Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Deliktsanspruch

    Unerlaubte Handlung durch Privaturkunde

    | In VE 14, 21, haben wir auf eine Entscheidung des OLG Düsseldorf hingewiesen, die es ermöglicht, den Nachweis einer Deliktsforderung im Rahmen einer Privaturkunde durch vertragliches Anerkenntnis zu führen. Der folgende Beitrag fasst die Bedeutung dieser Entscheidung zusammen. |

    1. Der zugrunde liegende Fall

    Die Parteien schlossen mittels vollstreckbarer notarieller Urkunde einen „Darlehensvertrag“, in dem sich der Kläger dem Beklagten gegenüber verpflichtete, ein Darlehen von 42.000 EUR zu gewähren. Dort heißt es:

     

    • Der Darlehensvertrag im Wortlaut

    „Der Darlehensnehmer bekennt, dass die Forderung des Darlehensgebers auf einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung des Darlehensnehmers beruht und somit in einer Insolvenz des Darlehensnehmers nicht der Rechtsschuldbefreiung unterliegt, weil der Darlehensnehmer vor dem Darlehensgeber systematisch und trotz Nachfragen verborgen hat, dass er keine Umsatzsteuervoranmeldungen auf seine Umsätze angegeben hat. Bis zum Tag der Selbstanzeige hat er dem Darlehensgeber geflissentlich verborgen, dass er die Umsatzsteuerzahlungen zum eigenen Konsum verwendet hat in Kenntnis, dass der Darlehensgeber aufgrund der gemeinsamen Haftung diese Beträge zwangsläufig zahlen muss und wird, um der Vernichtung seiner wirtschaftlichen Existenz zu entgehen.“

     

    Im eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen des Beklagten meldete der Kläger aufgrund des o.g. Sachverhalts eine Forderung in Höhe von 42.000 EUR Hauptsumme nebst Kosten und Zinsen mit dem Attribut einer unerlaubten Handlung an. Der Beklagte erkannte zwar die Forderung als solche, nicht aber die unerlaubte Handlung an, die er im Prüftermin bestritt. Das OLG stellt klar, dass der Nachweis einer deliktischen Forderung auch durch einen Vertrag möglich ist, der ein Anerkenntnis enthält. Begründung: Ein Insolvenzschuldner kann in einem gerichtlichen Vergleich den Rechtsgrund der titulierten Forderung als Deliktshandlung außer Streit stellen. Somit steht das Beruhen der Forderung auf einer unerlaubten Handlung für den Feststellungsprozess bindend fest (BGH VE 09, 171). Eine richterliche Schlüssigkeitsprüfung bezüglich des deliktischen Charakters der Forderung ist bei dieser Konstellation nicht erforderlich, weil sie durch die Einigung der Parteien ersetzt wird. Diese Grundsätze gelten auch für außergerichtliche Erklärungen mit Vergleichscharakter, in denen die Parteien die Rechtsnatur des Anspruchs außer Streit stellen.

    2. Die Konsequenzen der Entscheidung

    Die Entscheidung ist für Deliktsgläubiger bedeutsam, die auch einen - noch nicht titulierten - Anspruch aus vorsätzlich begangener unerlaubten Handlung begründet haben. Im Einzelnen muss Folgendes beachtet werden:

     

    • Weder Forderung noch Deliktsanspruch sind tituliert: Es besteht nach Auffassung des OLG Düsseldorf die Möglichkeit sowohl die Forderung als auch den Rechtsgrund der Deliktshandlung mittels notariellem Schuldanerkenntnis titulieren zu lassen. Wichtig: Der Schuldner muss sich der sofortigen Zwangsvollstreckung sowohl hinsichtlich der Forderung als auch wegen des Deliktsanspruchs unterwerfen. Letzteres setzt voraus, dass es für die Feststellung des Rechtsgrundes der unerlaubten Handlung notwendig aber auch ausreichend ist, dass der Schuldner die unerlaubte Handlung mit einer entsprechenden Belehrung über Sinn und Zweck dieses Attributs bestätigen muss. Zudem sollte der Sachverhalt, der zu einer Deliktshandlung geführt hat, grob geschildert werden. Darüber hinaus sollte die Klausel den Hinweis auf die Rechtsfolgen der privilegierten Vollstreckung und Restschuldbefreiung für deliktische Tatbestände enthalten (§ 850f Abs. 2 ZPO, § 302 InsO).

     

    • In der Praxis spielen hier die mittels Vollstreckungsbescheid titulierten Forderungen eine Rolle. Hierzu hat der BGH (VE 05, 97) entschieden, dass durch die Vorlage eines Vollstreckungsbescheids der Nachweis einer Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung für das Vollstreckungsprivileg des § 850f Abs. 2 ZPO durch den Gläubiger nicht geführt werden kann. Hierbei kann aber der Zahlungsanspruch im Mahnverfahren weiterhin tituliert werden. Dies empfiehlt sich, um die Zeit- und Kostenvorteile dieses Verfahrens zu nutzen und so frühzeitig mit der Zwangsvollstreckung beginnen zu können. Um allerdings die Privilegierung des § 850f Abs. 2 ZPO zu erreichen, muss der Gläubiger dann gesondert entweder Feststellungsklage erheben (Muster: VE 03, 52) oder den Deliktsanspruch durch notarielles Schuldanerkenntnis vollstreckbar titulieren lassen (§ 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO).

     

    • Nur die Forderung nicht aber der Deliktsanspruch ist tituliert: Ist in dem zu vollstreckenden Titel keine oder nur eine vertragliche Anspruchsgrundlage genannt, kann der Gläubiger im Vollstreckungsverfahren ohne Zustimmung des Schuldners nicht mehr nachweisen, dass der titulierte Anspruch auch auf einer Deliktshandlung beruht (BGH VE 03, 16). Dies betrifft vor allem Fälle, in denen der Gläubiger nachträglich, also nach Erstreiten eines Titels, Strafantrag stellt. Der Deliktsanspruch kann daher nicht nachträglich durch Vorlage von rechtskräftigem Strafurteil, Strafbefehl bzw. Einstellungsverfügung nach § 154 StPO geführt werden. Folge: Weiß also der spätere Gläubiger als Kläger bereits zu Beginn des Erkenntnisverfahrens vom Tatbestand der Deliktshandlung, muss er im Hinblick auf die Sicherung seines Pfändungsprivilegs und Ausschluss der Restschuldbefreiung bereits bei der Titulierung darauf achten, dass er neben dem Leistungsantrag auch die Feststellung eines derartigen Anspruchs begehrt (BGH NJW 90, 834). Möglich - wenn auch unwahrscheinlich - wäre auch, dass der Schuldner nachträglich im Rahmen einer laufenden Zwangsvollstreckung dem Schuldgrund einer vorsätzlich unerlaubten Handlung und einer Pfändung ohne Rücksicht auf die in vorgesehenen Beschränkungen gemäß § 850f Abs. 2 ZPO zustimmt (BGH Rpfleger 03, 91). Sonst muss der Gläubiger Feststellungsklage erheben.

     

    • Hat der Schuldner im gerichtlichen Vergleich den Rechtsgrund der dadurch titulierten Forderung als vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung außer Streit gestellt, steht für den Feststellungsprozess bindend fest, dass die Forderung auf einer Deliktshandlung beruht (BGH VE 09, 171).
    Quelle: Ausgabe 03 / 2014 | Seite 44 | ID 42506325