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  • · Fachbeitrag · Praxisentwicklung

    Kooperationen mit Dentallaboren oder Ärzten: Was ist zulässig - was macht ökonomisch Sinn?

    von Rechtsanwältin Susanne Schuster, LL.M. Medizinrecht, Kanzlei Dr. Hahne, Fritz, Bechtler & Partner, Gießen, www. hfbp.de 

    | Zusammenschlüsse von Zahnärzten mit anderen Dienstleistern der Gesundheitsbranche sind in Zeiten wirtschaftlicher Optimierung gefragter denn je. Heutzutage bestehen vielfältige Möglichkeiten der Kooperation - doch nicht alle sind ökonomisch sinnvoll oder rechtlich zulässig. Angesichts der zunehmenden strafrechtlichen Verfolgung unzulässiger Kooperationsformen durch spezialisierte Generalstaatsanwaltschaften sollte der Zahnarzt vorsichtig sein, bevor er auf ein verlockendes Angebot eingeht. |

    Kooperation mit Dentallaboren

    Zahnärzte streben immer wieder Kooperationen mit Dentallaboren an, die jedoch durchaus problematisch werden können. Entweder der Zahnarzt verfügt selbst über die entsprechende Ausbildung zur Anfertigung zahntechnischer Leistungen und macht diese selbst, oder er lässt solche Arbeiten von einem Zahntechniker in einem Dentallabor anfertigen. Ein solches Dentallabor kann auf unterschiedliche Weise betrieben werden: Neben praxiseigenen Laboren gibt es auch Praxislaborgemeinschaften. Daneben besteht die Möglichkeit, ein gewerbliches Labor (Fremdlabor) zu beauftragen. Je nachdem, wie sich der Zahnarzt entscheidet, sind unterschiedliche Vorgaben zu beachten.

     

    1. Das eigene Praxislabor

    Für ein eigenes Praxislabor spricht, dass der Zahnarzt die Möglichkeit hat, die Qualität der zahntechnischen Leistungen sowie die Preisgestaltung bei außervertraglichen Leistungen direkt zu beeinflussen. Zudem kann er die Anfertigungszeiten deutlich verkürzen - gerade bei zahnmedizinischen Behandlungen ist es wichtig, dass der behandelnde Zahnarzt zeitnah auf benötigte zahntechnische Arbeiten zurückgreifen kann.

     

    Im Praxislabor dürfen zahntechnische Leistungen allerdings nur für eigene Patienten und nicht für andere Zahnärzte erbracht werden. Ein im Eigenlabor tätiger Zahntechniker muss beim Zahnarzt angestellt sein - damit unterliegt er seinen Weisungen. Werden zahntechnische Leistungen für andere Zahnärzte erbracht oder wird der Zahntechniker als Selbstständiger tätig, liegt kein Eigenlabor, sondern ein gewerbliches Labor vor (vgl. dazu unter 3.).

     

    PRAXISHINWEIS |  Das praxiseigene Labor muss nicht in die Handwerksrolle eingetragen werden, auch wenn es sich bei der Anfertigung von zahntechnischen Arbeiten grundsätzlich um eine handwerkliche Tätigkeit handelt. Man geht aber davon aus, dass dabei die zahntechnische im Verhältnis zu der zahnärztlichen Tätigkeit eher von untergeordneter Bedeutung ist, solange keine zahntechnischen Leistungen für Dritte erbracht werden.

     

    Der Zahnarzt kann die im Eigenlabor durch den Zahntechniker erbrachten Leistungen eigenständig gegenüber der Kassenzahnärztlichen Vereinigung bzw. den Patienten abrechnen. Letzterem dürfen dabei wegen § 9 GOZ nur die tatsächlichen angemessenen Kosten der erbrachten Laborleistung in Rechnung gestellt werden - also Auslagen zuzüglich eines angemessenen Gewinnanteils. Voraussetzung ist jedoch, dass diese Kosten nicht bereits mit den GOZ- bzw. GOÄ-Gebühren abgegolten sind.

