Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Deliktsanspruch

    Vorliegen einer vorsätzlich unerlaubten Handlung bestimmt sich nach materiellem Recht

     

    • 1.Liegt eine vorsätzliche unerlaubte Handlung des Schuldners vor, bestimmt sich die Frage der Restschuldbefreiung nach den Rechtsfolgen, die das materielle Schadensrecht an die unerlaubte Handlung knüpft.
    • 2.Ein prozessualer Kostenerstattungsanspruch kann aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung resultieren, wenn zugleich ein materiell-rechtlicher deliktischer Erstattungsanspruch besteht.
    • 3.Da der Anspruch eines Geschädigten, der im Strafverfahren als Nebenkläger aufgetreten ist, auf Erstattung seiner Kosten allein prozessualer Natur ist, handelt es sich nicht um einen Anspruch aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung.

    (BGH 21.7.11, IX ZR 151/10, Abruf-Nr. 112879)

    Sachverhalt

    Schuldner S. wurde durch rechtskräftiges Urteil zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. In dem Urteil wurden ihm neben den Verfahrenskosten auch die notwendigen Auslagen des Nebenklägers auferlegt. Auf Antrag des S. wurde am 30.4.08 das Insolvenzverfahren über sein Vermögen eröffnet. In diesem Verfahren beantragte er die Gewährung von Restschuldbefreiung. Das beklagte Bundesland meldete in diesem Verfahren seine Forderung auf Erstattung der Verfahrenskosten des vorangegangenen Strafverfahrens sowie die aus der Staatskasse verauslagte Rechtsanwaltsvergütung des Nebenklägervertreters als Forderung aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung zur Tabelle an. S. klagte auf Feststellung, dass die angemeldeten Forderungen nicht aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung resultieren. Seine Klage blieb in erster Instanz erfolglos, während das Berufungsgericht die begehrte Feststellung getroffen hat. Die Revision des beklagten Bundeslandes blieb ohne Erfolg.

     

    Entscheidungsgründe

    Meldet der Gläubiger seine aus vorsätzlich unerlaubter Handlung entstandene Forderung unter Angabe dieses Rechtsgrundes nach § 174 Abs. 2 InsO zur Insolvenztabelle an, wird sie von der Restschuldbefreiung ausgeschlossen (§ 302 Nr. 1 InsO). Dabei regelt § 302 Nr. 2 InsO nicht, welche Ansprüche genau unter den Begriff der Forderung aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung fallen. Auch aus anderen Vorschriften, z.B. § 850f Abs. 2 ZPO, ergibt sich keine Definition. Die h.M. geht jedoch davon aus, dass der Begriff im Hinblick auf das Deliktsrecht der §§ 823 ff. BGB zu bestimmen ist (MüKo/Smid, ZPO, 3. Aufl., § 850f, Rn. 14).Welche Forderungen als privilegiert anzusehen sind, bestimmt sich daher danach, ob der entsprechende Schaden nach materiellem Schadensrecht ersetzt werden kann. Es muss also geprüft werden, ob der Schaden grundsätzlich mittels einer Leistungsklage einklagbar wäre. Da der Anspruch auf Kostenerstattung der Kosten der Nebenklage kein materieller Anspruch, sondern ausschließlich ein prozessualer ist, kann er nicht als privilegiert angesehen werden. Er muss genauso behandelt werden, wie ein Anspruch auf Ersatz der Kosten des Strafverfahrens, der aus § 465 Abs. 1 StPO folgt und für den dies bereits entsprechend entschieden worden ist (BGH NZI 11, 64).