlegung der Umstände, auf die der Antrag gestützt werden soll, obliegt dabei nach allgemeinen Grundsätzen dem Schuldner (vgl. Hk-ZV/Bendtsen, 4. Aufl., § 765a ZPO Rn. 54).
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Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs ( Beschluss vom 9. Juli 2020 - VII S 23/20 (AdV), NJW 2020, 2749 [BAG 22.01.2020 - 7 ABR 18/18] , juris Rn. 24 ff. zur Corona-Soforthilfe) steht dem schon deshalb nicht entgegen, weil sie nicht § 765a ZPO , sondern § 258 AO betrifft. Hinzu kommt, dass die jener Entscheidung zugrunde liegende Konstellation dem Streitfall nicht vergleichbar ist. Zum einen ging es in jenem Fall nicht um die Überweisung einer staatlichen Hilfeleistung auf ein reguläres Girokonto einer juristischen Person, vielmehr verfügte der Schuldner über ein Pfändungsschutzkonto. Zum anderen ist - anders als bei der Zwangsvollstreckung des Staates wegen rückständiger Steuern - bei der Zwangsvollstreckung sonstiger Gläubiger zu berücksichtigen, dass deren Rechtspositionen durch Art. 14 GG geschützt sind.
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bb) Das Beschwerdegericht hat unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung die Voraussetzungen des § 765a ZPO rechtsfehlerfrei nicht für gegeben erachtet.
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Konkrete Umstände, welche über den Gesichtspunkt der Zweckbindung der Corona-Überbrückungshilfe III hinausgehen, hat das Beschwerdegericht auf der Grundlage der Darlegungen der Schuldnerin nicht feststellen können. Derartige Umstände werden auch von der Rechtsbeschwerde nicht geltend gemacht.
III.
39
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO .
PampKartzkeSacherPamp RinBGH Borris ist infolge Ortsabwesenheit an der Beifügung ihrer Unterschrift gehindertBrenneisen