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  • · Fachbeitrag · Familienrechtliche Angelegenheit

    Vollstreckung gegen mitwirkungsbereiten Dritten

    | Die Vollstreckung aus familienrechtlichen Angelegenheiten, insbesondere bei Umgangsregelungen, gestaltet sich oft schwierig. Dies zeigt eine aktuelle Entscheidung des BGH. |

     

    Sachverhalt

    Den Eltern wurde ihr minderjähriges Kind vorläufig entzogen und bei einer Pflegefamilie untergebracht. Das Jugendamt wurde zum Ergänzungspfleger bestimmt. Nachdem die Kindesmutter einen Umgangsbeschluss erwirkt hatte, wonach sie das Kind wöchentlich in den Räumen des Jugendamts im Rahmen des begleiteten Umgangs sehen konnte, beendete die Behörde wegen der infolge der Coronapandemie bestehenden Infektionsgefahr die Zusammenkünfte. Auf Antrag der Mutter setze das AG Gießen gegen das Jugendamt ein Ordnungsgeld von 5.000 EUR fest. Das OLG Frankfurt hob den Beschluss wieder auf. Der BGH gab dem OLG Frankfurt im Rahmen der Rechtsbeschwerde Recht ‒ mit folgenden Leitsätzen (9.6.21, XII ZB 513/20, Abruf-Nr. 224519):

     

    • 1. Gegen einen mitwirkungsbereiten Dritten i. S. v. § 1684 Abs. 4 S. 3 und 4 BGB kann eine gerichtliche Regelung des begleiteten Umgangs nicht vollstreckt werden.
    • 2. Das gilt auch, wenn dieser (hier das Jugendamt) in anderer Funktion Beteiligter des Umgangsverfahrens war.
     

    Relevanz für die Praxis

    Vom Familiengericht getroffene Umgangsrechtsentscheidungen führen praktisch bei einem Verstoß dazu, dass eine Vollstreckung ‒ hier: gegen das Jugendamt als Behörde ‒ nicht möglich ist. Der Ergänzungspfleger kann nicht gegen seinen Willen zur Mitwirkung beim Umgang gezwungen werden, soweit die Behörde ihre Räumlichkeiten und das Begleitpersonal zur Verfügung stellen soll. Grund: Ein begleiteter Umgang kann nur stattfinden, wenn überhaupt ein mitwirkungsbereiter Dritter anwesend ist. Folge: Zieht das Jugendamt sein Einverständnis zurück, gibt es keinen Dritten mehr, sodass der Beschluss wirkungslos ist. Nur im Hinblick auf die Aufgabe als Ergänzungspfleger kann das Jugendamt verpflichtet werden. Die Umgangsbegleitung gehört aber nicht dazu. Der BGH bietet allerdings im betreffenden Fall Lösungen an:

     

    • Die Mutter als umgangsberechtigter Elternteil hat ein aus § 18 Abs. 3 S. 3 und 4 SGB VIII abgeleitetes verwaltungsgerichtlich einklagbares subjektives Recht gegen den staatlichen Träger der Jugendhilfe auf Beratung und Unterstützung bei der Ausübung des Umgangsrechts, das mittels Eilrechtsschutzes durchgesetzt werden kann. Dies kann auch die Pflicht des Jugendhilfeträgers einschließen, vor dem Familiengericht die Gründe für die Verweigerung beim Umgang zu erklären.

     

    • Möglich ist auch, dass die Mutter eine Änderung der Umgangsentscheidung durch das Familiengericht beantragt, wenn sich die zugrunde liegende Sachlage verändert hat.
    Quelle: Ausgabe 11 / 2021 | Seite 188 | ID 47692580