08.01.2010
Finanzgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 26.05.2000 – 4 K 1809/97
1. Hat das Finanzamt erfolglos verschiedene Vollstreckungsversuche unternommen, kann es sach-, ermessensgerecht und geboten sein, im Wege der Sachpfändung in den Warenbestand eines Friseurs als einzig verbliebenen Vermögenswert zu vollstrecken.
2. Zu Pfändungsbeschränkungen nach der ZPO und der VollzA.
3. Zur Art und Weise, insbesondere zum Zeitpunkt einer Vollstreckungsmaßnahme.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen eine von dem beklagten Finanzamt im Rahmen der Vollstreckung durchgeführte Pfändung in den Warenbestand.
Die Klägerin unterhielt seit dem Jahre 1992 in L einen Friseursalon mit Kosmetikberatung und Fußpflege. Seit November 1993 befindet sie sich wegen Steuerrückständen in der Vollstreckung. Eine am 10. November 1993 wegen Rückständen an Umsatzsteuer in Höhe von 3.177,50 DM ausgebrachte Forderungspfändung führte nicht zum Erfolg, weil die Drittschuldnerin, die Stadtsparkasse L, vorrangige eigene Forderungen geltend machte. Zwei von der Klägerin ausgestellte Schecks wurden mangels Kontendeckung nicht eingelöst. Am 20. Februar 1995 pfändete der Vollziehungsbeamte des Finanzamts L in Betrieb und Wohnung der Klägerin fruchtlos (vgl. Bl. 23, 33 der Vollstrekkungsakten). Am 21. September 1995 legte die Klägerin dem Finanzamt ein Vermögensverzeichnis vor (vgl. Bl. 62 der Vollstreckungsakten). Danach verfügte sie von einem Warenvorrat im Wert von 6.000,-- DM abgesehen über kein pfändbares Vermögen. Zahlungen leistete die Klägerin zum größten Teil nicht freiwillig, sondern auf Druck der Vollstreckungsstelle. Einer Aufstellung des Vollziehungsbeamten zufolge zahlte die Klägerin zwischen Februar 1996 und Januar 1997 an den Vollziehungsbeamten insgesamt 7.170,-- DM (vgl. Vorblatt 29 der Vollstreckungsakten). Die in Vollstreckung befindlichen Rückstände beliefen sich zu jenem Zeitpunkt auf 44.344,57 DM (vgl. Vorblatt 30 der Vollstreckungsakten). Mit der Klägerin im Juni 1994 und September 1995 getroffene Ratenzahlungsvereinbarungen hat sie nicht eingehalten, wie sie auch die laufend fällig werdenden Steuern nicht fristgerecht beglich (vgl. die Aufstellung Bl. 79 ff. der Vollstreckungsakten). Im Februar 1996 regte das Finanzamt L bei der Stadt L die Einleitung eines Gewerbeuntersagungsverfahrens nach § 35 Gewerbeordnung an.
Mit Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 5. März 1996 pfändete das Finanzamt der Klägerin aus einem Bausparvertrag zustehende Ansprüche gegen die D Bauspar AG. Die Pfändung verlief erfolglos, da das Konto einen Sollsaldo aufwies (vgl. Bl. 107 der Vollstreckungsakten). Mangels anderer Vollstreckungsmöglichkeiten führte der Vollziehungsbeamte mehrfach Kassenpfändungen bei der Klägerin durch. Gleichwohl erhöhten sich die Rückstände zwischen März 1996 und August 1996 von 37.911,09 DM auf 47.949,58 DM (vgl. die Aufstellung Bl. 124 der Vollstreckungsakten). Ein Versuch der Klägerin, bei der Stadtsparkasse L eine Aufstockung ihres Kreditvolumens zu erreichen, schlug ebenso fehl wie der Versuch einer Umfinanzierung über eine Kreditvermittlungsgesellschaft.
Bei seiner Vorsprache beim Finanzamt am 6. Januar 1997 bot der Bevollmächtigte der Klägerin dem Finanzamt zur Tilgung der Rückstände monatliche Zahlungen in Höhe von 500,-- DM an. Diesen Vorschlag lehnte das Finanzamt unter Hinweis auf die damit verbundene Zeitdauer von 6 Jahren zur Rückführung der bestehenden Steuerrückstände und die in der Vergangenheit nicht eingehaltenen Ratenzahlungsvereinbarungen ab und kündigte die Durchführung einer Sachpfändung im Friseursalon für den Fall an, dass eine Tilgung der Rückstände nicht über einen Kredit erfolge.
