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  • · Fachbeitrag · Editorial AK 09/2023

    Neue AO-Meldepflichten auf innerstaatliche Steuergestaltungen sind ein inakzeptables Ansinnen

    | Liebe Kolleginnen und Kollegen, tragen Gesetzentwürfe schöne Titel, muss man vorsichtig sein. Denn dahinter kann sich Böses verbergen, wie z. B. bei dem „Wachstumschancengesetz“, das das Bundesfinanzministerium jetzt den Verbänden zugeleitet hat. |

     

    Ziel des aktuellen Gesetzesvorhabens soll sein, Wachstumschancen, Investitionen, Innovationen sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness zu stärken. Was nach Begünstigungen für Steuerpflichtige klingt, entpuppt sich aber als Pflichtenkatalog für Berater und Steuerpflichtige. Denn insbesondere die geänderte AO soll umfangreiche Mitteilungspflichten bei nationaler Steuergestaltung enthalten. Würden diese Gesetz, würden sie gravierend in die Verschwiegenheitsrechte der Anwälte eingreifen.

     

    Dazu hat der Steuerrechts-Ausschuss der BRAK völlig zu Recht festgestellt: Die geplanten AO-Änderungen bedeuten eine unverhältnismäßige, nicht hinreichend evaluierte und rechtsstaatsgefährdende Verletzung des Verschwiegenheitsprivilegs rechts- und steuerberatender Berufe. Die massive Belastung des Vertrauensverhältnisses zwischen Anwalt und Mandant scheint nicht im Ansatz bedacht, jedenfalls aber ignoriert worden zu sein. Dies ist untragbar und zeugt davon, dass die Bedeutung der Anwaltschaft vom Gesetzgeber nicht richtig wahrgenommen wird. Es gehört zu den anwaltlichen Aufgaben, für ihre Mandanten die jeweils aktuelle Rechtslage zu prüfen und dann das umzusetzen, was legal möglich ist. Dies schließt auch eine Steueroptimierung ein. Anderenfalls drohen Haftungsgefahren. Die Anwälte müssten demnächst also das melden, was ihr ureigener Tätigkeitsbereich ist, und würden damit gegen ihre gesetzliche Verschwiegenheitsverpflichtung verstoßen.

     

    Deutlich wird Ulrike Paul, zuständige Vizepräsidentin der BRAK: „Es geht hier um nicht weniger, als einen gesetzlichen Straftatbestand ... für die Interessen der Finanzverwaltung außer Kraft zu setzen. Das finde ich unerhört! Nennen wir das Kind doch beim Namen: Aus rein fiskalischen Interessen soll die Anwaltschaft zum Volksverpetzer gemacht und eine tragende Säule unseres Rechtsstaats abgesägt werden. Der Vertrauensschaden für Rechtsuchende ‒ nicht nur gegenüber ihrem Anwalt, sondern auch gegenüber dem Rechtsstaat ‒ wäre unumkehrbar und unwiderruflich. Ich persönlich empfinde das als regelrecht skandalös. Nun sollen Anwaltschaft und Steuerpflichtige richten, was der Steuergesetzgeber versäumt hat. Ein inakzeptables Ansinnen.“

     

    Übrigens sind auch die Pläne zur elektronischen Rechnung bedenklich, weil die Angabe des Leistungsempfängers (also des Mandanten) sowie Angaben zur Leistung selbst zwingend sein sollen. Beides unterfällt der strafbewehrten Verschwiegenheitspflicht. Soweit damit ein unmittelbarer Zugriff der Finanzbehörden auf Rechnungen ermöglicht werden soll, ist sicherzustellen, dass die Anwälte dabei nicht gegen ihre Verschwiegenheit verstoßen.

     

    Mit besten kollegialen Grüßen

     

    Ihr Martin W. Huff

    Quelle: Ausgabe 09 / 2023 | Seite 1 | ID 49656242