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  • 08.01.2010

    Finanzgericht Thüringen: Urteil vom 11.02.1998 – III 176/96

    1. Die Förderung nach § 10e EStG setzt voraus, dass das Gebäude mit materiellem Baurecht vereinbar ist, also eine Baugenehmigung vorliegt, noch erteilt werden könnte oder nicht erforderlich ist.

    2. Die Nichterforderlichkeit einer Baugenehmigung lässt sich jedenfalls dann nicht aus dem Recht der ehemaligen DDR herleiten, wenn sich der Bestandsschutz nach DDR-Recht nur auf das Gartenhaus selbst und nicht auf die tatsächliche Wohnnutzung bezog.


    Im Namen des Volkes

    hat der III. Senat des Thüringer Finanzgerichts aufgrund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 11.02.1998 für Recht erkannt:

    1. Die Klage wird abgewiesen.

    2. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger zu tragen.

    3. Die Revision wird zugelassen.

    Tatbestand

    Streitig ist der Abzug von Aufwendungen für den Erwerb eines bebauten Grundstücks nach § 10 e EStG sowie die Gewährung von Steuerermäßigungen nach § 34 f EStG.

    Die Kläger erwarben am 26.06.1991 das bebaute Grundstück „An der alten Straße”, eingetragen im Grundbuch von X, Gemarkung Y mit einer Gesamtfläche von 6433 qm. In ihrer Einkommensteuererklärung 1991 machten sie hierfür einen Abzugsbetrag nach § 10 e EStG i. H. v. 6316 DM geltend und beantragten eine Steuerermäßigung nach § 34 f Abs. 2 EStG für zwei Kinder.

    Im Einkommensteuerbescheid für 1991 vom 15.12.1993 wurden diese Vergünstigungen nicht gewährt.

    Die Einsprüche vom 12.01.1994 wurden mit Einspruchsentscheidung vom 03.07.1996 als unbegründet zurückgewiesen.

    Mit ihrer Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Zur Begründung tragen sie vor, das sich auf dem Grundstück befindende Gebäude sei auch in rechtlicher Hinsicht zum dauernden Bewohnen geeignet. Die am 31.07.1990/02.10.1990 vorliegenden Verhältnisse sowie das vormals geltende Recht seien auch im Streitfall von Bedeutung. Das Gebäude sei kein Schwarzbau im Außenbereich, sondern wurde 1961/62 mit behördlicher Genehmigung errichtet und 1967 mit einem ebenfalls genehmigten Anbau versehen. Die ausgeübte dauernde Wohnnutzung nach dem Recht der ehemaligen DDR habe keiner formalen behördlichen Genehmigung bedurft bzw. erstrecke sich der Bestandsschutz auch auf die ausgeübte dauernde Nutzung, so daß für die Gewährung des § 10 e EStG keiner baubehördlichen Genehmigung bedürfe. Im übrigen berufen sich die Kläger auf § 1 Abs. 4 der Durchführungsbestimmung zur Verordnung über den Neubau, die Modernisierung und Instandsetzung von Eigenheimen vom 18. August 1987 (GBl I S. 215) sowie auf § 11 Abs. 3 der Verordnung über die Verantwortung der Räte der Gemeinden. Stadtbezirke und Städte bei der Errichtung und Veränderung von Bauwerken durch die Bevölkerung vom 8. November 1984 (GBl I S. 433), wonach es heute nicht mehr darauf ankomme, ob seinerzeit eine baurechtliche Genehmigung erteilt worden sei. Sie verweisen auch auf § 10 Abs. 2 SachenRBerG) hinsichtlich des Bestandsschutzes bei einer ausgeübten dauernden Wohnnutzung.

    Die Kläger beantragen,

    die mit Bescheid vom 15.12.1993 festgesetzte Einkommensteuer 1991 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 03.07.1997 insoweit herabzusetzen, als Abzugsbeträge nach § 10 e EStG und Steuerermäßigungen nach § 34 f EStG zu berücksichtigen sind.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Er trägt vor, daß keine Genehmigungsfiktion nach § 11 Abs. 3 der Verordnung über Bevölkerungsbauwerke vom 08.11.1984 eingreife. Hiernach dürfe lediglich nach fünf Jahren keine Abrißverfügung mehr erlassen werden. Dieser Bestandsschutz begründe keine Genehmigung. Das Wohnhaus sei formell und materiell baurechtswidrig errichtet worden, da auch nachträglich keine Baugenehmigung erteilt werden könne. Die Kläger hätten bisher keine Bescheinigung der zuständigen Behörde erbracht, daß eine Baugenehmigung nicht erforderlich sei. Eine Förderung nach § 10 e EStG komme aber nur dann in Betracht, wenn eine Baugenehmigung vorhanden oder nicht erforderlich sei. Die Begünstigung des § 10 e EStG könne auch nicht dadurch erreicht werden, daß ein sog. Schwarzbau veräußert werde und sich der Neueigentümer auf einen Bestandsschutz berufe. Die von den Klägern eingereichte Genehmigung sei lediglich für ein Gartenhaus ausgestellt worden, was kein geeigneter Nachweis dafür sei, daß das Gebäude rechtlich zum dauernden Wohnen geeignet sei. Auch nach dem Recht der ehemaligen DDR sei ein Gartenhaus nicht zum dauernden Wohnen geeignet gewesen. Bei einer Umgestaltung zu einem Eigenheim habe es der Zustimmung bedurft. Auch § 10 Abs. 2 SachenRBerG ersetze keine Genehmigung. Im übrigen verweist er auf die Einspruchsentscheidung.

