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  • · Arbeitsrecht

    Bei Elternzeit gibt es diese Urlaubsansprüche

    Bild: ©tom934 - stock.adobe.com

    von RAin, FAin ArbR Kerstin Röper, Peters Schoenlein Peters Partnerschaft mbB, Hannover, www.strategisch-steuern.de

    | Jeder Mitarbeiter hat grundsätzlich pro Kind einen Anspruch auf Elternzeit bis zur Dauer von drei Jahren. Während sich der generelle Umgang damit mittlerweile etabliert hat, gibt es bei den Urlaubsansprüchen aus dieser Zeit immer wieder Probleme und Mitarbeiter stellen umfangreiche Forderungen nach Urlaubsabgeltung für beanspruchte Elternzeiten. Insbesondere bei mehreren Elternzeiten und in puncto rechtzeitiger Kürzung von Urlaubsansprüchen sollten Praxisinhaber deshalb genau über ihre Rechte und Pflichten informiert sein. |

    Auch bei mehreren Elternzeiten wird Resturlaub übertragen

    Nach § 17 Abs. 2 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) ist der einem Arbeitnehmer zustehende Urlaub, den er vor dem Beginn einer Elternzeit nicht oder nicht vollständig nehmen konnte, nach der Elternzeit im laufenden oder im nächsten Urlaubsjahr zu gewähren. Dieser Grundsatz gilt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) auch, wenn sich an die erste eine zweite Elternzeit anschließt: Dann wird der vor einer ersten Elternzeit entstandene Anspruch auf Erholungsurlaub auf die Zeit nach einer weiteren Elternzeit, die sich unmittelbar an die frühere Elternzeit anschließt, übertragen (Urteil vom 20.5.2008, Az. 9 AZR 219/07, Abruf-Nr. 081645).

     

    In § 24 S. 2 Mutterschutzgesetz (MuschG) befindet sich eine dem § 17 Abs. 2 BEEG entsprechende Regelung. Danach kann eine Arbeitnehmerin den Urlaub, den sie vor Beginn eines Beschäftigungsverbots nicht oder nicht vollständig erhalten hat, nach dem Ende des Beschäftigungsverbots im laufenden oder im nächsten Urlaubsjahr beanspruchen.

     

    Eine Arbeitnehmerin, die wegen mehrerer Elternzeiten ‒ und ggf. wegen noch über die Mutterschutzzeiten hinausgehender Beschäftigungsverbote (z. B. während der Schwangerschaft oder Stillzeit) ‒ über einen längeren Zeitraum nicht beschäftigt war, könnte aufgrund der gesetzlichen Übertragungsregelungen und der oben dargestellten Rechtsprechung Urlaubsansprüche aus länger zurückliegenden Jahren geltend machen.

     

    • Beispiel

    Mitarbeiterin M steigt nach einem Beschäftigungsverbot während der Schwangerschaft und zwei hintereinander folgenden Elternzeiten am 15.11.2019 wieder in den Praxisbetrieb ein. Sie hat für das Jahr 2019 noch 2/12 ihres Urlaubsanspruchs, bei 30 Tagen Jahresurlaub sind das 5 Tage. Hinzu kommen noch bestehende Urlaubsansprüche aus der Zeit vor dem Beginn des Beschäftigungsverbots und den anschließenden Elternzeiten.

     

    Sie können Urlaubsansprüche bei Elternzeit kürzen

    Die in der Elternzeit grundsätzlich weiter anfallenden Urlaubsansprüche können für mehrere Jahre geltend gemacht werden, wenn sie im Hinblick auf geplante oder bereits genommene Elternzeiten nicht rechtzeitig durch den Arbeitgeber gekürzt worden sind.

     

    Gemäß § 17 Abs. 1 S. 1 BEEG kann der einem Arbeitnehmer für das Urlaubsjahr zustehende Erholungsurlaub grundsätzlich für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel gekürzt werden (BAG, Urteil vom 19.03.2019, Az. 9 AZR 362/18, Abruf-Nr. 207806). Diese Kürzung erfolgt jedoch nur, wenn der Arbeitgeber von ihr Gebrauch macht, d. h. diese gegenüber dem Arbeitnehmer erklärt. Insofern muss der Arbeitgeber entweder aktiv werden und den Urlaubsanspruch eines „Elternzeiters“ durch eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung kürzen. Oder die Abgabe der Kürzungserklärung ist schon vorab im Arbeitsvertrag vereinbart worden (Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 23.01.2019, Az. 5 Sa 951/18; Abruf-Nr. 209056).

     

    MERKE | Nicht erforderlich ist, dass die Erklärung der Urlaubskürzung vor Antritt der Elternzeit erfolgt. Das Recht zur Kürzung kann auch noch während und sogar erst nach der Elternzeit beansprucht werden.

     

    In Bezug auf die Kürzung von Urlaubsansprüchen gibt es allerdings eine wichtige Einschränkung: Ist das Arbeitsverhältnis bereits beendet, kann nach der Rechtsprechung des BAG die Kürzung des Urlaubsanspruchs (bzw. der Urlaubsabgeltung, d. h. einer Auszahlung in Geld) nicht mehr erklärt werden (Urteil vom 19.05.2015, Az. 9 AZR 725/13, Abruf-Nr. 144712). Das bedeutet: Versäumt der Arbeitgeber die Kürzung des Urlaubs für die Dauer der Elternzeit und endet das Arbeitsverhältnis, kann der Arbeitnehmer eine Ersatzzahlung für den ausstehenden Urlaub ‒ der bei mehreren Elternzeiten einen erheblichen Umfang erreichen kann ‒ verlangen.

     

    PRAXISTIPP | Eine Kürzungserklärung sollte möglichst frühzeitig, am besten bereits nach erfolgter Anzeige der geplanten Elternzeit, erfolgen. Spätestens aber sollte sie während der laufenden Kündigungsfrist erfolgen. Des Weiteren sollte die Kürzung zu Beweiszwecken schriftlich erklärt und der Empfang von dem betreffenden Arbeitnehmer durch Unterschrift bestätigt werden. Bei dessen Abwesenheit sollte die Erklärung durch einen Boten zugestellt werden.

     

    Arbeitet der Mitarbeiter während der Elternzeit in Elternteilzeit, kommt keine Kürzung des Urlaubs für diesen Zeitraum in Betracht. Und reduziert er seine Wochenarbeitstage, verkürzt sich ein bereits in Vollzeit erworbener (!) Urlaubsanspruch wegen des Gleichbehandlungsgebots der europäischen Teilzeitrichtlinie ebenfalls nicht automatisch (Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 11.6.2014, Az. 2 Sa 125/14, Abruf-Nr. 142602).

     

    Weiterführende Hinweise

    • „Neues Mutterschutzgesetz tritt am 01.01.2018 in Kraft ‒ die wichtigsten Änderungen für Zahnarztpraxen“ in ZP 12/2017, Seite 1
    • „Unterbrechung und Anhängen der Elternzeit“ in ZP 06/2009, Seite 1
    • „Ein freudiges Ereignis - nur nicht unbedingt für den Chef oder die Chefin der Praxis: Elternzeit“ in ZP 06/2013, Seite 14
    • „Resturlaubsanspruch geht auch bei zweiter Elternzeit nicht verlorenr“ in ZP 09/2008, Seite 2
    Quelle: Ausgabe 08 / 2019 | Seite 16 | ID 45510380