· Fachbeitrag · Praxismanagement
Verordnung von Physiotherapie in der Zahnarztpraxis: Geht das?
von Caroline-Kristina Havers, Fachwirtin für zahnärztliches Praxismanagement und Praxiscoach, Dortmund
| Viele Zahnärzte sind verunsichert, wenn ein Patient die Frage nach der Verordnung von Physiotherapie stellt, da sie häufig nicht genau wissen, in welchem Rahmen ihnen dies gestattet ist. Dieser Beitrag zeigt auf, in welchen Fällen der Zahnarzt Physiotherapie verordnen darf und was beim Ausstellen einer Überweisung zu beachten ist. |
Die rechtlichen Grundlagen
Ein Rundschreiben der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) vom November 2002 befasst sich mit dem Thema.
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„Vertragszahnärzte sind grundsätzlich berechtigt, Heilmittel im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung zu verordnen, soweit die Verordnung zur Ausübung der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde gehört. (...) Zu den Heilmitteln, die der Zahnarzt im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung verordnen kann, gehören Sprachtherapie (logopädische Behandlung) und die physiotherapeutischen Maßnahmen.“ |
Myofunktionelle Therapie hingegen darf durch den Zahnarzt nach einer Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK, 1988) nicht verordnet werden. Erkrankungen, die eine Verordnung von Physiotherapie notwendig machen, sind zum Beispiel:
- Craniomandibuläre Dysfunktion (CMD)
- Kiefergelenksbeschwerden
- Bruxismus.
PRAXISHINWEIS | Die physiotherapeutischen Maßnahmen sollten durch eine Schienentherapie begleitet werden. |
Wie bei allen zahnärztlichen Leistungen ist auch bei der Verordnung von Physiotherapie das Wirtschaftlichkeitsgebot zu beachten (§ 12 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch V). Danach sind die Maßnahmen hinsichtlich ihrer Art und ihres Umfanges bei sorgfältiger Prüfung der Notwendigkeit, Zweckmäßigkeit und nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu verordnen. Die Verordnung von Physiotherapie kann auf dem Rezeptformular erfolgen (Muster 16). Wärmebehandlung wie Fango kann für den Kiefergelenksbereich verordnet werden. Eine Diagnose für die manuelle Therapie (MT) bzw. für die Krankengymnastik des Kiefergelenks (KG) ist auf der Überweisung zu vermerken.
Die nachfolgenden drei Beispiele zeigen, wie eine Verordnung des Zahnarztes demnach aussehen könnte:
- 6 x Krankengymnastik des Kiefergelenks und 6 x Fango (Diagnose: CMD)
- oder
- 6 x Manuelle Therapie (Diagnose: CMD)
- oder
- 6 x Craniosacrale Kiefergelenksbehandlung (Diagnose: CMD)
Was bei einer Überweisung beachtet werden sollte
Da nicht alle Physiotherapeuten sämtliche verordneten Leistungen erbringen dürfen, kommt es vor, dass der Physiotherapeut die Überweisung zum Beispiel von MT auf KG umgeschrieben haben möchte. In diesem Fall sollte Rücksprache mit der Physiotherapeutischen Praxis bzw. dem Patienten gehalten werden. Wenn nämlich ein Zahnarzt etwa eine MT verordnet hat, der vom Patienten gewählte Therapeut die Leistung jedoch nicht erbringen darf, ist der Zahnarzt nicht verpflichtet, die Überweisung umzuschreiben.
PRAXISHINWEIS | Der Physiotherapeut benötigt zur Durchführung der MT beim Patienten eine Zusatzausbildung, die nicht jeder Therapeut absolviert hat. |
Wie oft darf Physiotherapie verordnet werden?
Um Regresse zu vermeiden, sollte bei der Frage, wie oft Physiotherapie verschrieben werden darf, Rücksprache mit der zuständigen Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZV) gehalten werden. Der Grund: Es gibt zum Teil deutliche regionale Unterschiede bei den entsprechenden Empfehlungen.
Laut KZV Berlin wäre folgende Anzahl an Verordnungen möglich:
- Erstversorgung: 6 x physiotherapeutische Maßnahmen
- Folgeverordnung: 6 x physiotherapeutische Maßnahmen (2 x möglich)
- Gesamtverordnungsmenge: 18 Maßnahmen pro Quartal
Die Überweisung ist 14 Tage gültig, daher muss der Patient sich innerhalb dieses Zeitraums einen Termin holen. Sollte er keinen Termin erhalten haben, kann die Überweisung erneut ausgestellt werden. Der Zahnarzt ist nicht dazu verpflichtet, dies rückwirkend für ein vergangenes Quartal zu tun.
PRAXISHINWEIS | Manche Krankenkassen geben die Fehlinformation, dass der Zahnarzt eine langfristige Verordnung von Physiotherapie ausstellen könne. Dabei rekurrieren sie auf eine neue Vereinbarung zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die am 1. Januar 2013 in Kraft getreten ist. Diese Vereinbarung gilt jedoch nur für den Arzt, nicht aber für den Zahnarzt. Das bedeutet: Eine langfristige Verordnung darf daher allein der Arzt, nicht aber der Zahnarzt ausstellen. |