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  • · Fachbeitrag · Praxisnachfolge

    Tod des Partners einer Gemeinschaftspraxis: Welche Regeln müssen Erben beachten?

    von RA FAStR Dietmar Sedlaczek, Berlin, www.sps-steuerrecht.de 

    | Beim Tod des Partners einer Gemeinschaftspraxis sind zahlreiche Rechtsfragen zu beantworten. Neben zulassungsrechtlichen Problemen kommt es entscheidend auf die Regelungen im Gesellschaftsvertrag an. Wie immer nach einem Erbfall ist Eile geboten. Vor allem die Erben eines Vertragszahnarztes treffen Pflichten, die relativ rasch zu erfüllen sind. |

    Berufs- und vertragsarztrechtliche Regelungen

    Die Möglichkeiten, die das Gesellschaftsrecht bietet, werden durch berufs- und zulassungsrechtliche Vorschriften eingeschränkt. Daher müssen diese am Anfang der Betrachtung stehen: Berufsrechtlich gilt § 10 Abs. 3 Musterberufsordnung Zahnärzte, wonach die Erben die Zahnarztpraxis durch einen Vertreter unter dem Namen des Verstorbenen durch einen befugten Zahnarzt weiterführen lassen können - bis zu einem halben Jahr, wobei die Frist verlängert werden kann.

     

    Vertragsarztrechtlich endet die Zulassung eines Vertragszahnarztes mit dem Tod. Eine mit § 4 Abs. 3 Bundesmantelvertrag Ärzte vergleichbare Regelung, dass die KZV den Erben die Weiterführung der Praxis durch einen Vertreter bis zum Ablauf des auf das Quartal des Todes folgenden Quartals gestatten darf, gib es nicht. Dennoch gestatten die KZVen in der Praxis die Fortführung der Praxis bis zur Abwicklung oder dem Verkauf - zumindest für drei Monate. Die Praxis muss durch einen Zahnarzt, der mindestens ein Jahr der Assistenzzeit absolviert hat, für Rechnung der Erben fortgeführt werden.

    Gesellschaftsrechtliche Regelungen

    Gesellschaftsrechtlich kann die Nachfolge unterschiedlich gestaltet werden. Zudem sind die Regeln zur Abfindung verzichtender Erben zu beachten.

     

    Fortführungsklauseln

    Häufig sind Gemeinschaftspraxen als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) organisiert. § 727 Abs. 1 BGB bestimmt, dass die Gesellschaft grundsätzlich durch den Tod eines Gesellschafters aufgelöst wird. Nach ganz einhelliger Meinung sind die Regelungen aber nicht zwingend, sondern dispositiv.

     

    Die Gesellschafter können also bestimmen, dass die Gesellschaft durch den Tod eines Gesellschafters nicht aufgelöst wird, sondern ohne Liquidation fortgeführt wird. Die verbleibenden Gesellschafter können dabei zur Übernahme des Gesellschaftsanteils des Verstorbenen berechtigt sein, sie können hierzu aber auch verpflichtet werden. Im ersten Fall haben sie die Wahl zwischen der Fortführung der Gemeinschaftspraxis und deren Auflösung. Bei einer Übernahmepflicht entfällt dieses Wahlrecht.

     

    • Fortführungsklausel (Beispiel)

    „Stirbt einer der Gesellschafter haben die anderen Gesellschafter das Recht, die Gemeinschaftspraxis ohne die Erben fortzuführen. Die Übernahmeerklärung ist gegenüber den Erben innerhalb von vier Wochen nach Kenntnis vom Tode des Gesellschafters abzugeben. Den Erben steht ein Abfindungsanspruch zu, dessen Ermittlung sich nach § (...) regelt. Übernehmen die anderen Gesellschafter die Gemeinschaftspraxis nicht, wird die Gesellschaft aufgelöst.“

     

    Ist - neben dem Verstorbenen - nur noch ein weiterer Gesellschafter an der Zahnarztpraxis beteiligt, muss die Fortsetzungsklausel in der Form ergänzt werden, dass der verbleibende Gesellschafter das Recht hat, die Gesellschaft als Einzelpraxis fortzuführen. Das Vermögen, das dem Verstorbenen zuzurechnen ist, geht im Wege der Anwachsung (§ 738 BGB) auf den oder die verbleibenden Gesellschafter über.

