· Fachbeitrag · Aufbewahrungsfristen 2025
Wann Sie welche Dokumente vernichten können ‒ und vor allem wie ...
| Handakten und Dokumente der Buchhaltung müssen Anwälte unterschiedlich lange aufbewahren. Allerdings gilt seit dem 1.1.25 eine verkürzte Frist für Buchungsbelege. Dieser Beitrag erklärt, was Sie nun genau wann entsorgen dürfen und warum die Vernichtung von Datenträgern in Eigenregie keine geeignete Lösung ist. |
Bei der Buchhaltung müssen Anwälte ab 2025 genauer hinschauen
Grundsätzlich sind bei der Buchhaltung nun zwei Aufbewahrungsfristen zu beachten. Speziell Buchungsbelege (Rechnungen, Quittungen) dürfen seit dem 1.1.25 schon nach acht Jahren vernichtet werden (zuvor zehn Jahre). Das heißt: Nach dem 31.12.24 dürfen Buchungsbelege entsorgt werden, die aus dem Jahr 2016 und auch den Jahren davor herrühren. Denn gemäß § 27 Abs. 40 UStG gilt die neue, auf acht Jahre verkürzte Frist auch für alle Buchungsbelege, deren Aufbewahrungsfrist am 31.12.24 noch nicht abgelaufen war. Daher können seit dem 1.1.25 auch die Buchungsbelege aus dem Jahr 2015 vernichtet werden, die ansonsten noch bis Ende 2025 hätten archiviert werden müssen.
Vorsicht: Für alle anderen die Buchhaltung betreffenden Dokumente (siehe Grafik) bleibt es bei der Zehn-Jahres-Frist. § 147 AO nennt nämlich in Abs. 1 Nr. 4 ausdrücklich nur „Buchungsbelege“, die der verkürzten Frist unterfallen.
Für Handakten beträgt die Aufbewahrungsfrist sechs Jahre. Die Frist dafür beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das Mandat beendet wurde. Nach dem 31.12.24 dürfen Sie Ihre Handakten zu Aufträgen vernichten, die im Jahr 2018 oder in den Jahren davor beendet wurden.
Die Frist für die Handakten wird häufig übersehen
Anwälte müssen ihre Handakten sechs Jahre lang aufbewahren (§ 50 Abs. 1 S. 2 BRAO). Dies betrifft jedoch nicht den gesamten Akteninhalt, sondern lediglich Schriftstücke, die der Anwalt aus Anlass seiner beruflichen Tätigkeit von dem Mandanten oder für ihn erhalten hat (iww.de/ak, Abruf-Nr. 46976496). Die Pflicht zur Aufbewahrung gilt außerdem nicht, wenn der Mandant aufgefordert wurde, die Dokumente in Empfang zu nehmen und dies innerhalb von sechs Monaten nach Zugang der Aufforderung nicht getan hat. Die Pflicht zur Aufbewahrung gilt natürlich auch, wenn die Kanzlei ihre Akten elektronisch führt. Die BRAO-Reform im Jahr 2022 (AK 22, 94) hat zu keinen Änderungen bezüglich der anwaltlichen Aufbewahrungspflichten geführt.
PRAXISTIPP | Abgesehen von der sechsjährigen Aufbewahrungsfrist: Weil der Mandant möglicherweise erst zu einem späteren Zeitpunkt Schadenersatzansprüche geltend macht, sollten Sie Ihre Handakten sicherheitshalber zehn Jahre vollständig aufbewahren (BGH 6.2.14, IX ZR 245/12, Abruf-Nr. 140831). Gleiches empfiehlt sich auch bezüglich der schon oben genannten Aufbewahrungsfristen der Buchhaltung. Immer mehr Kanzleien führen E-Akten sowie ihre Buchhaltung digital, so dass es mangels Papierbelegen keinen (räumlichen) Gewinn bedeutet, wenn man Unterlagen statt acht weiterhin zehn Jahre aufbewahrt. |
BGH: Aufbewahrungs- und Verjährungsfrist sind zu trennen
Nicht selten streiten nach einem abgeschlossenen Mandat der Anwalt und Mandant über die Herausgabe der Handakten. Allerdings unterliegt auch dieser Anspruch einer Verjährungsfrist (AK 18, 94). Dabei weist der BGH darauf hin, dass Aufbewahrungs- und Verjährungsfrist klar voneinander zu trennen sind (15.10.20, IX ZR 243/19, Abruf-Nr. 218740). Der Anspruch des Mandanten, die entsprechende Handakte herauszugeben, verjährt nach drei Jahren (§ 667 BGB, § 50 BRAO, § 195 BGB). Die Frist beginnt mit dem Ende des Jahres zu laufen, in dem der Anspruch entstanden ist. Daran ändert sich auch nichts, weil
- ein Anwalt die Handakten aufgrund berufsrechtlicher Vorschriften sowieso sechs Jahre aufbewahren muss oder wenn
- in einer Mandatsvereinbarung sogar ein konkreter Zeitraum festgelegt wurde, wie lange er die Akte aufbewahren muss.