Am 5. März 1997 um 9.50 Uhr führte der Vollziehungsbeamte des Finanzamts L in dem Friseursalon der Klägerin eine Pfändung von Sachen durch. Dabei handelte es sich um den Warenbestand, den die Klägerin von der Firma W AG erworben und zu 100 % auch bezahlt hatte (vgl. den Aktenvermerk Bl. 131 der Vollstreckungsakten). Wegen der Pfandsachen im einzelnen wird auf die Anlage zu der Niederschrift über die Pfändung (vgl. Bl. 145 ff. der Vollstreckungsakten) Bezug genommen. Der Gesamtbetrag der einzuziehenden Rückstände belief sich zu dieser Zeit auf 46.049,97 DM. Der gewöhnliche Verkaufswert der gepfändeten Sachen betrug 2.986,-- DM, der Schätzwert nach Abschnitt 48 A. 1, 4 der Vollziehungsanordnung betrug 1.493,-- DM (vgl. die Anlage zur Pfändung, Bl. 154 ff. der Vollstreckungsakten).
Der gegen diese Pfändung eingelegte Einspruch blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 28. April 1997).
Mit ihrer Klage macht die Klägerin geltend: Die Pfändungshandlung vom 5. März 1997 sei nach ihrer Auffassung ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig gewesen. Es sei insbesondere der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nach § 249 AO nicht beachtet worden. Die vom Finanzamt vorgenommene Pfändung sei zur schnelleren Befriedigung des Steueranspruchs nicht tauglich gewesen. Die für das Betreiben des Friseurgeschäfts notwendige Ware werde schon aus Liquiditätsgründen nur in der für einen 10- bis 14-tägigen Bedarf notwendigen Mengen erworben. Werde in diesen Warenbestand gepfändet, bedeute dies, dass sofort die notwendige Ware nachgeordert und bezahlt werden müsse. Damit aber werde das finanzielle Volumen geschmälert, das sie bisher habe aufbringen können, um ihre Steuerverbindlichkeiten ratenweise zu tilgen. Die Verwertung der Waren müsse im Rahmen einer Versteigerung erfolgen, wobei üblicherweise nur die Hälfte des Warenwertes erzielt werden könne. Damit habe das Finanzamt eine nicht notwendige Vermögensschädigung vorgenommen. Die Vollstreckung in Sachen dürfe nur die ultima ratio des Vollstreckungsverfahrens sein. Stünden andere Möglichkeiten zur Verfügung, seien diese anzuwenden. Sie habe die Liquiditätsschöpfung ihres Geschäfts zur Abtragung ihrer Verbindlichkeiten verwandt und dabei alle Gläubiger gleich behandelt. So hätten die Kassenpfändungen zu einer Rückführung der Rückstände geführt. Zwischen Januar 1996 und Januar 1997 sei der Schuldenstand um 6.000,-- DM abgebaut worden. Auch die Wahl des Pfändungszeitpunkts sei zu beanstanden. Die geballte Anwesenheit von vier Bediensteten habe in dem kleinen Friseurgeschäft erhebliche Unruhe ausgelöst. So habe die anwesende Kundschaft den Grund des Erscheinens der Mitarbeiter des Finanzamts mitbekommen, was bei ihr zu einer vermeidbaren erheblichen Schädigung geführt habe. Erst ein zwischen ihrem Bevollmächtigten und der zuständigen Sachgebietsleiterin des Finanzamts geführtes Telefonat habe dazu geführt, dass einige der gepfändeten Artikel wieder herausgegeben worden seien. Dies zeige, dass die Bediensteten des Finanzamts bei der Pfändung nicht gewusst hätten, welche Produkte in den Geschäftsräumen hätten verbleiben müssen. Das völlig unsensible Verhalten der Bediensteten des Finanzamts habe dazu geführt, dass einige Kunden ihre Dienst nicht mehr in Anspruch nähmen. Es wäre diesen Mitarbeitern des Finanzamts zuzumuten gewesen, die Pfändung erst kurz vor Ladenschluss durchzuführen, auch wenn dieser außerhalb der üblichen Dienstzeiten der Finanzverwaltung liege.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