     

    Nachfolgeklausel

    Es besteht ferner die Möglichkeit, für den Fall des Ausscheidens eines Gesellschafters durch Tod eine einfache oder qualifizierte Nachfolgeklausel in den Gesellschaftsvertrag aufzunehmen. So kann etwa bestimmt werden, dass die Erben als Gesellschafter in die Gesellschaft nachfolgen.

     

    • Einfache Nachfolgeklausel (Beispiel)

    „Stirbt einer der Gesellschafter, wird die Gemeinschaftspraxis mit seinen Erben fortgesetzt. Die Mitgliedschaft des verstorbenen Gesellschafters geht auf die Miterben zu den ihren Erbteilen entsprechenden Teilen über.“

     

    Eine solche einfache Nachfolgeklausel ist jedoch meist nicht sinnvoll, da kaum anzunehmen ist, dass alle Erben Zahnärzte sind. Deshalb kommt nur eine qualifizierte Nachfolgeklausel in Betracht, wonach nur ein Zahnarzt mit abgeschlossener Assistenzzeit in die Gesellschaft nachfolgen kann.

     

    • Qualifizierte Nachfolgeklausel (Beispiel)

    „Stirbt einer der Gesellschafter, wird die Gemeinschaftspraxis mit nur einem Erben fortgesetzt, den der Gesellschafter testamentarisch bestimmt hat. Der Erbe muss die Voraussetzungen zur Zulassung als Vertragszahnarzt erfüllen. Erfüllt der Erbe diese Voraussetzungen nicht, wird die Gesellschaft von den übrigen Gesellschaftern unter Abfindung des Erben fortgesetzt.“

     

    Eintrittsklausel

    Die Eintrittsklausel sieht vor, dass der Gesellschaftsanteil zunächst nicht auf die Erben übergeht, sondern erst dann auf einen Erben übergeht, wenn dieser die Aufnahme in die Gesellschaft verlangt und die entsprechenden Voraussetzungen mitbringt. Eintrittsrechte können von der Zustimmung der übrigen Gesellschafter abhängig gemacht werden, aber auch unabhängig von diesen ausgestaltet werden.

     

    • Eintrittsklausel (Beispiel)

    „Stirbt einer der Gesellschafter, erhält dessen Erbe das Recht, in die Gemeinschaftspraxis einzutreten. Der Erbe muss Zahnarzt mit abgeschlossener Assistenzzeit sein. Der Erbe hat den Eintritt innerhalb von zwei Monaten nach dem Tode des Gesellschafters zu erklären. Bis zur Zulassung halten die übrigen Gesellschafter den Anteil des Verstorbenen treuhänderisch.

     

    Tritt der Erbe in die Gemeinschaftspraxis ein, sind die übrigen Gesellschafter verpflichtet, den Anteil unentgeltlich zu übertragen. Ein Abfindungsanspruch des Erben des verstorbenen Gesellschafters gegen die Gesellschaft oder die übrigen Gesellschafter ist in diesem Fall ausgeschlossen. Tritt der Erbe nicht ein, wird die Gesellschaft von den übrigen Gesellschaftern unter Abfindung des Erben fortgesetzt.“

     

    Abfindung für die verzichtenden Erben

    Grundsätzlich darf das Recht zur Kündigung der Gesellschaft nicht ausgeschlossen werden. Dieses Verbot könnte aber ausgehöhlt werden, wenn der Kündigende ohne angemessene Entschädigung ausscheiden muss. Es empfiehlt sich daher, im Gesellschaftsvertrag Regelungen für die Beteiligung der Erben an dem wirtschaftlichen Wert der Praxis aufzunehmen. Zwei Möglichkeiten sind hierfür zulässig: die Abfindung aus dem Gesellschaftsvermögen und die Abfindung aus dem Verkauf des Anteils.

     

    Abfindung aus dem Gemeinschaftspraxisvermögen

    In diesem Fall wird die Praxis durch die oder den verbleibenden Gesellschafter fortgeführt und die Erben haben einen Anspruch auf Abfindung aus dem Vermögen der Gemeinschaftspraxis.

