10.09.2013 · IWW-Abrufnummer 132886
Bundesgerichtshof: Beschluss vom 20.06.2013 – IX ZB 50/12
Das Eigengeld, das durch Gutschriften von Arbeitsentgelt gebildet wird, welches der arbeitspflichtige Strafgefangene für die Ausübung der ihm zugewiesenen Arbeit erhält, ist pfändbar; die Pfändungsgrenzen der §§ 850c, 850f, 850k ZPO finden keine Anwendung (Anschluss an BGHZ 160, 112).
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, den Richter Raebel, die Richterin Lohmann, den Richter Grupp und die Richterin Möhring
am 20. Juni 2012
beschlossen:
Tenor:
Dem Treuhänder wird Wiedereinsetzung in die versäumten Fristen zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 10. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 3. November 2011 gewährt.
Auf die Rechtsbeschwerde des Treuhänders wird der Beschluss der 10. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 3. November 2011 aufgehoben.
Die sofortige Beschwerde des Schuldners gegen den Beschluss des Amtsgerichts Ludwigsburg vom 30. September 2011 wird zurückgewiesen.
Der Schuldner trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf (19 Monate x 138 € =) 2.622 € festgesetzt.
I.
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Am 28. Juni 2011 eröffnete das Insolvenzgericht auf Eigenantrag das Insolvenzverfahren über das Vermögen des sich in Strafhaft befindenden Schuldners und bestellte den weiteren Beteiligten zu 1 zum Treuhänder. Der Schuldner erhält ein monatliches Arbeitsentgelt in Höhe von etwa 240 €. Davon werden ihm rund 102 € monatlich auf seinem Hausgeldkonto gutgeschrieben. Das Überbrückungsgeld (§ 52 Justizvollzugsgesetzbuch Bd. III Baden-Württemberg) ist schon angespart. Die weiteren Teile des Arbeitsentgelts (monatlich rund 138 €) werden dem Schuldner auf dem Eigengeldkonto gutgeschrieben und fließen zur Insolvenzmasse.
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Der Schuldner macht wegen Ausgangs und Arbeitssuche einen erhöhten Bedarf geltend. Deswegen hat er am 21. August 2011 beantragt, ihm auch das Eigengeld pfändungsfrei zu belassen. Das Insolvenzgericht hat den Antrag zurückgewiesen, das Landgericht hat auf die sofortige Beschwerde des Schuldners in Abänderung der amtsgerichtlichen Entscheidung angeordnet, dass dem Schuldner von dem Drittschuldner neben dem Hausgeld von seinem monatlichen Arbeitsentgelt weitere 138 € pfandfrei zu belassen seien. Hiergegen wendet sich der Treuhänder mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde, mit der er die Wiederherstellung der amtsgerichtlichen Entscheidung erreichen will.
II.
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Dem Rechtsbeschwerdeführer ist Wiedereinsetzung in die versäumten Fristen zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde zu gewähren, weil er vor der Bewilligung von Prozesskostenhilfe durch den Senat ohne Verschulden daran gehindert war, diese Fristen einzuhalten, § 233 Abs. 1 ZPO. Die Wiedereinsetzungsfristen nach § 234 ZPO sind gewahrt.
III.
4
Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 793 ZPO statthaft, weil sie das Insolvenzgericht als besonderes Vollstreckungsgericht (§ 36 Abs. 4 Satz 1 InsO) zugelassen hat. Die Rechtsbeschwerde ist nach Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auch im Übrigen zulässig und hat in der Sache Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der Beschwerdeentscheidung und zur Wiederherstellung der Entscheidung des Insolvenzgerichts.