    Während des gerichtlichen Verfahrens haben die Kläger eine Fotokopie des Gebrauchsabnahmescheins vom 18.10.1962 für ein Gartenhaus (Bl. 33 d. A.) vorgelegt. Mit Schreiben vom 29.09.1997 hat sich der Berichterstatter bei der Stadtverwaltung nach der baurechtlichen Einordnung des Grundstücks erkundigt. Mit Schreiben vom 15.10.1997 (Bl. 40 d. A.) hat diese mitgeteilt, daß für das Grundstück weder ein rechtsverbindlicher Bebauungsplan noch ein Flächennutzungsplan besteht. Das Grundstück befindet sich im Außenbereich gemäß § 35 Baugesetzbuch und nicht in einem Ferienhaus- bzw. Wochenendhausgebiet. Das auf dem Grundstück befindliche Gebäude wurde 1961 als Gartenhaus genehmigt und mit einem Anbau versehen und ist ein bestandsgeschütztes Gartenhaus. Ein Antrag der Eigentümer auf Bauvorbescheid zum Umbau und Ausbau sowie Modernisierung vom 3.12.1996 wurde von der unteren Bauordnungsbehörde am 28.04.1997 abgelehnt.

    Gründe

    Die Klage ist unbegründet.

    Der Einkommensteuerbescheid für 1991 vom 15.12.1993 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 03.07.1996 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten.

    § 10e Abs. 1 EStG begünstigt die Anschaffung oder Herstellung einer zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung, die keine Ferien- oder Wochenendwohnung ist. Abs. 1 gilt entsprechend für Herstellungskosten von zu eigenen Wohnzwecken genutzten Ausbauten und Erweiterungen (§ 10e Abs. 2 EStG). In den neuen Bundesländern gilt die Vorschrift erst für nach dem 31.12.1990 verwirklichte Tatbestände.

    Die Begünstigung ist nicht zu gewähren, wenn die Wohnung bzw. der Ausbau oder die Erweiterung entgegen baurechtlicher Vorschriften errichtet worden ist (BFH-Urteil vom 31. Mai 1995 X R 245/93, BFHE 178, 144, BStBl II 1995, 875).

    Die Förderung von Schwarzbauten findet im Gesetz keine Stütze.

    Zwar ist nach dem Wortlaut der Vorschrift die Gewährung der Steuervergünstigung nicht ausdrücklich davon abhängig, daß eine nach dem Bauordnungsrecht erforderliche Genehmigung erteilt worden ist. Die Verwendung des Begriffs „Wohnung” schließt jedoch mindestens ein, daß es sich um eine Zusammenfassung von Räumen handelt, die nach ihrer baulichen Gestaltung und Erschließung zum dauernden Aufenthalt von Menschen geeignet sind. Gleiches gilt für die nach § 10e Abs. 2 EStG i.V.m. § 17 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes (II. WoBauG) für die in gleicher Weise geförderte Schaffung von Wohnraum. Die Voraussetzungen, unter denen Räume zum dauernden Aufenthalt von Menschen geeignet sind, werden durch die Vorschriften des materiellen Baurechts bestimmt.

    Die Begünstigung nach § 10e EStG darf deshalb dem materiellen Baurecht nicht entgegenstehen (BFH-Urteil BFHE 178, 144, BStBl II 1995, 875).

    Dies entspricht auch dem Zweck der Vorschrift. Ziel der Neuregelung war u. a. auch, durch Förderung von Neubauten den zunehmenden Wohnraumbedarf zu lindern sowie zur Vermögensbildung als wesentlichem Bestandteil der privaten Altersvorsorge anzureizen (vgl. BTDrucks 10/3633, S. 10). Diesen Zwecken entsprechen solche Wohnungen, Ausbauten oder Erweiterungen nicht, die mit den materiellen Vorschriften des Baurechts nicht vereinbar sind und deren Beseitigung die zuständige Behörde jederzeit fordern kann. Daß § 10e EStG eine Baugenehmigung voraussetzt, bestätigt die Übergangsregelung in § 52 Abs. 14 Satz 3 EStG. Sie bestimmt den zeitlichen Geltungsbereich der geänderten Fassung der Vorschrift nach dem Zeitpunkt, zu dem der Bauantrag gestellt worden ist.

