Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Energiepreispauschale

    Energiepreispauschale: Das ist bei der Pfändung zu beachten

    von Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz

    | Bereits in VE 22, 162 , haben wir über die Pfändbarkeit der Energiepreispauschale (EPP) berichtet. Diese Einmalzahlungen in Höhe von 300 EUR sollen auch Rentner und Pensionäre zum 1.12.22 erhalten. Der folgende Beitrag erläutert die verschiedenen Auszahlungsmodelle der EPP und zeigt, was Gläubiger bei einer Pfändung beachten müssen. |

    1. Pfändung an der Quelle

    Bei einer Lohnpfändung ‒ Anspruch A (an Arbeitgeber) ‒ müssen die Arbeitgeber als Drittschuldner die EPP abführen (§ 117 Abs. 2 S. 2 EStG). Dasselbe gilt im Rahmen der Pfändung von Rentenleistungen ‒ Anspruch B (an Agentur für Arbeit bzw. Versicherungsträger). Da die EPP kein Arbeitseinkommen darstellt, greifen §§ 850 ff. ZPO nicht. Im Klartext: Die EPP wird somit von einer Lohn- bzw. Gehaltspfändung nicht erfasst.

     

    PRAXISTIPP | Daher muss an der Quelle gepfändet werden. Damit es hierbei nicht zu Problemen kommt, empfiehlt es sich, die zu pfändende Forderung generell unter Anspruch G einzutragen und nicht unter Anspruch A oder Anspruch B. Drittschuldner sind hierbei der Arbeitgeber bzw. die jeweilige Rentenversicherungsanstalt bzw. gehaltsauszahlende Stelle (bei Pensionären i. d. R. die Landesämter für Finanzverwaltung).

     
    • Schritt 1: Eintrag auf Seite 2 bzw. 5

    Drittschuldner (genaue Bezeichnung des Drittschuldners: Firma bzw. Vor- und Zuname, vertretungsberechtigte Person/-en, jeweils mit Anschrift; Postfach-Angabe ist nicht zulässig; bei mehreren Drittschuldnern ist eine Zuordnung des Drittschuldners zu der/den zu pfändenden Forderung/-en vorzunehmen)

     

    Herr/Frau/Firma

    … Arbeitgeber ‒ Anspruch G                                                                                            

    alternativ                                                                                                                             

    … Rentenversicherungsträger ‒ Anspruch G                                                                

     
    • Schritt 2: Eintrag auf Seite 6 bzw. 7

    Anspruch G

    (Hinweis: betrifft Anspruch an weitere Drittschuldner bzw. schon aufgeführte Drittschuldner, soweit Platz unzureichend)

     

    auf Zahlung der Energiepreispauschale

     

    2. Pfändung beim P-Konto

    Unterhält der Schuldner ein P-Konto und wird die EPP diesem gutgeschrieben, gilt für sämtliche Gläubiger: Das P-Konto gewährt dem Kontoinhaber einen automatischen, nicht von einem Antrag abhängigen Pfändungsschutz bei der Pfändung des Kontoguthabens. Ihm wird der monatliche Pfändungsfreibetrag nach § 899 Abs. 1 ZPO für einen Kalendermonat als Grundfreibetrag gewährt (derzeit: 1.330,16 EUR). Dieser kann im Einzelfall nach § 902 ZPO aufgestockt sein.

     

    Beachten Sie | Das Kreditinstitut als Drittschuldnerin muss eine ggf. bestehende Unpfändbarkeit nicht beachten. Denn auch etwaige unpfändbare Ansprüche verlieren ihre Unpfändbarkeit mit Gutschrift auf dem P-Konto. In diesem Moment erlischt der Anspruch des Schuldners auf diese Zahlungen und wird zu einem Auszahlungsanspruch des Schuldners gegen die Bank in derselben Höhe.

     

    Ergibt daher eine Addition der Gutschrift (EPP) mit den sonstigen Gutschriftbeträgen (z. B. Einmalzahlungen, Rente, etc.), dass der dem Schuldner zustehende monatliche Freibetrag nicht überschritten wird, ist an den Schuldner auszuzahlen. Ergibt sich hingegen, dass eine Zusammenrechnung der gesamten Gutschriftenbeträge den monatlichen Freibetrag überschreitet, steht der den Freibetrag überschießende Betrag dem Gläubiger zu.

