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  • · Nachricht · Ersatzzustellung

    Postbote darf an Kanzleimitarbeiter zustellen

    | Muss ein Postmitarbeiter genau fragen, ob der Anwalt, für den ein Schriftstück bestimmt ist, dieses persönlich entgegennehmen will? Nein, er kann wirksam direkt an einen Kanzleimitarbeiter zustellen, ohne weiter nachzufragen. Insofern liegt eine wirksame Ersatzzustellung vor (OLG Oldenburg 8.9.20, 2 Ss [OWi] 195/20, Abruf-Nr. 218610 ). |

     

    Der Zusteller hatte einen Bescheid an die im Büro beschäftigte Rechtsanwaltsfachangestellte übergeben. Sie fragte den Postmitarbeiter, ob der zuständige Anwalt die Zustellurkunde unterschreiben solle. Dieser verneinte und vermerkte in der Urkunde, dass er den Anwalt nicht in den Büroräumen erreicht habe. Die Richter sahen es hier nicht als notwendig an, den Sachverhalt weiter aufzuklären. Allein die Frage, ob der Rechtsanwalt „gegenzeichnen soll“, bedeutet nicht, dass der betreffende Anwalt anwesend ist und Zeit hat, die Zustellung selbst entgegenzunehmen. Zudem liegt eine (konkludente) Erklärung vor, dass der Zustellungsadressat abwesend bzw. an der Entgegennahme verhindert ist, wenn die Beschäftigte ‒ wie hier ‒ widerspruchslos das Schriftstück annimmt. Der Zusteller ist in solchen Situationen nicht zu gezieltem Nachfragen verpflichtet. Es genügt, dass er den Adressaten nicht in dem Geschäftsraum antrifft, in dem der Publikumsverkehr stattfindet (BGH 4.2.15, III ZR 513/13).

     

    MERKE | Will ein Anwalt beweisen, dass sich ein Geschehen anders abgespielt hat, als es in der Zustellungsurkunde steht, wird es schwierig. Er muss zwingend ein Fehlverhalten des Zustellers und eine objektive Falschbeurkundung belegen. Trägt der Anwalt ‒ wie hier ‒ nichts weiter dazu vor und ist nicht einmal die Erklärung der Angestellten unterschrieben, auf die sich sein „Vorwurf“ stützt, entkräftet das kaum die Zustellungsurkunde (vgl. OLG Bamberg 22.2.12, 3 Ss OWi 100/12).

     

    Weiterführende Hinweise

    • An einem gerichtlichen Eingangsstempel lässt sich nur schwer rütteln, AK 20, 151
    • Samstagszustellung: Post muss Frachtvertrag einhalten, AK 20, 112
    • Empfangsbekenntnisse sind nicht leicht zu entkräften, AK 19, 202
    Quelle: Ausgabe 07 / 2021 | Seite 109 | ID 47076268