    Der Nachweis, daß das Bauvorhaben dem materiellen Baurecht entspricht, kann regelmäßig durch Vorlage einer Baugenehmigung oder einer Bescheinigung der zuständigen Behörde erbracht werden, daß eine Baugenehmigung nicht erforderlich ist (BFH-Urteil vom 8. Februar 1980 III R 104/78, BFHE 130, 439, 441, BStBl II 1980, 474). Eine stillschweigende Duldung durch die Gemeinde reicht aber nicht aus (BFH-Urteil vom 13. Dezember 1995 X R 103/94 BFH/NV 1996, 536; BMF-Schreiben vom 31. Dezember 1994 IV B 3 – S 2225 a – 294/94, BStBl I 1994, 887 Rz. 20; Schmidt/Drenseck, EStG. 16. Aufl. 1997, § 10 e Rz 11).

    Im Streitfall haben die Kläger keine Baugenehmigung beantragt, weil nach ihrer Auffassung keine solche erforderlich war, weil für das erworbene Gebäude Bestandsschutz nach dem Recht der ehemaligen DDR bestand.

    Die Frage, ob nach dem Recht der ehemaligen DDR eine Baugenehmigung bzw. Umnutzungsgenehmigung erforderlich war oder nicht, kann offen bleiben, da sie nicht entscheidungserheblich ist. Nach dem von den Klägern vorgelegten Bauabnahmeschein vom 18.10.1962 handelt es sich um ein Gartenhaus. Allenfalls für ein Gartenhaus besteht Bestandsschutz. Dieser Bestandsschutz kann sich aber nur auf die Nutzung des Gebäudes als Gartenhaus beziehen und nicht auf eine geänderte Nutzung als Wohnhaus. Wie oben ausgeführt, erfordert der Begriff der Wohnung, daß die Räume zum dauernden Aufenthalt von Menschen geeignet sind. Dies ist bei einem Gartenhaus aber nicht der Fall. Eine Nutzung zu dauernden Wohnzwecken ist insbesondere in den strengen, kalten Wintern in Thüringen nicht möglich. Regelmäßig verfügt ein Gartenhaus auch nicht im erforderlichen Umfang über eine elektrische Installation, über Küche und sanitäre Einrichtungen sowie über Wasseranschlüsse und Heizung. Hieran ändert im Streitfall auch der relativ gute Zustand des Gartenhauses mit Strom- und Wasserversorgung sowie Fäkaliengrube nichts.

    Ein weitergehender Bestandsschutz kann sich auch nicht aus den von den Klägern zitierten Vorschriften des § 1 Abs. 5 der Durchführungsbestimmung zur Verordnung über den Neubau, die Modernisierung und Instandsetzung von Eigenheimen und des § 11 Abs. 3 der Verordnung über Bevölkerungsbauwerke ergeben. Diese Vorschriften gewährten keinen gebäudebezogenen, sondern lediglich einen personenbezogenen Bestandsschutz. Nur gegenüber dem Bauauftraggeber konnte keine Abrißverfügung mehr ergehen. Dies führte aber zu keiner Umqualifizierung des Gartenhauses in ein Wohnhaus im Fall der Veräußerung. Bei einem Verkauf fiel die ursprüngliche Nutzung wieder zurück, so daß es im Streitfall lediglich einen Bestandsschutz für ein Gartenhaus für die Kläger als Einzelrechtsnachfolger geben kann. Für eine Umnutzung als Wohnhaus durch die Kläger bedurfte es einer baubehördlichen Genehmigung.

    Auch § 10 Abs. 2 SachenRBerG kann keine Baugenehmigung ersetzen bzw. einen Bestandsschutz auf eine geänderte Nutzung ausdehnen.

    Im Streitfall befindet sich das Gebäude im Außenbereich nach § 35 BauGB. Für eine Nutzung des Gebäudes zu Wohnzwecken ist eine behördliche Genehmigung erforderlich, die aber von den Klägern nicht beantragt wurde. Die Kläger haben auch keine Bescheinigung vorgelegt, daß keine Baugenehmigung erforderlich ist. Die Stadt XYZ hat dem Gericht vielmehr bestätigt, daß Bestandsschutz lediglich für ein Gartenhaus besteht und daß ein Antrag auf Bauvorbescheid zum Umbau und Ausbau des Gebäudes abgelehnt, wurde, weil sich das Gebäude im Außenbereich befindet und keine Privilegierungstatbestände vorliegen.

    Den Klägern steht deshalb die Förderung des § 10 e EStG nicht zu. Damit entfällt auch die Voraussetzung für die Steuerbegünstigung nach § 34 f EStG.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

    Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.

    VorschriftenEStG § 10e Abs. 1, EStG § 10e Abs. 2, EStG § 52 Abs. 14 S. 3, II. WoBauG § 17, EStG § 34f, Verordnung über Bevölkerungsbauwerke-DDR § 11 Abs. 3, Durchführungsbestimmung über den Neubau, die Modernisierung und Instandsetzung von Eigenenheimen-DDR § 1 Abs. 5