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1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt: Die Situation des Strafgefangenen, der von seinem Hausgeld einen Sonderbedarf nicht decken könne, sei mit der Situation eines in Freiheit befindlichen Schuldners, der einen Sonderbedarf aus den ihm pfandfrei verbleibenden Arbeitsentgelt nicht decken könne, vergleichbar. Da sich eine ausdrückliche Regelung im Justizvollzugsgesetzbuch zur Lösung dieses Problems nicht finde, sei es sachgerecht, dem Schuldner im Hinblick auf die Vollzugslockerungen zum Zwecke der Wiedereingliederung entsprechend § 850f Abs. 1 ZPO den Teil seines Arbeitsentgelts zu belassen, aus dem sonst Eigengeld gebildet würde, weil der Schuldner aus dem Hausgeld allein seine Ausgaben für Kleidung, die der Jahreszeit entspreche, nicht zu decken vermöge. Gleiches gelte für die Kosten der Gruppenaktivitäten. Überwiegende Belange des Gläubigers stünden nicht entgegen.
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2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
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a) Schon der Ausgangspunkt des Beschwerdegerichts ist unrichtig. Der Anspruch eines Strafgefangenen auf Arbeitsentgelt ist insgesamt unpfändbar und unterfällt daher nicht dem Insolvenzbeschlag (§ 36 Abs. 1 InsO, § 851 Abs. 1 ZPO, § 399 BGB), ohne dass es einer Schutzanordnung des Vollstreckungsgerichts bedürfte. Denn der Anspruch des Strafgefangenen ist auf Gutschrift und nicht auf Barauszahlung gerichtet (§ 49 Abs. 1 und 2, § 53 Abs. 3, § 63 Abs. 3 JVollzGB BW III; vgl. BGH, Beschluss vom 16. Juli 2004 - IXa ZB 287/03, BGHZ 160, 112, 114, 116; Callies/Müller-Dietz, StVollzG, 11. Aufl., § 43 Rn. 1). Durch die Gutschrift des Arbeitsentgelts auf dem Hausgeldkonto (drei Siebtel) und dem Eigengeldkonto (vier Siebtel) ist der Anspruch des Strafgefangenen gegen den Träger der Haftanstalt erloschen, § 362 Abs. 1 BGB analog (BGH, aaO S. 116; vgl. Ahrens, NJW-Spezial 2011, 725).
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b) Der Anspruch auf Auszahlung des gutgeschriebenen Eigengeldes (§ 63 Abs. 2 JVollzGB BW III) kann demgegenüber grundsätzlich nach § 829 ZPO gepfändet werden (BGH, aaO S. 115) und unterliegt deswegen - entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts - dem Insolvenzbeschlag des § 35 Abs. 1 InsO, sofern - wie vorliegend - das nach § 52 Abs. 1 JVollzGB BW III aus den Bezügen des Strafgefangenen zu bildende Überbrückungsgeld angespart ist.
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aa) Das Pfändungsverbot des § 851 ZPO steht nicht entgegen, weil der Anspruch - soweit nicht § 52 Abs. 4 JVollzGB BW III, § 51 Abs. 4 StVollzG eingreift - übertragbar ist (BGH, aaO). Soweit das Eigengeld durch Gutschriften von Arbeitsentgelt gebildet worden ist, das der arbeitspflichtige (§ 47 Abs. 1 JVollzGB BW III) Strafgefangene gemäß § 49 Abs. 2 JVollzGB BW III für die Ausübung der ihm gemäß § 47 Abs. 1 JVollzGB BW III zugewiesenen Arbeit erhält, finden die Pfändungsgrenzen des § 850c ZPO weder unmittelbar noch entsprechend Anwendung (BGH, aaO; Heyer, NZI 2010, 81, 83; Ahrens, NJW-Spezial 2011, 725). Dies hat der Bundesgerichtshof für das Strafvollzugsgesetz des Bundes entschieden.
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bb) Nichts anderes gilt für die seit dem 1. Januar 2010 in Baden-Württemberg geltende Gesetzeslage unter dem Justizvollzugsgesetzbuch Baden-Württemberg.
