· Fachbeitrag · Rechtsform der Anwaltskanzlei Teil 1
Vor- und Nachteile einer Anwalts-GbR
von RA und FA Handels- und GesellschaftsR, FA ErbR, FA SteuerR Dr. Niels George, Berlin, georgepartner.de
| Mit einer Reform des Personengesellschaftsrechts schickt sich der Gesetzgeber an, für die Praxisfähigkeit des Gesellschaftsrechts zu einschneidenden Maßnahmen zu greifen ( AK 20, 209 ). Was davon tatsächlich umgesetzt wird, gilt abzuwarten. Doch klar ist bereits jetzt: Die herkömmlichen Gesellschaftsrechtsformen für Kanzleien ‒ also GbR, Partnerschaft und GmbH ‒ werden weiterhin zur Verfügung stehen. Das ist ein guter Grund, sich mit ihrem jeweiligen Charakter und ihren Vor- und Nachteilen zu beschäftigen. Hier in Teil 1 der Serie geht es um die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). |
1. Die „Sozietät“ ist nicht gesetzlich definiert
Wer sich mit anwaltlicher Berufsausübung auseinandersetzt, kommt nicht an dem Begriff der Sozietät vorbei. In §§ 8 und 9 BORA wird dieser zwar ganz selbstverständlich verwendet. Dennoch gibt es bis heute keine Legaldefinition. Unumstritten ist (vgl. ausführlich Posegga, Rechtliche Grundlagen einer Sozietät von Rechtsanwälten und Steuerberatern, 1999, Rn. 58 ff.; Michalski/Römermann in: Henssler/Streck, Handbuch Sozietätsrecht, 2. Aufl. 2011, Rn. 1 ff.):
- Der Begriff Sozietät schafft keinen eigenständigen Gesellschaftstypus.
- Mit Sozietät ist sowohl die GbR als auch die Partnerschaftsgesellschaft (PartG) gemeint.
- Gemeinhin wird mit Sozietät ein „organisierter Zusammenschluss von Rechtsanwälten zu gemeinsamer Berufsausübung durch gemeinsame Entgegennahme von Aufträgen und Entgelt bei gesamtschuldnerischer Haftung“ bezeichnet.
2. Für die Gründung einer GbR liegt die Latte niedrig
Zur Gründung der GbR braucht es noch nicht einmal ein gesprochenes Wort. Es genügen der erkennbare Wille oder sogar schlüssiges Verhalten, mit mindestens einem anderen Menschen ‒ konkret hier also mit einer Anwältin bzw. einem Anwalt ‒ gemeinsam etwas im Sinne der gemeinschaftlichen Berufsausübung auf die Beine zu stellen. Ein schriftlicher Vertrag, geschweige denn notarielle Beurkundung, ist hierfür nicht erforderlich (Michalski/Römermann in: Henssler/Streck, Handbuch Sozietätsrecht, a. a. O., Rn. 62). Das sehen weder §§ 705 ff. BGB noch § 59a BRAO vor. Ebenso wenig wird die GbR in irgendein Register eingetragen.
3. GbR-Namen sind nur Schall und Rauch
Ein Namensrecht ist für GbR nicht gesetzlich verankert (Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002, § 60 I 3a; Michalski/Römermann in: Henssler/Streck, a.a.O., Rn. 69). GbR dürfen sich einen „Fakultativnamen“ (van Randenborg in: Sudhoff, Personengesellschaften, 8. Aufl. 2005, § 3 Rn. 17 ff.) als Gesamtnamen geben. Wenngleich früher durch den Namen eine klare Abgrenzung zu einer handelsrechtlichen Firma erforderlich sein sollte (Michalski/Römermann in: Henssler/Streck, a.a.O., Rn. 71), ist nach heute zutreffender Auffassung ein Rechtsformzusatz entbehrlich (vgl. zum Streitstand: Michalski/Römermann in: Henssler/Streck, a. a. O., Rn. 73 m. w. N.).
PRAXISTIPP | Der Gedanke des Verkehrsschutzes erfordert nur für Kapitalgesellschaften einen Rechtsformzusatz ‒ für die GbR (mit ihrer unbeschränkten persönlichen Haftung der Gesellschafter) trifft dies gerade nicht zu. § 9 BORA lässt dementsprechend alle Möglichkeiten offen. Sowohl die Aneinanderreihung der Namen der Gesellschafter als auch eine Kurzbezeichnung sind denkbar. So manche Eitelkeit wird dafür sorgen, „Namenspartner“ im wahrsten Sinne des Wortes werden zu wollen. Dennoch ist es empfehlenswert, einen möglichst prägnanten Namen für die Anwalts-GbR zu wählen. Die bloße Aneinanderreihung von Namen mutet eher klassisch an und ist wenig praktikabel. |
4. Bei der Haftung sind die Gesellschafter voll dabei
So unkompliziert Gründung und Handling bei der Anwalts-GbR sind, darf ihr entscheidender Nachteil nicht unerwähnt bleiben: In der GbR ist die Haftung der Gesellschafter unbeschränkt, mit dem gesamten Privatvermögen, gesamtschuldnerisch. Unabhängig davon, welcher Gesellschafter einen Fehler begeht oder einen Vertrag zulasten der GbR schließt, stehen dafür im Außenverhältnis alle Gesellschafter mit ihrem Privatvermögen in der Pflicht. Diese Haftung ist auch nicht beschränkbar. Die seinerzeit angedachte „GbR mbH“ ist ein bloßes Wunschkonstrukt, das von der Rechtsprechung wiederholt gekippt worden ist.
5. Die GbR ist heute nicht mehr „State of the Art“
Inzwischen gibt es z. B. in Form der PartGmbB eine überaus attraktive Alternative zur GbR. Dies gilt umso mehr, wenn man die erheblichen Haftungsrisiken der unbeschränkten, gesamtschuldnerischen Haftung in die Abwägung einbezieht. Von der GbR als Rechtsform für die anwaltliche Berufsausübung ist deshalb heute abzuraten.
PRAXISTIPP | Der Wechsel von der GbR in die Partnerschaft ‒ besser gleich in eine Partnerschaft mit beschränkter Berufshaftung (PartGmbB) ‒ ist schnell erledigt. Sofern dies noch nicht geschehen ist, ist es dafür höchste Zeit! Die vier wesentlichen Schritte dafür sind:
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Weiterführende Hinweise
- Modernisierung des Personengesellschaftsrechts von Bundeskabinett beschlossen, Abruf-Nr. 47084847
- Reform des Personengesellschaftsrechts ‒ es wird kompliziert, AK 20, 209
- Das Recht der Berufsausübungsgesellschaften wird neu geregelt, AK 20, 206