festzustellen, dass die am 5. März 1997 durchgeführte Sachpfändung in den Warenbestand rechtswidrig gewesen sei.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er führt aus: Die Vollstreckungsbehörde habe sich erst für eine Sachpfändung in den Geschäftsräumen der Klägerin entschieden, nachdem Ratenzahlungsvereinbarungen und vom Finanzamt durchgeführte Kassenpfändungen nicht zur Tilgung der Rückstände geführt hätten und auch Forderungspfändungen ohne Erfolg geblieben seien. Das Finanzamt habe damit sein Auswahlermessen dahin ausgeübt, dass die nach außen hin auffälligste Vollstreckungsmaßnahme erst nach Scheitern der übrigen Maßnahmen ergriffen worden sei. Die Vollstreckung selbst sei mit der größtmöglichen Diskretion unter Berücksichtigung der Belange der Klägerin durchgeführt worden. Da die Klägerin den Vollziehungsbeamten gekannt habe, seien er und seine Mitarbeiter bei ihrem Erscheinen sofort in den kleinen, vom Friseursalon abgetrennten Nebenraum geführt worden. Der Grund des Besuchs habe daher von der Kundschaft nicht erkannt werden können. Der Vollziehungsbeamte sei auch hinsichtlich der Auswahl der zu pfändenden Produkte so weit wie möglich auf die Wünsche der Klägerin eingegangen und habe die Pfändung mit ihr zunächst einvernehmlich besprochen. so habe er Produkte jeder Art in den Geschäftsräumen belassen und die in den Vitrinen verschlossenen Artikel ebenfalls nicht gepfändet. Nach Erscheinen des Bevollmächtigten der Klägerin seien zur Vermeidung größerer Streitigkeiten an Ort und Stelle diverse Artikel wieder herausgegeben worden. Es könne auch nicht davon gesprochen werden, das Finanzamt habe den notwendigen Warenbestand gepfändet. Auch sei der Zeitpunkt der Vollstreckung nicht zu beanstanden. Da die Klägerin nicht unmittelbar bei ihren Geschäftsräumen wohne, habe das Finanzamt die Vollziehungsmaßnahmen innerhalb der Öffnungszeiten des Friseursalons ergreifen müssen. Bei einem Friseursalon sei aber während der gesamten Öffnungszeiten mit Kundenbesuchen zu rechnen.
Nach Mitteilung der Klägerin vom 10. 5. 2000 ist das Ladengeschäft mittlerweile geschlossen und die gepfändeten Waren wurden versteigert.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die mit Blattziffern versehenen Schriftstücke und Unterlagen Bezug genommen.
Gründe
Die Klage, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet, führt nicht zum Erfolg.
Es erscheint bereits fraglich, ob die Klage zulässig ist. Die streitige Sachpfändung stellt einen Verwaltungsakt dar (vgl. BFH- Urteil vom 6. Mai 1986 VII R 16/85 , BFH/NV 1987, 780), der sich mit der Beendigung der Verwertung der gepfändeten Sachen und der damit verbundenen Beendigung der Pfandverstrickung (vgl. Klein / Orlopp, AO, Kommentar, § 282 Anm. 2) erledigt hat. Mit der Klage kann daher nur noch im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage gem. § 100 Abs. 1 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) die Feststellung begehrt werden, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist. Dies setzt die Darlegung eines berechtigten Interesses an der Feststellung voraus. Das Interesse an einer Feststellung ist im Sinne von § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO berechtigt, wenn es durch die Sachlage aus rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Sicht gerechtfertigt ist (vgl. BFH-Urteil vom 16. Dezember 1986 VIII R 123/86 , BStBl II 1987, 248). Ein solches Interesse ist etwa dann zu bejahen, wenn die Feststellung der Rechtswidrigkeit zur Verfolgung von Schadenersatzansprüchen vor den Zivilgerichten erstrebt wird oder wenn eine als hinreichend konkret einzuschätzende Wiederholungsgefahr besteht. Dass die Klägerin beabsichtigte, Schadenersatzansprüche geltend zu machen, ist nicht ersichtlich. Es ist auch fraglich, ob angesichts des Umstandes, dass die Klägerin das Ladengeschäft mittlerweile geschlossen hat, eine Wiederholungsgefahr besteht. Die Klägerin hat von sich aus ein berechtigtes Feststellungsinteresse nicht dargelegt. Der Senat hat aber auch keine Veranlassung gesehen, die Klägerin zu entsprechenden Ausführungen aufzufordern. Denn selbst wenn man im Hinblick auf die in der Vergangenheit gegen die Klägerin ergriffenen zahlreichen Vollstreckungsmaßnahmen und die nach wie vor bestehenden erheblichen Steuerrückstände eine hinreichend konkrete Wiederholungsgefahr weiterer Sachpfändungen annehmen wollte, könnte die Klage in der Sache keinen Erfolg haben.
