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  • · Fachbeitrag · Der praktische Fall

    Zustellung des PfÜB und verbotswidrige Drittschuldnerzahlung

    | Ein immer wieder - vor allem bei Behörden - vorkommender Fall: Die Zustellung des PfÜB beim Drittschuldner (Rentenversicherung) erfolgte am 9.10.13. Intern erfolgte die Vorlage bei der zuständigen Sachbearbeiterin am 10.10.13. Laut Auskunft der Rentenversicherung war der 9.10.13 der letzte Eingabetag für Zahlungsregelungen für den Monat November. Zahlungen an den Gläubiger seitens der Drittschuldnerin flossen somit erst ab Dezember. Hätte der Drittschuldner mit der Dezemberauszahlung nicht auch den pfändbaren Betrag für November einbehalten können? |

    1. Wirksamwerden der Pfändung

    Mit Zustellung des PfÜB an die Drittschuldnerin - hier am 9.10.13 - wurde die Pfändung wirksam (§ 829 Abs. 3 ZPO). Das hat zur Folge, dass die Drittschuldnerin nach dem 10.10.13 nicht mehr mit befreiender Wirkung an den Schuldner zahlen konnte, weil eine entgegen dem Veräußerungsverbot bewirkte Leistung an den Schuldner dem Pfändungsgläubiger gegenüber unwirksam ist (§§ 136, 135 BGB).

    2. Schutz des Drittschuldners gemäß § 407 BGB

    In entsprechender Anwendung von § 407 BGB wird der Drittschuldner aber durch eine Zahlung an den Schuldner auch von seiner Verpflichtung gegenüber dem Pfändungsgläubiger frei, wenn er das dem Schuldner auferlegte Verfügungsverbot und das ihm obliegende Zahlungsverbot bei Vornahme der Leistung nicht kennt (BGH NJW 89, 905). Der für die Kenntnis des Drittschuldners maßgebliche Zeitpunkt ist dabei nicht der Eintritt des Leistungserfolgs, also Zahlungseingang beim Gläubiger, sondern die Vornahme der Leistungshandlung (Überweisung) durch den (Dritt)Schuldner.

     

    Das folgt aus dem Schutzzweck des § 407 BGB. Grund: Die Vorschrift soll den (Dritt-)Schuldner vor den Rechtsnachteilen schützen, die ihm dadurch entstehen könnten, dass die Forderung ohne sein Wissen abgetreten werden kann. Der Schuldner, der in Unkenntnis der Abtretung gegenüber dem alten Gläubiger eine Rechtshandlung vorgenommen hat, soll davon bewahrt werden, dass der neue Gläubiger diese Rechtshandlung nicht gegen sich gelten lassen will.

     

    Dieser Schutz muss im Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlung einsetzen, nicht dagegen im Zeitpunkt des Leistungserfolgs, der vielfach ohne Zutun des (Dritt-)Schuldners eintritt.

     

    Wenn - wie vorliegend - der (Dritt-)Schuldner die Leistungshandlung in Unkenntnis des Rechtsübergangs vornimmt, ihm diese Kenntnis aber vor dem Eintritt des Leistungserfolgs (Zahlungseingang beim Gläubiger) vermittelt wird, ist er grundsätzlich nicht verpflichtet, den Eintritt des Leistungserfolgs noch zu verhindern (BGH NJW 89, 905; OLG Düsseldorf WM 75, 397). § 407 BGB enthält keine derartige Verpflichtung des Schuldners zum Tätigwerden.

     

    Bei der entsprechenden Anwendung des § 407 BGB auf die Forderungspfändung wird allerdings in der Literatur, insbesondere für die Pfändung von Arbeitseinkommen, die Auffassung vertreten, dass der Drittschuldner sich nicht auf eine guten Glaubens vorgenommene Geldüberweisung berufen könne, die er nach Kenntnis der Pfändung noch rechtzeitig vor der Abbuchung hätte widerrufen können (Stöber, Forderungspfändung, 16. Aufl., Rn. 565a; Rothe, BB 66, 291; Seibert, WM 84, 521).

     

    Der BGH (NJW 89, 905) folgt dieser Ansicht für den Fall einer lediglich einmal vorzunehmenden Überweisung allerdings nicht. Das Gesetz kennt eine solche Verpflichtung des Drittschuldners zum Tätigwerden nicht. Ihm wird gemäß § 829 Abs. 1 ZPO lediglich verboten, „an den Schuldner zu zahlen“. Damit wird er zu einem Unterlassen, nämlich zum Unterlassen einer Zahlung an den Schuldner verpflichtet.

     

    Der Pfändungsbeschluss erlegt dem Drittschuldner keine Handlungspflichten auf. Nach § 840 ZPO muss er lediglich auf Verlangen des Gläubigers bestimmte Erklärungen abgeben. Eine weitere Tätigkeit wird vom Drittschuldner nicht verlangt.

     

    Der BGH betont, dass der Gesetzgeber den Drittschuldner, dem durch die Pfändung ein anderer Gläubiger aufgezwungen wird, möglichst wenig belasten wollte. Dem würde es widersprechen, wenn man dem Drittschuldner über die klare gesetzliche Regelung hinaus die Verpflichtung auferlegen wollte, nicht nur jede Zahlung an den Schuldner zu unterlassen, sondern eine bereits in die Wege geleitete Zahlung nach Möglichkeit wieder rückgängig zu machen.

     

    PRAXISHINWEIS | Der BGH betont ausdrücklich, dass das Vorstehende nur bei einer einmal vorzunehmenden Überweisung gilt! Er hat dies bei Daueraufträgen - wie bei Behörden üblich - ausdrücklich offengelassen. Insofern wird die Ansicht vertreten, dass im vorliegenden Fall die Behörde die Zahlung für November an den Schuldner bei der ihr obliegenden Sorgfalt noch hätte stoppen können (Zöller/Stöber, ZPO, 30. Aufl., § 829 Rn. 19).

     

    Weiterführende Hinweise

    • Herausgabe der Lohnbelege vom Drittschuldner, VE 14, 2
    • Parallelzustellung mehrerer PfÜB durch mehrere Gerichtsvollzieher?, VE 13, 221
    Quelle: Ausgabe 05 / 2014 | Seite 88 | ID 42618093