· Fachbeitrag · Räumung
Beschränkte Räumungsvollstreckung aus Zuschlagsbeschluss möglich
| Der BGH hat jetzt klargestellt, dass ein beschränkter Vollstreckungsauftrag nach § 885a ZPO auch auf einen Zuschlagsbeschluss nach § 93 Abs. 1 ZVG gestützt werden kann. |
Entscheidungsgründe
Der BGH stellt zunächst fest, dass der Gesetzeswortlaut des § 885a ZPO eindeutig ist (2.3.17, I ZB 66/16, Abruf-Nr. 194258). Ihm lässt sich keine Einschränkung auf Vollstreckungen bei Bestehen eines Vermieterpfandrechts entnehmen. Nach § 885a Abs. 1 ZPO sind Vollstreckungsaufträge vielmehr allgemein auf Maßnahmen nach § 885 Abs. 1 ZPO beschränkbar, sodass auf Zuschlagsbeschlüsse gemäß § 93 Abs. 1 S. 1 ZVG gestützte Vollstreckungsaufträge erfasst werden.
Der Gesetzgeber wollte - abweichend von dem Konzept der „Berliner Räumung“ - eine vereinfachte Räumung ermöglichen, die gerade nicht voraussetzt, dass der Gläubiger sein Vermieterpfandrecht an den in die Räume eingebrachten Gegenständen des Schuldners ausübt (vgl. Regierungsentwurf eines Mietrechtsänderungsgesetzes, BT-Drucksache 17/10485, S. 31).
Auch der Sinn und Zweck sprechen für Anwendung des § 885a ZPO: Diese Vorschrift ermöglicht es dem Gläubiger, die mit der Räumungsvollstreckung gemäß § 885 ZPO verbundenen hohen Transport- und Lagerkosten zu vermeiden und damit den Kostenvorschuss für die Vollstreckung erheblich zu reduzieren (BT-Drucksache 17/10485, S. 15; BGH VE 15, 76). Ein Bedürfnis zur Kostenreduzierung bei der Räumungsvollstreckung ist jedoch nicht auf die Fälle der Vollstreckung durch einen Vermieter beschränkt, sondern besteht in gleicher Weise bei der Vollstreckung anderer Räumungstitel, wie etwa eines Zuschlagsbeschlusses gemäß § 93 Abs. 1 ZVG.
Relevanz für die Praxis
Der am 1.5.13 in Kraft getretene § 885a ZPO (vgl. VE 13, 85) hat das schon zuvor anerkannte „Berliner Modell“ gesetzlich näher geregelt. Hiernach kann der Vollstreckungsauftrag des Gläubigers darauf beschränkt werden, den Schuldner aus dem Besitz zu setzen und den Gläubiger in den Besitz einzuweisen. Der Gläubiger kann die in der Wohnung vorgefundenen beweglichen Sachen, die nicht Gegenstand der Zwangsvollstreckung sind, unter Beachtung der näheren Regelungen in § 885a Abs. 3 bis 5 ZPO wegschaffen und verwerten. Diese Vorschriften sind seitdem auch für die Fälle einer Räumung aus einem Zuschlagsbeschluss anwendbar. Der BGH vollzieht mit seiner Entscheidung aufgrund zwischenzeitlich eingetreteten Gesetzesänderung eine „Kehrtwende“ und rückt damit von seiner gegensätzlichen Entscheidung ab (DGVZ 13, 155).
Weiterführende Hinweise
- Keiner hat‘s gemerkt: Berliner Räumung auch aus Zuschlagsbeschluss möglich, VE 16, 162
- Auswirkungen der Novelle auf die Vollstreckung, VE 13, 85