In dem vorliegenden Fall war aufgrund eines eröffneten Insolvenzverfahrens das Auftragsverhältnis mit dem Mandanten gemäß §§ 115, 116 InsO am 1.7.12 beendet. Verjährung hinsichtlich Aufbewahrung der Handakten trat daher zum 1.1.16 ein. Der BGH verneinte, dass insofern das Geschäftsbesorgungsverhältnis gemäß § 115 Abs. 2 InsO fortbestanden habe. Somit war bereits Verjährung eingetreten, als der Mandant am 9.1.17 Klage auf Herausgabe der Handakten erhob, obwohl in der Mandatsvereinbarung eine zehnjährige Aufbewahrungszeit genannt war.
PRAXISTIPP | § 50 BRAO ist eine berufsrechtliche Pflicht. Die Vorschrift begründet keinen zusätzlich neben § 667 BGB tretenden materiell-rechtlichen Herausgabeanspruch des Mandanten. Der Anspruch auf Herausgabe der Handakte verjährt daher stets nach drei Jahren. Ist diese Frist verstrichen, kann sich der Anwalt auf die Verjährung berufen und die Herausgabe verweigern, selbst wenn die Akte noch existiert bzw. in seiner Kanzlei vorhanden ist. |
Nicht einfach „weg damit“ ‒ So vernichten Sie Akten
Handakten nach entsprechenden Standards zu vernichten ist eine Sache. Gleiches gilt allerdings auch für Speichermedien wie mobile oder verbaute PC-Festplatten, USB-Sticks oder Speicherkarten. Einfach löschen bzw. überschreiben und dann zum Elektroschrott geben genügt natürlich nicht. Zudem dürfen ausgemusterte Geräte nur dann ihren letzten Weg zum Wertstoffhof bzw. zu Recyclingfirmen antreten, wenn zuvor alle Daten speichernden Komponenten ausgebaut wurden. Verbleibende Komponenten (PC-Tower, Kabel, Dämmstoffe bzw. verbaute Materialien) dürfen dann recycelt werden. Die Chancen sind groß, selbst vermeintlich zuverlässig überschriebene oder mittels Software gelöschte Speichermedien doch noch wiederherzustellen. „Tatsächlich hat man heute noch einmal deutlich bessere Möglichkeiten, Daten technisch wiederherzustellen, als noch vor zehn Jahren. Wer Datenvernichtung in Eigenregie erledigt, sollte wissen, dass dabei in der Regel oft keine Dokumentation über die datenschutzkonforme Vernichtung geschieht“, sagt Nils Thiemann von der Rhenus IT Cycle GmbH, die auf Akten- und Datenvernichtung spezialisiert ist. „Die Datenlöschung mittels Software ist eine weltweit anerkannte Methode. Man sollte jedoch, wenn man ein Unternehmen beauftragt, explizit auf die vom Institut NIST (National Institute of Standards and Technology) definierte Richtlinie bestehen. Die in diesem Kontext eingesetzte Methode nimmt nur wenige Minuten je Datenträger in Anspruch und wird bei Festplatten (SSD) sowie Smartphones angewendet. Technisch ausgedrückt werden bei dieser Methode die Daten mit Zeichen oder Zufallszahlen überschrieben. Ist der Prozess erfolgreich abgeschlossen, generiert die Software automatisch eine Dokumentation, aus der alle relevanten Daten des jeweiligen Löschvorgangs hervorgehen.“ Und längst ist die Vernichtung von Datenträgern auch nachhaltig möglich. Anstatt die Geräte zu schreddern, werden ganze IT-Anlagen verwertet und wiederaufbereitet und der Verkäufer erhält eine Restwertermittlung. „Wir bieten beispielsweise zwei Varianten an: Nach zertifizierter Löschung wird die aufbereitete IT an Händler und Privatpersonen verkauft. Oder aber sie wird in einem Mitarbeitershop an die Belegschaft der Firma verkauft.“
Der sicherste Weg ist daher, Datenträger wie Festplatten oder Speicherkarten durch ein Fachunternehmen physisch zerstören zu lassen (schreddern), was dann auch zertifiziert geschieht. Zudem erhält die Kanzlei so einen schriftlichen Nachweis, dass ihre Daten sicher und DSGVO-konform vernichtet wurden.
PRAXISTIPP | Achten Sie darauf, dass Bürohardware wie Multifunktionsgeräte, Kopierer oder Drucker über Speicher verfügen können, auf denen kopierte bzw. gedruckte Seiten festgehalten werden. Nicht selten beschäftigt sich niemand damit, wie viele Daten über welche Zeiträume hinweg welches Gerät überhaupt intern gespeichert hat. Sind sie zudem geliehen bzw. geleast, ist vorab zu klären, wie die Datenlöschung bei der Rückgabe der Geräte gestaltet ist. |
Weiterführende Hinweise
- Die E-Rechnung kommt: Was sollten Anwälte wann beachten?, AK 24, 202
- Rechtswidrig erlangte Daten: Was darf der Anwalt?, AK 23, 189
- Datenschutz: Mandanten warten zu lassen, kann teuer werden, AK 22, 181