     

    Während es nach früherer eindeutiger Rechtslage möglich war, den Abfindungsanspruch der Erben eines verstorbenen Gesellschafters auf die Buchwerte einschließlich nicht ausgezahlter Gewinnanteile zu reduzieren, ist nach heute ganz überwiegender Auffassung erforderlich, dass ein ausscheidender Gesellschafter bzw. die Erben eines ausscheidenden Gesellschafters angemessen an dem Wert des Gesellschaftsvermögens zu beteiligen sind.

     

    Bei der Berechnung einer angemessenen Abfindung scheiden sich die Geister. Nach der neueren Rechtsprechung ist der Praxiswert grundsätzlich unter Ertragswertgesichtspunkten zu ermitteln.

     

    PRAXISHINWEIS | Bei den Details der Ermittlungsmethoden gibt es viel Streit, welche Positionen zu berücksichtigen und wie sie zu gewichten sind. Wenn der Gesellschaftsvertrag eine Abfindung zum Verkehrswert vorsieht, sollte gleich vereinbart werden, wer den Praxiswert ermittelt. Bewährt hat sich die Klausel, dass der Vorstand der Zahnärztekammer einen Sachverständigen benennt, dessen Gutachten verbindlich ist. Zwar kann eine solche Klausel eine Auseinandersetzung über den Wert des Praxisanteils nicht ausschließen - da aber derjenige, der mit dem ermittelten Wert nicht einverstanden ist, das Gutachten qualifiziert angreifen muss, sind die Hürden für eine gerichtliche Auseinandersetzung hoch.

     

    Viele Gemeinschaftspraxisverträge vereinbaren Methoden zur Ermittlung des Praxiswertes und des daraus abzuleitenden Abfindungsguthabens, die sich an eine Praxiswertermittlung nach Ertragswertgesichtspunkten anlehnen. Häufig wird auch auf pauschalierende Betrachtungsweisen zurückgegriffen, wie zum Beispiel die Wertbestimmung nach einem bestimmten Teil vom Jahresumsatz, das frühere oder heutige Stuttgarter Verfahren nach den Erbschaftsteuerrichtlinien, die Ärztekammermethode oder andere.

     

    Der Bundesgerichtshof (BGH) vertritt in seiner Rechtsprechung die Auffassung, dass derartige Methoden grundsätzlich zulässig sind. Wenn als Ergebnis solcher Klauseln der ausscheidende Gesellschafter oder seine Erben aber grob benachteiligt werden, erklärt der BGH sie für unwirksam. Eine solche grobe Benachteiligung muss sich aus dem Vergleich des nach Ertragswerten ermittelten Praxiswertes mit dem nach Gesellschaftsvertrag zu zahlenden Wert ergeben. Abfindungsklauseln unterhalb von zwei Dritteln des nach Ertragswertgesichtspunkten ermittelten Praxiswerts sind gründlich zu prüfen und im Zweifel unwirksam.

     

    PRAXISHINWEIS | Für die Praxis empfiehlt es sich, eine an den Ertragswert angepasste Methode zur Ermittlung des Praxiswerts zu vereinbaren, wenn nicht gleich ein Sachverständigengutachten als verbindlich vereinbart wird.

     

    Kaufpreis für den Praxisanteil als Abfindung

    Häufig sieht der Gesellschaftsvertrag auch vor, dass die Erben das Recht haben, den Anteil des Verstorbenen an der Praxis zu verkaufen. Der Kaufpreis stellt dann die „Abfindung“ für das Ausscheiden des Verstorbenen aus der Gemeinschaftspraxis dar. Auch diese Gestaltung ist gesellschaftsrechtlich zulässig.

     

    PRAXISHINWEIS | Wenn die Erben durch den Verkauf des Praxisanteils des Verstorbenen abgefunden werden sollen, sollten diese das Recht haben, den Sitz und den Patientenstamm des Verstorbenen aus der Gemeinschaftspraxis herauszulösen und gesondert auf einen Nachfolger zu übertragen. Dem oder den verbleibenden Gesellschaftern kann ein Vorkaufsrecht eingeräumt werden, sodass diese den Vertragsarztsitz an dem bisherigen Standort sichern können, auch die Praxisgröße beibehalten werden kann, aber die Erben die realistische Chance haben, dem maximalen Wert des Praxisanteils am Markt zu realisieren.

