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  • · Fachbeitrag · Editorial AK 8/2024

    Das eEB hat Beweiskraft ‒ wer dies erschüttern möchte, muss hohe Hürden nehmen

    | Liebe Kolleginnen und Kollegen, die deutschen Anwälte verschicken inzwischen monatlich rund 2 Millionen Nachrichten über das beA und auch die elektronische Kommunikation zwischen Gerichten und Anwälten wird immer selbstverständlicher. Dabei wird das Prozessrecht konsequent angewendet, was ein aktueller (atypischer) Fall des OLG München zeigt (19.6.24, 23 U 8369/21). |

     

    Das LG München I hatte den Prozessbevollmächtigten am 7.10.21 ein Teilurteil vom 5.10.21 elektronisch übersandt. Der Anwalt des Beklagten faxte erst nach drei Nachfragen ohne weitere Erläuterungen am 4.11.21 ein Empfangsbekenntnis vom 22.10.21 als Zustellungsdatum. Am 22.11.21 legte er Berufung gegen das Urteil ein. Das OLG bezweifelte das Datum des Empfangsbekenntnisses vom 22.10.21. Die Richter wollten genau wissen, wann das Urteil beim Rechtsanwalt elektronisch eingegangen war und forderten gemäß § 142 ZPO einen Nachweis durch das beA-Nachrichtenjournal an (daraus lässt sich erkennen, wann das Dokument beim Rechtsanwalt eingegangen und wann es das erste Mal geöffnet worden ist). Das OLG München verwarf schließlich die Berufung als unzulässig, weil die Beweiskraft des gefaxten Empfangsbekenntnisses (§ 174 ZPO) durch die Nichtvorlage des beA-Nachrichtenjournals erschüttert und davon auszugehen sei, dass das Urteil dem Rechtsanwalt vor dem 20.10.21 zugegangen sei. Schließlich sei der Rechtsanwalt nach § 53 BRAO verpflichtet, einen Vertreter zu bestellen, wenn er seine Tätigkeit mehr als eine Woche nicht ausüben kann. Dieser Vertreter muss auch Empfangsbekenntnisse entgegennehmen. Daher sei es unerklärlich, warum das Urteil des LG angeblich erst zwei Wochen nach der elektronischen Übermittlung zugegangen sei.

     

    Das Urteil zeigt: Das OLG München erkennt ausdrücklich den Beweischarakter des Empfangsbekenntnisses nach § 174 ZPO an und bestätigt die hohen Hürden, wenn man diese Beweiskraft erschüttern möchte. Das Gericht hat dem Anwalt auferlegt ‒ und dies halte ich für einen gut gangbaren Weg ‒, zu erklären, unter welchen Umständen er das Urteil erhalten hat. § 142 ZPO durfte hier angewandt werden. Doch diese Chance hat der Anwalt nicht genutzt. Das OLG München hat insofern keinerlei neue Zustellungsfiktion erfunden. Es bleibt dabei, dass das Empfangsbekenntnis in aller Regel seine Beweiskraft behält und der Rechtsanwalt derjenige ist, der persönlich, auch auf elektronischem Weg, den Empfang bescheinigt. Dies muss das Gericht akzeptieren. Nur in Ausnahmefällen muss der Rechtsanwalt erhebliche Abweichungen begründen. Dies war auch schon vor der elektronischen Kommunikation so (wenn z. B. die Empfangsbekenntnisse der beteiligten Anwälte erheblich voneinander abwichen). Wer sorgfältig arbeitet, sollte solche Probleme nicht haben.

     

    Mit besten kollegialen Grüßen

     

    Ihr Martin W. Huff

    Quelle: Ausgabe 08 / 2024 | Seite 2 | ID 50080790