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  • Liebe Kolleginnen und Kollegen,

    bereits im Editorial von AK 1/2024 habe ich mich für die Abschaffung der Singularzulassung in Zivilsachen beim BGH ausgesprochen. Doch im Jahr 2019 hatte sich die Hauptversammlung der BRAK nur zu wenigen Reformüberlegungen in Bezug auf das Wahlverfahren durchringen können. Dabei kam den Gegnern jener Reform die Tatsache zugute, dass jede Kammer unabhängig von ihrer Mitgliederzahl nur eine Stimme hatte. Im Laufe des Jahres ist wieder etwas Bewegung in diese Diskussion gekommen. Ihr Ausgang ist jedoch offener denn je.

     

    Zunächst schien alles auf einen Neuanfang hinauszulaufen. Denn zum 1.8.22 hatte sich die Stimmverteilung der Kammern grundlegend geändert: Jetzt gibt es in § 190 BRAO eine Stimmgewichtung von einer Stimme für die BGH-Kammer und von zwei Stimmen für die kleineren Kammern bis hin zu neun Stimmen bei über 20.000 Mitgliedern. Das ist ein Stück wichtige Demokratie in der Anwaltschaft.

     

    Daher hatte die RAK Berlin einen neuen Anlauf zur Abschaffung der BGH-Anwaltschaft auf der Hauptversammlung am 20.9.24 in Chemnitz gestartet. Und die kleine Sensation in der verfassten Anwaltschaft schien perfekt. Eine Presseerklärung der BRAK verkündete, dass sich die Hauptversammlung mit 48 zu 46 Stimmen für die Abschaffung der BGH-Anwaltschaft ausgesprochen hat. Ein Zugang zum BGH sollte all denjenigen offenstehen, die eine Fortbildung im Revisionsrecht absolviert haben.

     

    Doch die Sensation war letztlich keine! Plötzlich stellte sich heraus, dass die BRAK die Stimmen der RAK falsch gezählt hatte. Statt die Mitgliederzahl ohne Berufsausübungsgesellschaften (BAG) als Bemessungsgrundlage zu nehmen, wie es im Gesetz vorgeschrieben ist, wurde mit den BAG gezählt. Und damit hatten die Kammern Berlin und Frankfurt jeweils eine Stimme mehr. Erst danach griffen Kontrollmechanismen. Doch weil geheim und elektronisch abgestimmt worden war, wusste niemand, ob und wie sich die zwei zusätzlichen Stimmen tatsächlich ausgewirkt haben. Also wurde alles auf Null gesetzt.

     

    Die fehlerhafte Abstimmung ist eine Blamage für die BRAK und für das Vertrauen in die Selbstverwaltung. Damit steht das Thema erneut auf der Tagesordnung der nächsten Hauptversammlung und das auch mit wieder offenem Ausgang. Warum überhaupt geheim abgestimmt werden muss, verstehe ich nicht. Jede Kammer könnte ‒ wie bis zur Neuregelung 2022 üblich ‒ offen abstimmen. Transparenz (auch zur Vermeidung von Fehlern) wäre angebracht. Nach dem ganzen Hin und Her könnte darüber hinaus das BMJ initiativ und mutig sein, von sich aus eine Novellierung vorzuschlagen und nicht auf die gespaltenen Anwaltsverbände zu warten.

     

    Mit besten kollegialen Grüßen

     

    Ihr Martin W. Huff

    Quelle: Ausgabe 11 / 2024 | Seite 2 | ID 50195018