     

    2. Zusammenschluss zu einer Praxislaborgemeinschaft

    Angesichts der großen Bedeutung der Zahnprothetik für die zahnärztliche Tätigkeit kann es gerade für den Zahnarzt in Einzelpraxis aus Kostengründen interessant sein, sich mit weiteren Kollegen zu einer Praxislaborgemeinschaft zusammenzuschließen. Hierdurch können medizinische Geräte und Personal gemeinsam genutzt und so deutliche Einsparungen erzielt werden. Regelmäßig entfällt nämlich mehr als die Hälfte des Umsatzes einer Zahnarztpraxis auf die Zahnprothetik. Der Haken: Die Unterhaltung eines eigenen Praxislabors ist relativ kostenintensiv.

     

    Nachdem es zunächst umstritten war, ob zahnärztliche Praxislaborgemeinschaften zulässig sind, wurde dies durch das Grundsatzurteil des Landessozialgerichts Schleswig-Holstein vom 07. Juni 1994 (Az. L 6 Ka 25/93) geklärt: Mehrere Zahnärzte sind nunmehr berechtigt, ein gemeinsames Labor nach den Regeln einer Praxisgemeinschaft zu betreiben, um zahntechnische Leistungen zu erbringen. Voraussetzung ist, dass in dem Labor beschäftigte Zahntechniker jeweils einem der beteiligten Zahnärzte als Arbeitnehmer zugeordnet werden können. Die Anleitung und Beaufsichtigung des Zahntechnikers durch einen Zahnarzt muss dabei sichergestellt sein.

     

    Dies erfordert zwangsläufig eine gewisse räumliche Nähe des Labors zu den Zahnarztpraxen, durch die eine entsprechende Anleitung und Beaufsichtigung gewährleistet werden kann. Gerichtliche Entscheidungen dazu, welche Distanz insoweit als angemessen anzusehen ist, existieren bislang noch nicht. Eine Anleitung oder Überwachungsmöglichkeit wird man wohl nicht mehr bei einer einstündigen Autofahrt annehmen können. Zwischenzeitlich wurde diese Kooperationsform auch explizit in den meisten landesrechtlichen Berufsordnungen für Zahnärzte verankert.

     

    Eine Checkliste für Praxislabore hat die Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg veröffentlicht. Sie ist unter dem Link iww.de/sl309 abrufbar. Ein Organigramm zur Wertschöpfung im Praxislabor können Sie auf unserer Homepage zwd.iww.de einsehen: Klicken Sie einfach in der Rubrik „Downloads“ auf den Abschnitt „Arbeitshilfen und Checklisten“.

     

    PRAXISHINWEIS |  Auch die Praxislaborgemeinschaft bedarf keiner Eintragung in die Handwerksrolle, sofern lediglich zahntechnische Arbeiten für kooperierende Praxen angefertigt werden. Darüber hinaus würde eine gewerblich tätige Praxislaborgemeinschaft der Gewerbesteuer unterliegen, was sich wiederum auf die Praxiserträge und damit die gesamten Einkünfte eines Zahnarztes auswirken könnte (sogenannte Abfärbetheorie).

     

    3. Beteiligung an gewerblichen Laboren

    Sofern in einem Praxislabor oder in einer Praxislaborgemeinschaft auch Leistungen für andere bzw. nicht beteiligte Zahnarztpraxen erbracht werden, wandelt sich das Labor in ein Fremdlabor. Das Labor wird damit gewerblich und ist als selbstständiger Handwerksbetrieb in die Handwerksrolle einzutragen. Die für eine Zahnbehandlung notwendigen zahntechnischen Leistungen können dort unproblematisch in Auftrag geben.

     

    Eine andere Frage ist es, ob sich ein Zahnarzt an gewerblichen Laboren als Gesellschafter beteiligen darf. Hier ist Vorsicht geboten. Solche Kooperationen sollten angesichts der aktuellen Entwicklungen im (Zahn-)Arztstrafrecht nur unter großer Zurückhaltung eingegangen werden. Für den Zahnarzt darf sich nicht der Anreiz bieten, möglichst viele zahntechnische Arbeiten bei einem bestimmten Dentallabor in Auftrag zu geben. Es steht unter Umständen ein Verstoß gegen das berufsrechtlich wie sozialrechtlich verankerte Verbot der Zuweisung gegen Entgelt im Raum.

     

    Das Landesberufsgericht für Heilberufe Münster hat in einem Urteil vom 6. Juli 2011 (Az. 6t A 1816/09.T, Abruf-Nr. 113241) in der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung eines Arztes an einem Zytostatika-herstellenden Unternehmen einen Verstoß gegen das Verbot der Zuweisung gegen Entgelt gesehen, da der Arzt durch sein Zuweisungsverhalten einen spürbaren Einfluss auf die Gewinnentwicklung des Unternehmens ausüben konnte.

