Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Editorial AK 10/24

    Trommeln für mehr Personal ‒ doch wie effizient nutzt die deutsche Justiz ihre Ressourcen wirklich?

    | Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, der Bundesgeschäftsführer des Deutschen Richterbunds trommelt öffentlichkeitswirksam in der Bild-Zeitung für mehr neue Stellen, insbesondere für Strafrichter in der Justiz. Die Präsidentin des AG München beklagt in einem ausführlichen Zeitungsinterview, dass ihr über 100 Mitarbeiter insbesondere im nachgeordneten Bereich der Justiz fehlen. Doch wie steht es um die deutsche Justiz und ihren Nachwuchs wirklich? Werden die vorhandenen Ressourcen überhaupt effizient eingesetzt? |

     

    Ich meine, „nein“. Denn es wird dabei z. B. übersehen, dass seit Langem die Zahlen der Gerichtsverfahren gerade in der normalen Zivilgerichtsbarkeit drastisch zurückgehen. Diese Rückgänge wären noch deutlicher, wenn nicht so viele Massenverfahren in Bezug auf Fluggastrechte und Diesel-Manipulationen bei der Justiz eingegangen wären.

     

    Auch wenn die Struktur und Digitalisierung in den Gerichtsbarkeiten und in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedlich ausfallen, gibt es zum Einsatz der Ressourcen der Justiz einige Negativbeispiele:

     

    • Warum müssen Erinnerungen gegen die Kostenfestsetzungsbeschlüsse der Rechtspfleger zwei bis drei Jahre dauern? Warum sind z.B. Sozialrichter nicht in der Lage, hier schnell und effektiv Klarheit zu schaffen? Verwaltungsaufwand mit immer neuen Sachstandsanfragen beschleunigt dies sicher nicht.
    • Warum werden Gerichtsverfahren nach der Reihenfolge ihres Eingangs und nicht nach ihrer Bedeutung oder nach dem Grundsatz behandelt: Was schnell entschieden werden kann, wird schnell entschieden?
    • Warum werden Akten nicht vor der mündlichen Verhandlung sorgfältig gelesen, sondern zum Teil als Durchlauftermin vor einer weiteren Verhandlung bzw. Beweisaufnahme gemacht?

     

    Natürlich gibt es auch positive Beispiele wie das eines Sozialrichters, der aufgrund einer anstehenden Abordnung ein ausgeschriebenes Verfahren noch schnell entscheiden und nicht seinem Nachfolger überlassen will. Oder wenn die Amtshaftungskammer eines LG in einer schwierigen Amtshaftungssache tatsächlich so vorbereitet ist, dass eine echte mündliche Verhandlung stattfinden (und mit einem sinnvollen Vergleich abgeschlossen werden) kann.

     

    Leider ist dies nach aller Erfahrung der anwaltlichen Praxis von mir und von vielen Kollegen nicht die Regel. Die Justiz müsste viel stärker effektive Strukturen ‒ auch unter Einsatz moderner Technik ‒ schaffen. Dann würden an vielen Stellen keine neuen Richter oder weitere Mitarbeiter erforderlich werden. Davon bin ich fest überzeugt.

     

    Mit besten kollegialen Grüßen

     

    Ihr Martin W. Huff

    Quelle: Ausgabe 10 / 2024 | Seite 2 | ID 50156062