     

    Zwar ist eine Benachteiligung der Erben grundsätzlich bei dieser Gestaltung nicht gegeben, da sie ja den „Marktpreis“ für den Praxisanteil des Verstorbenen erhalten, dennoch gibt es Ausnahmen:

     

    Zum Betrieb der Vertragszahnarztpraxis müssen geeignete Praxisräume vorgehalten werden. Gemäß § 95 Abs. 3 S. 1 SGB V ist der Zahnarzt mit der Zulassung verpflichtet, an der vertragsärztlichen Versorgung teilzunehmen. Gemäß § 24 Abs. 2 Ärzte-Zulassungsverordnung hat der Arzt an seinem Vertragsarztsitz Sprechstunden abzuhalten; dafür braucht er aber Praxisräume. Wenn also der Nachfolger die Praxis des Verstorbenen in den bisherigen Räumen fortführen will, muss er sich mit dem oder den bisherigen Gesellschaftern über die Mitnutzung der Räume einigen.

     

    Eine weitere Fußangel ist, dass bei dem Verkauf eines Praxisanteils die Interessen des oder der Zahnärzte, mit denen die Praxis bisher gemeinschaftlich betrieben wurde, angemessen zu berücksichtigen sind. In der Praxis führt das dazu, dass die verbleibenden Gesellschafter im Rahmen des Verkaufs erheblichen Einfluss auf die Auswahl des Nachfolgers ausüben können.

     

    PRAXISHINWEIS | Aufgrund dieser Umstände können der oder die verbleibenden Gesellschafter verhindern, dass derjenige Arzt den Praxisanteil bekommt, der den höchsten Preis bietet. Das kann aufgrund von sehr berechtigten Überlegungen der Fall sein, weil der Meistbietende in persönlicher oder fachlicher Hinsicht nicht der geeignetste Bewerber ist, es kann aber auch deshalb sein, weil der oder die verbleibenden Gesellschafter den Anteil des Verstorbenen günstig selbst erwerben wollen. Deswegen sollte der Vertrag die Klausel enthalten, dass bei einem Verkauf des Anteils unter dem Zeitwert - etwa weil die verbleibenden Partner den Erwerber, der den hälftigen Kaufpreis geboten hat, nicht mögen - zumindest die verbleibenden Gesellschafter den Verkehrswert an die Erben zu zahlen haben.

     

    Steuerliche Hinweise

    Bei Fortführung der Praxis erzielen Erben, die nicht selbst Zahnärzte sind, gewerbliche Einkünfte. Das gilt auch für die Einkünfte der übrigen Gesellschafter der Gemeinschaftspraxis (BFH-Urteil vom 5. Dezember 2006, Az. XI B 137/05, Abruf-Nr. 141640). Die Finanzverwaltung lässt allerdings eine Ausnahme für den Fall zu, dass die Erben den Anteil innerhalb von sechs Monaten auf einen qualifizierten Erben (Zahnarzt, der auch zulassungsrechtlich tatsächlich zugelassen wird und in die Gemeinschaftspraxis nachfolgt) übertragen und diesem die Einkünfte allein zugerechnet werden.

     

    Erbschaftsteuerlich kommt die Steuerbegünstigung für Praxisvermögen nur infrage, wenn die Praxis bzw. der Anteil durch einen qualifizierten Erben fortgeführt wird und dieser schon wegen einer letztwilligen Verfügung des Erblassers den Gesellschaftsanteil erhält (§ 13a Abs. 3 Erbschaftsteuergesetz, EStG). Erforderlich ist also eine Teilungsanordnung des Erblassers, wonach der beruflich qualifizierte Erbe den Praxisanteil erhalten soll (§ 13a 3 ErbStR).

    Abschließende Hinweise

    Der Zahnarzt sollte mit Blick auf die Nachfolge den Gesellschaftsvertrag prüfen. Die genannten Klauseln und Regelungen treffen die Erben gemeinhin unvorbereitet, wenn der Zahnarzt plötzlich verstirbt. Daher sollte jeder Zahnarzt den Gemeinschaftspraxisvertrag auf die Nachfolgeregelung durchsehen und ihre Sinnhaftigkeit mit dem Anwalt seines Vertrauens besprechen. Pauschale Hinweise helfen im Einzelfall nicht weiter, da die individuelle Situation zu berücksichtigen ist - insbesondere der Familienstand und die Frage, ob Kinder vorhanden sind, die in die Praxis nachfolgen können.

    Quelle: Ausgabe 06 / 2014 | Seite 11 | ID 42615908