     

    PRAXISHINWEIS |  Letztlich ist eine Verurteilung des Arztes im berufsgerichtlichen Verfahren lediglich aus dem Grund nicht erfolgt, da dieser sich in einem sogenannten unvermeidbaren Verbotsirrtum befunden habe: Die zuständige Ärztekammer hatte dem Arzt zuvor schriftlich auf Anfrage mitgeteilt, dass die konkrete gesellschaftsrechtliche Beteiligung grundsätzlich keinen Verstoß gegen das ärztliche Berufsrecht darstelle.

     

    Daneben wurde das Verbot der Zuweisung gegen Entgelt auch in die sozialrechtlichen Bestimmungen aufgenommen (vgl. § 73 Abs. 7 Sozialgesetzbuch [SGB] V). Aufgrund der zahlreichen Umgehungsversuche gesellschaftsrechtlicher Art hat der Gesetzgeber klargestellt, dass bereits die Beteiligung an Gewinnen von Unternehmen, die Zahnärzte durch ihr Verordnungsverhalten beeinflussen können, unzulässig ist.

     

    Die entsprechende Regelung findet sich in § 128 Abs. 2 Satz 3 SGB V, die zwar nur Vertragsärzte erwähnt, jedoch auch auf Zahnärzte angewendet wird.

     

    •  § 128 Abs. 2 Satz 3 SGB V

    Unzulässige Zuwendungen im Sinne des Satzes 1 sind auch die unentgeltliche oder verbilligte Überlassung von Geräten und Materialien und Durchführung von Schulungsmaßnahmen, die Gestellung von Räumlichkeiten oder Personal oder die Beteiligung an den Kosten hierfür sowie Einkünfte aus Beteiligungen an Unternehmen von Leistungserbringern, die Vertragsärzte durch ihr Verordnungs- oder Zuweisungsverhalten selbst maßgeblich beeinflussen.

     

    So hat der Bundesgerichtshof aktuell in einem Urteil vom 23. Februar 2012 (Az. I ZR 231/10, Abruf-Nr. 122543) entschieden: Es stellt eine unangemessene unsachliche Einflussnahme auf die zahnärztliche Diagnose- und Therapiefreiheit dar, wenn sich Zahnärzte vertraglich verpflichten, eine Dentallabor-GmbH mit sämtlichen anfallenden Dentallaborleistungen zu beauftragen, und die Zahnärzte am Gewinn dieser GmbH partizipieren können. Den zugrunde liegenden Kooperationsvertrag mit dem Dentallabor sah das Gericht als nichtig an. Das Gericht ließ es ausreichen, dass die Zahnärzte am Gewinn des Dentallabors und damit nur mittelbar von ihm profitierten.

     

    Entsprechend dem Wortlaut der gesetzlichen Bestimmungen wird nicht jede Beteiligung an einem Unternehmen als Gesetzesverstoß zu werten sein. Allerdings sollte der Zahnarzt mit dieser Thematik sensibel umgehen und sich vor dem Abschluss solcher Kooperationen vom Anwalt beraten lassen. Im Zweifel sollte er von einer solchen Kooperation lieber Abstand nehmen.

     

    PRAXISHINWEIS |  Der Zahnarzt muss die finanzielle Vorteile aus einer solchen Kooperation direkt an den Patienten weitergeben. Das bedeutet: Gegenüber dem Versicherten und der Krankenkasse dürfen nur die tatsächlich angefallenen Material- und Laborkosten abgerechnet werden. Auftragsbezogene Rückvergütungen - etwa Preisnachlässe, Umsatzbeteiligungen oder einen Bonus - dürfen die Zahnärzte nicht für sich behalten.

     

    Kooperation mit Ärzten

    Im Unterschied zur Kooperation mit Dentallaboren ist eine Zusammenarbeit mit Ärzten für Zahnärzte sinnvoll, wenn die Ursache der Erkrankung eines Patienten verschiedenen medizinischen Fachgebieten zuzuordnen ist und hierdurch die Qualität bzw. das Ergebnis der Behandlung verbessert werden kann. Hier kommt zum Beispiel eine Kooperation mit einem Psychotherapeuten oder einem Physiotherapeuten infrage.