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Durch das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 (BGBl. I 2006, S. 2034; Föderalismusreformgesetz 2006) wurde der Strafvollzug der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes (Art. 72 GG) entzogen und der Kompetenz der Ländergesetzgebung (Art. 70 Abs. 1 GG) zugeordnet (Art. 1 Abs. 7 Buchstabe a, aa FöderalismusreformG 2006; vgl. Jehle in Schwind/Böhm/Jehle/Laubenthal, StVollzG, 6. Aufl., Vor § 1 Rn. 8). Danach sind die Länder befugt, eigene Strafvollzugsgesetze zu erlassen. Von dieser Befugnis hat das Land Baden-Württemberg zum 1. Januar 2010 durch das Justizvollzugsgesetzbuch Gebrauch gemacht. Der Strafvollzug und der Vollzug freiheitsentziehender Maßregeln sind in Buch III geregelt. Dort wird auf Regelungen des Strafvollzugsgesetzes zurückgegriffen (Kinzig/Richter, FS 2011, 317, 318; Egerer, FS 2010, 34, 35 f). Insbesondere die Regelungen zum Arbeitsentgelt (§ 49 JVollzGB BW III), zum Haus-, Überbrückungs- und Eigengeld (§§ 52, 53, 63 JVollzGB BW III) stimmen mit den entsprechenden Regelungen des Strafvollzugsgesetzes im Wesentlichen überein.
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Der Anspruch eines baden-württembergischen Strafgefangenen gegen den Träger der Justizvollzugsanstalt auf Auszahlung seines Eigengeldguthabens nach § 829 ZPO ist daher pfändbar, soweit er nicht in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen dem zu bildenden Überbrückungsgeld und dem tatsächlich vorhandenen Überbrückungsgeld nach § 52 Abs. 4 Satz 2 JVollzGB BW III unpfändbar ist. Bedenken gegen die Wirksamkeit dieser Bestimmung aus Gründen der Gesetzgebungskompetenz bestehen nicht. Denn das Land hat an dieser Stelle nicht die Bundeskompetenz für das Zwangsvollstreckungsrecht in Anspruch genommen, sondern den öffentlich-rechtlichen Leistungsanspruch inhaltlich ausgestaltet, der nach der Föderalismusreform seiner eigenen Gesetzgebungskompetenz unterliegt.
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cc) Auf das pfändbare Eigengeld finden die Pfändungsfreigrenzen des § 850c ZPO unmittelbar keine Anwendung. Diese gelten nur für die Pfändung des in Geld zahlbaren Arbeitseinkommens selbst (§ 850 Abs. 1 ZPO). Bei dem Strafgefangenen kann hingegen nur sein Anspruch auf Auszahlung seines Eigengeldes gepfändet werden, nicht aber sein Anspruch auf Gutschrift des Arbeitsentgelts. Der Pfändungsschutz des § 850c ZPO erstreckt sich nicht auf das zur Bewirkung der geschuldeten Leistung ausbezahlte oder auf ein Konto überwiesene Geld. Vielmehr erlischt mit der als Arbeitseinkommen geschuldeten Forderung auch der bis dahin für diese Forderung bestehende Pfändungsschutz (BGH, aaO S. 116; Heyer, NZI 2010, 81, 83).