Denn die von dem beklagten Finanzamt durchgeführte Sachpfändung sowie die Art und Weise ihrer Durchführung waren rechtmäßig.
Rechtsgrundlage für die vom Finanzamt durchgeführte Vollstreckung bildet § 249 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO). Nach dieser Bestimmung können Finanzbehörden, Verwaltungsakte, mit denen eine Geldleistung gefordert wird, im Verwaltungsweg vollstrecken. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift waren vorliegend unstreitig erfüllt, nachdem die Klägerin die in der gegen sie ergangenen vollstreckbaren Steuerbescheiden festgesetzten Steuern nicht bzw. nur zu einem geringen Teil entrichtet hat.
Das Finanzamt hat auch beachtet, dass - soweit nichts anderes bestimmt ist - nach § 254 Abs. 1 AO die Vollstreckung erst beginnen darf, wenn die Leistung fällig ist und der Vollstreckungsschuldner zur Leistung aufgefordert worden ist (Leistungsgebot) und seit der Aufforderung mindestens eine Woche verstrichen ist.
Die vom Finanzamt angeordnete Sachpfändung begegnet ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken. Die Auswahl unter einer dem Finanzamt nach § 249 ff. AO zu Gebot stehenden Vollstreckungsmaßnahme steht im pflichtgemäßen Ermessen, wobei allerdings bei allen Maßnahmen der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit des Mittels zu beachten ist und solche Vollstreckungsmaßnahmen zu unterbleiben haben, deren Wirkung über das öffentliche Interesse an der Vollstreckung, nämlich der Vereinnahmung der rückständigen Steuerbeträge nebst Nebenleistungen sowie der Kosten der Vollstreckung, hinausgehen. Hieraus ergibt sich die Pflicht der Finanzverwaltung, gegenüber dem Vollstrekkungsschuldner so schonend wie möglich vorzugehen, sowie das Übermaßverbot (vgl. § 281 Abs. 2 AO mit dem Verbot der Überpfändung).
Anhaltspunkte dafür, dass das Finanzamt bei der in Rede stehenden Vollstreckungsmaßnahme diese Gebote in anfechtbarer Weise nicht beachtet hätte und sie deshalb rechtswidrig gewesen wäre, sind nicht ersichtlich.
Das Finanzamt war gehalten, die vollstreckbaren und rückständigen Steueransprüche, die seit 1993 kontinuierlich angewachsen waren und eine Höhe von insgesamt 46.049,-- DM erreicht hatten, beizutreiben und hierzu auch auf das im Vermögen der Klägerin stehende Warenlager im Wege der Sachpfändung nach §§ 281 ff., 286 AO zurückzugreifen. Denn zuvor ergriffene andere, die Klägerin wegen der damit verbundenen Außenwirkung möglicherweise weniger belastende Maßnahmen, waren erfolglos geblieben. Sowohl die ausgebrachte Forderungspfändung als auch Vollstreckungsversuche in Betrieb und Wohnung der Klägerin brachten keinen Erfolg oder führten, wie die mehrfach durchgeführten Kassenpfändungen, nur zu einem geringen Erfolg. Hinzu kommt, dass die Klägerin ausweislich des von ihr vorgelegten Vermögensverzeichnisses über kein sonstiges pfändbares Vermögen verfügte. Ratenzahlungsvereinbarungen hatte die Klägerin nicht oder nur für kurze Zeit eingehalten und auch die laufend fällig werdenden Steuern, insbesondere Umsatzsteuer und Lohnsteuer nicht fristgerecht beglichen, wie auch die Versuche der Klägerin, durch eine Erhöhung der Kreditlinie bei ihrer Bank oder durch eine Umfinanzierung ihre Verbindlichkeiten zurückzuführen, letztlich scheiterten.