     

    Zusammenarbeit grundsätzlich zulässig

    Eine solche Kooperation mit Heilberuflern ist zulässig, soweit die gesetzlichen Vorgaben beachtet werden. So regelt das zahnärztliche Berufsrecht in § 17 der Musterberufsordnung-Zahnärzte (MBO-Z), dass sich Zahnärzte auch mit selbstständig tätigen und zur eigenverantwortlichen Berufsausübung berechtigten Angehörigen anderer Heilberufe zusammenschließen können.

     

    Niedergelassene Ärzte fallen daher regelmäßig in den Kreis der potenziellen Kooperationspartner. Voraussetzung ist weiter, dass die eigenverantwortliche, fachlich unabhängige sowie freiberufliche Berufsausübung sowohl des Zahnarztes wie des Arztes gewährleistet bleibt.

     

    Eine vergleichbare Regelung findet sich auch in der Musterberufsordnung für Ärzte (MBO-Ä). Diese stellt weitere Anforderungen an eine solche „medizinische Kooperationsgemeinschaft“. Ihre Vorschriften müssen bei einer Kooperation zwischen Arzt und Zahnarzt ebenfalls eingehalten werden.

     

    Abrechnung erbrachter Leistungen

    Die Abrechnung der in einer medizinischen Kooperationsgemeinschaft erbrachten ärztlichen und zahnärztlichen Leistungen hat - vergleichbar wie in einer Praxisgemeinschaft - getrennt zu erfolgen. Es handelt sich daher auch hier lediglich um eine Kostengemeinschaft. Als mögliche Gesellschaftsformen einer medizinischen Kooperationsgemeinschaft sind vorgesehen:

     

    • Partnerschaftsgesellschaft (PartG)
    • Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)
    • Juristische Person des Privatrechts (zumeist GmbH)

     

    Die häufigste Gesellschaftsform ist die GbR. Die Gründung einer PartG bzw. einer GmbH unterliegt weitergehenden Voraussetzungen bzw. Einschränkungen, auf die an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden soll.

     

    Für die Gründung einer medizinischen Kooperationsgemeinschaft bedarf es in jedem Fall eines schriftlichen Kooperationsvertrages. Darin sind zwingend folgende Punkte vorzusehen:

     

    • Die Vertragsparteien müssen einen gleichgerichteten oder integrativ diagnostischen oder therapeutischen Zweck bei der Heilbehandlung verfolgen. Dieser Zweck erfolgt durch ein räumlich nahes und koordiniertes Zusammenwirken. Die Gesellschaft kann daher Mietverträge abschließen, Einrichtungsgegenstände erwerben und Personal einstellen.

     

    • Vor dem Austausch von Patientendaten sollten von gemeinsam behandelten Patienten schriftliche Einwilligungserklärungen eingeholt werden.

     

    • Alle zahnmedizinischen Entscheidungen über Diagnose und Therapie bleiben dem Zahnarzt, alle medizinischen Entscheidungen dem Arzt vorbehalten. Die verschiedenen Verantwortungsbereiche bleiben also letztlich getrennt. Es erfolgt keine wechselseitige Haftungsübernahme.

     

    • Die freie (Zahn-)Arztwahl des Patienten darf nicht eingeschränkt werden. Der Zahnarzt darf nicht verpflichtet sein, Patienten ausschließlich an seine Kooperationspartner zu verweisen. Er muss sich bei allen Therapieentscheidungen und bei seiner Arzt-Empfehlung ausschließlich am Interesse und an der Gesundheit des Patienten orientieren.

     

    • Die Einhaltung der jeweiligen berufsrechtlichen Bestimmungen, insbesondere das Verbot der Zuweisung gegen Entgelt oder andere Vorteile, muss gewährleistet bleiben.

     

    FAZIT |  Dies sind nur zwei Bereiche von denkbaren Kooperationsmodellen, die der Zahnarzt eingehen kann. Kooperationen sind für den Zahnarzt gerade unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten häufig sinnvoll - und von der Intention des Gesetzgebers auch gewollt. Vor der Etablierung einer solch engen Zusammenarbeit sollte der Zahnarzt jedoch die rechtlichen Rahmenbedingungen genau überprüfen, damit es im Nachhinein keine bösen Überraschungen gibt.

    Quelle: Ausgabe 08 / 2013 | Seite 2 | ID 42237797