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Aber auch eine entsprechende Anwendung des § 850c ZPO auf den Anspruch des Strafgefangenen auf Auszahlung des Eigengeldes scheidet aus. Denn das Schutzbedürfnis eines Schuldners, der in Freiheit lebt und ein Arbeitseinkommen hat, ist mit dem eines Schuldners, der in Strafhaft gemäß § 49 JVollzGB BW III Arbeitsentgelt bezieht, nicht vergleichbar. Aus sozialen Gründen und im öffentlichen Interesse wird dem in Freiheit lebenden Schuldner, in dessen Arbeitseinkommen vollstreckt wird, in den Grenzen der §§ 850c, 850k ZPO ein Teil seines Einkommens pfandfrei belassen. Den Maßstab für die Bemessung der für die Existenz des Schuldners und für den Erhalt seiner Arbeitsfähigkeit erforderlichen Mittel bilden die Bedürfnisse eines in Freiheit lebenden und arbeitenden Menschen (BGH, aaO S. 118; Heyer, NZI 2010, 81, 83 f). Die Arbeit eines Strafgefangenen hingegen wird nach dem Mischkonzept des § 49 Abs. 1 JVollzGB BW III nicht allein durch die Zahlung von Geld, sondern auch durch Freistellung von der Arbeit anerkannt. Sein Lebensunterhalt ist ohne Rückgriff auf sein aus Arbeitsentgelt gebildetes Eigengeld gedeckt. Ihm werden Unterkunft, Verpflegung, notwendige Kleidung (vgl. §§ 16, 17 JVollzGB BW III) sowie Gesundheitsfürsorge (§ 33 JVollzGB BW III) gewährt. Ein Haftkostenbeitrag wird von ihm, sofern er die Pflichtarbeit leistet, gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 JVollzGB BW III nicht erhoben. Für seine darüber hinausgehenden privaten Bedürfnisse darf er gemäß § 53 Abs. 2 JVollzGB BW III monatlich drei Siebtel seines Arbeitsentgelts als nach überwiegender Meinung unpfändbares (§ 35 Abs. 1 InsO, § 851 Abs. 1 ZPO, § 399 BGB; BFH, JurBüro 2004, 495, 496; Heyer, NZI 2010, 81, 83; Ahrens, NJW-Spezial 2011, 725; offen gelassen BGH, aaO S. 119) Hausgeld verwenden. Ihm steht bei seiner Entlassung schließlich das gemäß § 52 Abs. 1 JVollzGB BW III unter anderem aus seinem Arbeitsentgelt gebildete Überbrückungsgeld zur Verfügung, das seinen notwendigen Lebensunterhalt und den seiner Unterhaltsberechtigten für die ersten vier Wochen nach seiner Entlassung sichern soll und nach § 52 Abs. 4 JVollzGB BW III unpfändbar ist (vgl. BGH, aaO S. 118 f mwN).
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dd) Für § 850f Abs. 1 ZPO gilt nichts Anderes. Unmittelbar findet die Vorschrift keine Anwendung, weil nicht der Anspruch des Schuldners auf Gutschrift des Arbeitseinkommens in die Insolvenzmasse fällt, sondern allein sein Anspruch auf Auszahlung des Eigengeldes, soweit er der Pfändung unterliegt. Die entsprechende Anwendung scheitert schon daran, dass die Regelung auf § 850c ZPO verweist, der weder unmittelbar noch entsprechend Anwendung findet. Es bleibt insoweit allein die Schutzvorschrift des § 765a ZPO.
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3. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist nicht aus anderen Gründen richtig (§ 577 Abs. 3 ZPO).
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a) Der Pfändungsschutz ergibt sich nicht aus § 850k ZPO. Diese Norm findet unmittelbar keine Anwendung. Die Justizvollzugsanstalt ist schon kein Kreditinstitut im Sinne dieser Vorschrift (BGH, aaO, S. 117; Ahrens, NJW 2010, 2001, 2002). Für eine analoge Anwendung ist kein Raum, weil § 850k Abs. 1 ZPO auf die Pfändungsfreigrenzen des § 850c ZPO verweist, die weder mittelbar noch unmittelbar Anwendung finden (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Juli 2004 - IXa ZB 287/03, aaO S. 115 zu § 850k ZPO idF vom 28. Februar 1978; Laroche, VIA 2013, 38, 39 aE).
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b) Der fehlende Insolvenzbeschlag ergibt sich auch nicht aus § 4 InsO, § 765a ZPO. Diese Vorschrift findet zwar grunds ätzlich auch im Insolvenzverfahren Anwendung (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Oktober 2008 - IX ZB 77/08, NZI 2009, 48 Rn. 17 ff; vom 2. Dezember 2010 - IX ZB 120/10, ZInsO 2011, 93 Rn. 5). Ihre Voraussetzungen liegen aber nicht vor.