Vor diesem Hintergrund erscheint es sach- und ermessensgerecht und sogar geboten, wenn die Vollstreckungsbehörde in den einzig verbliebenen Vermögenswert, dem Warenbestand, vollstreckt.
Auch die Auswahl der gepfändeten Sachen im einzelnen unterliegt keinen rechtlichen Bedenken. Insbesondere bestand für die Pfändung keine Beschränkung und kein Verbot nach § 295 AO. Nach dieser Bestimmung gelten die in §§ 811 bis 812 und 813 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung (ZPO) geregelten Pfändungsverbot entsprechend. Die in dem Friseursalon der Klägerin vorgefundenen Sachen waren nicht unpfändbar. Zwar sind bei Personen, die aus ihrer körperlichen oder geistigen Arbeit oder sonstigen persönlichen Leistungen ihren Erwerb ziehen, die zur Fortsetzung dieser Erwerbstätigkeit erforderlichen Gegenstände gemäß § 811 Nr. 5 ZPO der Pfändung nicht unterworfen. Der Warenbestand eines Gewerbetreibenden ist von diesem Pfändungsverbot indessen nicht erfasst (vgl. Zöller, ZPO, Kommentar, 20. Aufl., § 811 Rz. 27 m. w. N. aus der Rechtsprechung der Zivilgerichte.
Auch aus den Abschnitten 32 ff. der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für Vollziehungsbeamte der Finanzverwaltung (Vollziehungsanweisung) ergeben sich keine weitergehenden Pfändungsbeschränkungen.
Soweit sich die Klägerin gegen die Art und Weise der Durchführung der Pfändung wendet, ist die Klage ebenfalls begründet. Insoweit rügt die Klägerin vor allem den Zeitpunkt der Vollstreckung, weil sich am Morgen des 5. März 1997 bereits Kundschaft im Laden befunden habe, und diese Kundschaft den Grund des Erscheinens der Vollziehungsbeamten mitbekommen habe, was wiederum zu einer Geschäftsschädigung geführt habe. Mit diesen Einwendungen vermag die Klägerin indes nicht durchzudringen. Ebenso wie die Auswahl der Vollstreckungsmaßnahme selbst liegt auch die Auswahl des Zeitpunkts einer Vollstreckungshandlung im pflichtgemäßen Ermessen der Vollstreckungsbehörde. Gesetzliche Beschränkungen ergeben sich insoweit lediglich aus § 289 AO und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Dass ein Verstoß gegen § 289 AO (die Beschränkung der Vollstreckung zur Nachzeit) nicht vorliegt, ist offenkundig und wird auch von der Klägerin nicht behauptet. Die Durchführung der Vollstreckung an einem Werktag um 9.30 Uhr lässt aber auch keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit erkennen. Sollte die Vollstreckungsmaßnahme zu einem Erfolg führen, musste sie unangekündigt während der Öffnungszeiten des Ladenlokals erfolgen. Die Öffnungszeiten eines Friseursalons liegen in aller Regel vom frühen Morgen bis zum üblichen Geschäftsschluss am Abend und es ist erfahrungsgemäß zu allen Geschäftszeiten mit Publikumsverkehr zu rechnen. Zwar mag es einerseits Stoßzeiten geben, zu denen mehr Kundenbesuche zu verzeichnen sind und andererseits Zeiten, in denen weniger Besucher, die der Durchführung einer Vollstreckungsmaßnahme gewahr werden, den Friseursalon aufsuchen. Es kann jedoch unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit von der Vollstrekkungsbehörde nicht erwartet werden, dass sie den konkreten Zeitpunkt einer Vollstreckungshandlung den individuellen Verhältnissen des jeweiligen Gewerbebetriebes in Bezug auf die eventuelle Anwesenheit von Kundschaft anpasst, abgesehen davon, dass diese äußeren Umstände nicht konkret vorhersehbar sind und im übrigen einem ständigen Wandel unterliegen.
Nach alledem ist die Klage mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 1 FGO abzuweisen.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (vgl. § 115 Abs. 2 FGO).