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  • · Fachbeitrag · Berufsrecht

    Wiederzulassung zur Anwaltschaft: Was geschieht mit dem Fachanwaltstitel?

    von RA Christian Dahns, Geschäftsführer BRAK, Berlin

    Eine Rechtsanwaltskammer darf die Wiedererteilung der Erlaubnis zum Führen des Fachanwaltstitels nach erneuter Zulassung zur Anwaltschaft nicht vom Nachweis erneuter Fallnachweise abhängig machen (BVerfG 22.10.14, 1 BvR 1815/12, Abruf-Nr. 143562).

     

    Sachverhalt

    Eine Fachanwältin wandelte ihr befristetes Beschäftigungsverhältnis im öffentlichen Dienst in ein unbefristetes um und bat ihre Kammer um Widerruf der Zulassung. Zugleich bat sie um Zusicherung, dass sie im Fall einer erneuten Zulassung berechtigt sei, die Bezeichnung „Fachanwältin für Verwaltungsrecht” zu führen, soweit sie in der Zwischenzeit der Fortbildungspflicht des § 15 FAO genügt. Diese Zusicherung erteilte die Kammer nicht.

     

    Der BGH beschloss, dass ein Wiederaufleben einer Befugnis zum Führen des Fachanwaltstitels nicht in Betracht kommt. Mit dem Erlöschen der Zulassung habe diese ihre Wirksamkeit verloren. Wie auch aus § 43c Abs. 1 BRAO folge, könne die Befugnis zum Führen eines Fachanwaltstitels nur einem Anwalt zustehen. Mit dem Erlöschen der Zulassung könne die Verleihung der Befugnis keine Rechtsfolgen mehr auslösen. Das BVerfG entschied, dass die Anwältin in unangemessener Weise in ihrer Berufsausübungsfreiheit verletzt worden ist und gab der Verfassungsbeschwerde statt.

     

    Entscheidungsgründe

    Das BVerfG stützt seine Entscheidung auf folgende Kernaussagen: Sowohl in der BRAO als auch in der FAO finden sich keine Regelungen, nach der die Befugnis zur Führung der Fachanwaltsbezeichnung mit dem Ausscheiden aus dem Anwaltsberuf mit der Folge erlischt, dass nach Wiederzulassung zur Anwaltschaft der Fachanwaltstitel gemäß den Vorschriften für die erste Gestattung erneut erworben werden muss.

     

    De lege ferenda wäre es durchaus möglich, nach erneuter Anwaltszulassung die Fortführung einer bereits vor dem Widerruf erworbenen Fachanwaltsbezeichnung von einem erneuten Erwerb abhängig zu machen. Damit müssten erfüllte zeitliche Vorgaben für die anwaltliche Tätigkeit und erlangte besondere praktische Erfahrungen nachgewiesen werden. Diesen Schritt ist der Gesetzgeber aber gerade nicht gegangen. Auch die Satzungsversammlung hat auf eine entsprechende Norm verzichtet, die zusätzlich zur besonderen Fortbildungspflicht den Erhalt des Fachanwaltstitels an eine praktische Tätigkeit im jeweiligen Fachgebiet knüpft. Durch das Berufsrecht wird nicht angeordnet, dass Fachanwälte in ihrem betreffenden Rechtsgebiet überhaupt oder in nennenswertem Umfang beruflich tätig sein müssen.

     

    Verliert ein Anwalt seine Zulassung, darf er auch seine Fachanwaltsbezeichnung nicht mehr führen. Dieser Umstand zwingt aber nicht zu der Annahme, die Wiedererteilung der Erlaubnis zum Führen der Fachanwaltsbezeichnung sei nach erneuter Zulassung zur Anwaltschaft von der Erfüllung der Voraussetzungen abhängig, die für die erstmalige Gestattung zu ihrem Führen maßgeblich sind. Der Verlust einer einmal erworbenen berufspraktischen Qualifikation bei zeitweiligem Ausscheiden aus dem Beruf ist auch keineswegs selbstverständlich. Selbst Berufsordnungen, die die erste Zulassung zu einem Beruf von praktischen Erfahrungen abhängig machen, fordern diese für die Wiederaufnahme der beruflichen Tätigkeit nicht erneut (z.B. § 48 StBerG für Steuerberater und § 23 WPO für Wirtschaftsprüfer).

     

    Praxishinweis

    Mit dem Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft erlischt die Erlaubnis zur Führung einer Fachanwaltsbezeichnung ohne gesonderten Widerruf.

    Durch das BVerfG wird klargestellt, dass eine Rechtsanwaltskammer die Wiedererteilung der Erlaubnis zum Führen des Fachanwaltstitels nach erneuter Zulassung zur Anwaltschaft jedenfalls nicht vom Nachweis erneuter Fallnachweise abhängig machen darf.

     

    Hiervon abgesehen ist jedoch nicht abschließend geklärt, unter welchen Voraussetzungen ein Fachanwaltstitel „wiederauflebt“. Das BVerfG deutet in diesem Zusammenhang allerdings an, dass es insofern die von der Satzungsversammlung für die theoretischen Kenntnisse getroffene Fortbildungsverpflichtung nach § 15 FAO für „einschlägig“ erachtet. Mit anderen Worten darf die Rechtsanwaltskammer in Anlehnung an § 15 FAO ‒ bzw. dogmatisch sauberer unter Rückgriff auf § 4 Abs. 2 FAO ‒ einen regelmäßigen Fortbildungsnachweis auch in Fällen der Unterbrechung fordern, obwohl dieser Fall vom Berufsrecht nicht explizit geregelt ist.

     

    AUSBLICK | Abzuwarten bleibt, wie sich der Gesetzgeber bzw. Satzungsgeber zu diesem Thema positioniert. Eine Klarstellung zur Fortbildungspflicht wäre sinnvoll. Dass der Satzungsgeber einem Fachanwalt künftig vorschreiben wird, sich auch nach dem Erwerb der Erlaubnis zum Führen einer Fachanwaltsbezeichnung in einem bestimmten Umfang praktisch zu betätigen, ist eher unwahrscheinlich. Bisher sind diesbezügliche Ideen in der Satzungsversammlung jedenfalls nicht mehrheitsfähig gewesen.

     

    Weiterführende Hinweise

    • AK 15, 1 ‒ Erneute Anwaltszulassung: Fachanwaltstitel lebt wieder auf
    • AK 13, 56 ‒ Falsche Angabe im Impressum ist irreführende Werbung 
    Quelle: Ausgabe 03 / 2015 | Seite 38 | ID 43199747