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§ 765a ZPO ermöglicht den Schutz gegen Vollstreckungsmaßnahmen, die wegen ganz besonderer Umstände eine Härte für den Schuldner bedeuten, die mit den guten Sitten nicht zu vereinbaren ist. Die Vorschrift ist als Ausnahmevorschrift eng auszulegen. Anzuwenden ist § 765a ZPO nur dann, wenn im Einzelfall das Vorgehen des Gläubigers nach Abwägung der beiderseitigen Belange zu einem untragbaren Ergebnis führen würde (BGH, Beschluss vom 2. Dezember 2010, aaO Rn. 9). Dabei sind auch die Ziele des § 1 InsO und die Besonderheiten der Gesamtvollstreckung grundsätzlich vorrangig zu berücksichtigen. Der Umstand, dass dem Schuldner im Insolvenzverfahren wegen des Charakters der Gesamtvollstreckung eine Vielzahl von Gläubigern gegenübersteht, schließt die nach § 765a ZPO gebotene Interessenabwägung nicht aus; sie muss jedoch in besonderem Maße den vielfältigen, regelmäßig die Schuldnerinteressen überwiegenden Gläubigerbelangen gebührend Rechnung tragen. Ein Eingreifen auf der Grundlage des § 765a ZPO kommt daher nur in Betracht, sofern zusätzlich Rechte des Schuldners in insolvenzuntypischer Weise schwerwiegend beeinträchtigt werden (BGH, Beschluss vom 16. Oktober 2008, aaO Rn. 20).
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Die vom Schuldner geltend gemachten Bedürfnisse nach Kleidung, Gruppenaktivitäten und Nahrungsmitteln gerade im Zusammenhang mit seinem Ausgang begründen keine wegen ganz besonderer Umstände sittenwidrige Härte des Insolvenzbeschlags in diesem Sinne. Schon besondere Umstände sind nicht ersichtlich; vielmehr befindet sich der Schuldner in der gleichen Lage wie alle Strafgefangenen, denen vollzugsöffnende Maßnahmen im Sinne von § 9 JVollzGB BW III gewährt werden. Der Gesetzgeber hat dieser Personengruppe gerade kein im Hinblick auf einen etwaigen Sonderbedarf erhöhtes Taschengeld zugesprochen. Vielmehr ist er davon ausgegangen, dass auch diese Bedürfnisse im Rahmen der den Gefangenen vollzugsrechtlich verbleibenden Mittel zu befriedigen sind (vgl. Heyer, NZI 2010, 81, 84). Das Vollzugsziel, sie zu befähigen, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen (§ 1 JVollzGB BW III), sah er nicht gefährdet. Aber auch aus den allgemein gehaltenen Ausführungen des Schuldners zu seiner finanziellen Lage ergibt sich eine Gefährdung des Vollzugsziels und eine schwerwiegende Beeinträchtigung seiner Rechte nicht, insbesondere hat er gerade nicht behauptet, infolge des Insolvenzbeschlags des Eigengeldes an den vollzugsöffnenden Maßnahmen zur Vorbereitung seiner Entlassung nicht mehr teilnehmen zu können.
III.
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Danach ist die angefochtene Entscheidung des Beschwerdegerichts aufzuheben (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Da die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei der Anwendung des Rechts auf den festgestellten Sachverhalt erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat in der Sache selbst entschieden (§ 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO) und die sofortige Beschwerde des Schuldners gegen den Beschluss des Insolvenzgerichts vom 30. September 2011 zurückgewiesen. Der Anspruch des Schuldners gegen die Justizvollzugsanstalt auf Auszahlung des Eigengeldes ist nicht pfändungsfrei (§ 850k ZPO) und kann nicht pfändungsfrei gestellt werden (§§ 850f, 765a ZPO). Er ist mithin nach §§ 35 f InsO Bestandteil der Insolvenzmasse.
Kayser
Raebel
Lohmann
Grupp
Möhring