     

    PRAXISTIPP | Die Praxis lehrt, dass Schuldner i. d. R. versuchen, solche Beträge nach § 906 Abs. 2 ZPO frei zu bekommen. Hier könnte das Vollstreckungsgericht u. U. die Unpfändbarkeit nach § 851 ZPO für Gläubiger erklären (zur Nichtanwendbarkeit von § 851 ZPO: AG Norderstedt VE 22, 196 in dieser Ausgabe). Denn § 851 ZPO ist von Amts wegen zu beachten, auch wenn er ausdrücklich nicht in § 906 Abs. 2 ZPO aufgelistet ist. Im Rahmen eines solchen Schutzantrags muss jedoch der Schuldner dem Vollstreckungsgericht seine antragsbegründenden Tatsachen nachweisen und erklären, wieso die EPP unpfändbar sein soll. Insbesondere muss er darlegen, dass es sich bei dem gepfändeten Konto um ein P-Konto handelt. Hierzu muss er eine entsprechende Bescheinigung seiner Bank vorlegen, aus der auch der für ihn geltende Freibetrag hervorgehen muss. Des Weiteren muss er den Eingang der EPP, die er zur Freigabe beantragt, nachweisen. Hierzu muss er Kontoauszüge vorlegen.

     

    Oft kombinieren Schuldner Freigabeanträge nach § 906 Abs. 2 ZPO mit einem Antrag auf Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO, indem sie sich auf Sittenwidrigkeit bzw. Unzumutbarkeit berufen. Im Rahmen der Prüfung des Antrags nach § 765a ZPO gilt allerdings, dass es sich hierbei um eine Ausnahmeregelung handelt. Deren Hürden sind sehr hoch und im Einzelfall zu prüfen.

    3. Pfändung beim Nicht-P-Konto

    Besitzt der Schuldner kein P-Konto, ist die dem Konto gutgeschriebene EPP zunächst komplett für sämtliche Gläubiger pfändbar. Schutz bietet hier ebenfalls nur ein Antrag des Schuldners nach § 765a ZPO, was allerdings der Einzelfallprüfung bedarf.

     

    Beachten Sie | Für Gläubiger und Schuldner ist jedoch § 935 Abs. 3 ZPO wichtig. Hiernach gilt, dass der Drittschuldner erst vier Wochen nach der Zustellung des Überweisungsbeschlusses ‒ nicht Pfändungsbeschlusses ‒ an den Gläubiger leisten oder der Betrag hinterlegt werden darf, vorausgesetzt, der Schuldner ist eine natürliche Person (nicht juristische Person).Damit soll dem Schuldner ausreichend Zeit eingeräumt werden, nachträglich ein P-Konto einzurichten bzw. einen Schutzantrag nach § 765a ZPO bzw. ggf. eine einstweilige Anordnung gemäß § 732 Abs. 2 ZPO zu erwirken.

     

    Das Verbot gilt kraft Gesetzes, also auch, wenn es im Überweisungsbeschluss nicht erwähnt wurde und auch unabhängig davon, ob der Schuldner im Einzelfall ein P-Konto errichtet.

     

    MERKE | Die Auszahlungssperre gilt aber nur einmalig hinsichtlich solcher Guthaben, die bei Zustellung des Überweisungsbeschlusses noch vorhanden sind (BT-Drucksache 16/7615, S. 18).

     

    4. Zugriff beim Drittkonto

    Ist der Schuldner nicht im Besitz eines eigenen Kontos, sondern nutzt er ein Drittkonto, kann der Gläubiger den Auszahlungsanspruch des Schuldners gegenüber dem Dritten gemäß § 667 BGB pfänden (BGH VE 08, 118; BVerfG 15, 206). Dem Schuldner steht in dieser Konstellation der Weg über ein (eigenes) P-Konto offen, wenn er Gelder auf Konten vor Pfändung schützen will.

     

    Beachten Sie | Diesem Schutz entzieht er sich aber, indem er es unterlässt, dafür zu sorgen, dass die Zahlungen auf seinem P-Konto eingehen, und er allein aufgrund des fehlenden P-Kontos den Fall einer besonderen Härte im Sinne des § 765a ZPO herbeiführen möchte.

     

    Zudem gilt, dass § 765a ZPO im Verhältnis zwischen Gläubiger und Drittschuldner nicht ‒ auch nicht mittelbar ‒ anwendbar ist. Insofern kann sich der Dritte nicht auf § 765a ZPO berufen.

     

    Beachten Sie | Es ist daher Sache des Schuldners, ggf. einen solchen Antrag für die Zukunft ‒ nicht rückwirkend ‒ zu stellen.

    Quelle: Ausgabe 11 / 2022 | Seite 201 | ID 48613145