· Fachbeitrag · Außerordentliche Kündigung
Grobe Beleidigung des Vorgesetzten in einem Vier-Augen-Gespräch = fristlos raus!
| Grob ehrverletzende, diffamierende und von erheblicher Missachtung der Person geprägte Äußerungen über Vorgesetzte oder Kollegen in einem Vier-Augen-Gespräch am Arbeitsplatz können eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Dies gilt dann, wenn der Arbeitnehmer nach den Umständen und dem Inhalt des Gesprächs im Einzelfall nicht davon ausgehen kann, dass seine Äußerungen als vertraulich eingeordnet und behandelt werden (Landesarbeitsgericht [LAG] Hamm, Urteil vom 14.07.2022, Az. 8 Sa 365/22 ). |
Sachverhalt
Der 22-jährige unverheiratete Arbeitnehmer zeigte aggressiv wirkendes Auftreten und unangemessenen Tonfall gegenüber seinem direkten Vorgesetzten und erhielt eine schriftliche Abmahnung. Eine weitere Abmahnung erhielt er, weil er einen Vorgesetzten als „Arschlecker von E.“ bezeichnete und ihm mit den Worten drohte: „Wir können auch nach draußen gehen. Ich finde Dich sowieso“. Einige Zeit später beschimpfte er zwei Vorgesetzte als „Polen-Mafia“ und „schlechte Menschen“. Gegenüber einem Kollegen bezeichnete er den einen Vorgesetzten mehrfach als „Hurensohn“ und erklärte weiter, er wolle diesem „den Kopf abschneiden“. Der Kollege informierte noch am selben Tag den Vorgesetzten. Mit Schreiben vom gleichen Tag kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos, vorsorglich fristgerecht.
Entscheidungsgründe
Das LAG Hamm kam zum gleichen Ergebnis wie das Arbeitsgericht und wies die Kündigungsschutzklage des 22-Jährigen ab. Der Arbeitgeber habe im Hinblick auf die außerordentliche Kündigung einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB zur sofortigen Auflösung des mit dem Arbeitnehmer begründeten Arbeitsverhältnisses gehabt. Die weitere Zusammenarbeit war ihm aufgrund einer negativen Zukunftsprognose nicht weiter zuzumuten.
Entscheidend sei auch, dass der Arbeitnehmer nicht nur mit der Wortwahl „Hurensohn“ den Grenzbereich des Erträglichen deutlich überschritten habe. Vielmehr sei mit der Ankündigung „den Kopf abzuschneiden“ eine mindestens zweideutige Erklärung abgegeben worden, die den Kollegen durchaus dazu veranlassen konnte, dies als ernsthafte Ankündigung massiver körperlicher Gewalt gegenüber einem weiteren Kollegen oder gar dessen Tötung verstehen zu können. Der 22-Jährige habe damit rechnen müssen, dass sein Gesprächspartner diese im Interesse der persönlichen und körperlichen Integrität des angesprochen Vorgesetzten weitergeben werde oder sich dazu verpflichtet fühlte. Vertraulichkeit sei nur bei entsprechender persönlicher Nähebeziehung und einem entsprechenden Ort und Inhalt der Äußerungen gerechtfertigt.
Die außerordentliche Kündigung stelle sich auch als im Einzelfall geeignetes, erforderliches und im engeren Sinne verhältnismäßiges Mittel dar, um das Interesse des Arbeitgebers an störungs- und spannungsfreien betrieblichen Abläufen für die Zukunft zu gewährleisten.