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  • · Fachbeitrag · Editorial AK 04/23

    Mit den lizensierten Focus-Siegeln wird eine Prüfung von Ärzten/Anwälten vorgegaukelt, die es gerade nicht gibt

    | Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Werbung mit Testsiegeln ist wettbewerbsrechtlich genau geregelt. Erlaubt ist eine solche Werbung nur, wenn das Siegel nach einer neutralen und sachgerechten Prüfung vergeben worden ist. Daran hat das LG München bei den Auszeichnungen des Nachrichtenmagazins „Focus“ erhebliche Zweifel. |

     

    Vor einigen Jahren hatte zunächst die Dekra versucht, mit einem „Dekra-Zertifikat“ für manche Rechtsgebiete ein Siegel für Rechtsanwälte aufzubauen und scheiterte damit. Die Werbung für diese „Anwaltszertifizierung“ wurde als irreführend eingestuft (s. dazu nur: LG Köln 3.2.09, 34 O 353/08; zur Weiterentwicklung: Huff, BRAK-Mitt. 2009, 165).

     

    Dann äußerte das BVerfG im Rahmen der Medienfreiheit keine Bedenken gegen die redaktionelle Veröffentlichung des Juve-Rankings (BVerfG 7.11.02, 1 BvR 580/02). Daraufhin sprang der Burda-Verlag mit dem „Focus“-Magazin und Sonderveröffentlichungen für Ärzte und Rechtsanwälte auf diesen Zug auf: Neben der Veröffentlichung einer detaillierten Empfehlungsliste in einer eigenen Publikation vergibt der Verlag seither an die gelisteten Personen „Lizenzen“ für rund 2.000 EUR netto für die Nutzung eines Siegels mit der Bezeichnung „TOP-Mediziner“ bzw- „TOP-Anwalt“. Dabei beruht das Ranking schwerpunktmäßig auf Empfehlungen von Kollegen und die Siegel finanzieren zu ca. 75 Prozent die Erstellung der redaktionellen Liste.

     

    Damit verstößt der Verlag nach Ansicht des LG München I aber gegen das lauterkeitsrechtliche Irreführungsverbot (13.2.23, 4 HKO 14545/21). In einem Musterverfahren der Bad Homburger Wettbewerbszentrale mit dem Burda-Verlag sehen die Richter den Vertrieb der Lizenzen als wettbewerbswidrig an. Mit den Siegeln werde bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck erweckt, dass die betreffenden Ärzte, die als „TOP-Mediziner“ bezeichnet bzw. als „FOCUS-Empfehlung“ angepriesen werden, aufgrund einer neutralen und sachgerechten Prüfung ausgezeichnet wurden und dadurch eine Spitzenstellung unter den Ärzten gleicher Fachdisziplin einnehmen. Die angesprochenen Verkehrskreise würden die Siegel ähnlich wie Prüfsiegel der Stiftung Warentest auffassen und davon ausgehen, dass die betreffenden Ärzte aufgrund einer neutralen und sachgerechten Prüfung ausgezeichnet worden seien. Genau dies sei aber nicht der Fall. Zwar seien redaktionelle Rankings erlaubt, aber die Siegel seien davon nicht umfasst.

     

    Auch wenn dieser Streit jetzt in die nächste Instanz geht: Ich halte das Urteil der Münchener Richter für richtig. Denn dort wird eine Prüfung von Ärzten/Anwälten vorgegaukelt, die es gerade nicht gibt. Es kann also sein, dass die TOP-Siegel demnächst Vergangenheit sind und sich jeder Kollege überlegen sollte, ob das Geld wirklich gut investiert ist.

     

    Mit besten kollegialen Grüßen

     

    Ihr Martin W. Huff

    Quelle: Ausgabe 04 / 2023 | Seite 2 | ID 49228140